Dorothy Dunnett - The Game of Kings (Lymond Chronicles I)

  • Ich muss jetzt einfach mal den ersten Band meiner allerliebsten Serie vorstellen:


    "The Game of Kings" ist Band I der Lymond Chronicles. Die deutsche Ausgabe "Königsspiel" ist vergriffen.


    Zum Buch


    Die Lymond Chronicles beginnen 1547 in Schottland. Schottland ist zu dieser Zeit noch frei, aber von englischer Invasion bedroht. Im ersten Band kehrt die Hauptfigur Francis Crawford of Lymond nach langer Zeit der Abwesenheit, in der er unter anderem als Galeerensklave arbeiten musste, als Outlaw nach Schottland zurück. Er war vor Jahren nach einem Skandal, in den auch Margaret Lennox, eine Adlige mit Ambitionen auf den englischen Thron verwickelt war, verschwunden. Lymonds Motive bleiben bis zum Ende des Buches völlig im Dunkeln und sein Verhalten trägt nicht dazu bei, das Vertrauen seines älteren Bruders wiederzuerlangen. Nur seine Mutter Sybilla hält zu ihm, sehr zum Unverständnis der anderen.


    Die Titel der einzelnen Bände der Lymond Chronicles haben alle etwas mit Schach zu tun und jedes Buch der Reihe hat ein eigenes Leitmotiv. In "Game of Kings" geht es um Moral.


    Alle Titel gibt es hier.


    Zur Autorin


    Dorothy Dunnett wurde als Dorothy Halliday am 25. August 1923 in Dunfermline, Fife (Schottland) geboren. Sie studierte am Edinburgh College of Art und an der Glasgow School of Art. Zwischen 1940 und 1955 arbeitet sie als Pressereferentin im öffentlichen Dienst. Dort lernte sie Alastair Dunnett kennen, den späteren Herausgeber des "Scotsman". 1946 heiratet sie Alastair Dunnett, mit dem sie später zwei Söhne hat. Ab 1950 arbeitet Dorothy Dunnett als Malerin (viele ihrer Porträts werden in der Royal Scottish Academy ausgestellt) und beginnt parallel ihre Karriere als Schriftstellerin. 1961 wurde ihr erster Roman "Game of Kings" (erster Band der "Lymond Chronicles") veröffentlicht. Dorothy Dunnett engagierte sich besonders im kulturellen und sozialpolitischen Bereich ihrer Heimat. So ist sie unter anderem Direktorin des Edinburgh Book Festival. 1992 wird sie von Königin Elizabeth II. für ihre Verdienste zum "Officer of the Order of the British Empire" ernannt. Am 9. November 2001 ist die Autorin in Edinburgh gestorben.


    Meine Meinung


    Wie auch die Reihe um das Haus Niccolò, die von Klett-Cotta gerade neu übersetzt wird, sind auch die Lymond Chronicles sehr anspruchsvolle historische Romane. Anders als bei Nicco, wo man die Entwicklung der Hauptfigur vom Färberlehrling an mitbekommt, bekommt man Lymond sozusagen schon fertig präsentiert, auch wenn er tatsächlich jünger ist als ich am Anfang gedacht hatte.


    Auch wenn "Game of Kings" noch einigermaßen in sich abgeschlossen ist (ab "Disorderly Knights" ist das nicht mehr so), geht der Plot der Serie über die ganzen sechs Bände und man erfährt erst am Ende von Band VI die wirkliche Auflösung. Zwischendurch wird man öfters mal in die Irre geführt. Man sieht Lymond bis auf wenige Augenblicke immer nur durch die Augen der anderen, so dass seine Handlungen oft im Verlauf des Buches nicht nachvollziehbar sind und seine Motive erst am Ende klar werden.


    Bei Lymond kommt, mehr noch als bei Nicco, erschwerend hinzu, dass er sehr gebildet ist und oft in Versen redet und gerne auch in sechs verschiedenen Sprachen. An einer Stelle in "Game of Kings" sagt ein Protagonist zu Lymond:


    "I wish to God," said Gideon with mild exasperation, "that you'd talk - just once - in prose like other people." (Vintage Ausgabe, S. 362)


    Ehrlich gesagt, ging es mir nicht anders, ich habe, glaub ich, drei Bände gebraucht, um mich einzulesen, aber es hat sich gelohnt. Dorothy Dunnetts Sprache ist einfach wunderschön und die fiktiven Perönlichkeiten sind so geschickt in die historischen Ereignisse eingewoben, dass ich schon in anderen Büchern, die zu selben Zeit spielen, erwartet habe, dass sie gleich um die Ecke biegen.


