Schreibwettbewerb April 2007 - Thema: "künstlich"

  • Thema April 2007:


    "künstlich"


    Vom 01. bis 20. April 2007 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb April 2007 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schickt uns Eure Beiträge als .doc oder .rtf und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von Ida



    Sie waren die letzten Gäste. Der Wirt war hinter dem Tresen mit der Abrechnung beschäftigt. Im Nebenraum wurden schon die Stühle auf die Tische gestellt.
    „Ich glaube, wir sollten gehen“, sagte er, „bevor man uns auf die Straße setzt.“
    Sie nickte und lächelte.
    „Oder möchtest du noch woanders hin?“ Er schaute sie an und schien ihre Unsicherheit nicht zu bemerken.
    Was sollte sie antworten, wenn er vorschlug, bei ihm noch einen Kaffee zu trinken? Sie kannten sich erst seit heute abend – wenn man die vielen Mails nicht mitzählte, die dem ersten Treffen vorangegangen waren. Er war genau so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte: sympathisch, witzig und anständig. Aber noch ein wenig fremd.
    „Ich möchte lieber heim“, sagte sie.
    „Ja, es ist spät geworden. Der Abend verging so schnell!“
    Er half ihr in den Mantel. Sie wollte ihn dabei nicht zu nahe an sich heranlassen und kam sich ungeschickt und unbeholfen vor.
    Es hatte geregnet und war kühl geworden. Die Straße glänzte im Licht der Straßenlampen.
    „Wo hast du geparkt? Ich begleite dich noch zum Auto.“
    „Das ist nicht nötig, wirklich. Danke! Ich wohne hier ganz in der Nähe.“
    Klang das zu sehr nach einem eindeutigen Angebot? Vielleicht hätte sie doch ein anderes Restaurant für das Treffen auswählen sollen.
    „Dann bringe ich dich nach Hause.“ Er nahm ihre Hand und ließ sich durch ihren Widerspruch nicht davon abbringen.
    Ihre Schritte hallten auf den Pflastersteinen.
    „Du sagst ja gar nichts mehr! Wie fühlst du dich jetzt, nachdem wir uns endlich getroffen haben?“
    „Gut“, sagte sie leise. „Ganz gut. Es war sehr schön.“
    „Ja, das fand ich auch. Ich habe mich lange nicht mehr so wohl gefühlt wie heute.“
    Sie schwieg. Sie fürchtete sich vor der Situation an der Haustür, dem Augenblick der Unentschlossenheit, ob sie ihm zum Abschied einen Kuss geben oder ihn mit einem Händedruck enttäuschen sollte. Es war unmöglich, ihn mit in die Wohnung zu nehmen! Ihr war ein wenig schlecht geworden. Wie viele Bekanntschaften hatten schon an ihrer Haustüre geendet? Er würde sie nicht wiedersehen wollen, ganz gleich, was sie tat. Ihr Herz schlug laut, und sie ging immer schneller, obwohl sie den Moment der Entscheidung gerne noch hinausgezögert hätte.
    „Hier wohne ich“, sagte sie atemlos und nahm ihre Hand aus der seinen.
    „Ja dann.“ Er steckte seine Hände in die Taschen und schaute sie unsicher an.
    „Danke für den schönen Abend!“ Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, schloss die Türe auf und eilte nach oben.
    Wie er aussah! So verletzlich und enttäuscht und ein wenig wie ein kleiner Junge.
    Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie die Wohnung betrat. Sie rannte ins Bad, riss sich die Perücke mit den langen braunen Haaren vom Kopf und starrte ihr Spiegelbild an. Sie hasste den kahlen Schädel mit den kümmerlichen Resten ihrer Haare! Sie hasste die Ärzte, die ihr nicht halfen, weil sie keine Ursache für den Haarausfall finden konnten! Und sie hasste sich selbst!
    Schluchzend sank sie auf den Boden.

