Die Chorknaben/Joseph Wambaugh

  • Inhalt:
    In L.A., Mitte der 70er Jahre, treffen sich 10 Streifenpolizisten, größtenteils noch in ihren Zwanzigern, regelmäßig zu sog. "Singstunden" im Park, wo sie mit viel Alkohol und zwei "Polizei-Groupies" Dampf ablassen. Grundsätzlich sind sie weder schlechte Menschen, noch schlechte Polizisten, doch ist jeder einzelne von ihnen ziemlich kaputt, ob durch ihr größtenteils tristes Privat- oder das harte Berufsleben oder eine Kombination aus beidem sei dahingestellt.
    Eines Tages kommt es zur Katastrophe. Der Weg dorthin und der Alltag dieser Männer wird in diesem Buch rekonstruiert.


    Es wird zwar als Krimi bezeichnet, aber das ist es meiner Ansicht nach nicht wirklich, daher habe ich es hier eingeordnet.


    Autor:
    siehe Wikipedia


    Meinung:
    Ein interessantes, aber schwieriges Buch. Sehr derb, also nichts für zartbesaitete. Sogar ich literarisch hartgesottenes Wesen habe hier noch einiges über heftige Ausdrücke, sowie Sexismus etc. "gelernt".


    Wambaugh schafft es sehr gut, das Problem der "Chorknaben" darzustellen, ohne den Finger auf etwas bestimmtes zu legen. Es sind einfach Polizisten, größtenteils jung, fast alle aus dem Mittelstand und gebildet, die eben Probleme haben: unglückliche oder gar keine Beziehungen, chronischer Geldmangel (durch Unterhaltszahlungen hauptsächlich), Alkoholismus, Kriegstraumata, etc. Was erstaunt ist, daß sie ihren Job dennoch gar nicht schlecht machen, auch wenn er ihnen so zusetzt, daß sie ihre "Singstunden" brauchen, um ihn verkraften zu können, nach besonders heftigen Erlebnissen.
    Am Ende versucht ihr ihnen wohlgesonnener Sergeant sie zu rechtfertigen, was vielleicht genau das ist, was Wambaugh mit diesem Buch tun wollte. Sie waren nicht schlecht, aber sie brauchten ein Ventil und haben das falsche gewählt. Mangels Alternativen?


    Das Buch ist durchsetzt von bissigem und schwarzem Humor, was mich letzten Endes, abgesehen von einer gewissen entsetzen Faszination, bei der Stange gehalten hat. Dennoch mußte ich es in einer Marathonsitzung beenden, ehe ich in Versuchung geraten konnte, es ganz wegzulegen.
    Wo war mein Problem? Bei oben erwähnter Derbheit, zB gibt es ein ganzes, sehr langes Kapitel über eine ihrer "Orgien" im Park, in dem detailliert und seitenweise erzählt wird, was die besoffenen Kerle miteinander und den beiden Frauen so machen, wobei man sich irgendwann fragt, ob es jetzt nicht langsam genug ist, da man schon begriffen hat, worum es geht.
    Auch die Schilderungen aus dem Polizeialltag sind auch teilweise ausgesprochen, ah, detailliert, detaillierter als man das unbedingt wissen möchte.
    Außerdem mag ich meine Figuren gerne mögen können, was bei denen hier schwierig war. Sie sind nicht unsympathisch, aber vielleicht schon zu kaputt für eine Leserin, die vielleicht doch zärter besaitet ist, als sie dachte. Interessanterweise mochte ich ausgerechnet den Japaner am liebsten, der sich für einen Mexikaner hält und seine Kameraden mit eigenartigen Streichen quält.


    Ein durchaus interessantes Buch, das mich aber etwas zwiegespalten zurückläßt und mich nicht unbedingt dazu bewegt, noch einmal etwas von diesem Autor lesen zu müssen. Aber, wer weiß. Wambaugh schreibt zwar nicht schön, aber schreiben kann er.