Little Children – Tom Perrotta

  • 2006, Verlag Ullstein, 366 Seiten
    Übersetzt von Sky Nonhoff


    Im April 2007 erscheint die Taschenbuchausgabe (ISBN: 3548268242)


    Handlung laut Rückseite:
    Sarah, an der Uni eine engagierte Feministin, ist in genau dem Leben gelandet, dem sie immer entkommen wollte - als Hausfrau und Mutter in einem Haus am Stadtrand. Als sie Todd kennen lernt, einen mehrfach durchgerasselten Jurastudenten und Hausmann, wird die Affäre mit ihm zur tröstlichen Zuflucht
    vor der Langeweile des Erziehungsalltags. Doch in der verlogenen Familienidylle der Vorstadt entwickelt dieser heimliche Widerstand eine unerwartete Sprengkraft.


    Leseprobe (leider nur auf englisch):
    http://search.barnesandnoble.com/booksearch/isbninquiry.asp?ean=9780312362829&displayonly=CHP&z=y#CHP


    Zum Autor laut Klappentext:
    Tom Perrotta hat bereits mehrere Romane verfaßt, darunter Election, der 1999 mit Reese Witherspoon und Matthew Broderick verfilmt wurde. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Belmont, Massachusetts.


    Meine Meinung:
    Ein Portrait der Beziehungen zweier Familien mit je einem kleinen Kind in einer typisch, amerikanischen Vorstadt.
    Neben der zentralen Affäre von Todd und Sarah werden auch Nebenhandlungen ihrer jeweiligen Ehepartner Richard and Kathy sowie von dem pädophilien Ronnie und dem Ex-Polizisten Larry geschildert. Larry ist wie besessen davon, Ronnie zu überwachen und kleine Kinder vor ihm zu schützen. Mit den Portraits dieser beiden Kontrahenten hat der Autor sehr gute Arbeit geleistet, da auch dieser Handlungsabschnitt über die Innenansichten der Figuren transportiert wird. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen Hexenjagd und gefährlichen Impulsen eines Triebtäters.
    Auch Sarahs Ehemann Richard ist besessen von Pornographie und der Internet-Swingerin Slutty Kay. Damit verwischt der Autor die Grenzen und lässt eine gesellschaftliche Doppelmoral deutlich werden.

    Todd, der schon zweimal durch die Prüfung zur Zulassung als Rechtsanwalt gerasselt ist, lebt als Hausmann, die früher emanzipierte Sarah leidet an ihrem ungewünschten, alltäglichen Mutterleben. Das treibt die beiden in eine Affäre. Die Figuren sind mit ihrem Leben unzufrieden, aber bei all ihrer Lebensuntüchtigkeit, ihren Fehlern und Nachlässigkeiten sind sie nicht unbedingt unsympathisch. Der Autor liefert die Figuren und ihre Gefühle gnadenlos ehrlich aus, er gestaltet sie so, dass man nicht immer mit ihnen einverstanden ist, aber verstehen kann man sie.


    Es ist kein Wunder, dass ausgerechnet Todd Fields, der Regisseur von „In the Bedroom“ diesen Roman verfilmt hat. Die Atmosphäre ist vergleichbar, ebenso wie mit dem Film „Election“ (mit Reese Whiterspoone und Matthew Broderick), der ebenfalls auf einen Roman von Tom Perrotta basiert. Dort wurde ebenfalls die Spießigkeit der kleinbürgerlichen Bevölkerung der USA gegeißelt. In Little Children geht Perrotta dabei noch einen Schritt weiter.


    Eine solche Demontage der amerikanischen Gesellschaft ist manchmal bitter gestaltet und fordert vom Leser Durchhaltevermögen, aber die Handlung wird mit zunehmenden Verlauf des Romans immer spannender vorangetrieben.
    Der Autor schafft es einen ruhigen Erzählstil mit großer Intensität auszustatten und seine Leser so am Text zu fesseln.


    ASIN/ISBN: 3548268242

  • Den Fehler habe ich vor ungefähr einem Jahr gemacht :wow
    Die Handlung war einfach zu... viel. Zu viel Sex, zu viel kaputte Gefühlswelten, zu viel Ehrlichkeit.
    Trotz der detaillieren und intensiven Darstellung der verschiedenen Protagonisten, habe ich niemals Zugang zu ihnen gefunden. Und sie verstanden sowieso nicht.


