Damenwahl - Georgette Heyer

  • Warum habe ich so lange gebraucht, um diese Autorin zu entdecken?! :wow



    Das Buch (Amazon):


    Kitty, die bildhübsche Adoptivtochter eines Millionärs, will in London auf eigene Faust den Mann ihres Herzens finden. Zwischen glanzvollen Festen, galanten Kavalieren und allerlei Gefahren gelingt es ihr schließlich, allen Mitgiftjägern ein überraschendes Schnippchen zu schlagen.



    Die Autorin (Amazon):


    Georgette Heyer, geboren 1902 in Wimbledon, schrieb mit siebzehn Jahren ihren ersten Roman, der zwei Jahre später veröffentlicht wurde. Danach hat sie eine lange Reihe charmant unterhaltender Bücher verfaßt, die weit über die Grenzen Englands hinaus Widerhall fanden. Sie starb 1974 in London.



    Meine Meinung:


    Es ist dieselbe Georgette Heyer, von der hier bei den Eulen bereits ein paar "richtige" historische Romane rezensiert wurden. Dieser Roman spielt zwar im 19. Jahrhundert, nimmt aber außer des allgemeinen Zeitkolorits und der ein- oder zweimaligen Nennung Napoleons keinen Bezug auf historische Ereignisse.


    Was mir ja ehrlich gesagt ganz recht war. ;-)


    Die Beschreibung des Buchs bei Amazon finde ich nicht so gelungen. Darum versuch ich's mal selber:


    Kitty Charing soll ihren griesgrämigen reichen Adoptivvater beerben. Einzige Bedingung: Sie muss einen ihrer Cousins heiraten. Und damit fangen die Verwicklungen an. Denn der eine ist bereits verheiratet. Der zweite ist ein völlig humorloser konservativer Landpfarrer. Der dritte hat nicht alle Tassen im Schrank. Der vierte, Kittys Jugendschwarm, ist zwar fest entschlossen, Kitty zu heiraten, weigert sich aber, ihr unter solchen Umständen einen Antrag zu machen, und außerdem ist sein Lebenswandel viel zu unsolide. Bleibt der fünfte, Freddy, sehr reich, sehr liebenswürdig und sehr paddelig. Kitty will ihn zwar keineswegs heiraten, überredet ihn aber zu einer Scheinverlobung, um wenigstens für ein paar Wochen die Luft der großen weiten Welt, sprich, des Londoner Gesellschaftslebens, zu schnuppern. Außerdem, wer weiß, vielleicht kann sie ihren Jugendschwarm so eifersüchtig machen, dass er endlich doch um ihre Hand anhält?


    In London trifft Kitty auf schrullige Mütter, die ihre halbwüchsigen Töchter unter die Haube zu zwängen versuchen, auf einen attraktiven französischen Cousin, den sie nur aus ihren Kindertagen kennt und auf junge Frauen, die sich auf die eine oder andere Weise in die Bredouille bringen, und sie hat so ein gutes Herz und so viel Spaß am Einmischen in deren romantische Verwicklungen, dass sie kaum dazu kommt, sich um ihre eigenen Liebesbelange zu kümmern. Bis, ja bis…


    Zum Schluss haben alle ihr Deckelchen gefunden, und das Ganze erinnert mich an die guten alten Komödien aus dem Ohnsorgtheater, als an den Haaren herbeigezogene Verwicklungen auf intelligente, lustige Art aufgelöst wurden und sich in der letzten Szene alle neuen und alten Päärchen glücklich vereint auf der Bühne fanden.


    Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich in der Sprache drin war und bis ich die heiratswütigen und -unwilligen Cousins gut genug auseinanderhalten konnte. Auch schien mir zu Anfang nicht immer alles wirklich logisch, und manchmal hatte mir der Zufall zu sehr seine Hand im Spiel. Aber irgendwann war mir das egal, und ich habe mich mit dem größten Vergnügen mitten in Kittys London gestürzt, denn die Figuren sind so wunderbar gezeichnet, dass ich gar nicht anders konnte, als sie ins Herz zu schließen - sogar und erst recht Cousin Nummer 3, den Earl mit dem scheppernden Oberstübchen, dessen größter Kummer es ist, dass seine Mutter ihn immer wieder zwingt, Kitty Heiratsanträge zu machen, obwohl er doch viel lieber in Irland Pferde züchten möchte.