  • von Eny



    Ihr blasses Gesicht ist verzerrt, beinahe unheimlich. Das eine Auge, das rechte, ist klar und offen, die Iris braun und umgeben vom weißen Augapfel. Das andere ist eitrig und liegt tief in seiner Höhle. Die Lederhaut ist violett und die Pupille ein grauer Schatten.
    Ihre Lider zucken, und ein kleiner Tropfen Blut löst sich aus dem Augenwinkel. Sie hebt die Hand und wischt ihn weg wie eine Träne, deretwegen sie sich schämt.
    „Anna“, sage ich leise. „Wir haben keine Wahl mehr. Es muss raus.“
    Ich versuche, in ihr gesundes Auge zu sehen, aber sie schließt es und schüttelt den Kopf: „Sie können das gar nicht entscheiden. Nur meine Eltern, und die wollen es auch nicht.“
    Ich hoffe, dass Letzteres nicht stimmt. „Wenn deine Eltern es möchten, wirst du aus dem Krankenhaus entlassen. Aber alle müssen sich im Klaren sein, dass die Infektion auch dein anderes Auge erreichen wird. Und dann wirst du blind.“
    Sie schüttelt noch immer den Kopf, als wolle sie jedes Wort einzeln ablehnen.
    „Anna, mit einer Prothese...“, versuche ich es noch einmal.
    „Es ist mir egal, was Sie meinen. Ich will nicht aussehen wie ein Freak.“
    Wieder kneift sie das rechte Auge zusammen, vielleicht wegen der Kopfschmerzen. Dabei habe ich nur eine kleine Lampe angeschaltet.
    Ich greife nach der Broschüre, die auf dem Tisch liegt: „Hier.“
    Widerwillig sieht sie mich an. Ich zeige ihr das Foto eines jungen Mannes mit grünen Augen: „Der hat eine Augenprothese. Aber kannst du erkennen, welches das künstliche Auge ist und welches das normale?“
    Anna scheint einen Moment zu überlegen, dann reißt sie mir die Broschüre aus der Hand: „Das ist Beschiss. Der hat gar kein Glasauge.“
    „Er hat eins“, erwidere ich. „Aber man erkennt den Unterschied nicht. Auch bei dir wird es keinen geben. Glaub mir.“
    „Einen Dreck glaube ich Ihnen.“
    „Anna. Ich weiß, wie es dir geht...“
    „Woher denn?“ Jetzt laufen echte Tränen über ihre Wange. „Sie sind doch die, die den Leuten die Augen rausschneidet.“
    Wortlos stehe ich auf und gehe zum Spiegel neben der Tür. Mein Ebenbild sieht mir entgegen: Ungeschminkt. Hellblaue Augen mit ersten Falten in den Winkeln.
    Angespannt sehe ich aus, heute besonders.
    Das Mädchen beobachtet mich, als ich den Kopf in den Nacken lege und vorsichtig die Lider meines rechten Auges auseinanderziehe. Mit den Fingerspitzen finde ich die Kante der kleinen, schalenförmigen Prothese und nehme sie heraus.
    Anna holt tief Luft.
    Als ich mich umdrehe, wendet sie den Blick nicht ab. Sie taxiert mein Gesicht, die leere Augenhöhle. Blut läuft über ihre Wange.
    Es wird ein langer Augenblick.
    Dann entspannt sie sich. „Können Sie es wieder reinsetzen?“
    Ich nicke: „Klar.“
    „Mit Auge sehen Sie besser aus.“ Annas Mund verzieht sich ein wenig. „Gut meine ich.“

  • von Voltaire



    Der Bürgermeister schaute unruhig auf seine Taschenuhr. Natürlich war er nervös. Es passierte ja auch nicht jeden Tag, dass der große Polderitzky eigenhändig eines seiner Kunstwerke enthüllen würde. Bald, in nicht mehr als vielleicht neunzig Minuten, würde hier vor dem Rathaus, auf dem großen Platz, ein echter Polderitzky stehen, ein Rathausvorplatz in einer Stadt die gerade von einer Kleinstadt zu einer Mittelstadt aufgestiegen war, eine Stadt, deren Namen wohl kaum mehr als dreißig Prozent der Bevölkerung in Deutschland kannten – aber das würde sich mit dem Polderitzky-Kunstwerk schlagartig ändern.


