Kinder: Fernsehen und Musik - aber kein Buch?

  • Ich bin nicht ganz sicher, ob das in diese Forumsrubrik (oder überhaupt hierher; Admin: ggf. löschen oder umplazieren) gehört. Aber ich schlage mich mit einem Problem herum, zu dem mir keine vernünftige Lösung einfällt. Und die beiden möglichen Extreme laufen lassen bzw. strenge Verbote/Autorität gefallen mir nicht.
    Aber ggf. ist die Thematik hier ja bekannt und jemand hat einen Vorschlag.


    Also. Unsere Tochter ist 11 und, auch wenn’s ziemlich früh ist, voll (seit etwa 1/2 Jahr) in der Pubertät. Da mir klar war, daß ein Kind nicht einfach so zum Lesen kommt, haben wir (meine Frau und ich) recht früh angefangen vorzulesen (je nach Alter dann auch durchaus 700-Seiten-Wälzer). Es waren/sind auch immer ausreichend Bücher nach Interessenlage und Alter da. Aber irgendwie hat’s nicht funktioniert. Seit (eben) etwa 1/2 Jahr gibt’s nur noch Fernsehen und im verdunkelten Zimmer ihre Musik hören. Jegliches Gespräch brachte - überhaupt kein Ergebnis. Die einzigen Interessen sind Fernsehen (meist MTV und Viva, aber auch die ganzen Nachmittagssendungen, für die mir meine Zeit zu schade ist) und ... s.o.


    Seit der Kindergartenzeit ist es so, daß ich ihr in den Ferien morgens nach dem Aufwachen vorlese. Aber mit den jetzigen Osterferien ist diese Tradition auch zu Ende. Als sie im März (kurz vor den Ferien) krank war, habe ich (auf ihre Bitte hin) von Herbie Brennan „Das Elfenportal“ angefangen vorzulesen. Und bin nur noch bis etwa Seite 70 gekommen. Gut, daß das (Vorlesen) irgendwann zu Ende sein würde, war klar. Aus Kindern werden Leute, wie es so schön heißt. Doch mitten im Buch, quasi über Nacht!
    Wir hatten am Karfreitag nochmal ein langes Gespräch, aber irgendwie dringe ich so überhaupt nicht durch.


    Natürlich könnte ich („ich“ schließt natürlich immer auch meine Frau mit ein!) auch einfach Gewalt anwenden. Also Fernsehen und Musik aus, „Jetzt wird aber gelesen oder was kreatives gemacht!“. Aber ich glaube nicht, daß so was auf Dauer was bewirkt. Eher das Gegenteil.


    Was mich nun interessieren würde, ist folgendes:


    - Ich habe keinen Vergleich mit anderen Kindern, ist das ein normaler Entwicklungs- bzw. Reifungsprozeß, der von allein wieder aufhört, oder soll ich irgendwie einschreiten? Direkte Angebote, was anderes (auch zusammen) zu machen, lehnt sie ab. Und wie Kinder in der Pubertät ablehnen, dürfte jedem klar sein, der selbst ein solches hat bzw. hatte.
    - Wie geht man sinnvoll mit so einer Situation um? Gewalt (also z.B. strenge Verbote) halte ich (auch aus eigener Kindheitserfahrung) nicht für so sinnvoll, es wird letztlich oft das Gegenteil von dem erreicht, was erreicht werden soll.


    Ich bin irgendwie ratlos. Vielleicht wissen ja andere erfahrenere Eltern einen Rat oder haben einen Hinweis, wie ich da weiterkomme.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Gib ihr Zeit. Man keinen zum Lesen zwingen und wenn man es tut, dann wird Lesen etwas negatives bleiben.


    Ich war als Kind eine Leseratte, meine Schwester hat gar nicht gelesen. Sie hat erst nach der Schule angefangen und ist heute aber auch eine Leserin.


    Jedes Kind entwickelt sich anders und das soziale Umfeld, Freunde spielt neben Familie auch eine Rolle. Wenn sie zu hause schon mal den Wert von Büchern kennengelernt hat und keine Berührungsängste hat, hast du eigentlich alles richtig gemacht. Der Rest liegt an ihr.


    Wie gesagt, den größten Schaden würdest du anrichten, wenn du sie zwingst. Denn das wird dazu führen, daß sie Lesen mit Zwang und mit negativen Erfahrungen verknüpft und das wird die Lesefreude nicht steigern.


