Warum glaubt ihr an Gott?

  • Es will sich doch auch kaum jemand hier ernsthaft mit Glaubensfragen auseinandersetzen. Diese Diskussionen versanden immer sehr schnell in Nebenschauplätzen, Statements werden ansonsten bis zum Erbrechen immer wieder, wenn auch vielleicht mit anderen Worten, wiederholt und kaum jemand geht wirklich ernsthaft und bemüht auf die Argumente des Gegenüber ein.


    Dieses Threads vermitteln mir immer das Gefühl, dass der, der am lautesten schreit offenbar im Recht ist bzw. meint mit der richtigen Sicht der Dinge gepudert zu sein.


    In diesen Threads treffen sie zumeist ungebremst aufeinander, die Welterklärer, die Möchtegern-Zyniker, die Oberlehrer, die Scheinjovialen und die nachdenklichen Diskutierer kapitulieren dann vor der Übermacht des inhaltsleeren Geschreis. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo, Voltaire.


    Zitat

    Es will sich doch auch kaum jemand hier ernsthaft mit Glaubensfragen auseinandersetzen.


    Doch. Will jemand. Aber es ist zugegeben äußerst schwierig, bei einem so emotionalen und essentielle Lebensentscheidungen betreffenden Thema die Contenance zu wahren und bei einigen - aus der ganz persönlichen Sicht haarsträubenden - Standpunkten ruhig zu bleiben. Nichtsdestotrotz sind fast alle Statements hier wie in den Parallelthreads überaus interessant. Man lernt eine Menge über die Prozesse, die involviert sind, und über die Persönlichkeits- und Denkstrukturen der sich äußernden. Wenn man will, versteht man etwas. Damit ist schon eine Menge erreicht. Daß es bei solchen Disputen keinen "Gewinner" geben kann, obwohl viele das zu glauben scheinen, und daß es praktisch keine Möglichkeit gibt, jemanden zu überzeugen, der gegenteiliger Auffassung ist, liegt in der Natur der Sache.

  • Tom


    Du hast jetzt etwas sehr Interessantes angesprochen....dass es bei diesen Diskussionen eben keine Gewinner geben kann.


    Gewinner im Sinne von "recht haben" gibt es sicher keine....andererseits kann sicher der eine oder andere Mitleser und Mitdiskutierer für sich einiges an Neuem erfahren, andere Denkweisen entdecken......vielleicht dadurch sogar seinen religiösen Weg finden...wie immer der auch aussieht...


    .....und das kann eben auch ein Gewinn sein für denjenigen.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Ich werfe mal in aller Gemütsruhe ein, daß ich nicht der Ansicht bin, daß in Diskussionen über Religion mehr und anders gestritten wird als in Diskussionen über andersgeartete Überzeugungen.
    In meinen Augen macht eben dieser Einwand die Relgionsfrage wieder zu einer besonderen.
    Ist sie nicht.
    Sie ist eine von vielen, die das Leben von Menschen berühren.


    Welterklärer, Möchtegern-Zyniker, Schein-Joviale, Besserwisser etc. - Voltaire, Du erlaubst, daß ich Dich zitiere - finden sich in allen Threads, die hier je zu Politik eröffnet wurden, iaber auch n den Threads übers Schreiben, ja sogar in der Plauderecke.


    Nur über Bücher wird hier nie gestritten.
    Eigenartig in einem Bücherforum.
    :gruebel


    Übrigens: in einer echten Diskussion geht es nie ums Gewinnen/Verlieren

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • wer glaubt denn heutzutage schon an gott wenn ich mal fragen darf.....so hirnrissig ist ja keiner oder =) *kleiner scherz*


    also ich glaube schonmla nicht an gott.


    und jedem ist es selber überlassen an was er glauben möchte oder nicht.



    mfg :wave


  • Ich bekenne mich zu dieser Hirnrissigkeit. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von magali
    Nur über Bücher wird hier nie gestritten.


