Warum glaubt ihr an Gott?


  • Danke, jetzt blick ich etwas mehr durch.
    Zum ersten Punkt:
    Ich weiß immer noch nicht, warum du dies als weltfremde Konstrukte begreifst, die nichts mit dem Leben und mit Menschen/Tieren zu tun haben? Jegliche Weltanschauung ist eine Form von Konstruktion. Und meistens setzt man sich gerade wegen jener Anschauung für Menschen ein/oder wegen der menschen für eine Weltauffassung - ggf. auch mit seinem Leben. Weil man es für richtig hält. Im Geist - die Verbindung von Denken und Fühlen, die zur Handlung führt. Die Art und Weise, wie meine Weltauffassung bestimmt ist/wird, entscheidet auch über mein Verhältnis zur Mitwelt.
    Wenn du wirklich weniger "irgendwie" Weltanschauungen, sondern konkrete Lehren meinst, so gilt dies auch hier. Beispiel: Man kann kein Verfechter der Kantianischen Moralphilosophie sein und andere anlügen. Das was du denkst, ist nichts, was keine Folgen hat.
    Schöner mit Hesse ausgedrückt: Nur das Denken, das wir leben, hat einen Wert.


    Zu deinem zweiten Punkt: Dann ist jegliches Denken eine geschlossene Welt. Du kannst ohne Prämissen nichts denken oder schlussfolgern, alle deine Urteile basieren auf Vorannahmen. Und irgendwann wirst du deine Prämissen nicht weiter begründen oder auf etwas zurückführen können. Das ist ja das Problem mit Wahrheiten und Beweisen. Egal ob theistisch oder nicht.

  • Zitat

    Original von magali
    Hier kommen wir in das spannende Feld desen, was 'dumm' und was 'intelligent' ist.


    "Intelligenz" habe ich hier in der Dimension "mathematisch/logische Intelligenz" gemeint. Das ist die Fähigkeit, aus Bekanntem richtige = logische = widerspruchsfreie Schlüsse zu ziehen. Das ist von der moralischen Wertung unabhängig. Je komplizierter die korrekten Schlüsse, je mehr Fakten einbezogen werden können, ohne den Überblick zu verlieren, desto intelligenter.
    "Intelligenz" ist notwendig, um einen Pilotenschein zu machen, also waren die Atombomberpiloten wohl intelligent. Ebenso Chemiker, die entsprechende Kampfstoffe entwickeln etc.


    Zitat

    Original von magali
    Die Antwort, daß Gott entscheidet,,was wahr ist, war zu erwarten, führt denkerisch aber nicht weiter. Damit ist der Schlußpunkt errreicht.
    Bite nicht als Vorwurf verstehen, nur als Feststellung.


    Das ist ja die Crux: den endgültigen, öffentlichen und für jeden sofort einsichtigen Schiedsspruch haben wir alle noch nicht mitbekommen. Ich stimme Dir da zu.


    Zitat

    Original von magali
    mir geht es um die Frage, warum Menschen nicht nur für andere Menschen, also für etwas lebendiges Leben einsetzen, sondern für Konstrukte.


    Wenn wir jetzt mal ganz ehrlich sind: Die Annahme, es wäre erstrebenswert, sich für andere Menschen einzusetzen, ist als solche ebenfalls ein Konstrukt. Wie jede moralische Wertung. Das hat waldläufer ja schon gekonnt ausgeführt.

  • @waldläufer


    ich habe an keiner Stelle geschrieben, daß ich Denkgebäude für 'weltfremd' halte.
    Stolperst Du da über eigene Vorannahmen?

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Wenn dich das Wort weltfremd stört, wähle ein anderes.
    Dennoch frage ich mich, weshalb du Denken und Lehren so sehr als abstrakte Konstrukte begreifst, dass sie mit dem Leben und der Mitwelt in keiner Verbindung stünden/stehen sollten. Das sollte mit weltfremd dahingehend ausgedrückt werden. Rest siehe oben.

  • @waldläufer


    Warum soll ich die Wörter wählen, wenn du sie so gebrauchst, daß ich sie als falsch empfinde?
    Du unterstellst, ich soll mich verteidigen? Ich liebe deine Art zu diskutieren.



    Nur das Denken, das wir leben, hat Wert? Na, Hesse war immer flott mit moralischen Urteilen.


    In meinen Augen sollte jedes Denksystem Raum für Zweifel haben. Für mich schließt das einen grundlegenden Wahrheitsanspruch aus.
    Aber das hatten wir schon.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Liebe Magali


    Ich versuche nur zu verstehen, weshalb du einen so großen Graben zwischen Denken und Leben schlägst. Mehr nicht. Was ich unter dem Wort weltfremd zum Ausdruck bringen wollte, habe ich versucht dir zu erklären. Was also veranlasste dich zur Trennung von Konstrukten und Menschen?


    Hesses Spruch finde ich insofern passend, da die Verbindung(en) von Denken und Leben, sprich die Handlungen, durchaus moralisch sind. Da kann man nun Hesse mögen oder nicht.