    Man darf auch nicht vergessen: in der Pubertät haben wir auch eher Dinge getan und gehört, um uns von unseren Eltern abzugrenzen und um anders zu sein.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Natürlich könnte ich („ich“ schließt natürlich immer auch meine Frau mit ein!) auch einfach Gewalt anwenden. Also Fernsehen und Musik aus, „Jetzt wird aber gelesen oder was kreatives gemacht!“. Aber ich glaube nicht, daß so was auf Dauer was bewirkt. Eher das Gegenteil.


    Was mich nun interessieren würde, ist folgendes:


    - Ich habe keinen Vergleich mit anderen Kindern, ist das ein normaler Entwicklungs- bzw. Reifungsprozeß, der von allein wieder aufhört, oder soll ich irgendwie einschreiten? Direkte Angebote, was anderes (auch zusammen) zu machen, lehnt sie ab. Und wie Kinder in der Pubertät ablehnen, dürfte jedem klar sein, der selbst ein solches hat bzw. hatte.
    - Wie geht man sinnvoll mit so einer Situation um? Gewalt (also z.B. strenge Verbote) halte ich (auch aus eigener Kindheitserfahrung) nicht für so sinnvoll, es wird letztlich oft das Gegenteil von dem erreicht, was erreicht werden soll.


    Ich würde sie nicht zwingen zu lesen. Sie ist in der Pubertät und von dem was du erzählst, halte ich ihr Verhalten für ganz normal für dieses Alter. Meine Nichte ist 14, sie liest hin und wieder. Oftmals hört sie aber auch lieber Musik oder spielt am PC irgend ein Spiel. Das ist doch nicht schlimm.


    Wenn du sie zwingst oder ihr Verbote auferlegst, könnte das ganz schnell nach hinten los gehen und sie könnte trotzig werden und dann erst recht nicht machen, was du möchtest. Wenn sie jetzt nicht lesen will, dann lass sie. In der Pubertät ist es oftmals so, dass Mädchen oder Jungen für sich sein wollen, sich zurückziehen. Das kenne ich von mir. In der Pubertät habe ich auch weniger gelesen als heute. Ich denke, wenn sie gern liest, wird sich das wieder geben. Warte mal ab. Lass ihr Zeit, so dass sie sich erstmal in ihrer neuen Situation zurecht finden kann. Die Zeit wird zeigen, wie es sich entwickelt.


    Ich verstehe, dass du verzweifelt bist, weil du gern möchtest, dass deine Tochter liest und sich nicht nur mit Musik oder TV beschäftigt. Aber ich würde das jetzt dennoch nicht überbewerten. Ich glaube, das legt sich wieder. :-)

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Bei meinem Sohn war ich auch ratlos zu dieser Zeit las ich nicht besonders viel bis garnicht .Da gings allmählich erst wieder los.


    Bücher wollte er haben, aber gelesen hat er sie nie. :-(


    Dann habe ich es aufgegeben, wenn er lesen will würde er sich schon kümmern um Lektüre,aber so wies aussieht hat das Kind noch nie ein Buch gelesen. Schade :-(


    Da kann man nix machen.


    TV ist ihm auch nicht wichtig aber Musik schon.

  • Ich denke, manche Kinder lesen einfach nicht, auch wenn die Eltern lesen. Da kann man nichts machen. Man sollte das dann auch akzeptieren. Zwingen bringt nichts.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Hat deine Tochter denn vorher auch schon selbst gelesen oder habt ihr ihr immer vorgelesen bis jetzt?


    Ich denke, man muss einfach so sein, dass man gerne liest. Bei mir war es so, dass ich, sobald ich lesen konnte, mir selbst Bücher zugelegt habe (meistens geschenkt bekommen oder so) und dann selbst gelesen hab. Meine Eltern haben schon immer gesagt, ich soll mal raus gehen spielen... Aber das war lange nicht so interessant wie meine Bücher.


    Dann kam eine Zeit in der ich auch viel Musik gehört habe und MTV etc gesehen habe und jetzt ist es oft so, dass ich den Fernseher nebenbei laufen habe. Wenn was interessantes ist, unterbrech ich das Buch, wenn nicht, les ich eben weiter....