    Erst in der Nacht war das Kunstwerk mit einem Spezialtransport in die Stadt gebracht worden. Die Aufstellung oblag ausländischen Spezialkräften, die das Kunstwerk auch über Nacht bewachten; kein unbefugter Blick sollte es vor der feierlichen Enthüllung „entweihen“.


    Nicht nur die örtliche Presse, nein, sogar ein Kamerateam des überregionalen Fernsehens waren mit einem überraschend großen Aufgebot erschienen.


    Polderitzky – eine Name der für lebendige Kunst stand, angereichtert mit der, zugegeben etwas merkwürdigen, Lebensphilosophie des Rainer Gotthold Polderitzky.


    Natürlich konnte auch der Bürgermeister nicht die Augen davor verschließen, dass die letzte Polderitzky-Ausstellung in Berlin und Köln ziemlich gefloppt hatte. „Tagesspiegel“ und „Express“ waren sich ausnahmsweise in ihrer Kritik einig gewesen. Beide sprachen in fast gleichlautenden Kommentaren von der „Vergewaltigung und vom Verrat der deutschen Enthüllungskultur“ – aber das sollte an diesem Tage die Feierlichkeiten nicht stören. Und auch für einen Polderitzky gab es eben Höhen und Tiefen.


    Die Frauengruppe des örtlichen Kulturbundes hatte Aufstellung genommen; sie würde den kulturellen Teil dieser Polderitzy-Kunstwerk-Enthüllungsfeier bestreiten, besonders ihre musikalischen Darbietungen genossen höchsten Respekt und es war sogar an das Einspielen einer CD mit Liedern von Hermann Löns gedacht worden. Diese Pläne hatten sich dann aber aus nicht näher bekannten Gründen zerschlagen.


    Und dann kam er!


    Der 741er BMW fuhr langsam bis an den roten Läufer vor. Man hätte denken können, ein hoher Staatsgast beehrte die Stadt mit seinem Besuch.


    Ein großgewachsener grauhaariger Mann entstieg dem Auto. Polderitzky! Jubel brandete auf, die Menschen klatschten enthusiastisch. So manches Auge wurde feucht. Der Künstler grüßte huldvoll nach allen Seiten und begab sich auf das Podest, von welchem aus er das Kunstwerk enthüllen würde. Bürgermeister und die anderen Honoratioren der Stadt begrüßten diese lebende Künstlerlegende.


    Es wurde gesungen, die Frauengruppe des örtlichen Kulturbundes übertraf sich selbst, selbstgebastelte Gedichte wurden vorgetragen, die Vorsitzenden aller Rathausparteien versuchten sich in ihrer Begeisterung gegenseitig in ihren Reden zu übertreffen, die Sanitäter des Roten Kreuzes mussten dreimal Erste Hilfe leisten, ein verdorbener Magen und zwei Promilleopfer, davon eines ohne gültigen Krankenversicherungsschutz.


    Und dann war er da – der große Moment. Die Enthüllung des Kunstwerkes stand unmittelbar bevor. Die Stadt, die Region, hielt kollektiv den Atem an. Große Momente bedürfen manchmal der kollektiven Atemlosigkeit.


    Polderitzky hat die Kordel gepackt, ein kräftiger Ruck und das Tuch, welches über das Kunstwerk gebreitet war, würde zu Boden sinken.