    Na, über "Die Päpstin" ist hier aber heftigst gestritten worden. Und über diverse BoD-Bücher doch auch. :-)



    Ansonsten fand ich auch diese Diskussion wieder recht erhellend. Tom hat es weiter oben ja erwähnt: "Man lernt eine Menge über die Prozesse, die involviert sind, und über die Persönlichkeits- und Denkstrukturen der sich äußernden. Wenn man will, versteht man etwas."


    Das gilt natürlich für alle Beteiligten, egal welcher Richtung man letztendlich den Vorzug gibt.


    Gruss,


    Doc



  • Shaggymania
    das ist es eben was mir nicht so sehr gefällt bei diesen Diskussionen...diese Versuche andere Ansichten "ins Lächerliche zu ziehen"...auch wenn sie als Scherz verpackt daherkommen...


    Es gibt aber auch sehr gute Scherze über religiöse Ansichten, einige davon wurden auch in diesen Glaubensthreads gepostet....


    Wobei ich jetzt hier mit meinen Gedanken ziemlich gelandet bin: welche Witze über Glaubensfragen sind gut und welche sind weniger gut...

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  • Hallo, Joan.


    Zitat

    diese Versuche andere Ansichten "ins Lächerliche zu ziehen"


    Das rührt daher, daß man den anderen Standpunkt möglicherweise tatsächlich als lächerlich empfindet. Hier fällt es zuweilen schwer, zu differenzieren. Oder die Meinung zum Standpunkt von der Meinung zum Äußernden zu trennen (das gilt für die Sender- und für die Empfängerseite). Außerdem haben solche Diskussionen natürlich ein enormen selbstdarstellerischen Anteil. Ist ja kein Fachgespräch auf dem Podium in der Uni. Sondern Gelaber zwischen irgendwelchen Leuten, die mal über mehr oder mal über weniger "fachlichen" Hintergrund verfügen und sich vor einem recht großen, teilweise anonymen Publikum ins rechte Licht zu setzen versuchen. Und dann wird leider häufig die Wissenskeule geschwungen, wobei gerne vergessen wird, daß eine Thematik Gegenstand der Auseinandersetzung ist, bei der sehr persönliche und überwiegend emotionale Hintergründe entscheidend sind.


    All diese Schuhe ziehe ich mir übrigens durchaus selbst an.

  • @Doc


    es wurde beileibe nicht über 'Die Päpstin' gestritten.
    Gestritten wurde über die Art, wie über 'Die Päpstin' gestritten wurde.


    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tom


    All diese Schuhe ziehe ich mir übrigens durchaus selbst an.


    Tom
    Dann müsstest Du ja ein Tausendfüssler sein :lache


    Eigentlich kann ich zu allem was Du sagst zustimmend nicken...wenn auch teilweise etwas zögerlich...


    Ueber religiöse Ansichten schmunzeln oder lachen können, das kann sicher auch sehr befreiend sein.....mindestens für denjenigen auf der lachenden Seite.. ;-)
    Diese Versuche aber die ich meine, die Meinungen/Ueberzeugungen der "Kontrahenten" ins Lächerliche zu ziehen, die haben halt für mich meistens einen wertenden Touch, und das gefällt mir eben auch nicht.


    Denn keiner von uns allen hier, die wir auf dieser Erde kreuchen und fleuchen kann sich meiner Meinung nach auch nur ansatzweise anmassen, die Wahrheit gefunden zu haben.....
    ...sind wir doch alle letzlich nur so etwas wie Staubpartikelchen in der unendlichen Weite des Universums.....

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  • Joan : Sehr wahr. Deshalb ist es umso trauriger, wenn man dann persönlich auf sehr verletzende Weise angegriffen wird, weil man mit dem Weltbild eines anderen nicht konform geht.
    Wir unbedeutende Wesen wissen nicht, was es in diesem Universum (oder ein Universum in Multiversen) gibt.

  • Zitat

    Original von Joan
    Denn keiner von uns allen hier, die wir auf dieser Erde kreuchen und fleuchen kann sich meiner Meinung nach auch nur ansatzweise anmassen, die Wahrheit gefunden zu haben.....