    Ich denke auch, dass man das nicht erzwingen kann. Verstehen kann ich allerdings gar nicht, warum manche Menschen nicht gern lesen. Einige sagen, sie langweilen sich, andere sagen, sie haben keinen Nerv dazu.... Mir unverständlich - aber wohl nicht zu ändern....


    Ich würde sagen, du musst einfach abwarten - wenn sie dazu keine Lust hat, würd ich sie auf keinen Fall zwingen... Denn dann verliert sie die Lust zu Lesen ganz... Das ist ja auch nicht Sinn der Sache....

  • Zitat

    janda
    Ich war als Kind eine Leseratte, meine Schwester hat gar nicht gelesen.


    So ähnlich wars bei meinem Bruder und mir auch. Nur daß ich das Lesen eigentlich höchstens mal „heruntergefahren“, nie aber ganz aufgegeben habe.


    Zitat

    janda
    Wie gesagt, den größten Schaden würdest du anrichten, wenn du sie zwingst.


    Das ist ja meine Befürchtung.


    Zitat

    Booklooker
    Hat deine Tochter denn vorher auch schon selbst gelesen oder habt ihr ihr immer vorgelesen bis jetzt?


    Sowohl als auch. Je nach Schwierigkeitsgrad und „Dicke“ der Bücher. Es gab schon mal Zeiten, in denen sie ein Buch nach dem anderen „verschlang“. Das hat sich aber meist bald wieder gegeben.


    Zitat

    Booklooker
    Ich denke, man muss einfach so sein, dass man gerne liest. Bei mir war es so, dass ich, sobald ich lesen konnte, mir selbst Bücher zugelegt habe (meistens geschenkt bekommen oder so) und dann selbst gelesen hab. Meine Eltern haben schon immer gesagt, ich soll mal raus gehen spielen... Aber das war lange nicht so interessant wie meine Bücher.


    Das kommt mir aus meiner eigenen Biographie sehr bekannt vor (nur daß ich dann neben den Büchern noch meine Modellbahn hatte).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Oft liegt es aber auch am falschen Genre. Wenn man zumindest priinzipiell das Lesen nicht ablehnt, kann es oft daran liegen noch nicht gefunden zu haben, was man gerne liest.


    Manchmal sind auch Hörbücher der richtige Einstieg ins "richtige" Lesen.


    Zwingen bringt aber nichts.


    Mir würde es auch in der Seele leid tun, wenn die Zeit nur mit Schrott-TV verplempert wird. Aber Verbote bewirken meist eh nur das Gegenteil. Blöde Sache, diese Pubertät. ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich habe in dem Alter sehr viel TV gesehen und gelesen.
    Ja, und die Musik wurde in dem Alter auch progressiv wichtiger.
    Vorgelesen hatte man mir seit meinem 5. Lebensjahr nicht mehr, weil ich schon mit 3 anfing zu lesen und das auch immer vorzog.
    Meine Schwester hat etwas weniger gelesen und war mehr im Freien unterwegs.


    Ich würde allerdings den TV-Konsum auf ein paar Stunden täglich limitieren. Da muss sie sich nämlich für einige Sendung entscheiden und kann nicht undiskriminiert sehen. In der restlichen Freizeit muss sie sich dann für etwas anderes interessieren - und sei es Radio hören.

  • Im Gegensatz zu mir, die wöchentlich mindestens 2 Bücher verschlungen hat, haben meine beiden Töchter so gut wie nie lesen wollen. Vor, während und nach der Pubertät. - Wenn sie mal ein Buch lesen wollten, so war das meist nur am Strand im Urlaub. Da haben sie dann aber gleich 3-4 Bücher hintereinander verschlungen.


    Mittlerweile sind beide erwachsene Mädels und sie lesen! Die eine daheim am Abend, wenn die Kids schlafen - die andere in Bahn, Bus und abends, während nebenbei MTV läuft.


    Ich war damals auch schier am Verzweifeln, aber weder Druck ausgeübt, noch keine Bücher besorgt. Sie waren da und wurden dann halt im Urlaub oder in den Ferien gelesen. Jetzt kommen sie und stöbern in meinen Büchern nach für sie "lesenswerten" Exemplaren.


