Literaturvergrätzt ?

  • Komisch, ich habe bei diesem Thema auch sofort an einen bestimmten Film gedacht :wave


    Mir fällt gerade der Titel nicht mehr ein. War auf jeden Fall mit Michelle Pfeiffer als Lehrerin. Und sie versuchte den Schülern Gedichte von Dylan Thomas durch Songtexte von Bob Dylan näherzubringen.
    Das hat mir damals als Zuschauer so richtig Lust gemacht, auch mal etwas von Dylan Thomas zu lesen. Hab ich aber aus Zeitgründen nie in die Tat umgesetzt.


    So sollte Unterricht sein! :-)

  • Ich denke das auch die veraltete Sprache dazu beträgt das sich kaum noch Schüler für die Schullektüre interesieren. Wer liest schon etwas gerne, von dem er die Hälfte nicht versteht, weil die Wörter heute nicht mehr in Gebrauch sind?
    Auch mit Themen können die meisten heute wenig anfangen. Niemand kann sich heute mehr vorstellen das man eine Person nicht lieben darf, nur weil sie nicht dem selben Stand angehört.

    Du öffnest ein Buch, das Buch öffnet dich. ( Chinesisches Sprichwort )
    Liebe Grüße Naddel :wippe

  • Ich denke auch, dass das Problem eher die Bücherauswahl war.
    Man musste die Klassiker lesen, obwohl man keinerlei Bezug zu der Lebenssituation hatte (wobei: Lady Macbeth fand ich gut) oder irgendwelche Bestseller, die wohl auf irgendeiner Liste standen.
    Ich erinnere mich, dass ich Berlin, Alexanderplatz referieren musste, ich mit dem Buch nichts anfangen konnte und es alle merkten. Selbst der Lehrer meinte: Hat Dir wohl nicht gefallen. Trotzdem gab es eine gute Note.
    Derselbe Lehrer hat uns im Abiturjahr einen Literaturkreis eingerichtet gehabt, bei dem wir einmal pro Woche bei ihm zuhause bei Kaffee, Tee und Kuchen sassen und über verschiedene zeitgenössische Bücher sprachen. Das fand ich damals grossartig und wesentlich sinnvoller als die Goethes, Schillers, Zerbrochenenen Krüge und komischen Clowns.

  • Zitat

    Klassiker wie "Der Zauberberg", "Törleß", "Biedermann", "Werther" usw. sind einfach strunzlangweilig, wenn man ein Jugendlicher ist. Man versteht die geschilderte Erwachsenenwelt nicht, man hat naturgemäß (noch) keine Freude am intellektuellen Diskurs, es ist unspannend, hölzern, klingt total angestaubt und es gibt so gut wie keine Action. Ich fand diese Bücher auch scheiße, als ich jung war. Umso mehr, da ich den Krempel lesen mußte. Keine hundert Pferde hätten mich dazu gebracht, diese Schwarten in meiner Freizeit auch nur anzusehen, geschweige denn zu lesen.


    Dem kann ich nur zustimmen.


    Ich denke hier nicht, dass die Lehrer schuld sind, wenn den Schülern die Klassiker nicht gefallen. Denn wenn mich das Buch interessiert, kann der Lehrer noch so langweilig sein, er kann aber genauso fasziniert von seiner Arbeit sein und versuchen es den Leuten näher zu bringen und das völlig umsonst, wenn mich das Buch nicht ineressiert.


    Unsere Lehrerin war total begeistert vom Woyzeck - mir müsste man schon eine große Summe Geld bieten, um ihn noch mal anzurühren *grusel*


    Charlotte :
    Du meinst Dangerous Minds :wave

  • Ich denke mal das es auch am Lehrer liegt. Wie Beo schon sagte ist der Lehrer gelangweilt vom Unterrichtsstoff, wie soll er dann seinene Schülern begeisterung vermitteln?!
    Desweiteren liegt es am Stoff warum können für den Unterrichtsstoff "Unterschied der Inhaltsangabe oder Erzählung" nicht Bücher der Aktuellen Bestsellerliste genommen werden die dem Alter der Kids entspricht warum muß es z.B. Goethe sein? (Meine Erfahrungen in der Schulzeit).