    Es gibt aber eine ganze Menge Leute, die sich das anmaßen. Eigentlich alle religiösen Führer ebenso auch wie eine Menge überzeugter Gläubiger und ebenso eine Menge überzeugter Ungläubiger.


    Ich finde das auch gar nicht so unwahrscheinlich (wahrscheinlich gehöre ich deswegen selbst zu den Leuten, die es sich anmaßen).


    Warum soll niemand die Wahrheit gefunden haben? Nur weil ich sie vielleicht nicht gefunden habe?
    Das wäre so, als wüde ich behaupten: "Niemand auf dieser Welt kann wissen, wie ein Teilchenbeschleuniger funktioniert, denn schließlich weiß ich selbst es ja auch nicht."


    Jetzt gibt es viele widersprüchliche Religionen. Die meisten sind also wohl falsch. Das ist so, als wenn es viele unterschiedliche Erklärungen für die Funktionsweise eines Teilchenbeschleunigers gäbe. Auf Grund der Widersprüche kann man diagnostizieren: "Die meisten sind mehr oder weniger falsch."
    Zu behaupten: "Unter allen Erklärungen ist die richtige nicht dabei", ist jedoch äußerst gewagt. Zumal, wenn man sich nicht alle Erklärungen angehört und sie nicht durchdrungen hat.

  • Zitat Bernhard:
    Warum soll niemand die Wahrheit gefunden haben? Nur weil ich sie vielleicht nicht gefunden habe?
    Das wäre so, als wüde ich behaupten: "Niemand auf dieser Welt kann wissen, wie ein Teilchenbeschleuniger funktioniert, denn schließlich weiß ich selbst es ja auch nicht."


    :rofl

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Bernard


    ich denke, ich muss jetzt versuchen, mich zu präzisieren :gruebel


    Weisst Du, wenn jemand für sich ganz tief davon überzeugt ist, die Wahrheit gefunden zu haben, dann kann/soll/muss ich das auch respektieren....


    ....aber das soll dann auch seine ganz persönliche "Wahrheit" sein und auch bleiben, die er als eine solche den anderen Menschen selbstverständlich auch mitteilen darf....aber ich betone: es soll auch seine ganz persönliche Wahrheit bleiben....


    Diese ganz persönlichen Wahrheiten gibt es auf diesem unserem Planeten sicher millionenfach...Doch immer ist es eine andere Wahrheit... und ich finde, das ist auch in Ordnung so...


    So viele Edits....man merkt, ich bin mit meinen Formulierungen selber nicht so ganz zufrieden... :lache

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    Dieser Beitrag wurde bereits 4 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • nein, ich lese nicht alle postings durch! ich erlaube mir dennoch, mich einzumischen mit einer recht simplen Frage:
    kann das noch wahrheit genannt werden, was ausdrücklich durch die ergänzung "ganz persönliche" Wahrheit ergänzt wird?? Ist das dann nicht etwas, was jedem persönlich wichtig ist, aber eben gerade nicht Wahrheit??
    oder sollte unser Wahrheitsbegriff sich individualistisch degeneriert haben??
    nur: was ist dann eine Wahrheit noch wert, wenn sie bestenfalls als individuelle gelten darf und das vielleicht auch nur, bis sich mir eine andere individuelle Wahrheit liebedienerisch angehurt hat. Was ist eine Wahrheit wert, wenn sie überhaupt nicht mehr als Richtlinie für eine Orientierung am Wahren dienen kann, weil sie nicht allgemein akzeptiert wird??