    Auf die Dialoge, deren Sinn sich mir entzieht, und die dann in Sätzen wie "Do you mind if I suck your nipples?" ihren Hochpunkt erleben, will ich eigentlich gar nicht eingehen.
    Sprachlich zwar anspechend, ab und an ein paar lesenswerte Passagen, interessante Ausflüge in die menschliche Psyche, und auf jeden Fall eine vollkommene Entblößung der Gesellschaft, ohne jegliche Rücksicht.
    Es hat etwas von einem seltenen Insekt. Ich betrachte es gründlich, verziehe das Gesicht und setze es dann wieder in die Freiheit, damit andere sich daran erfreuen können. Oder auch nicht.

  • Zitat

    Original von Lotta
    Die Handlung war einfach zu... viel. Zu viel Sex, zu viel kaputte Gefühlswelten, zu viel Ehrlichkeit.


    Rücksichtslose Ehrlichkeit ist für mich bei einem Roman über gesellschaftliche Zustände notwendig, sonst kann es der Autor auch gleich lassen.


    Zitat

    Original von Lotta
    Und sie verstanden sowieso nicht.



    Zitat

    Original von Lotta
    Auf die Dialoge, deren Sinn sich mir entzieht, und die dann in Sätzen wie "Do you mind if I suck your nipples?" ihren Hochpunkt erleben, will ich eigentlich gar nicht eingehen.


    Eine gewisse Sprachlosigkeit und kommunikationsunfähigkeit ist ein Sympton eines gestörten gesellschaftlichen Zustandes.
    Daher wählt der Autor Dialoge, die die Probleme nicht direkt ansprechen.
    In dieser speziellen Szene ist die Leidenschaft eigentlich schon vorbei, daher bleibt dem Protagonist nur noch ein solch banaler Satz.


    Zitat

    Original von Lotta
    Sprachlich zwar anspechend, ab und an ein paar lesenswerte Passagen, interessante Ausflüge in die menschliche Psyche, und auf jeden Fall eine vollkommene Entblößung der Gesellschaft, ohne jegliche Rücksicht.
    Es hat etwas von einem seltenen Insekt. Ich betrachte es gründlich, verziehe das Gesicht und setze es dann wieder in die Freiheit, damit andere sich daran erfreuen können. Oder auch nicht.


    Sprachlich ansprechend, Entblößung der Gesellschaft. Da liegen wir auf einer Längenwelle.
    Schwer zu ertragen ist so ein gnadenlosen Portrait allerdings manchmal wirklich.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar



    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Sprachlich ansprechend, Entblößung der Gesellschaft. Da liegen wir auf einer Längenwelle.
    Schwer zu ertragen ist so ein gnadenloses Portrait allerdings manchmal wirklich.


    Vermutlich liegt dort einfach mein Problem. In sich funktioniert das Buch schon, alles, was ich kritisiere oder was mich abstößt, ist wahrscheinlich genau so gewollt. Trotzdem fühlte ich mich von der Fülle an menschlichen Abgründen ziemlich überrollt.

  • Ein äußerst ansprechendes Buch, das mich sehr positiv überrascht hat und das ich mit Genuß gelesen habe. Auf eine ruhige Art und Weise erzählt Perrotta von den Figuren und blickt hinter die Fassade, ohne jemals deren (Fehl-)Verhalten zu be- oder verurteilen. Hier gibt es keine weitschweifigen Landschaftsbeschreibungen, keine Zusammenfassung der gegenwärtigen politischen Situation oder was auch immer, einzig die Figuren und ihr Verhalten sowie ihre Emotionen stehen im Vordergrund und werden so zum bitterböses Spiegelbild der Gesellschaft (allein Richards Obsession sei hier genannt, die auch noch zum Schreien komisch dargestellt wird). Für mich ein überdurchschnittlich gutes Buch, empfehlenswert!

  • Nachdem ich den Film gesehen habe, wollte ich unbedingt auch das Buch lesen,es hat sich gelohnt!
    Die zum Teil beklemmende Atmosphäre in dem Buch wird gut beschrieben, die verschiedenen Personen, die ganze Umgebung, alles sehr eindrücklich. Das Ende finde ich auch genial, zwischendurch liebe ich so Bücher, die nicht wirklich in einem Happy End enden und wo noch vieles offen ist.


    9 Punkte!

  • Da es das Buch (als Hardcover-Restexemplar) bei amazon zur Zeit verbilligt gibt, konnte ich meine Finger nicht davon lassen. Klingt interessant... :-)


    Also: Danke für eure Rezis :wave

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]