    Also: Ich will mehr!! Ich werde mich jetzt nach und nach durch magalis Empfehlungsliste durcharbeiten. Je nachdem, wie ähnlich die Bücher einander sind, könnte ich mir vorstellen, dass irgendwann ein gewisser Sättigungseffekt eintritt. Aber bis dahin habe ich bestimmt noch einiges Vergnügen vor mir. ;-)


    Zum Schluss noch die obligate Bemerkung: Zur Qualität der deutschen Übersetzung kann ich nichts sagen; ich habe auf Englisch gelesen. Der Link folgt im nächsten Beitrag.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Hi MaryRead,


    ich kenne alle Bücher von Georgette Heyer. Wenn Dir das gefallen hat, dann lies mal alle anderen auch :-] Sie sind fast alle im gleichen Stil geschrieben.
    Eine Ausnahme bilden ihre Krimis, die haben mir persönlich nicht ganz so gut gefallen.


    LG JaneDoe

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Wenn Dir das gefallen hat, dann lies mal alle anderen auch :-]


    Sowas Ähnliches habe ich befürchtet. :lache


    Sind das eigentlich alles einzelne Romane, oder gibt es da auch welche, die zusammengehören?

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  • serena und das ungeheuer, penelope und der dandy und april lady sind mir ausser den bereits genannten noch positiv in erinnerung.
    für eine rezi reicht diese allerdings leider nicht mehr aus...
    ich war dann erstaunt, dass sie auch bücher wie zB der eroberer geschrieben hat. und das sogar gut...

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • Hi, Piratin (Du hast ein neues Fahndungsphoto!! :wow :lache),


    Damenwahl habe ich eher spät entdeckt. Der Einstieg ist nicht einfach, viele Personen und ein ziemlich übler Stil.
    Die deutsche Übersetzung ist entsprechend umständlich, angesichts der Schwierigkeiten, die Heyers Sprache bietet, aber nicht schlecht.
    Ich habe Heyer jahrelang ausschließlich auf deutsch gelesen, bin erst Anfang 90er auf die ersten Originale gestoßen. Seither frage ich mich, wie man sie angemessen übersetzen kann.
    Ihren Stil beibehalten? Ergebnis: sperriges (milde ausgedrückt) Deutsch, das aber 'funktioniert', weil es die LeserInnenschaft nie abgehalten hat.
    Modernisieren, also die Endlos - Sätze erbarmungslos auseinanderreißen?
    Ich habe das mal ausprobiert. Ergebnis: herber Verlust an Charme.
    Trotzdem wäre es einen neuen Versuch wert.
    :gruebel


    :grin :grin


    Zum Gesamtwerk:


    sie hat sehr viel geschrieben, nicht alle sind gut. Sechs, sieben davon sind geradlinige Liebesromanzen, die mit Mühe unterhaltsam sind.


    Einige andere sind in der Ausführung eher schwach, retten sich aber mit der einen oder anderen interessanten Figur und ein, zwei fulminanten Szenen.
    Es gibt dabei keine 'Phasen', gute Romane stehen neben schlechten, zeitweise hat sie zwei oder drei pro Jahr produziert, historische, Krimis, zeitgenössische Liebesromane.


