Die Farbe von Safran, Yasmin Crowther, Orig. "The Saffron Kitchen", Übersetz. Sybille Klose, List, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin, 2007, ISBN-10 3-471-77277-4, ISBN-13: 978-3-471-77277-5, 18,- €
Autorin: (lt. Klappentext)
Yasmin Crowther, Anfang 30, ist Engländerin mit iranischen Wurzeln. Sie lebt in London, wo sie für diverse NGOs arbeitet. Ihr Interesse an aktuellen politischen Themen zeigt sich auch in ihrer Mitarbeit in einem Think Tank zur Nahostpolitik.
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Meine Meinung:
Äußerst dramatisch und tragisch beginnt der Debütroman von Yasmin Crowther „Die Farbe von Safran“, im englischen Original mit dem Titel „The Saffron Kitchen“ erschienen. Ein kleiner iranischer Waisenjunge versucht sich in London das Leben zu nehmen, weil er sich in der westlichen Kultur noch nicht eingefunden hat und seine iranische Tante Maryam Mazar in ihrer Erziehung nicht auf seine Probleme eingeht, sondern Strenge und Härte zeigt. Im Versuch ihn zu retten, verliert seine Kusine Sara Dean ihr ungeborenes Baby. Maryam muß in dieser Situation erkennen, dass es nicht möglich ist, in zwei strikt voneinander getrennten Welten zu leben und macht sich nach vierzig Jahren auf die Reise in den Iran, um ihre Wurzeln und ihre verbotene Jugendliebe zu suchen. Derweil versucht Sara mit ihrem Vater über alte Fotos, Briefe und Erinnerungen mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter zu lernen und herauszufinden, wie es soweit kommen konnte.
Yasmin Crowther erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer Frau, die zu modern ist für ihre islamische Umwelt in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts, die ihre Modernität aufs Grausamste bestraft. Eine Frau, die einen hohen Preis für die Freiheit, eine Ausbildung zu machen und in den Westen zu gehen, bezahlen muss, und in der Freiheit erkennt, wie gefangen sie ist. Gefangen in den Wurzeln ihrer iranischen Traditionen, die es ihr unmöglich machen, ihr stabiles Leben mit ihrem Ehemann Edward und Tochter Sara glücklich, bewusst und in Frieden zu leben. Der Versuch ihre islamischen Wurzeln und ihre westliche Umwelt strikt voneinander getrennt zu halten, ist zum Scheitern verurteilt. Als Maryam sich aufmacht, ihre Wurzeln zu finden, ist eine Entscheidung erforderlich, die nicht nur ihr Leben betrifft sondern auch das ihrer Familie. Parallel dazu erzählt die Autorin die Geschichte von Sara, Maryams in England geborene Tochter, die nur einen Bruchteil ihrer Herkunft kennt und erst in dieser kritischen familiären Situation beginnt, ihre Eltern kennen und verstehen zu lernen.
Yasmin Crowther gibt ihren Lesern Einblick in das Leben im Iran in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts und zur heutigen Zeit, sie vermittelt iranische und islamische Traditionen und zeigt wie schwierig es ist, solche Traditionen in der westlichen Welt zu leben und seinen Kindern zu vermitteln. Dabei gelingt es der Autorin Klischees zu vermeiden und nicht ins Sentimentale abzurutschen. Ihre Sprache ist fließend, häufig poetisch und verleiht ihrer Geschichte die Grazie und Würde ihrer einfühlsam ausgearbeiteten Figuren. Kulturelle Unterschiede werden von der Autorin aufgezeigt, ohne zu werten.
Die Autorin wechselt im Laufe des Romans mehrfach die Erzählperspektiven, um die in zwei Zeitebenen spielende Handlung um Maryam und Sara zu erzählen. Gelegentlich sind diese Übergänge für den Leser etwas schwierig zu erkennen. Die Wechsel in der Erzählperspektive sind nicht ausgewogen, Maryams Geschichte steht eindeutig im Mittelpunkt, während Sara oftmals die Rolle hat, die Geschichte ihrer Mutter voranzutreiben, statt ihre eigene Geschichte zu transportieren.
„Die Farbe von Safran“ ist ein sensibel und poetisch geschriebener, melancholischer Roman, bei dem die bewegende Mutter-Tochter-Beziehung einer iranischen Frau und ihrer in England geborenen und aufgewachsenen Tochter mit dem Spannungsfeld Kultur, Tradition, Generation und Freiheit im Vordergrund steht, aber auch Kränkungen und Verrat innerhalb von Familien thematisiert. Ein berührender Roman, der dem Leser Einblick in eine fremde Kultur gibt und zum Nachdenken und Recherchieren anregt.