    Wie auch die Reihe um Nicco eignen sich die Lymond Chronicles dazu, mehrfach gelesen zu werden und Anspielungen zu entdecken, die man beim ersten Mal überlesen hat. Vieles passiert auch zwischen den Zeilen oder wird nur angedeutet und wird von Lesern unterschiedlich interpretiert.


    Der Verlag hat damals leider nur die ersten drei von sechs Bänden auf Deutsch übersetzt und Band III endet mit einem Riesen-Cliffhanger, aber es gibt Hoffnung, denn der Verlag Klett-Cotta schreibt auf seiner Homepage:


    Zitat

    Eine Antwort auf eine oft gestellte Frage vorab: Natürlich will der Verlag Klett-Cotta seiner Autorin treu bleiben und nach einem erfolgreichen Abschluß der Niccolò-Serie auch eine Neuausgabe der »Lymond Chronicles« in Angriff nehmen ...


    .

  • Was für eine schöne Rezension, oh Du mein Lieblings-Delphin! :knuddel1
    Viel gibt es dazu nicht mehr zu sagen, außer vielleicht noch, daß sich wie man erkennen kann auch dieses Buch unter die sagenhaften Ausnahmen derer einreiht, die wir beide schätzen. Wenn wir uns auch sonst über kaum was einig sind in dieser Serie oder bei Dunnett generell. :lache


    Was das Verständnis der Zusammenhänge betrifft, als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, ist mir zB vollkommen entgangen, daß wir uns hier mitten in einem englisch-schottischen Krieg befinden.


    Eine hochinteressante Frage ist auch die, ab wann man sich in diesem Buch festgebissen hat. Schon am Anfang, beim Schwein? Beim ersten Anstandsbesuch bei der Mutter? Oder gar bei der Begegnung mit dem unvergleichlichen spanischen Recken Don Luith, ah, Don Luis? :grin

  • Zitat

    Original von Grisel
    Eine hochinteressante Frage ist auch die, ab wann man sich in diesem Buch festgebissen hat. Schon am Anfang, beim Schwein? Beim ersten Anstandsbesuch bei der Mutter? Oder gar bei der Begegnung mit dem unvergleichlichen spanischen Recken Don Luith, ah, Don Luis? :grin


    Ich glaube, bei mir war es, als zum ersten Mal Lymonds wunderschöne Hände und seine blauen Augen erwähnt wurden. :lache

  • Mein Einstieg in die Lymond Chronik war Queens Play. Ich suchte damals einen spannenden Roman der im Frankreich des 16. Jahrhunderts spielte.
    Queens Play ist bis heute auch mein Liebling aus der Chronik.
    Natürlich wollte ich dann (1994) unbedingt auch die anderen beiden auf deutsch erhältlichen Teile (das es auch 3 nur auf Englisch erschienende Bücher gab, wußte ich zu der Zeit noch nicht) der Reihe haben und bin erstmal durch sämtliche Büchergeschäfte bei mir zu Hause gelaufen, um sie zu bekommen.
    The Game of Kings hat mir dann auch sehr gut gefallen.
    Dadurch das ich Lymond schon kannte, fiel mir der Einstieg sehr leicht und ich war sofort Feuer und Flamme für unseren Helden.
    Schade das die Übersetzung nicht besonders gut gelungen ist. Ich hoffe das wenn es nochmal eine Neue gibt, sie besser wird.
    Irgendwie läßt sich das Buch an manchen Stellen etwas holprig lesen, was ich auf diesen Umstand zurückführe.

  • Ich "kannte" Lymond beim ersten Mal lesen dieses Buches ja eigentlich auch schon, trotzdem ist er mir erst viel später nahegekommen. Mein Herz schlägt eben mehr für Nebenfiguren.
    Trotzdem, eine Szene gibt es, da gewinnt er meines wieder und immer wieder.


  • Grisel :


    An die Stelle kann ich mich jetzt garnicht mehr richtig erinnern.



    Ich muß demnächst unbedingt "The Game of King" nochmal lesen.
    Im Moment sind aber erstmal noch "Der Frühling des Widders" und "Das Spiel der Skorpione" an der Reihe.

  • Ich habe mich auf der zweiten Seite festgebissen, mit der gereizten Frage:


    What the heck is she talking about??
    :schlaeger
    (Ich habe nicht das Wort 'heck' benutzt. :grin)



    Ich habe es gelesen. Ich bin baff.
    Ich schätze, daß ich so etwa 50% kapiert habe.
    Was für ein BUCH.