    Um aber auch Herrn Goethe nicht zu vernachlässigen kann man das doch "spaßig" gestallten. Als erstes mal Goethes Faust "normal" lesen und dann denm Kidds die Aufgabe geben das Stück in die Jugendsprache zu Übersetzen.


    Also Es liegt daran was ein Lehrer mit dem Vorgegebenen Stoff macht! Macht er 0/8/15 oder versucht er zu begeistern?

  • Zitat

    Original von bonnie01Desweiteren liegt es am Stoff warum können für den Unterrichtsstoff "Unterschied der Inhaltsangabe oder Erzählung" nicht Bücher der Aktuellen Bestsellerliste genommen werden die dem Alter der Kids entspricht warum muß es z.B. Goethe sein? (Meine Erfahrungen in der Schulzeit).


    Die Bestsellerliste bloß nicht.

  • Zitat

    Original von Heaven



    Kann ich so nicht bestätigen. Meine Eltern haben nie gern gelsen und die paar Bücher, die die im Regal hatten und mal reinguckten, die hätten mich nie zur Leseratte werden lassen. War ich aber schon als Kind. :-)
    Ich habe wiederum viele Bücher, lese gern, halte meine Kinder dazu an...aber die haben keinen Spaß daran. Was nu? :grin


    Oweia. Natürlich gibt es immer die berühmten Ausnahmen. Für jedes Beispiel gibts immer ein Gegenbeispiel. Meine Aussage bezieht sich nicht speziell auf Deine Erfahrungswelt, sondern ist allgemein zu verstehen. Oder willst Du bestreiten, dass Eltern und deren Verhalten (bzw. Umgang mit bestimmten Themen) prägend aufs Kind wirken?


    Gruss,


    Doc

  • ich glaube es liegt genauso an den lehrern wie an den schülern. wenn sich jemand nicht für deutsch/bücher interessiert, dann ist demjenigen auch mit "gutem" unterricht nicht mehr zu helfen. andererseits ist "schlechter" unterricht nicht sooo schlimm wenn man sich für das buch/ klassiker interresiert.


    mir macht es immer spass klassiker in deutsch oder in englisch in der schule durchzunehmen, ist halt genauer als alleine privat zu lesen. :-)

  • Also wir mochten damals unseren Deutschlehrer und seinen für die damalige Zeit (vor 20 Jahren) eher unkonventionellen Deutschunterricht sehr gerne. Und trotzdem wollten wir (34 pubertierende Mädchen) keinen Faust oder ähnliches lesen.
    Wobei ich im Nachhinein denke, dass es weniger an der Lektüre als solches lag, als an der drohenden Inhaltsangabe, Zusammenfassung oder Interpretation, die dann abzuliefern war. Und natürlich, weil man mußte. Da war altersbedingter trotziger Widerstand schon vorprogrammiert.


    Ganz anders lief es z.B. mit "1984" von George Orwell. Das wollte zuerst auch niemand lesen. Aber statt eine Zusammenfassung schreiben zu müssen, haben wir uns die letzten 20 Minuten der Stunde zusammengesetzt und konnten über das Gelesene diskutieren und reden. Da haben sich dann auch welche rege beteiligt, die sonst eher sparsame schriftliche Beiträge ablieferten.


    Für mich persönlich waren z.B. "Der Zauberberg" und auch "Goethes Faust" einfach zu früh an der Reihe. Obwohl ich schon immer eine Leseratte war, konnte ich mit knapp 16 Jahren damit überhaupt gar nichts anfangen.


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

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  • Das Zerpfücken jeder einzelnen Lektüre bis ins Mark hat mich wahnsinnig genervt.
    Beispielsweise Maria Stuart von Schiller ist eigentlich nicht sehr umfangreich, aber wir haben wochenlang nur die Beziehung zwischen Maria und Elisabeth durchgekaut...
    meine Güte, ich hätte es kürzer abgehandelt: Maria hat aus Naivität Schei..e gebaut, Lisbettchen hat entsprechend reagiert...aus die Maus Nikolaus.


