"Maria, ihm schmeckt's nicht" - Jan Weiler

  • Ich habe dieses Buch passenderweise bei einem Flug über Italien gelesen und wäre daraufhin am liebsten schon in Italien ausgestiegen, statt nach Tunesien weiterzufliegen :grin.


    Einen Störfaktor gab es allerdings: Der Autor fabriziert manchmal seltsame Gedankensprünge, die ich nicht so recht nachvollziehen kann. Er platziert mitten in einer Erzählung zu oft Abschweifungen, so dass ich einige Male nicht mehr so recht in die eigentliche Erzählung hineinfand. Das fand ich etwas nervig.


    Das Bild Italiens, das Jan Weiler vermittelt, darf man meiner Meinung nach auch nicht zu ernst nehmen. Ich bin mir auch sicher, dass Herr Weiler es auch nicht todernst gemeint hat, schließlich handelt es sich um einen heiteren Roman. Sicherlich baut er sehr viele Klischees ein, aber er weiß auch selbst, dass das eben Klischees sind. In der aktuellen Bahnzeitschrift ("Mobil") gibt es eine Leseprobe von Jan Weilers neuen Roman (Antonio im Wunderland) und ein Interview mit dem Autor. In diesem Interview sagt er, dass er ca. 80% der Person Antonio Marcipane erfunden hat und diese 80% decken sich in etwa mit den typischen Klischees, die im Roman angesprochen werden.


    Panettone habe ich übrigens noch nie gegessen und bin jetzt furchtbar neugierig darauf. Muss mal gucken, ob man das auch in Deutschland kaufen kann :-).

  • Eigentlich kein richtiger Roman sondern eine Aneinanderreihung kleiner persönlicher Geschichten rund um die angeheiratete italienische Großfamilie des Protagonisten/Autors. Erst ab rund der Hälfte, des nicht allzu umfangreichen Buchs, wird eine Handlung in Form der Lebensgeschichte des italienischen Schwiegervaters „Don Marcipane“ deutlicher. Antonio Marcipane, nicht mehr richtig Italiener, niemals Deutscher, scheint sich aufgrund vieler negativer Erlebnisse als Kind und junger Erwachsener mittlerweile eine ganz eigene Welt bzw. Weltsicht erschaffen zu haben. Diese Lebensphilosophie lässt ihn Fremdenfeindlichkeit und eine Lebensgeschichte, die nicht nur italienische Sonnenseiten für ihn bereitgehalten hat, mit einer Einstellung ertragen, die zwischen südländischer Ignoranz und Humor schwankt. Ein klein wenig weht dabei eine Prise, ein Hauch von „Big Fish“ durch die Seiten.
    Alles in allem ein kleines Buch, voller großer Gefühle und Anekdoten über das Zusammenprallen und Zusammenfinden unterschiedlicher Lebensanschauungen und Kulturen. Für Italien-Urlauber zwar kein „muss“, aber ein schönes „sollte“. Lustig, nachdenklich, empfehlenswert.


    Gruss,


    Doc

  • Hier meine im Urlaub verfasste Rezi über das Buch:


    Lange schon bin ich um das Buch herumgschlichen. Jetzt aber habe ich doch zugeschlagen. Denn was passt besser zu einem Urlaub in Italien als ein Buch in und über Italien?


    Ich habe es an einem sonnigen Vormittag durchgeschmökert (eine bedenkliche Bilanz: schon 2 Bücher an nur 3 Urlaubstagen verschlungen... ich sollte mich umsehen, ob man hier notfalls Nachschub organisieren kann!) und habe mich dabei herrlich amüsiert.


    Antonio, der Schwiegervater ist der heimliche Protagonist des Buches. Auch wenn es um seine Tochter und ihren Mann, den offiziellen Protagonisten und Erzähler geht, ist er doch stets präsent. Das Buch ist eigentlich eine Liebeserklärung an den schrulligen, verschmitzten kleinen Mann, der als junger Mann aus Italien fortging, um in der ferne sein Glück zu machen.


    Anläßlich vieler Familienbesuche wird das anstrengende, aber dennoch wunderschöne und sehr verschrobene Leben in einer italienischen Großfamilie sehr anschaulich erzählt. Mit der Zeit erfährt man auch immer mehr über Antonios Leben von klein auf.


    Dabei wachsen einem im Laufe des Buches die Personen und vor allem auch Antonio immer mehr ans Herz... und am Ende des Buches möchte man eigentlich auch so eine Familie, zumindest aber so einen Schwiegervater haben.


    Köstlich, die Sache mit dem Protagonisten und dem Panettone. Oder so kleine Zufälle wie die kleine Sintflut im Hause des Wuchervermieters.... NACH dem Auszug von Antonios kleiner Familie. Fast vermutet man mafiöse Aktivitäten. Aber natürlich nur fast.