    Wie oft muß man es denn schätzungsweise lesen, um es zu verstehen?
    Reichen sechsmal oder soll ich mehr ansetzen?
    :lache


    Sibylla gehört zu meine Lieblingscharakteren, Christian ist für mich die one and only. Die Männer sind auch ganz nett. :grin
    Was für ein Buch.


    Ich weiß nicht, ob ich je die Zeit findem werde, alle Bände zu lesen, aber dieser erste war schon alles wert.


    Es gibt erstaunlicherweise doch noch echte Geschichten auf dieser Welt. Lange Geschichten, bei denen jedes Wort es wert ist, hingeschrieben zu werden. Und gelesen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Sehet Hiobs Trösterin!


    :lache



    Ist ja nicht mal sicher mit den fuffzig Prozent.
    Noch weigere ich mich, eine Inhaltsangabe auch nur zu skizzieren.
    Also, da kommt Lymond, Bruder und eigentlich Erbe, aber eigentlich Landesverräter oder auch doch nicht, mitten im Krieg abends im Keller und mit dem Schwein und dann und ... :gruebel :gruebel :gruebel


    Ich könnte natürlich mal bei dem Schwein nachfragen.
    Bei Marietta traue ich mich nicht.


    ;-)



    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich liebe die Lymond Chronicles, Lymond ist einer meiner liebsten Charaktere EVER!


    Zitat

    Original von Delphin


    Ich glaube, bei mir war es, als zum ersten Mal Lymonds wunderschöne Hände und seine blauen Augen erwähnt wurden. :lache


    Ich bin Lymond verfallen seit dem "Bewerbungsgespräch" von Will Scott bei Lymonds Söldnertruppe, und Lymond sagt zu Matt, "Oh, he is going to be a rogue like you and me". *g*


    Gerade dass er so widersprüchlich ist, macht ihn so faszinierend. Söldner, Musiker und Poet; "Vaterlandsverräter" und Held; intelligent und undurchschaubar, zynisch und trotzdem liebenswert ....


    Die Bücher sind so vielschichtig (wieso kompliziert? :lache), das erste Buch könnte man noch als eigenständig stehenlassen, alleine wie Dorothy Dunnett die Handlung und Entwicklung von Lymond präsentiert, vom Landesverräter und Söldner zur Auflösung zum Ende des ersten Buches, hat mich süchtig gemacht.


    "Das Königsspiel" und "Gefahr für die Königin" hatte ich damals in der Bibliothek entdeckt, ohne Pause nur noch gelesen (es waren gerade Schulferien) und mir alle Bücher sofort auf Englisch bestellt. Vorher hatte ich zwar auch schon gelegentlich "privat" englische Bücher gelesen, aber ich war so süchtig nach Lymond, dass ich mich durch die nicht ganz einfache Sprache und außergewöhnliche Vokabeln durchgekämpft habe.


    Die Bücher kann ich immer wieder mit Vergnügen lesen.

  • Delphin


    ein Toaster? Öh ...


    Ich zähle mal die Fakten auf:
    Das Buch stand sehr lange im Regal. Ungelesen. Seeeeeeehr lange. Noch vor Eulens.
    Also seit Mitte 2004.
    Gelesen habe ich es aber erst in diesem Jahr. Nicht so lange her.
    Deine Rezi war vorher. :grin
    Sie habe ich selbstverständlich sofort gelesen.


    Aber zwischen Deiner Rezi und dem Lesen verging noch ein wenig Zeit.
    Giltet des? ;-)


    Hängt wahrscheinlich davon ab, wie gern Du Toast ißt.


    :lache


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich drück Dir die Daumen.


    Allerdings erinnert mich ein Toaster eher an Alf :gruebel und nicht an Lymond.
    Willst Du nicht eher so einen kleinen Bratspieß, mit man Brot ans Kaminfeuer halten kann?


    :lache


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Delphin
    Ich lass das mal Grisel entscheiden, aber ich fürchte, es gibt wieder keinen Toaster für mich. :cry


    Den Fall müßtest Du dem Toasterkomitee bei geomaler vorlegen. :grin
    Aber, tröste Dich, ich habe noch keinen einzigen.


    Was das Verständnis betrifft, ich habe überhaupt erst beim zweiten Mal geschnallt, daß GK mitten in einem englisch-schottischen Krieg spielt. Von den Feinheiten mal abgesehen.


    Gelesen habe ich die Reihe mittlerweile 3 Mal und bin dem Verständnis immer noch nicht wirklich nahe gekommen. Das Problem ist, ich vergesse die schönen Aha-Erlebnisse immer wieder von einem bis zum nächsten Mal.