    Kraftvoll zog der Künstler an der Kordel. Das Tuch fiel zu Boden. Die Menschen erstarrten. Entgeistert schauten sie auf das Kunstwerk. Sie glaubten nicht was sie da sahen. Das Kunstwerk war...........

  • von Prombär



    Er sieht mich im Rückspiegel an. Ich merke es, aber das weiß er nicht.
    Wahrscheinlich hat er Angst, dass ich anfange durchzudrehen. Die Autotüre aufreiße und hinausspringe, mit der bloßen Faust das Fenster zerschlage oder nach vorne greife um die Handbremse zu ziehen. Vielleicht sieht er mir auch bloß an, dass ich all meine Selbstbeherrschung aufwenden muss, um nicht zu heulen. Er verwickelt mich in ein Gespräch, versucht mich abzulenken. Es funktioniert, die ganze Autofahrt über.
    Später kann ich meine Tränen nicht mehr halten. Sie darf es allerdings nicht mitbekommen, ist sie doch der Auslöser meiner ganzen Wut, meiner Trauer, meiner Verzweiflung, meiner Angst.
    Er nimmt mich in den Arm. Vier Stunden vorher kannte er mich noch gar nicht und jetzt nimmt er mich in den Arm! Es ist ein angenehmes Gefühl und ich empfinde eine Dankbarkeit, wie ich sie noch nie empfunden hatte. Ich versuche die Gedanken zu verdrängen, versuche meinen Tränen Einhalt zu gebieten, versuche stark zu bleiben, damit sie es nicht merkt. Er drückt mich fest an sich, flüstert mir Worte zu, die ich nicht verstehe. Sie klingen nach Trost.
    Ich höre ihre Schritte. Rasch wische ich die Tränen aus meinen Augen, wende mich ab, als sie den Raum betritt und versuche, meine Selbstbeherrschung wieder herzustellen. Sie weint. Sie versucht nicht, es irgendwie zu überspielen. Es hätte auch nicht geklappt, zumal wir beide doch Bescheid wissen. Als ich mich wieder zu ihr umdrehe, verraten nur einzelne roten Flecken die verzweifelte Spur der Tränen. Er führt sie hinaus, verspricht, mich am nächsten Morgen anzurufen. Ich schaue ihnen nach und als das Auto hinter der Biegung verschwindet, bricht meine künstlich gewahrte Selbstbeherrschung endgültig zusammen.

  • von churchill



    „Natürlich“ lautet heute die Parole.
    Was nicht natürlich ist, das ist nicht echt.
    Und was nicht echt ist, dient uns nicht zum Wohle.
    Natürliches ist gut und niemals schlecht.


    Natürlich liebe ich nur echte Pflanzen.
    Ich hasse jeden falschen Weihnachtsbaum.
    Doch würde ich mit Heather Mills mal tanzen,
    so spürte ich ihr neues Bein wohl kaum.


    Wer mag schon Frauen, die beim Tanzen humpeln?
    Da übersieht man jenes fremde Teil.
    Und denk ich dran, wie manche Brüste schrumpeln,
    dann lob ich Silikon und werde geil.


    Ich halte nichts von aufgespritzten Lippen,
    doch sind der Frauen Lippen allzu schmal,
    dann möcht’ ich nie an diesen Lippen nippen,
    denn solche Frauen schmecken meistens schal.


    Natürlich schiefe Nasen, große Ohren,
    natürlich ist an vielen Stellen Speck,
    natürlich bin ich gegen Schneiden, Bohren,
    Natur muss bleiben. Ich schau lieber weg.


    Natürlich gilt das Ganze auch beim Schreiben.
    Natürlich schreibt man Prosa, kein Gedicht.
    Denn dort, wo immer Silben übrig bleiben,
    da fließt natürlich unsre Sprache nicht.


    Natürlich schreibt der Könner ne Geschichte,
    auf rund fünfhundert Wörter aufgebläht.
    Natürlich bin ich nicht, wenn ich hier dichte,
    ganz auf der Höhe und nicht up to date.