    Alles in allem ein wunderbares kleines Buch, in das ich mich bereits beim bloßen Ansehen des liebevoll gestalteten Umschlags verliebt habe. Klar werden auch gängige (und vermutlich nicht immer zutreffende) Klischees bedient. Dennoch tut dies dem Charme des Buches keinen Abbruch. Zumindest für mich nicht.


    Mal sehen, ob das zweite Buch des Autors da mithalten oder gar noch drauflegen kann.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Oder so kleine Zufälle wie die kleine Sintflut im Hause des Wuchervermieters.... NACH dem Auszug von Antonios kleiner Familie. Fast vermutet man mafiöse Aktivitäten. Aber natürlich nur fast.


    Bei Italieniern vermutet man IMMER mafiöse Aktivitäten
    Fällt euch nichts dabei auf? GAR nichts?
    Nichts für ungut, aber....
    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Bei Italieniern vermutet man IMMER mafiöse Aktivitäten Fällt euch nichts dabei auf? GAR nichts? Nichts für ungut, aber....
    :wave


    Magali,


    ich kann natürlich nur für mich sprechen - aber ich vermute bei Italienern nicht mehr und nicht weniger mafiöse (Du kannst es aber auch gerne pauschal "kriminelle") Aktivitäten als bei Deutschen, Türken, Österreichern etc. Es gibt überall "Gute" und "Böse".


    Der Satz hätte nicht anders gelautet, wenn es sich nicht um einen Antonio gehandelt hätte, sondern um einen Hans, der leider einem Wuchervermieter in die Hände gefallen ist.


    Ich weiß nicht sie recht ... siehst Du das nicht vielleicht - speziell auf das Buch bezogen - ein wenig überkritisch?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von magali
    Bei Italieniern vermutet man IMMER mafiöse Aktivitäten


    Ist das IMMER so, ja?


    Zitat


    Fällt euch nichts dabei auf? GAR nichts?
    Nichts für ungut, aber....


    Nichts für ungut, aber mir fällt dabei nur auf, daß man es mit Rassismus- und Fremdenfeindlichkeithinweisen auch übertreiben kann.


    Das Buch ist Unterhaltung, nicht mehr, nicht weniger. Da irgend etwas "Auffälliges" hineinzuinterpretieren ist so, wie mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen und damit völlig überzogen. ...aber natürlich Nichts für ungut.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood



    Nichts für ungut, aber mir fällt dabei nur auf, daß man es mit Rassismus- und Fremdenfeindlichkeithinweisen auch übertreiben kann.



    Finde ich aber lange noch besser als sie herunterzuspielen oder zu ignorieren (generell gesehen, nicht auf dieses Beispiel bezogen)

  • Zitat

    Original von Sterntaler
    Finde ich aber lange noch besser als sie herunterzuspielen oder zu ignorieren (generell gesehen, nicht auf dieses Beispiel bezogen)


    Generell gesehen gebe ich Dir recht.
    Meine Meinung dazu bezog sich allerdings (hoffentlich deutlich erkennbar) einzig und allein auf dieses Buch und magalis Bemerkung.


    Gruss,


    Doc

  • hab mich köstlich amüsiert beim lesen.... :lache


    ich kann mir gut vorstellen, dass es ab und an in italienischen familien so zu geht, ich kenne das ähnlich von anderen, ähnlich wie den italienern herzlichen und gastfreundlichen völkern (ungarn z.b.)
    eine sehr schöne geschichte
    und antonio ist ja absolut zum knutschen... :kiss


    auf jeden fall lesenswert :-]

  • Zitat

    Original von magali
    Entschuldigt, daß ich eure Ruhe und euer Recht auf Unterhaltung gestört habe.


    Entschuldige, daß ich hier eine andere Meinung habe. ;-)


    *hey... fühl Dich nicht gleich auf den Schlips getreten. Von Deiner Warte aus habe ich das nicht betrachtet - habe allerdings auch nach einigen Überlegungen eine andere Meinung dazu als Du. Friede?*

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Batty
    das kam falsch an, ich habe nicht gegen Dich geschossen, sondern gegen den Autor. Ich habe zu lange in Italien gelebet, hab einfach Probleme mit dem Italienbild, das hierzulande immer noch grassiert
    Ich war mal wieder zu heftig.
    Entschuldige bitte.


    @doc
    Auch ich nehme mir mein Recht auf meine Vorurteile.
    Ich liebe sie und würde sie nie aufgeben, bloß weil sie falsch sind.
    Ich bin nicht besser als andere.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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