Mediale Geschichtsfälschung - lassen wir uns von Verleumdungen manipulieren?

  • Zitat

    Wenn er also schlicht und einfach Widerstand geleistet hätte?


    Schlicht? Einfach? :wow


    Nachher - das geht jetzt nicht gegen Dich, Mary - ist es einfach, Moralist zu sein und Standhaftigkeit einzufordern. Aber von unseren Großeltern waren die wenigsten Widerständler. Wahrscheinlich sogar gar keine. Sie haben weggeschaut, sich die Augen zugehalten und mitgemacht. Ob als kleiner Polizist, Rädchen im Industriegetriebe oder meinethalben auch Staatsanwalt. Diejenigen Menschen, die bereit sind, für eine Idee ihr Leben zu riskieren, sind immer und in allen Gesellschaften in der Minderheit. In einer verschwindend kleinen Minderheit. Den meisten, auch denjenigen, die großspurig Widerstand einfordern (wie gesagt, Mary, das ist nicht an Dich gerichtet!), ist ihr eigenes kleines Leben wichtiger als dasjenige der anderen. Ich hätte vermutlich auch nicht den Mut, mich zur Wehr zu setzen. Aber ich habe das riesengroße Glück, mir diese Gewissensfrage nicht stellen zu müssen.


    Edit: Und, ja, ich bin durchaus der Überzeugung, daß man trotz einer Tätigkeit in der Judikative Gegner des Regimes gewesen sein kann, trotz NSDAP-Mitgliedschaft undsoweiter. Gegnerschaft und Widerstand sind nicht dasselbe. Ich weiß nicht, ob Herr Filbinger Gegner des NS-Regimes war. Aber vom Gegenteil hat mich auch nichts von dem überzeugt, was ich bisher aus berufenem oder sich lauthals ungefragt meldendem Munde vernommen habe.

  • Zitat

    Original von Tom
    Schlicht? Einfach? :wow


    Nachher - das geht jetzt nicht gegen Dich, Mary - ist es einfach, Moralist zu sein und Standhaftigkeit einzufordern. Aber von unseren Großeltern waren die wenigsten Widerständler. Wahrscheinlich sogar gar keine. Sie haben weggeschaut, sich die Augen zugehalten und mitgemacht. Ob als kleiner Polizist, Rädchen im Industriegetriebe oder meinethalben auch Staatsanwalt. Diejenigen Menschen, die bereit sind, für eine Idee ihr Leben zu riskieren, sind immer und in allen Gesellschaften in der Minderheit. In einer verschwindend kleinen Minderheit. Den meisten, auch denjenigen, die großspurig Widerstand einfordern (wie gesagt, Mary, das ist nicht an Dich gerichtet!), ist ihr eigenes kleines Leben wichtiger als dasjenige der anderen. Ich hätte vermutlich auch nicht den Mut, mich zur Wehr zu setzen. Aber ich habe das riesengroße Glück, mir diese Gewissensfrage nicht stellen zu müssen.


    :write

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Es geht doch nicht darum, wer wie Widerstand gelestet hätte! Auch ich bin dankbar für die Gnade der späten Geburt (obwohl das ein Kohlzitat ist :grin)


    Es geht darum, dass ein Ministerpräsident einen Menschen, der im Dritten Reich eine zumindest fragwürdige Rolle gespielt hat, als Widerstandskämpfer hochstilisiert. Und dass er diese Aussage stur wiederholt, anstatt sie durch eine sachliche Argumentation, z.B. durch Belege für diese Behauptung, zu untermauern (im Gegensatz zu deinem Eingangsposting, beo, räumst du ja ein, dass Filbinger kein Held war)


    Wen man bedenkt, wieviele Deutsche nach dem Krieg heimliche Widerstandkämpfer gewesen sein wollen, kann man sich nur wundern, dass das Dritte Reich 12 Jahre durchhalten konnte. Ein solches Verhalten mag man vielleicht von einem Diederich Heßling erwarten, aber nicht von einem hochrangigen Politiker.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Es geht darum, dass ein Ministerpräsident einen Menschen, der im Dritten Reich eine zumindest fragwürdige Rolle gespielt hat, als Widerstandskämpfer hochstilisiert.


    Das. Hat. Er. Nicht. Getan.


    Diese Gleichsetzung (Gegner = Widerstandskämpfer) haben die lustigen, sich berufen fühlenden, im permanenten Wahlkampf stehenden Kommentatoren vorgenommen. Das ändert nichts daran, daß sie inhaltlich falsch ist. Auch ich bin ein Gegner vieler Um- und Zustände. Aber Widerstand leiste ich in fast keinem Bereich.

  • Die Frage ist wie man Widerstand definiert- ist Widerstandskämpfer der abhaut weil er dem Whnsinn nicht weiter dienen will, ist Wderstandskämpfer der Lehrer der in der Partei und der SA große Reden schwingt aber mit seinen Schülern Thomas Mann liest? Der Witze über Hitler oder Goebbels erzählt oder was ist mit dem, der den Befehl hat jeden Juden abzuknallen, aber jeden 10ten laufen lässt- ist das ein Massenmörder, Killer oder ein Widerstandskämpfer? Ein Kämpfer, dass sollten wir spätestens seit nach dem zweiten Weltkreig wissen- seit Mahatma Gandhi oder Rosa Parks - benötigt keine Gewalt und keine Waffen, aber muß ein Widerstandskämpfer so heldenhaft sein wie diese? Hätten alle Deutschen etwas Sand ins Getriebe geworfen hätte das wohl ausgereicht, keiner hätte die Maschine sprengen müssen.