    Natürlich wird Natürlichkeit stets siegen.
    Natürlich ist mein Grinsen aufgesetzt.
    Auch Ikarus wollte – natürlich – fliegen
    und hat sich dann (natürlich) bös verletzt.


    Natürlich bin ich niemals nicht dagegen.
    Das Unnatürliche, es liegt mir fern.
    Ja, manchmal macht’s mir Spaß, mich aufzuregen.
    Natürlich nicht natürlich. Aber gern.

  • von Sabine_D



    Eva saß aufrecht im Bett, welches direkt am Fenster stand, und sah hinaus. Es war ein warmer schöner Abend gewesen. Jetzt dämmerte es und dieser Tag hatte seine besten Stunden hinter sich. Genauso wie der Tag neigte sich auch ihr Leben dem Ende zu. Das spürte sie.


    Sie hatte alles verloren, ihren Mann, ihre Tochter, Haus und Habe. Der schreckliche Unfall hatte ihr alles genommen, selbst einen Großteil ihres Verstandes. Nur noch die Katze war ihr geblieben, Tilly. Eigentlich war es ja die Katze ihrer Tochter gewesen. Sie lag jetzt, wie meistens, auf dem Stuhl neben ihrem Bett in ihrem kleinen Zimmer.


    Mit ihr hatte Eva sich unterhalten in den letzten Jahren. Tilly wusste alles über sie, über ihren Kummer, über ihre Einsamkeit, ihre Wünsche. Nur ihr hatte sie sich anvertrauen können. Gott sei Dank durfte sie Tilly hierher mitnehmen. Nicht das Tilly viel Dreck gemacht hätte. Nein, sie war überaus pflegeleicht. Aber Tiere im Heim wurden nicht gerne gesehen. Eva hatte wirklich Glück gehabt das sie ausgerechnet in diesem Heim ein neues Zuhause gefunden hatte. Nicht das sie es sich wirklich hätte aussuchen können.


    Ohne Tilly hätte sie schon längst aufgeben, sich fallen lassen, aufgehört zu kämpfen. Aber für sie wollte sie stark sein. Was sollte aus Tilly werden wenn sie nicht mehr da war?


    Jetzt fing es auch noch an zu regnen und müde wandte Eva den Blick vom Fenster ab. Sie streifte Tilly mit einem liebevollen Blick und streichelte ihr mühsam über das Köpfchen. Fast meinte sie das Schnurren hören zu können.


    Gleich würde die Schwester kommen und sie für die Nacht vorbereiten. Hoffentlich ist die neue Schwester nett, dachte Eva.


    Irgendwann später ging die Tür auf und Schwester Anna kam herein. Sie war eine sehr große Frau mit kurzen dunklen Haaren und einer kräftigen Figur. Sie hatte eine laute unsympathische Stimme als sie Eva ansprach und ohne Begrüßung anfing Evas Bett zu richten. Eva erschrak vor ihr, machte sich ganz klein in ihrem Bett und guckte ängstlich zu Tilly rüber. Vor Angst nässte Eva sich ein. Anna wurde furchtbar wütend.
    Sie war grob zu Eva und sie mochte sie nicht, das wusste Eva jetzt schon. Als Anna das Bett gerichtet hatte und das Zimmer verließ, nahm sie die Katze mit, steckte sie einfach so zwischen die schmutzigen Laken.
    Sie sagte zu Eva, dass böse Menschen keine Tiere brauchen, auch keine künstlichen aus Stoff.


    Am nächsten Morgen als die Schwestern in ihr Zimmer kamen war Eva tot. Ohne Tilly mochte sie nicht weiterleben.