    Was man noch dazu sagen sollte, ist, daß entgegen der Aussagen bei amazon und anderen Anbietern die Protagonistinnen oft nicht bildhübsch sind.
    Kitty z.B. in Cotillion wird es erst durch die passende Ausstattung, die Stadttünche, wie Vetter Freddy so weise bemerkt. Und dann wird sie auch nur passabel :grin, nicht schön.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Hi, Piratin (Du hast ein neues Fahndungsphoto!! :wow :lache),


    Ja, seit ich angefangen habe, hier im Forum drauf hinzuweisen, dass geklaute Bilder im Avatar kein Kavaliersdelikt sind - da konnte ich ja schlecht selber weiter mit einem rumlaufen, so gut es mir auch gefiel. :rolleyes



    Oh, nee, guck nicht in meine Richtung. :wow
    Obwohl, da bringst du mich auf eine Idee... :gruebel: :grin


    Ein dem englischen Stil entsprechendes Deutsch könnte ich nicht schreiben. Modernisieren wäre in der Tat eine Herausforderung... es würde mich interessieren, ob dann noch genügend "Heyer" übrig bleibt - oder müsste man gar eine neue "Heyer" erfinden. Spannende Frage...!

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  • Zusammenhängend, im Sinn, dass sie in einer Familie in aufeinander folgenden Generationen spielen sind:


    Der Page und die Herzogin (These old Shades)
    Eskapaden (Devil's Cub)
    Barbara und die Schlacht von Waterloo (An infamous Army)


    Man kann sie alle einzeln lesen. Aber in der richtigen Reihenfolge machen sie durch die wieder auftauchenden Figuren mehr Laune.



    und dann gibt es noch eine sehr nette Kurzgeschichtensammlung: Zärtliches Duell (Pistols for Two)


    Viel Vergnügen, MaryRead. Georgette Heyer ist eine meiner Lieblingsautorinnen, fast beneide ich dich, dass du das noch alles vor dir hast ...



    B

  • Bernenice - oh, danke, das trage ich gleich in meine Georgette-Heyer-Liste ein. :-)


    Kurzgeschichten sind nicht so mein Ding, da werde ich erst mal die Romane lesen. Bis ich die durch habe, dürfte es ein Weilchen dauern...


    Jetzt habe ich "Frederica" ("Heiratsmarkt") angefangen, das sprang mich bei Amazon an. Bin gespannt.

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  • Nachdem ich mich die letzten Tage mit "April Lady" auf deutsch rumgequält habe (nicht zuletzt deshalb, weil ich fürchten muss, dass das Buch von 1966 beim nächsten Aufschlagen auseinanderbricht und es nicht mir gehört), habe ich mir wegen der Empfehlungen hier und im anderen Thread mal "Sprig Muslin" ertauscht und schau mal, ob es mir damit besser geht. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich von Georgette Heyer schon mal einen Regency-Roman gelesen habe, aber ich weiss nicht mehr, welchen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • @MR


    'Frederica' ist recht umfangreich :grin
    Ich halte ihn für zu lang und etwas zu umständlich, die meisten Personen gehören jedoch zu den komplexeren Charakteren.
    Die Handlung ist nicht uninteressant und es gibt einige witzige Momente.


    Die Beinahe-Serie von These Old Shades bis Infamous Army findest Du selbstverständlich hier bei den Serien ;-)


    Das Kurzgeschichten-Bändchen kann man nur lesen, wenn man die Autorin sehr liebt. Bei einigen der Geschichtchen habe ich immer den Eindruck, daß es eher Entwürfe für zukünftige Romane sind/waren oder sogar nur Nebenhandlungen in einem größeren Rahmen. :lache


    @ Nachtgedanken


    'April Lady' ist trotz des berückenden Titels einer der schwächeren Romane, eben eine dieser geradlinigen Romanzen. Der Ausgangspunkt ist eine leichte Variation des alten Themas, das Paar ist bereits verheiratet, eigentlich lieben sie sich auch, können jedoch aufgrund einiger (alberner) Mißverständnisse zunächst nicht zusammenkommen.