  • Zitat

    Diese Gleichsetzung (Gegner = Widerstandskämpfer) haben die lustigen, sich berufen fühlenden, im permanenten Wahlkampf stehenden Kommentatoren vorgenommen


    Und beowulf:

    Zitat

    Günther Oettinger hat schlicht und einfach eine Wahrheit gesagt- Hans Filbinger war kein Nazi. Er war Widerstandskämpfer. Alles heult auf, ohne sich um die historische Wahrheit zu kümmern oder zu differenzieren. Lassen wir uns wirklich von solchen Medienwahrheiten manipulieren?

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Eben differzieren- darauf kommt es kommt es an- nicht Behauptung aufstellen jeder der in der Partei war sei ein glühender Anhänger der reinen Lehre gewesen- das gilt übrigens für die neuere deutsche Gescichte genauso- man betrachte als Beispiel den schillernden Ex- Ministerpräsidenten und Ex- Bundesminster Stolpe, dem man mit einer einseitigen, undifferenzierten Sicht auf seine Vergangenheit ebensowenig gerecht wird, wie man ihm gerecht wird, wenn man nur seine Verdienste um das Land Brandenburg nach 1990 bewertet.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von beowulf ()

  • Deine Definition des Widerstandskämpfers geht mir viel zu weit. Ein Widerstandskämpfer ist einer, der Gefahren und Unannehmlichkeiten auf sich nimmt, um seine Ziele zu erreichen oder seine Ansichten zu vertreten, so wie Gandhi und Parks es getan haben. Dazu muss er keine Waffe in der Hand haben.
    Menschen, denen man maximal nachsagen kann, mal ein Auge zugedrückt zu haben, sind meiner Ansicht nach keine!
    Tom: mag sein, dass ich mir aus Öttingers Rede mit den Stichworten "Nazi-Gegner" und "Rettung zweier Menschenleben" zusammen mit beowulfs Eingangsposting, den "Widerstandskämpfer" zusammenassoziiert habe.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Hallo, DraperDoyle.


    Das hier hat Oettinger tatsächlich gesagt:


    ... Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen Andere. Wenn wir als Nachgeborene über Soldaten von damals urteilen, dann dürfen wir nie vergessen: Die Menschen lebten damals unter einer brutalen und schlimmen Diktatur!


    Hans Filbinger wurde - gegen seinen Willen - zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen.


    Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das Leben gerettet: Einer von ihnen, Guido Forstmeier, weilt noch heute unter uns und kann bezeugen, dass sich Filbinger dabei großer Gefahr ausgesetzt hat. ...

  • Zitat

    tom
    Diese Gleichsetzung (Gegner = Widerstandskämpfer) haben die lustigen, sich berufen fühlenden, im permanenten Wahlkampf stehenden Kommentatoren vorgenommen. Das ändert nichts daran, daß sie inhaltlich falsch ist. Auch ich bin ein Gegner vieler Um- und Zustände. Aber Widerstand leiste ich in fast keinem Bereich.


    Dem kann ich nur voll zustimmen.



    Ich fürchte, jetzt werde ich mich ganz fürchterlich in die Nesseln setzen und Prügel beziehen. Aber wenn er das wirklich so gesagt hat - worum dann die ganze Aufregung?


    *denSchildhochhaltenunddenRückzugantreten*

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo, SiCollier.


    Zitat

    Aber wenn er das wirklich so gesagt hat - worum dann die ganze Aufregung?


    Auch wenn ich mich jetzt fürchterlich in die Nesseln setze, und ich bin politisch weder mit Oettinger, noch mit Filbinger auf einer Linie: Es ging schon kurz nach Beginn der "Debatte" nicht mehr darum, was Oettinger gesagt hatte, sondern darum, wer sich darüber aufregte.


    Zum Thema auch:


    http://www.suedkurier.de/nachr…43608c2ba633edee7a8af999b


    Und durchaus fundiert offenbar:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Filbinger


    Sind natürlich auch alles nur "Zweite-Hand-Wahrheiten".

  • Tom
    Danke für die Links! Und: bei mir sitzt Du nicht in den Nesseln, ich muß Dir schon wieder zustimmen; das macht dann schon: :write :write



    Bei der ganzen Diskussion ist mir eine Stelle aus einem Buch eingefallen, das ich kürzlich las, und zwar das Buch zum Film, den ich nicht gesehen habe. Dort heißt es (sagt eine ehemaliger Richter, der kurz vor Kriegsende noch drei Soldaten zum Tode verurteilt hat, und nun nach dem Krieg in den Staatsdienst und sich als Richter am Obersten Gericht bewerben will):

    Zitat

    Tanja Gräfin Dönhoff „Die Flucht" S. 329
    „Na, ich mache das, was ich immer wollte. Ich gehe in den Staatsdienst. Ich habe mich bereits erkundigt: Die brauchen jetzt erfahrene und unbestechliche Leute. Und irgendwann werde ich Richter am Obersten Gericht.“ ...
    „Lena, begreif doch, wir sind so kleine Rädchen, da kann man die Geschichte nicht aufhalten. Ich habe mich nie, aber auch nie außerhalb des vorgeschriebenen geltenden Rechts bewegt.“


    Übrigens hat der im Buch sich weder für Angeklagte eingesetzt noch sonst was in der Richtung getan, sondern immer dafür gesorgt, daß das (damals, 3. Reich) geltende Gesetz, egal wie das lautete, auch haarklein umgesetzt wurde.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")