  • von Faraday



    Mike eilte zu seinem Motorrad und setzte im Laufen seinen Helm auf. „Hoffentlich schaffe ich es noch vor dem Gewitter“, dachte er. Gerade als er seine geliebte Maschine starten wollte, sah er die ersten Blitze aufzucken, das Donnergrollen folgte in kurzem Abstand. Schnell beschleunigte Mike sein Motorrad und fuhr auf die Hauptstrasse raus. Flüchtig dachte er an seine Freundin Laura, die bestimmt schon zu Hause wartete, er wusste, sie machte sich Sorgen wenn er mit seinem Motorrad unterwegs war. Als er aus dem Ort fuhr, beschleunigte er noch mal und fuhr in halsbrecherischem Tempo um die Kurven. In Gedanken war Mike schon zu Hause, zu spät sah er den Lastwagen, der ihm in einer Kurve entgegen kam. Schnell riss Mike den Lenker herum, bremste und zog den Kopf ein. Sein letzter Gedanke galt seiner Laura.
    Der Lastwagenfahrer bog um die Kurve und sah den Motorradfahrer auf sich zu rasen, er wusste schon bevor das Unglück geschah, das reicht nicht mehr zum bremsen. Durch den Aufprall wurde der Fahrer vor seinen Augen durch die Luft geschleudert, es gab einen heftigen und kurzen Ruck, als der LKW über die Yamaha holperte. Als der schwere Lastwagen endlich still stand, sprang der Chauffeur aus der Führerkabine, der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er schaute sich um, nirgends konnte er den Motorradlenker ausmachen. Mit zitternden Fingern wählte er den Notruf und machte sich auf die Suche. Er sah ihn zwischen den Bäumen liegen, seltsam verdreht mit dem Gesicht nach unten.
    Mike wachte aus einem wirren Traum auf, benommen schaute er um sich, wusste im ersten Moment nicht wo er sich befand. Sein Blick führte ihn zum Bettende, „also doch kein Traum“, dachte er. Erschöpft läutete Mike nach der Schwester, heute war sein grosser Tag, er wollte Laura überraschen. Die Schwester half ihm beim Anziehen und setzte ihn in den Rollstuhl. Als sie ihn aus dem Zimmer fuhr, sah Mike seine Laura auf ihn zukommen. „Halt“, sagte Mike zur Schwester, „heute will ich meiner Freundin entgegen gehen“. Mit Mühe stemmte sich Mike auf, schwankend stand er einen Moment da und machte dann mit Hilfe der Schwester eine zögerlichen Schritt. Erstaunlich dachte Laura, wie schnell Mike sich an seine Beinprothese gewöhnt hat. Sie versuchte den traurigen Gedanken zu verdrängen, lächelte und nahm Mike in die Arme.

  • von flashfrog



    Professor John Stein von der veterinärmedizinischen Fakultät der University of California entwickelte das Verfahren, um im Labor aus Stammzellen von Rinder-Embryonen künstliches Fleisch für den menschlichen Verzehr zu züchten.
    Der amerikanische Biochemiker Dr. Norman Frank und die Firma BioLife entwickelten die Grundlagen, um Fleisch in großem Maßstab industriell herzustellen. Dieses Verfahren wird mittlerweile auch in Deutschland sehr erfolgreich angewandt: Das Laborfleisch hat seinen Marktanteil im letzten Jahr mehr als verdoppelt.


    Herr Dr. Frank, welche Vorteile hat ihr Verfahren gegenüber herkömmlicher landwirtschaftlicher Fleischproduktion?
    Die Deutschen essen durchschnittlich 80 Kilogramm Fleisch pro Jahr, die Weltbevölkerung wächst rasant, eine Milliarde Menschen werden bereits heute als unterernährt eingestuft. Krankheiten durch Mangelernährung sind die Folge. Vor allem Kinder sind betroffen. Unser Verfahren ist auch in Wüstenregionen machbar, wo die Menschen besonders an Proteinmangel leiden.
    Wir schützen die Umwelt, indem wir die Massentierhaltung überflüssig machen. Methan aus Kuhmägen trägt ja auch nicht unwesentlich zur Verstärkung des Treibhauseffektes bei.
    Wir forschen übrigens gerade daran, auch Fisch herzustellen, um einen Beitrag gegen die Überfischung der Weltmeere und zum Schutz bedrohter Arten zu leisten.