    Sprig Muslin/Frühlingsluft ist ein ganz anderes Kaliber.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Das Kurzgeschichten-Bändchen kann man nur lesen, wenn man die Autorin sehr liebt. Bei einigen der Geschichtchen habe ich immer den Eindruck, daß es eher Entwürfe für zukünftige Romane sind/waren oder sogar nur Nebenhandlungen in einem größeren Rahmen. :lache


    OT: Sowas ist mir gerade bei E.F.Benson passiert, dessen Lucia ich heiß und innig liebe. Weil es nun mal nur 6 Lucias gibt, habe ich mich auch auf so eine Sammlung von "Studien" gestürzt... großer Fehler. :rolleyes
    Und von Sarah Dreher habe ich sogar die absolut grauenvollen Theaterstücke in "Lesbian Stages" im Schrank stehen, die selbst der Verlag nur zum Lesen mit verteilten Rollen empfiehlt. :lache

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  • Puh, jetzt bin ich aber froh. Ich begann schon an mir zu zweifeln, weil ich mit dem Roman wirklich nicht warm wurde. Dann wird das wohl eines meiner wenigen abgebrochenen Bücher werden, vielleicht versuche ich es ja später auf Englisch nochmal.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


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  • :grin


    Auf englisch ist er nicht besser.


    Es kann trotzdem passieren, daß Dir die Autorin nicht zusagt. Ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren würde, hätte ich sie nicht mit 15 schon auf dem Tisch gehabt. Ich suchte damals etwas Unterhaltsames, hatte alle meine Kinderbücher schon dutzende Male gelesen. Da hat mir meine Mutter einen Heyer in die Hand gedrückt. Ich sehe heute noch ihr Zögern. Ob das wohl schon etwas für die Kleine ist? :lache
    Es war meine erste Erfahrung mit 'Erwachsenen'- Literatur und ich bin halt hängengeblieben.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich hatte ja schon vor einigen Jahren von der gleichen Freundin einen ihrer Heyer-Romane geliehen, der mir gefallen hat, daraufhin hat sie mir noch drei weitere mitgebracht, die ich jetzt wieder in die Hand genommen habe, weil ich vor dem Umzug möglichst noch alle geliehenen Bücher lesen will, dann ist es wenigstens ein Kilo weniger - es würde aber sicher auch helfen, wenn ich einfach aufhören würde, Bücher zu kaufen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


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  • Zitat

    Original von magali
    Ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren würde, hätte ich sie nicht mit 15 schon auf dem Tisch gehabt. Ich suchte damals etwas Unterhaltsames, hatte alle meine Kinderbücher schon dutzende Male gelesen.
    Es war meine erste Erfahrung mit 'Erwachsenen'- Literatur und ich bin halt hängengeblieben.


    Das war bei mir so ähnlich, ich habe "Der Page und die Herzogin" mit 12 in der Bibliothek entdeckt, und habe dann nach und nach alle Bücher von Georgette Heyer gelesen, die ich gefunden habe. Erst natürlich alles auf Deutsch, ich bin mit dem deutschen Stil also sehr vertraut, und erst später dann in OV.


    Viele Bücher habe ich zwei Mal, einige sogar noch öfter gelesen, das ist aber trotzdem schon wieder recht lange her. Für mich ist bei ihren Büchern auf jeden Fall auch immer ein Teil Nostalgie dabei.


    Meine Favoriten:
    These Old Shades - Der Page und die Herzogin
    Devil's Cub - Eskapaden
    Venetia - Venetia und der Wüstling
    Faro's Daughter - Geliebte Hasardeurin
    The Unknown Ajax - Lord Ajax
    Sylvester - Skandal im Ballsaal
    Regency Buck - Die Jungfernfalle
    Frederica - Heiratsmarkt
    Black Sheep - Die galante Entführung
    Lady of Quality - Herzdame
    False Colors - Falsches Spiel


    Wenn ich noch länger nachdenke, fallen mir wohl noch einige mehr ein. *g* Als gut in Erinnerung habe ich auch
    Arabella
    Friday's Child - Lord Sherry
    Cotillion - Damenwahl
    The Quiet Gentleman
    Grand Sophy
    .....
    The Reluctant Widow - Die widerspenstige Witwe geht ein bisschen in Richtung Mystery, das habe ich auch positiv in Erinnerung.


    Jetzt hätte ich richtig Lust, mal wieder ein Buch von Heyer zu lesen. "Faro's Daughter" habe ich gestern schon mal in der Hand gehabt *g*, obwohl ich ja eigentlich gerade etwas anderes lese.


    Liebe Grüße


    Uta