    Ich denke, das regelt sich alles von selbst. Und man sollte auch nicht vergessen, dass man als Erwachsener auch "lesefreie" Zeiten hat, weil man einfach keinen Bock darauf hat ein neues Buch anzufangen... (so gehts mir gerade).


    Also - nicht den Kopf hängen lassen! Sie kommt schon dahinter!

  • Zitat

    Original von SiCollier



    Sowohl als auch. Je nach Schwierigkeitsgrad und „Dicke“ der Bücher. Es gab schon mal Zeiten, in denen sie ein Buch nach dem anderen „verschlang“. Das hat sich aber meist bald wieder gegeben.


    Ich könnte mir vorstellen, dass die Leselust dann auch früher oder später auch wieder kommt. Da würde ich mir keine Sorgen machen.
    Ich denke, die Fernsehzeit zu limitieren ist da schon ein guter Weg.
    Dann muss sie sich mit was anderem beschäftigen....


    Zitat


    Das kommt mir aus meiner eigenen Biographie sehr bekannt vor (nur daß ich dann neben den Büchern noch meine Modellbahn hatte).


    Wenn die Kinder das von den eigenen Eltern kennen, dass sie viel lesen, wird sich das eines Tages auch so ergeben, dass sie ein Buch in die Hand nehmen. Als Kind wird man oft so, wie es einem vorgelebt wird.
    Ich würd auf keinen Fall Druck ausüben....

  • Tja,eigentlich kann man da gar nichts machen. Vielleicht kommt das Lesen eines Tages und sie tut es von sich aus, aber zwingen bringt da gar nichts.
    Ich kann nur selbst sagen, dass ich als Kind und als Jugendliche schon immer viel gelesen habe. Als ich in der Grundschule kam,konnte ich bereits lesen und meine Freunde haben mich immer komisch angeschaut, wenn ich freiwillig mal ein Buch gelesen habe, was ja sehr oft der Fall war. Es ist heut zu Tage unter Jugendlichen leider so, dass Lesen schon fast out ist und Fernsehen, Msik und Internet in den Vordergrund gerückt sind. Es gibt dann irgendwelche Kultsendungen, die fat jeder anschaut wie z.B. GZSZ, Desperate Houswives, bestimmte Musikgruppen,die viele hören und lesen bedeutet einfach nichts mehr und ich denke so ist das bei deiner Tochter auch. Vielleicht bemerkt sie bald wieder, dass lesen auch Spaß machen kann oder entdeckt einmal ein spannendes Buch! Kann ich nur hoffen für sie und für dich!
    Lg! :wave

    Das Vielsinnige des Lesens: Die Buchstaben sind wie Ameisen und haben ihren eigenen geheimen Staat.
    (Elias Canetti (1905-94), Schriftsteller span.-jüd. Herk.)

  • Vielen Dank für die vielen Antworten!


    Ich denke, die Idee mit der zeitlichen Begrenzung werde ich wohl aufgreifen. Das scheint mir das einzig vernünftige zu sein. Und dann ist mir inzwischen ein Interview mit Cornelia Funke von neulich in der hiesigen Tageszeitung begegnet (bzw. wieder in den Sinn gekommen), wo sie von ganz ähnlichen Verhaltensweisen aus ihrer eigenen Jugend berichtet. Und aus Frau Funke ist ja ganz offensichtlich was geworden! :-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Und aus Frau Funke ist ja ganz offensichtlich was geworden! :-)


    Das möchte ich gerne mal aufgreifen um zu erwähnen, daß es durchaus viele Nicht-Leser gibt, aus denen was wird... ;-)
    Lesen allein ist kein Kriterium für eine glückliche und erfolgreiche Zukunft... auch wenn das so manchem Leser fremd ist und mir als Buchhändlerin nicht unbedingt recht.
    Aber ich kenne so manchen Menschen, der außer seinen Fachbüchern für die Uni nie ein Buch zur Hand nimmt und trotzdem sehr geistreiche und vor allem erfolgreiche und glückliche Menschen sind.


    Das Wohl deines Kindes in der Zukunft wird sicher nicht davon abhängig sein, wieviel Bücher es schon gelesen hat.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Zitat

    janda
    Das möchte ich gerne mal aufgreifen um zu erwähnen, daß es durchaus viele Nicht-Leser gibt, aus denen was wird...
    Lesen allein ist kein Kriterium für eine glückliche und erfolgreiche Zukunft...