    Welche möglichen Risiken birgt die Fleischherstellung im Labor?
    Bei einer relativ neuen Technologie muss man natürlich die Langzeitstudien abwarten, aber bislang sind uns so gut wie keine gesundheitlichen Risiken bekannt.
    Im Gegenteil, unser Fleisch ist wesentlich gesünder.
    Denken Sie nur an BSE, Vogelgrippe, Schweinepest oder Maul- und Klauenseuche! Unser Fleisch wird unter keimfreien Bedingungen ohne Hormone und Antibiotika, die bei der modernen Massentierhaltung ja unumgänglich sind, produziert.
    Von Gammelfleischskandalen mal gar nicht zu reden...


    Trotzdem ist das Verfahren ethisch nicht unumstritten....
    Völlig unverständlicherweise!
    In der modernen Massentierhaltung vegetieren Kleinvolierenhühner und Mastschweine unter unmenschlichen Bedingungen dahin. Die moderne Hochleistungskuh hat nie in ihrem Leben eine Wiese gesehen! Bei artgerechter Haltung wären die Preise, die der Endverbraucher beim Discounter zu zahlen bereit ist, ja niemals erreichbar.
    Für unser Fleisch muss kein Tier leiden oder sterben.


    Gibt es geschmackliche Unterschiede?
    Nein, Sie können am Geschmack oder Aussehen nicht unterscheiden, ob es sich um herkömmlich produziertes oder Laborfleisch handelt: Die Stammzellen können sich zu jedem gewünschten Zelltypus weiterentwickeln. Die Gewebezusammensetzung aus Muskel-, Fett- und Bindegewebe und mikrobiologischen Eigenschaften entsprechen exakt denen von herkömmlichem Fleisch.
    Das Zellkultursteak ohne überflüssiges Fett ist sogar gesünder und schmackhafter!
    Und der Erfolg gibt uns Recht: Bereits 13% des in Deutschland konsumierten Schweine- und 7% des Rindfleisches werden mittels unseres Verfahrens hergestellt. Eine Steigerung um 120% allein innerhalb des letzten Jahres!


    Muss Ihr Fleisch besonders gekennzeichnet werden?
    Da es sich um normales Zellgewebe ohne irgendwelche Zusätze handelt, muss es nicht besonders deklariert werden. Der Kunde merkt im Normalfall also gar nicht, ob es sich um herkömmliches Fleisch handelt oder um Laborfleisch.


    Trotzdem gibt es immer noch Skeptiker...
    Als die Menschheit vom Pferdefuhrwerk aufs Automobil umstieg, waren auch einige Leute skeptisch. Der Endverbraucher braucht eine gewisse Zeit, um sich an wissenschaftliche Neuerungen zu gewöhnen. Deshalb hängen wir das auch nicht so an die große Glocke. Aber Gengemüse, künstliche Aromastoffe, Geschmacksverstärker, Farbstoffe und Konservierungsmittel aus chemischen Laboren hat der Endverbraucher ja auch längst akzeptiert.