    Natürlich sollte jedes Denksystem Raum für Zweifel haben. Immerhin ist der Irrtum ein Quell des Wissens. Aber weshalb sollte dies einen grundlegenden Wahrheitsanspruch ausschließen? Wie willst du partielle Wahrheiten oder einen skalaren Wahrheitsbegriff ansetzen (so du das denn willst - falls nicht, wäre ich gerne auf den anderen Ansatz gespannt)?
    Worin liegt denn der Zweifel und Irrtum begründet - in unserer begrenzten Erkenntnisfähigkeit, nicht in einem Wahrheitgsbegriff selbst. Zweifel und Irrtum sind propositional, Wahrheit nicht.


    Nun denn, so habe versucht ich mich dir zu erklären oder rechtfertigen, da es du anscheinend darauf Wert legst. Meine Fragen bleiben dennoch an dich gerichtet und über eine bedachte Antwort würde ich mich wirklich freuen.

  • @waldläufer


    es ging nicht um den Gegensatz zwischen Denken und Leben, sondern um die Frage, warum Überzeugungen mitunter wichtiger sein können als Leben.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich werde den Teufel tun und mich in diese hochgeistige Diskussion einmischen, aber Deine Intelligenzdefinition, lieber Bernard, ist unzutreffend.


    Oh, mal wieder eine Nachricht von meinem lieben Tom! :kiss
    Soweit ich weiß, gibt es gar keine allgemeingültige Definition für "Intelligenz". Im Bild der Wissenschaften wurde mal ausgeführt, es gäbe viele Arten, "mathematisch/logisch", "sozial" etc. "Emotionale Intelligenz" flattert öfter mal durch die Regenbogenpresse.
    "Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst" wird pragmatisch von einigen vertreten.
    Ich glaube aber, das meine obige Präzisierung hinreichend genau das trifft, was die meisten Leute unter "Intelligenz" verstehen. Für die aktuelle Diskussion sollte das reichen.

  • ät Magali
    Überzeugungen sind ein nicht abtrennbarer Teil des Lebens. Dein Leben und deine Einstellung zum Leben ist eine Form der Überzeugung, etsteh daraus.
    Bernard hat das treffender (und schneller) formuliert.

  • OT

    Zitat

    Original von Magali
    Eine geschlossene Welt ist für mich ein Denkgebäude, das immer auf das gleiche Grundprinzip zurückführt. Wie z. B Religionen. Das Grundprinzip ist die Existenz einer Schöpferkraft.
    Von diesem Grundprinzip aus wird geurteilt.


    Hier wollte ich gerne nochmal ansetzen. Das mit den Prämissen hatten wir ja schon.
    Ich halte das Denken nicht für ein geschlossenes System. Aber auch nicht für ein "offenes" im weiten Sinne. Eher eine spiralförmige Sache.

  • Wenn ich nicht mehr weiter weiß, wenn keiner da ist, dem ich die Fragen stellen kann, wenn etwas in meiner Umgebung absolut sinnlos erscheint, dann kommt mir schon der Gedanke, an Gott zu glauben.

  • Hallo, Mary.


    Zitat

    Wenn ich nicht mehr weiter weiß, wenn keiner da ist, dem ich die Fragen stellen kann, wenn etwas in meiner Umgebung absolut sinnlos erscheint, dann kommt mir schon der Gedanke, an Gott zu glauben.


    Damit hast Du sehr schön die Ursache für Religionen und Religiösität in einem Satz zusammengefaßt.

  • Zitat

    Original von Tom
    Damit hast Du sehr schön die Ursache für Religionen und Religiösität in einem Satz zusammengefaßt.


    Monokausale Erklärungsansätze sind stets vom Hauch der Naivität umweht. Mit gleicher Berechtigung könnte man behaupten, die Ursache, warum Menschen in einem Internetforum Beiträge posten, sei die Tatsache, dass sie im echten Leben auf Grund asozialer Disposition keine Freunde hätten, mit denen sie sich austauschen könnten.
    Das mag auf eine Minderheit zutreffen. Es ist eine Ursache, aber sicher nicht die Ursache.

  • Sehr schöner Beitrag, Bernhard, aber dann kannst du mir sicherlich folgendes erklären:


    WARUM ist meine Tochter mit einem angeboren Herzfehler zur Welt gekommen?


    Die Ärzte hatten keine Antwort auf meine Frage. Mein Mann, Freunde, Familie und Bekannte hatten keine Erklärung.


    WARUM erkrankte meine Schwester an Krebs?


    WARUM starb meine Schwägerin letztendlich an Lungenkrebs, wenn sie doch nie geraucht hat?


    Solche Geschichten lassen mich glauben, aber sicherlich nicht an einen fairen, gerechten Gott, aber immerhin.


    Ich weiß genau, dass es auf diese Fragen keine Antworten gibt, jedenfalls keine, die mir etwas nützen. Es ist nur so, dass sich Eltern ganz automatisch die Frage stellen, was sie "falsch" gemacht haben, wenn die Kinder nicht gesund zur Welt kommen.

  • Hallo, Mary.


    Mit diesen Fragen befassen sich Theologen und Philosophen seit Jahrhunderten. Man nennt das das "Theodizee"-Problem. Wie kann es einen allmächtigen, allgütigen und allwissenden Gott geben, wenn es zugleich Leid und Schrecken gibt?


    http://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee


    Die möglichen Antworten hierauf mögen nicht "befriedigend" ausfallen, aber, hey, wir reden schließlich über Glauben.