    Aber, das ist ja das wunderbare an Dunnett, daß sie nie fad wird, egal, wie oft man sie liest. Immer ein Genuß. Und immer viele "neue" Stellen. :grin

  • Ich hab nach fünf Jahren noch einen Rechtschreibfehler in meiner Rezi gefunden und das ist eine gute Gelegenheit, die Rezi noch mal nach oben zu schubsen, denn ab heute startet die Leserunde - wie immer fachkundig begleitet durch Grisel, das wandelnde Lexikon des Dunnett-Imperiums. :knuddel1


    Ich hab mir grad das Kindle-eBook runtergeladen, obwohl ich die gedruckte Ausgabe im Regal habe. :konfus


    Zur Leserunde
    .

  • Zitat

    Original von Delphin
    ... denn ab heute startet die Leserunde - wie immer fachkundig begleitet durch Grisel, das wandelnde Lexikon des Dunnett-Imperiums. :knuddel1


    Sehr schmeichelhaft, danke, aber leider komplett unwahr. Ich bin ein geistiges und kulturell gebildetes Nackerbatzl im Vergleich mit echten Dunnetties, die aus dem Stegreif Vorträge halten können über den Einsatz von Bla in Buch X. Das liegt daran, dass das hier a) nicht meine Zeit ist, aber sowas von nicht und b) dass ich eine relativ gelassene Einstellung habe, wenn ich was nicht verstehe. Ich lese die Bücher eigentlich rein für die Handlung, die Charaktere und die Beziehungen. Das ist schon herausfordernd genug.


    Für den Kontakt mit echten ExpertInnen verweise ich gern auf die einschlägigen Foren (Martines Forum) und Mailinglisten (Marzipan bei yahoo), wenn es jemanden interessiert. Vor allem bei Marzipan werden Dinge diskutiert - immer noch - die mir nicht mal aufgefallen wären und das auf höchstem Niveau. Aber bin da schon lange nur mehr sehr zaungästisch unterwegs.

  • Keine Rezension, nur ein paar Gedanken.


    Es gibt Bücher, von denen weiß man einfach, dass sie einen ein ganzes Leben lang begleiten werden. Man wird sie nie vergessen, jeder kleine Impuls kann als Vorwand dienen, darin begeistert zu blättern und so alle paar Jahre, aus purer Lust oder anderen Gründen - wie zB aktuell unsere Leserunde - nimmt man sie zur Hand und liest sie noch einmal komplett.


    Ich glaube, das war nun mein 4. Durchgang. Das faszinierende bei diesen Lebensbüchern für mich ist, dass ich sie natürlich jedes Mal anders lese, das erste Mal ist ein unvergleichliches Erlebnis, das zweite dann ein komplett anderes und ab da ist es immer eine Überraschung. Entdeckt man etwas neues oder glaubt man das, wobei man es nur vergessen hatte? Mag man es diesmal lieber oder weniger? Es ist kein Zufall, dass sich meine persönliche Rangliste in dieser Serie jedes Mal ändert. In Stein gemeißelt ist nur der erste Platz und - glaube ich - der letzte. Und wie reagiert man auf die Leute, sieht man jemanden auf einmal mit ganz anderen Augen? Das ist zwar selten bei mir, aber es kommt vor.


    Wie ist es mir diesmal ergangen mit "Game of kings"? Sagen wir, ich hatte eigentlich nicht vor, dermaßen schnell zu sein, aber ich konnte mich tatsächlich einige Male nicht mehr losreißen und habe das, nicht zuletzt weil ich das schon zu lange nicht mehr erlebt habe, grenzenlos genossen. Gestern zB wollte ich eigentlich nur den einen Teilabschnitt beenden - im Lieblingsteil zu stecken ist echt eine Qual! - und dann war es auf einmal 1:30 und ich war fertig. Ups!


    Was verzückt mich so an diesem Buch speziell? Was an Dunnetts Romanen so verzückend ist für manche, ist ja kein Geheimnis. Hier ist es, diesmal, vor allem, wie wunderschön hier eigentlich zwei Geschichten parallel erzählt werden. An der Oberfläche haben wir alles, was Francis Crawford of Lymond, Master of Culter (ich wollte das einmal ausschreiben) erlebt und tut und was die anderen tun, das alles mitten in einem Krieg Englands gegen Schottland.



    Manchmal mag ich GK und manchmal liebe ich es. Diesmal habe ich es geliebt. Ich kann es kaum erwarten, herauszufinden, wie es mir eines Tages beim 5. Mal damit ergehen wird.