    Ehrliches Danke für den Hinweis. Das ist mir im Prinzip schon klar. Ich habe seit früher Kindheit gelesen, und Bücher zum Beruf gemacht. Eine gewisse "Betriebsblindheit" läßt so vielleicht mehr Sorge aufkommen als nötig.


    Drum nochmals danke, ich kann mit der ganzen Situation gelassener umgehen (was sowohl meiner Tochter als auch uns Eltern zugute kommt).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo SiCollier,
    ich habe meine Kinder oft mit Hörbüchern ködern können. Den ersten Band einer Serie haben sie gehört, danach kannten sie die Protagonisten der Bücher und haben die darauf folgenden Bände gelesen. Versuch es doch einmal damit.
    Deine Tocher ist 11, da könnte sie evtl. schon zu der Reihe "Chaos, Küsse, Katastrophen" aus der Rowohlt Reihe oder "Freche Mädchen, Freche Bücher" aus der Thienemann-Reihe greifen. Meine Tochter fing schon mit ca. 10 Jahren an diese Bücher zu verschlingen. :wave

  • Hallo SiCollier,


    ich kann Dich soooo gut verstehen!
    Was habe ich mit meinen Jungs Bilderbücher geschaut, Bücher vorgelesen, Stunden in Büchereien und Bücherbussen verbracht, mit der großen Hoffnung, dass sie mal genauso gerne lesen wie ich. Haha, denkste!


    Sie lesen eigentlich nur, wenn ich sie dazu anhalte.....von selber Bücher ausleihen oder kaufen? Fehlanzeige! Höchstens noch Comics!
    Nein, man kann sie nicht zum Lesen zwingen, was man selbst als schön, wichtig und sinnvoll erachtet, muß bei ihnen nicht genauso ankommen, und schon gar nicht in der Pubertät.


    Die Tipps mit der Zeitbegrenzung beim Fernsehen (oder auch PC) oder mit den Hörbüchern finde ich gut, und kann ich nur unterstützen! :fingerhoch

  • Da auch ich meinen Senf dazugeben möchten, lieber SiCollier, Kinder machen prinzipiell nicht das, was gerne erwartet wird. Dein Bericht hört sich so an, als ob Lesen thematisiert wird, dabei gibt es in der Pupertät so viele andere Probleme, mit denen sich beschäftigt werden muss.


    Ich als zukünftige Lehrerin stimme zu, Fernsehen würde ich zeitlich begrenzen, aber nicht mit dem Kommentar "Kannst ja ein Buch lesen." Dann wird es wieder thematisiert.


    In der Pupertät hatte ich "Extremlesephasen", um der Umwelt zu entgehen und in meine Fantasie zu flüchten, und absolute Leseverweigerungsmonate, weil ich lieber mit Freunden unterwegs war und die Schule ist hart genug :wave


    Nimm Dein Töchterchen, so wie sie ist und führe keine Gespräche über das Lesen. Das vergällt es.


    Mein Patensohn bekommt zu seinem GEburtstag auch nur ein Buch von mir, aber schon jetzt ist er auf Filme und Abenteuer fixiert. Ich weiß jetzt schon, dass Selberlesen für ihn viel zu viel Geduld bedeuten würde, wenn man in der Zeit alles Mögliche anstellen kann :chen.


    Also - alles wird besser


    das immer ihre Nase in Bücher steckende eyre

  • Das Alter ist schon schwierig und meiner Erfahrung nach rebellieren Töchter auch gerne gegen ihre Väter und finden dann eben alles grundsätzlich doof, was diese toll finden. Und da Euer Leben relativ *bücherlastig* zu sein scheint, ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass das Mädchen sich genau dagegen sträubt. Und vielleicht ging das Vorlesen einfach zu lange und einen wirklichen eigenen Lesegeschmack zu entwickeln. 700 Seiten Schöker sind vielleicht nicht gerade die Bücher, die sie von alleine gewählt hätte. Raten kann ich, mit ihr in eine Bücherei mal zu fahren und eine Karte dafür zu besorgen (falls ihr nicht schon in einer Bücherei eh seid). Man könnte sie eventuell locken mit einem Büchereibesuch, weil es dort auch DVD's, CD's und Zeitschriften gibt. Ich würde sie dann in der Jugendabteilung in Ruhe selbst aussuchen lassen, vielleicht entdeckt sie einen eigener Geschmack irgendwann auch bei Büchern.

