Kalter August – Peter Temple

  • Bertelsmann, Februar 2007 erschienen, 448 Seiten


    Originaltitel: The Broken Shore
    Aus dem Australischen übersetzt von Hans M. Herzog



    Handlung laut Rückseite:
    Joe Cashin war früher ganz anders. Er war flink, selbstsicher und nicht so nachdenklich. Aber es hat Folgen, wenn man dem Tod ins Auge geblickt hat. Für Cashin heißt das, nicht mehr bei der Mordkommission zu sein, sondern in einem abgelegenen Nest an der Küste zu arbeiten. Und dann geschieht dort ein grässliches Verbrechen. Alles scheint auf drei Aborigines-Jungs hinzudeuten, aber Cashin ist nicht davon überzeugt.


    "Kalter August" ist ein auf subtile Weise spannender Krimi aus dem Herzen der australieschen Gesellschaft und dem Psychogramm männlicher Einsamkeit. Eine Mischung, die den Leser frösteln lässt und tief berührt.
    Ausgezeichnet mit dem Colin Roderick Award als das beste Buch über Australien.
    Leseprobe: http://www.randomhouse.de/book/samplePages_gross.jsp?edi=207207&isbn=978-3-570-00950-5&index=8


    Zum Autor laut Klappentext:
    Peter Temple, geboren 1946 in Südafrika, studiert Geschichte und Politik und arbeitet dort als Journalist. 1997 geht er für zwei Jahre nach Hamburg, bevor er sich in Australien niederlässt. 1996 veröffentlicht er seinen ersten Roman. Von seinen bislang acht Romanen sind fünf mit dem renommierten Ned Kelly Award, ausgezeichnet worden, darunter auch Kalter August.
    Peter Temple lebt mit seiner Familie in Ballarat, Australien.



    Meine Meinung:
    Stimmungsvolle Prosa, die über das im Genre Krimi übliche Niveau liegt.
    Ein Vergleich zu Garry Disher liegt auf der Hand und kommt mir auch sehr angemessen vor.
    Natürlich sind die Autoren im Stil dann doch recht unterschiedlich, gemeinsam ist ihnen das trockene Erzählen, der genaue Blick für Details und das Gefühl für Stimmungen.


    Geprägt wird die Atmosphäre von „Kalter August“ durch Joe Cashin melancholischer Stimmungslage und der Atmosphäre einer größeren Kleinstadt.
    Joe Cashin befindet sich in Port Monroe, Australien als Dienststellenleiter der Polizei, bei der Mordkommission in Melbourne hatte er schon bessere Zeiten gesehen.
    Er leidet an vergangener Niederlagen bei einem Fall, in dem sein Partner getötet. er selbst schwer verletzt wurde. Die Folge war seine Versetzung. Aber noch steht es aus, dass er sich auch selbst für seine empfunden Schuld vergibt. Der Fall und die Zusammenarbeit mit dem lakonischen Polizisten Dove, der Aborigine ist und seiner Schulfreundin, der Rechtsanwältin Helen Castleman hilft ihm dabei.
    Viele Nebenfiguren, z.B. der Landstreicher Rebb, den Joe Cashin nicht verhaftet, sondern privat beschäftigt, seine Kollegin Kendall oder seine Mutter und sein Bruder werden effektiv so eingesetzt, dass sie Cashins Entwicklung unterstützen.
    In Port Monro herrscht neben einem ruhigen Kleinstadtleben auch eine ungemütliche Atmosphäre in der auch ein unterschwelliger Rassismus gegen Aborigines mitschwingt.


    Der Kriminalfall selbst ist komplex genug, interessanter ist aber der oben erwähnte Gemütszustand des Protagonisten und wie er das alltägliche Verhalten der übrigen Beteiligten wahrnimmt.