    Meine Lehrerin hätte, glaube ich, noch nicht mal davor zurückgeschreckt zu analysieren, ob Lisbett in ihrer PMS-Phase gewesen ist, als sie Maria zum Tode verurteilte...aber Gott sei Dank kamen die grossen Ferien noch rechtzeitig...

  • Wir hatten eine Lehrerin, die uns mit Barbara Noak "der Bastian" oder ähnlich banaler Literatur geködert hat, um dann (entsprechend ihrem Lehrplan) als Gegenleistung von uns gefordert hat, "den Untertan" oder "der Zerbrochene Krug" " Im Westen nichts Neues" "Blechtrommel" zu lesen (und zu interpretieren).
    Allerdings war das eine Lehrerin, die wusste, wie man die Kids motivieren konnte. Sie verschonte uns mit den Klassikern wie Goethe, Schiller etc. Shakespeare wurde als Reklam-Heftchen "vorgelesen".
    Das klang so, wie in dem Film "Die Feuerzangen....



    umblätter....





    ....bowle* :lache

  • Ich bin auch der Meinung, dass das Problem schlicht an der Disharmonie des Alters und des Lesestoffs ist.


    Jugendliche haben keine Lust und meist auch zu wenig Lebenserfahrung um einen Klassiker zu verstehen bzw sich damit auseinander setzen zu wollen/können. Gerade Klassiker sind Werke, die man in jeder Lebenslage anders versteht, die man am besten in 2-Jahres-Abständen immer wieder lesen sollte um sie anders interpretieren zu können. Ich denke da jetzt einfach an Hesse, Siddhartha.


    Mir gehts ja jetzt eigentlich ähnlich - manchmal beginne ich mit einem Buch und lege es weg, weil es mir zu öde, zu langatmig, zu philosophisch ist und etliche Monate/Jahre später nehme ich es wieder und finde es einfach nur gut. Im herkömmlichen Lehrplan ist die Lektüre eines speziellen Buches gerade jetzt vorgesehen und weglegen ist nicht möglich. Das ödet den Schüler dann an und ist mE absolut zu verstehen.


    Es ist sehr einfach und eigentlich auch sehr bequem der Schule und den Lehrern für jedes Problem die Schuld zu geben. In der heutigen Zeit müsste Schule alles machen - sie sollte dem Schüler ein vernünftiges Essverhalten beibringen, sie sollte sie sportlich halten, es sollte Verständnis für Musik und Literatur vermittelt werden etc.


    Den größten Erziehungsauftrag haben nach wie vor die Eltern, mit dieser Verantwortung sollten diese auch Kinder groß ziehen.

  • Klassiker MÜSSEN aber sein an der Schule...
    Ich kann ja auch keinen Matheunterricht machen, ohne die Grundrechenarten voraussetzen zu können, und "unsere Klassiker", speziell die Weimarer Klassik, sind nun mal die Grundlagen deutscher Sprache und Literatur.
    Aus dem Grunde halte ich es für falsch, Banalkram oder Bestseller im Deutschunterricht zu lesen. Und es ist auch nicht immer möglich, die Literatur so auszuwählen, dass man die Kids in ihrer Lebenswelt abholt, wie es heute so schön heißt.
    Bei Goethen geht's prima, tolle Gedichte, spannende Balladen, Faust I als unendlichen Zitatenschatz und den Werther mit dem Plenzdorf hinterher. Bei Schiller wird's schon schwieriger.
    Aber sein muss es, den Lehrern kann man allenfalls vorhalten, dass sie eine ordentliche und nicht gar zu langweilige Auswahl treffen...


  • Danke.
    Immerhin einer, der sein Denken nicht gleich mit Allgemeinplätzen (Die Lehrer, die Lehrer...!) narkotisiert.


    Sisi
    Shakespeare aus Reclam-Heftchen?!!! Da kann man es getrost auch sein lassen. Ich hasse diese "Anpasserei" an die "Jugendkultur", die gerne öffentlich gefordert wird. "Jugendgerecht" heißt nicht, alles auf ein Minimalmaß an Niveau runterzubrechen.