  • Oh je, da hab’ ich ja was losgetreten! Und anscheinend manches nicht ganz klar geschrieben. Drum:


    Zitat

    eyre
    a) Kinder machen prinzipiell nicht das, was gerne erwartet wird.
    b) Dein Bericht hört sich so an, als ob Lesen thematisiert wird,
    c) Ich als zukünftige Lehrerin stimme zu, Fernsehen würde ich zeitlich begrenzen, aber nicht mit dem Kommentar "Kannst ja ein Buch lesen."


    a) Das ist wohl wahr, wenngleich es immer wieder gerne vergessen wird. Man muß sich das halt immer wieder bewußt machen.


    b) Nicht ganz. Das Problem, wenn es denn eines ist, ist schlicht und einfach, daß Sie nur noch fernsieht oder im verdunkelten Zimmer Musik hört. „Lesen“ steht hier als Beispiel für andere Tätigkeiten als fernsehen. Absolut keine weiteren Interessen. Alles andere ist „langweilig“. (Allerdings sei noch erwähnt, daß die Leistungen in der Schule gut sind und bisher keine Verschlechterung feststellbar ist.)


    c) Ja, richtig. Der Kommentar würde dann sinngemäß lauten „Du kannst etwas anderes machen, aber eben nicht fernsehen.“



    Zitat

    bookmark6
    1) Und da Euer Leben relativ *bücherlastig* zu sein scheint
    2) Und vielleicht ging das Vorlesen einfach zu lange und einen wirklichen eigenen Lesegeschmack zu entwickeln. 700 Seiten Schöker sind vielleicht nicht gerade die Bücher, die sie von alleine gewählt hätte
    3) Raten kann ich, mit ihr in eine Bücherei mal zu fahren und eine Karte dafür zu besorgen
    4) Ich würde sie dann in der Jugendabteilung in Ruhe selbst aussuchen lassen,


    1) Ääh, meines, meine Frau ist nicht so „verrückt“ wie ich.


    2) Weiß ich nicht. Ich hatte mich schon lange gewundert, daß sie explizit immer wieder nach Vorlesen gefragt hatte. (Vorlesen war immer interessanter als Hörbücher hören, außer der Papa - oder die Mama - mußten aufhören wegen Heiserkeit ob des zu langen Vorlesens).
    Eigener Lesegeschmack. Ich hoffe, daß wir ihr genug Freiraum lassen. Sie geht, wenn wir unterwegs sind, freiwillig in Buchhandlungen und sucht selbständig nach Sachen, die sie interessieren (was dann aber auch ein PC-Spiel sein kann). Und ich zeige ihr die (beruflich bedingt) zahlreichen Kataloge von Jugendbuchverlagen, aus denen sie sich dann aussuchen kann, was ihr gefällt (und natürlich nicht alles bekommen kann, wenn die Liste zu lang wird). Da sucht sie dann auch Titel aus, die ich nie vermutet hätte.
    700-Seiten-Schmöker. Das war im Februar Eragon 2, auf den sie ganz wild war. Auch die Bartimäus-Trilogie waren ziemlich dicke Bücher. Die hatte sie selbst ausgesucht.


    3) Hat der Opa schon gemacht. Mäßiger Erfolg.


    4) Selbst aussuchen darf sie in solchen Fällen im üblichen Rahmen schon. (Also beispielsweise Titel fürs Kindergartenalter oder solche ab 16 würden wir ihr ausreden.)



    * * *


    Um noch ein (möglicherweise aufkommendes oder vorhandenes) Mißverständnis aus dem Weg zu räumen: es geht mir nicht darum, irgendwelchen Druck auszuüben oder sie zu zwingen zu werden, wir wir Eltern und das vorstellen oder gerne hätten. Daß sich Kinder von den Eltern lösen müssen, ist mir klar. Daß das bisweilen mit Rebellion einhergeht, auch. (Ich kann mich noch gan gut entsinnen, was ich alles meinen Eltern an den Kopf geworfen habe.) Ich mache mir einfach Sorgen, daß eine solche beschriebene Einseitigkeit negative Folgen in der Entwicklung hinterläßt, die später nicht mehr zu korrigieren sind.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")