    Peter Temple ist stilistisch auf einen hohen Niveau mit dem Mut zum Risiko.
    Beispielsweise S.46: An der letzten Kreuzung pickten zwei Raben in zinnoberroten Matsch und musterten ihn mit den abschätzigen Blicken alter Männer in einer heruntergekommenen Spelunke.
    oder s.58:
    Harry winkte ihm mit einer behandschuhten Flosse zu, langsam, wie ein Polarforscher bei einem letzten traurigen Abschiedsgruß.
    Einerseits sind diese Sätze überfrachtet, aber sie sagen trotzdem viel darüber aus, wie der Protagonist seine Umgebung empfindet.


    Die Auflösung des Kriminalfalles ist nicht besonders originell gehalten, aber das ist vielleicht weniger wichtig als das Schicksal vom sympathischen Joe Cashin, der mir am Ende sehr ans Herz gewachsen ist. „Kalter August“ erzählt mehr über die Gesellschaft als über einen Kriminalfall. Der Roman ist nicht als Serie angelegt, daher ist ein Wiedersehen mit Joe Cashin leider nicht unbedingt wahrscheinlich.


    Da „Kalter August“ der erste Roman von Peter Temple ist, der ins deutsche übersetzt wurde (gefühlsmäßig sehr gute Arbeit übrigens) heißt es jetzt warten, bis die übrigen 7 Romane folgen.

  • Der Thriller war nicht ganz nach meinem Geschmack, da meiner Meinung nach zu viel Nebensächliches erzählt wurde. Man hätte die Geschichte fast um ein Viertel kürzen können.

    ************


    Hazel


    "Ganze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein,
    um den Tieren ihre Dienste und Verdienste an uns zu vergelten."


    Christian Morgenstern

  • Zitat

    Original von Hazel
    Der Thriller war nicht ganz nach meinem Geschmack, da meiner Meinung nach zu viel Nebensächliches erzählt wurde. Man hätte die Geschichte fast um ein Viertel kürzen können.


    Als Thriller würde ich das Buch auch nicht gerade bezeichnen, für mich ist es eher ein Kriminalroman.


    Die Abhandlung des Falls hätte sicherlich kürzer verfaßt werden können, aber das ganze Drumherum läßt den Leser am Leben von Joe Cashin teilhaben und macht ihn dadurch zu einem sympathischen Protagonisten.
    Ins Grübeln kam ich ein wenig über die Rolle von Rebb in der gesamten Handlung, auch hatte ich teilweise ein wenig Schwierigkeiten die vielen auftretenen Namen den Personen zuzuordnen...
    Auch wenn der Fall in sich abgeschlossen ist, bleibt am Ende doch noch ein wenig Freiraum für neue Spekulationen auf einen Nachfolger... lesen würde ich diesen auf jeden Fall.

  • Ich hab das Buch im Original gelesen, The Broken Shore, und war am Ende dann doch überrascht, wie sehr ich es mochte :grin Denn es fängt unheimlich langsam an und ich bin schwer reingekommen, wollte erst nicht weiterlesen.
    Hab ich dann aber Gottseidank doch.


    Ich sehe The Broken Shore auch nicht als Thriller, sondern auch eher als Kriminalroman über Australien. Das Buch dreht sich mehr um den Helden, Joe Cashin, und australisches Kleinstadtleben und gerade das macht dieses Buch so besonders.


    Das australische Englisch war eine kleine Herausforderung, aber da Peter Temple wirklich *schön* schreibt, habe ich gerne weiter gelesen.


    Ich habe 4 von 5 Punkten gegeben, Abzug gab es für die Schwächen des Krimiplots.

  • Mir hat das Buch gefallen.
    Es ist das erste, dass ich im australischen Umfeld gelesen habe. Obwohl ich Australien nicht so sehr viel abgewinnen kann, bin ich gut zurecht gekommen. Peter Temple schreibt recht knapp, hat viele Dialoge. Alles in diesem Buch gehört zusammen, alles zusammen ergibt ein Gesamtbild, näher betrachtet.
    Ein recht kurzweiliges Buch.