    Es ist die tiefste Form, in die aufgeklärtes Denken sinken kann, die tiefste und verheerendste Konsequenz, des "jeder werde nach seiner Facon selig" des Alten Fritz. Es mündet in ein völlig willkürliches, dem Individuum und dem Relativismus preisgegebenes regelloses Nebeneinanderherleben, in dem eine Orientierung nicht möglich ist.
    Man erlebt, was das bedeutet wenn man die verscheidenen ordogravieh-deutungen im Forum liest: ich schreibe vortan an meinhe reschtschraipung tran, das dass eben meinher Waarhaid entspricht. eventuelle einsprüche bügele ich ab: das ist eben meiner wahrheit entsprechend.
    Und der nächste schritt ist, dass ichs im strassenverkehr und an der Supermarktkasse ebenso mache ...


    Ich finde es UNERTRÄGLICH, wie wir mittlerweile mit dem Wahrheitsbegriff umgehen und uns dazu, sofern es um Glauben geht auch noch völlig legitimiert fühlen -- wieso eigentlich??? Wer hat hier Wahrheit?? Wer könnte je von sich sagen, im besitz einer (individuellen ider wie auch immer gearteten) Wahrheit zu sein???
    Es ist doch am Ende nur eine billige Ausrede, die eigene Meinung zur eigenen Wahrheit zu stempeln, nur um sie damit scheinbar jeder Kritik zu entziehen.


    Eine sehr empfehlenswerte Lektüre zum Thema stammt vom Kardinal Ratzinger: Sein Papier Dominus Iesus ist philosophisch zu diesem Thema wirklich lesenswert und interessant!
    Ratzinger stellt klar und das ist für mich absolut überzeugend, dass wahrheit nur dann wahrheit ist, wenn es nur diese eine wahrheit gibt und alles andere eben unwahrheit, lüge, nichtseiendes etc. ist.

  • licht


    sorry....aber mit Deinen Erkenntnissen kann ich jetzt sehr wenig bis garnichts anfangen....und ich hoffe, dass Du wenigstens diese meine "Wahrheit" mir zugestehen kannst, dass ich mit Deinen Aussagen meine grösste Mühe habe...:gruebel

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  • Es scheint mir zwar eine Premiere zu sein, aber heute gebe ich licht einmal Recht, auch wenn ich seine Beispiele falsch finde.
    Was soll eine "ganz persönliche Wahrheit" sein?
    Wenn ich nach reiflicher Überlegung als richtig annehme, dass 2 + 2 gleich 4 sei, was bedeutet dann, dies sei meine "ganz persönliche Wahrheit"?
    Wenn ich nun jemandem begegne, der der Meinung ist, 2 + 2 sei 5, dann halte ich das für falsch. Wenn jemand drittes meint, das Ergebnis sei 17, halte ich es für "noch falscher".


    Glaube ist keine Geschmacksfrage, wo alles gültig nebeneinander steht - "meine Lieblingsfarbe ist blau" - "okay, meine ist rot".


    Nein, so funktioniert das nicht.

  • Zitat

    Original von Bernard
    Glaube ist keine Geschmacksfrage, wo alles gültig nebeneinander steht - "meine Lieblingsfarbe ist blau" - "okay, meine ist rot".


    Nein, so funktioniert das nicht.


    Wieso eigentlich nicht?
    Ich kann es durchaus tolerieren, dass meine Freundin etwas anderes glaubt als ich. Auch in politischen Ansichten divergieren wir und dennoch müssen wir uns deswegen nicht die Köpfe einschlagen.

  • Bernard


    Diese "ganz persönliche Wahrheit"....ist diese Wahrheit, die dann jeder für sich auch als solche erlebt....


    ...und ich kann einfach diese Suche nach der Existenz Gottes für die einen, das Wissen dass Gott existiert für die andern und auch jene Ueberzeugten, dass es ihn nicht gibt....


    ....diese rein persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse in Glaubensfragen nicht mit Rechenaufgaben oder Rechtschreibung oder Verkehrsregeln oder Teilchenbeschleuniger (was immer das auch sein mag) vergleichen...sie sind und bleiben für mich mit nichts vergleichbar....sie sind schlicht unvergleichlich, genauso wie sich kein menschliches Lebewesen mit einem anderen menschlichen Lebewesen vergleichen lässt....

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