156 Seiten, Leinen mit Lesebändchen
Ammann Verlag, Zürich 2007
Klappentext:
»Tut mir leid, es dir so zu sagen, kann jetzt aber nicht anders. Meine kollegin maike anfang ist gestorben, die mit uns noch whisky trinken war. Einfach so. Ich weiß gar nichts mehr. Liebe grüße,korinna.«
Per SMS erfährt der knapp 40jährige Eventmanager Dariusch in seinem Rückzugsort Cadaqués vom Tod einer entfernten Bekannten. Naturgemäß ist er zunächst irritiert, sogar bestürzt über die so plötzliche wie abstrakte Konfrontation mit dem Tod. Aber da er die Frau nur flüchtig kennt, findet er zunächst keinen Grund, aus der Routine des Sommerabends
auszubrechen. Sein Leben und das Leben als solches wird weitergehen, als wäre Maike Anfang nicht gewesen.
Doch etwas sperrt sich in ihm dagegen, zur Tagesordnung überzugehen. Wieso stirbt Maike Anfang? Wieso stirbt jemand einfach so? Wenn ihr Tod ohne Grund war, muß es dann nicht auch sein Leben sein?
In der Schlaflosigkeit des frühen Morgens beschließt er, sich in den Zug zu setzen und zurückzukehren nach Köln. Er will die Umstände des Todes erfahren oder wenigstens bei der Beerdigung anwesend sein. Er will der Verstorbenen gedenken.
Kurzmitteilung ist die Geschichte einer Auflehnung gegen
den Lauf der Dinge und zugleich ein höchst verstörender Kommentar zur Zeit. Ein Roman über die Alltäglichkeit des Todes und das Tödliche unseres Alltags.
Leseprobe:
www.perlentaucher.de/artikel/3602.html
Zum Autor:
Navid Kermani, geboren 1967, ist habilitierter Orientalist und lebt als freier Schriftsteller in Köln. Für sein wissenschaftliches und literarisches Werk ist er mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Europa-Preis der Heinz Schwarzkopf-Stiftung. Im Ammann Verlag erschienen Das Buch der von Neil Young Getöteten (2002), Vierzig Leben (2004), Du sollst (2005).
Meine Meinung:
Dieser kurze, anspruchsvolle, aber unspektakuläre Roman, der sich zudem gut lesen lässt, ist einer der auffälligsten Neuerscheinungen des Frühjahrs 2007.
Der merkwürdige existenzielle Zustand, in dem der Erzähler nach dem plötzlichen Tod einer ihm nur knapp Bekannten, gerät, ist das Interessante am Roman.
Der Erzähler ist nicht besonders sympathisch, eher realistisch gehalten.
Allerdings sind sein Weltbild und seine Einstellung zu Frauen, bei denen er sich einen Hang zum Frauenheld zubilligt, ziemlich zynisch und bestimmt nicht nach dem Geschmack aller Leser.
Dass die Hauptfigur gewisse Züge des Autors trägt, ermöglicht sowohl einen deutschen (inklusive einem leicht ironischen Kölner Lokalpatriotismus) als auch einen iranischen Bezug.
Eine Verwechslung der Hauptperson mit Autor sollte man allerdings vermeiden.
Das bekannt essayistische an Kermani findet sich auch in "Kurzmitteilung" wieder und unterscheidet ihn von anderen, deutschen Schriftstellern.
Auch der Anlass des Romans basiert auf Tatsachen, dem plötzlichen Tod der jungen Schauspielerin Claudia Fenner im Jahr 2005.
Einig Male gehen mir seine essayistischen Anflüge zu weit, das hält die Handlung des ohnehin kurzen Romans unnötig auf.
Mit der Form und Kürze des Buches geht der Autor ein Risiko ein.
Die Sprache eines Eventmanagers kann abstoßend wirken.
Gerade diesen Mut halte ich dem Autor zu Gute.
Er schafft es, dem Leser die Distanz zur Figur zu überbrücken.
Die Kürze des Romans empfinde ich ein wenig als Beschränkung.
Da der Autor es so gut schafft, die Situationen zu visualisieren und mit einer versteckten Komik zu unterlegen, verleiht dem Roman eine notwendige Lockerheit.
Und dann gibt es noch das vieldiskutierte, umstrittene Ende. Mir hat es gefallen.