  • Spätestens wenn der Satz: "Typisch, wie deine Mutter!" kommt muss ich das verneinen. :grin

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)



  • :write

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    Grüßle, Heaven


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  • Mensch, auf den drei Seiten habt ihr schon so vieles gesagt, was auch ich denke....


    Der Hauptgrund, warum Schüler in der Schule nicht gerne Klassiker lesen, liegt mit Sicherheit daran, dass sie es nun einmal "müssen" - letzteres Wort wurde bei uns auch immer benutzt und führte schon am Anfang zu Langerweile und Unmut. Niemand liest gerne, wenn jemand sagt: "Du musst das aber lesen, weil es Weltliteratur ist und so auf dem Lehrplan steht."


    Klassiker finde ich schon sehr wichtig, keine Frage, als Allgemeinbildung sollte man sich schon mit den deutschen "Dichtern & Denkern" ein wenig auskennen....ich hab grad selbst mein Faible dafür entdeckt. Ich bin aber auch schon einige Jahre aus der Schule raus und lese sie aus freien Stücken! Und ich habe Freude daran...was ich in der Schule niemals hatte.


    Grässlich ist es nämlich, wenn man ein Werk liest, und es einfach totredet und "seziert" --> niemand kann sich anmaßen (erst recht kein Deutschleher), zu wissen, was der Autor/Dichter mit genau dieser einen bestimmten Zeile ausdrücken wollte. Deutschunterricht und vor allem die Interpretationen müssten einfach freier gestaltet werden und nicht nach Schema F. Man kann ein Werk doch aus so vielen verschiedenen Perspektiven sehen! :gruebel Einfach mal mehrere Meinungen zulassen!


    Ich denke auch, dass man in der Schule noch zu jung ist, um solche "harten Brocken" zu lesen...aber da kann man sich drüber streiten. ;-)


    Liebe Grüße,
    Aimée

  • Wenn es Auftrag der Schule istt Kompetenzen zu vermittlen und nicht staubiges Wissen, dann ist es Auftrag des Pädagogen zu erforschen wie er das Ziel mit dieser, ihm konkret gegenübersitzenden Schulklasse am besten und effektivsten gemeinsam erreichen kann. Er darf nicht den für ihn einfachsten Weg gehen, er darf nicht sagen lest mal und macht mal, also die Schüler alleine gehen lassen, sondern er muß versuchen ihnen Lesen als das zu vermitteln, als das es wohl die meisten von uns empfinden, als eine Wanderung durch eine Geschichte mit deren Figuren und Geschichten man mitlebt, erleidet, duldet, schmerzt, scherzt, lacht, jubelt, liebt, kämpft, siegt und verliert und deren Erfahrungen und Gefühle man zu seinen macht. Dabei ist es vollig egal ob die Figur Dr. Faustus von Johann Wolfgang von Goethe ist, oder Momo von Michael Ende, auf das Einlassen auf die Geschichte und auf den Blick hinter das Geschriebene kommt es an. Mir geht es heute noch so, dass ich bei solch einem Wetter wie heute am liebsten (ich kann es einfach nicht mehr) den ganzen Osterspaziergang aus dem Faust rezitieren würde. Meine Schwester kann man mit dem Faust davonjagen- wir hatten andere Lehrer, aber den gleichen Lehrplan.


    Ein Lehrer, der vergisst, dass seine Aufgabe nicht in erster Linie Wissensvermittlung, sondern Bildungsvermittlung ist, ist eben ein schlechter Lehrer.Punkt.

  • Wenn ich deinen Punkt durch einen Beistrich ersetzten dürfe .... ?


    Zitat

    Ein Lehrer, der vergisst, dass seine Aufgabe nicht in erster Linie Wissensvermittlung, sondern Bildungsvermittlung ist, ist eben ein schlechter Lehrer,


    wenn er in dem ganzen, doch sehr kränkelnden System dazukommt und sich nicht durch Bürokratie, mangelnde Klassendisziplin, unangenehme, ständig lästernde Eltern, absolut verstaubte Lehrpläne, zu engen Bewegungsrahmen etc abbringen lässt. Denn diese Faktoren sind genaus demotivierend wie langweilige Klassiker für Jugendliche.


    Das Problem ist einfach zu vielschichtig um es auf den Punkt zu bringen.