Anleitung zum Einsamsein - Jonathan Franzen

  • Autor: Jonathan Franzen
    Titel: Anleitung zum Einsamsein. Essays
    Deutsch von Chris Hirte
    Die Orignialausgabe erschien 2002 unter dem Titel "How to Be Alone" bei Farrar, Strauss and Giroux, New York.


    Inhalt
    Das Buch enthält 13 Essays, deren übergreifendes Thema laut Vorwort des Autors "das Problem der Bewahrung von Individuum und Komplexität in einer lärmenden und aufreibenden Massenkultur, die Kunst des Allein- bzw. Einsamseins" ist.

    • Das Gehirn meines Vaters; 2001 (Thema: Alzheimer)
    • Das große Schlafzimmer; 1998 (Thema: Privatsphäre und öfffentliche Sphäre)
    • Why Bother? Der Harper's-Essay; 1996 (Thema: Literatur)
    • Auf dem Postweg verloren gegangen; 1994 (Thema: Das amerikanische Postwesen)
    • Erika Imports; 2001
    • Lesen in der Asche; 1996 (Thema: Rauchen)
    • Der Leser im Exil; 1995 (Thema: Lesen)
    • Die erste Stadt; 1995
    • Alter Plunder; 1996
    • Ordnungszellen; 1995 (Thema: Gefängnisse in den USA)
    • Bettlektüre; 1997
    • Besuchen Sie mich in St. Louis; 2001
    • Der Tag des Amtsantritts, Januar 2001; 2001


    Autor
    Jonathan Franzen wurde 1959 in der Nähe von Chicago geboren und wuchs in Webster Groves/Missouri auf, einem Vorort von St. Louis. Heute lebt er in New York und Boulder Creek, Kalifornien.
    Romane: "Die 27ste Stadt", "Schweres Beben", "Die Korrekturen" (ausgezeichnet mit dem National Book Award).
    Zuletzt erschien "Die Unruhezone. Eine Geschichte von mir".


    Mein Fazit
    Die Essays lesen sich recht gut; einige sind eher journalistisch geschrieben, andere eher literarisch. Meiner Meinung nach liegen sie auf einem mittleren Abstraktionsniveau, d.h. sie sind nicht trivial, aber sie bringen auch nicht ungewöhnlich komplexe, innovative Gedanken.


    Franzen bringt in seine Essays auch Persönliches mit ein. Dies machen sie gut lesbar und ich finde es auch recht interessant und eine nette Ergänzung zur "Unruhezone", die ich demletzt gelesen habe.


    Besonders interessant finde ich, was er im sog. Harpers-Essay über das Lesen schreibt. Er zitiert dort insbesondere aus der Arbeit von Shirley Heath, die empirische Forschungen auf diesem Gebiet angestellt hat.


    "Damit sich Menschen für Literatur erwärmen, erklärt sie mir, müssen zwei Bedingungen gegeben sein: Zum einen muss die Gewohnheit, anspruchsvolle Bücher zu lesen, schon in der Kindheit 'stark vorgeprägt' worden sein. Mit anderen Worten, auch ein oder beide Elternteile müssen gelesen oder das Kind zum Lesen angehalten haben. (...) Lesende Eltern reichen jedoch für die Entstehung eifriger und lebenslanger Leser nicht aus. Laut Heath brauchen junge Leser auch Freunde, die ihre Interessen teilen. (...)
    Als Kind hätte ich meine Eltern nie mit einem Buch erlebt, erklärte ich ihr, außer beim Vorlesen.
    Ohne zu zögern, antowrtete sie: 'Ja, das ist die zweite Art der Leser. Das sind die Einzelgänger. Kinder, die sich von klein auf anders fühlen als ihre Mitmenschen. Das ist im Gespräch nur schwer aufzudecken. Keiner gibt gern zu, dass er als Kind ein Einzelgänger war. Der Einzelgänger überträgt das Gefühl des Anderssein in eine Phantasiewelt. Doch diese Welt kann er mit niemandem teilen, weil sie seiner Phantasie entspringt. Und so wird der wichtigste Dialoge seines Lebens der Dialog mit den Autoren der Bücher, die er liest. Obwohl sie nicht anwesend sind, werden sie zu seiner Gemeinde.' (...)
    Health schaute mir in die Augen und sagte: 'Sie sind ein sozial isoliertes Individuum, das unbedingt mit einer imaginierten Welt kommunizieren will.'" (Seiten 92-95)


    Interessante Thesen, wie ich finde.
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