Gebundene Ausgabe: 443 Seiten, Verlag: Cbj, erschienen September 2006
Originaltitel: The Messenger, übersetzt von Alexandra Ernst
Handlung laut Random House:
Ed Kennedy kann das Labern nicht lassen. Selbst als er auf dem Bauch in einer Bank liegt, die gerade überfallen wird, lässt er einen dummen Spruch fallen. Er macht den Bankräuber damit so nervös, dass dieser die Pistole fallen lässt, flieht – und als der Fluchtwagen nicht gleich anspringt, läuft Ed ihm nach, bedroht ihn mit der Waffe und hält ihn in Schach, bis die Polizei kommt. Bei der Gerichtsverhandlung zischt der Bankräuber ihm zu: „Wenn du in den Spiegel schaust, siehst du einen toten Mann!“
Ed Kennedy ist 19 und nach eigenen Angaben illegaler „Taxifahrer, der Loser des Viertels, die Personifizierung der Mittelmäßigkeit, ein sexueller Versager und unerträglich schlechter Kartenspieler“. Seine einzigen Freunde sind Marv, Audrey und Ritchie – und sein stinkender Hund „Türsteher“.
Eines Tages kommt eine einzelne Spielkarte in Eds Briefkasten geflattert. Auf dem Karoass stehen nur drei Adressen:
45 Edgar Street, Mitternacht,
13 Harrison Avenue, 18:00 Uhr,
6 Macedoni Street, 17:30 Uhr
Tagelang überlegt Ed, ob er zu den Orten hinfahren soll. Eines Nachts sucht er die Edgar Street auf und beobachtet, wie ein Besoffener nach Hause torkelt, dort seine Frau aus dem Bett reißt und sie vergewaltigt. Ed ist entsetzt und fährt davon. In der nächsten Nacht postiert er sich wieder vor dem Haus und muss die gleiche Szene miterleben. Nun weiß Ed: Er muss hier Unrecht verhindern, die Frau und ihre kleine Tochter von den Torturen erlösen. Der Auftrag der Spielkarte lautet: handeln. Nur wie?
In der Harrison Avenue wohnt eine alte Dame, die jeden Abend alleine in ihrer Küche sitzt, stets das Gleiche zum Abendbrot isst, nie Besuch bekommt. Ed klingelt an ihrer Tür. Er hat Kuchen mitgebracht. Liest ihr vor, leistet ihr Gesellschaft – versüßt der alten Frau das einsame Leben.
Morgens um halb sechs geht Sophie (von der dritten Adresse) laufen. Sie joggt zum weit entfernten Sportplatz und dreht dort ihre Runden – barfuß. Sie hat eine Grazie und einen Stolz, die Ed zu Herzen gehen. Die 15-Jährige tritt eines Tages – in abgewetzten, alten Sportschuhen – zu einem Rennen an, läuft verkrampft, verliert. Ed überreicht ihr einen Schuhkarton – ohne Inhalt. Sie versteht: Von nun an wird sie barfuß Rennen laufen und sich zwar die Füße zerschinden, aber gewinnen.
Ed weiß immer noch nicht, was er mit dem Mann in der Edgar Street machen soll. Er kann nicht einfach die misshandelte Frau in den Arm nehmen und sagen: „Alles wird gut.“ Eines Tages findet er eine geladene Pistole im Briefkasten. Er fängt den Besoffenen im Taxi vor der Kneipe ab, fährt mit ihm in eine einsame Gegend, droht, ihn zu erschießen, weil er seiner Frau und seiner kleinen Tochter so viel Leid antut. Doch er bringt es nicht fertig, dem winselnden Mann die Kugel in den Kopf zu jagen. Er schießt in den Himmel. Der Mann bricht erschöpft zusammen. Am nächsten Tag verschwindet er auf Nimmerwiedersehen aus der Stadt.
Ed ist gleichzeitig erleichtert und irritiert darüber, dass er seine Mission erfüllt haben soll. Noch immer weiß er nicht, wer ihm die Spielkarte geschickt hat und warum ausgerechnet er auserwählt wurde, sich in das Leben anderer Leute einzumischen. Dann kommt eine zweite Karte, eine dritte und eine vierte. Mit jeder neuen Botschaft wird Ed mit weiteren Problemen wildfremder Menschen konfrontiert, vor denen er die Augen nicht verschließen kann. Er hilft, wo er kann – und oft sind es kleine, unspektakuläre Aktionen, die eine Wendung zum Guten bewirken.
Trotzdem – die Frage bleibt: Wer ist der Absender der Karten? Wem hat er diese Mission zu verdanken, und was bezweckt er damit? Noch immer hat Ed keinen Schimmer, wem er diese Odyssee verdankt. Dann steigt eines Tages ein Fahrgast in sein Taxi, und Ed erkennt voll Entsetzen den Bankräuber, den er ins Kittchen gebracht hat ...
Leseprobe:
http://www.randomhouse.de/specialskids/joker/leseprobe.html
Zum Autor (laut Random House):
Markus Zusak, Jahrgang 1975, lebt und arbeitet in Sydney, spielt Fußball und schreibt Romane, die vielfach ausgezeichnet wurden. Nach "Vorstadt-Fighter" ist mit "Der Joker" nun sein zweiter Roman bei cbj erschienen.
Meine Meinung:
Die Situation des 19jährigen Taxifahrers Ed, dem es an Selbstvertrauen fehlt, ergibt ein schönes Standbild.
Dazu gehören neben seinem etwas exzentrischen Freund Marv, der Hund Türsteher und Audrey, die in Ed leider nur einen guten Freund sieht und die ersten Passagen, in denen Ed einen Bankräuber stellt und vorübergehend zum Held des Tages wird.
Aber als die Handlung voranschreitet, funktioniert der Roman für mich nicht mehr.
Vieles ist zwar rätselhaft wie in einem Haruki Murakami Roman, aber die Symbolik will sich mir nicht logisch erschließen (bis auf die Moral natürlich).
Die Liebesgeschichte ist zu banal.
Der melancholische, ironische Stil gefällt, ist aber irgendwie auch nicht mehr ganz neu.
Einige Spielereien mit Worten lassen den Vergleich mit deutscher Pop-Literatur zu.
Der mysteriöse Einschlag des Romans erweckt Assoziationen zum Krimi-Poeten David Goodis ohne dessen Klasse zu erreichen. So starke Bilder kann der Autor noch nicht erzeugen.
Eds melancholischer Zustand bestimmt die Form des Romans, der sich in kurzen Sätzen verliert.
Beispiel S.397:
Jetzt ergibt alles einen Sinn.
Ich sehe es.
Wie Worte, die quer über sein Gesicht getippt sind.
Eingraviert.
Schwarz auf Weiß.
…
Ich halte den Roman für mittelmäßig.
Dass man das auch anders sehen kann, zeigt der folgende Satz des Verlages:
Zitat: Der Joker – Ein Meisterwerk und Meilenstein in der Jugendliteratur.