Kurzbeschreibung
Seit 30 Jahren ist sie politische Journalistin in Österreich und noch immer optimistisch: Anneliese Rohrer. Sie nahm sich in ihrem Blatt - der "Presse" - nie ein Blatt vor den Mund. Und das macht sie auch in ihrem neuesten Buch nicht. "Charakterfehler" ist ein pointierter Versuch, die Veränderungen in der politischen Kultur und die schlimmsten Verstöße dagegen zu erklären sowie die Hintergründe der Toleranz - oder Apathie? - der österreichischen Wähler zu verstehen. Anneliese Rohrer fragt nach: Warum haben Lügen in der österreichischen Politik keine kurzen Beine? Wie hat sich die politische Sprache verändert? Warum wurde das Streben nach Gewinn an Geld und Wählerstimmen zur treibenden Kraft in der österreichischen Politik? Warum kümmert sich kaum ein Politiker mehr um sein "Geschwätz von gestern"?
Eine politische Analyse, die nicht jedem recht sein wird ...
Über die Autorin:
Anneliese Rohrer war bis zu ihrer Pensionierung Journalistin bei der Zeitung „Presse“. Seitdem verfasst sie Kolumnen für den „Kurier“.
Eigene Meinung:
Auf 190 Seiten analysiert Anneliese gewisse Phänomene der österreichischen Politik seit 1974 bis 2004. Diese Zeitspanne umfasst die Spätzeit Kreiskys, Sinowatz, Vranitzky, Klima und Schüssel. Das Schwergewicht der Betrachtung liegt auf dem Zeitraum zwischen 1999 und 2002, wobei vor allem auch die Politiker Haider und Klestil einer genaueren Betrachtung nicht entgehen können.
Rohrer geht dabei vor allem der Machart der Politik auf den Grund. Wie hat sich die Politik in diesem Zeitraum verändert? Wie haben sich manche Phänomene langsam zum Standard der Politik entwickelt. Dabei wird aber nicht nur die Politik kritisch betrachtet, sondern vor allem auch die Medien und die Wähler, die diese Eigenarten der Politik überhaupt erst zulassen, was jeweils mit Beispielen belegt wird.
Kernthemen sind dabei der Anstand der Politiker, das schlechte Benehmen als Mittel der Politik, die Lüge in der Politik, die Verrohung der Sprache der Politiker, die Medien, das Zusehen der Bürger, Postenschacher, Einflussnahme auf die Politik sowie ein System des politischen Neoliberalismus.
Den zentralen Gestalten der Politik dieser Zeit - Vranitzky, Schüssel und Klestil (ohne der üblichen Heuchelei) – werden genauere Analysen gewidmet, wobei deren Taktik in der Politik genauestens (soweit es auf zehn Seiten eben möglich ist) zerlegt wird.
Fazit: Für alle an österreichischer Innenpolitik Interessierte ein sehr spannendes Buch. Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, welches nicht nur thematisch, sondern auch sprachlich auf einem sehr hohen Niveau steht.