  • von Sinela



    Der kleine Max riskierte einen Seitenblick zu seinem Freund, bevor er sich wieder auf sein Tun konzentrierte. Diesmal wäre er schneller im Sandkuchen-Wettbewerb. Schaufel auf Schaufel füllte er in die Plastik-Förmchen, drehte diese um, klopfte drauf und nahm sie vorsichtig hoch. Kuchen auf Kuchen entstand auf dem Rand des Sandkastens und der nasse dunkle Sand wurde mit trockenem weißen Sand überstreut. Ein weiterer Blick zu Stefan ließ ihn innerlich jubilieren: Vor seinem Freund lagen nur unförmige Häufchen, nicht als Sandkuchen zu erkennen.
    „Ich habe gewonnen! Ich habe gewonnen!“ rief er. „Machen wir nochmal?“
    Missmutig stand der Blondschopf auf.
    „Ne, keinen Bock mehr.“
    „Dann lass uns rutschen gehen.“
    „Ne, keinen Bock.“
    „Schaukeln?“
    „Ne, keinen Bock.“
    Max steckte die Hand in die rechte Hosentasche.
    „Haste da Bock drauf?.“
    Er wedelte mit bunten Papierfetzen vor Stefans Nase rum.
    „Boah, das ist ja Geld! Woher hast du das denn?“
    „Habe ich in unserem Wohnzimmerschrank gefunden. Da war eine ganze Schachtel voll mit diesen Scheinen. In unterschiedlichen Farben. Ich habe mir ein paar ausgesucht, die mir besonders gut gefallen haben.“
    „Merkt das deine Mama denn nicht?“
    „Ne, bestimmt nicht, waren doch so viele.“
    „Los komm, wir gehen uns ein Eis kaufen. Einen großen Becher mit ganz vielen Kugeln und viel Sahne.“
    „Au ja!“, rief Max.
    Zusammen liefen sie in Richtung Eisdiele, ihre Sandkuchen waren vergessen.


    „Je eine Kugel Straciatella, Pistazie, Schokolade, Erdbeere, Nuss, Karamel, Heidelbeere, Tiramisu und eine große Portion Sahne. Und für meinen Freund dasselbe.“
    Erstaunt schaute der Eisdielen-Besitzer den Knirps, der selbstbewusst vor seiner Theke stand, an.
    „Hast du auch genügend Geld dabei, um das Eis zu bezahlen?“
    Max zog ein paar seiner bunten Geldnoten aus der Tasche.
    „Klar, hier, schau doch.“
    Der Mann nahm die Scheine in die Hand, sah sie sich genau an und lachte dann lauthals los.
    „Damit kannst du hier nichts kaufen. Tut mir leid.“


    „Komm, wir gehen in die Bäckerei und kaufen einen Kuchen oder so.“
    Max nickte. Seite an Seite gingen die beiden in Richtung Einkaufszentrum. An der Bäckerei angekommen, sahen sie sich die Kuchen und Torten im Schaufenster an. Ihnen lief das Wasser im Mund zusammen.
    „Lass uns reingehen.“
    Laut bimmelte die Glocke an der Tür, als sie den Laden betraten. Max ging zu der Verkäuferin und sagte: „Ich möchte ganz viele Kuchen haben.“
    „Hast du Geburtstag?“, fragte ihn diese freundlich.
    „Nein, aber Hunger.“
    Die Frau lachte.
    „Wieviele Kuchen möchtest du denn genau haben?“
    „Von allen bitte ein Stück.“
    Zwei große Tüten standen vor Max.
    „Ich bekomme 28,17 € von dir.“
    Der Junge gab der Verkäuferin einige seiner bunten Scheine.
    „Damit kannst du die Kuchen nicht bezahlen. Hat dir deine Mutter kein anderes Geld mitgegeben?“
    Max schüttelte den Kopf. Warum waren die Erwachsenen alle so komisch heute? „Das ist künstliches Geld, kein echtes. Man braucht es für ein Spiel namens Monopoly.“
    Völlig geknickt verließen Max und Stefan die Bäckerei und machten sich auf den Heimweg. Und Max schwor sich, nie wieder Geld aus dem Schrank seiner Eltern zu nehmen.

  • von Tom



    Brian Gilbert saß im Zugabteil und strahlte seine Mitreisenden an. Er konnte sein Glück kaum fassen. Keine Stunde hatte die OP gedauert, ambulant, unter örtlicher Betäubung, und jetzt waren die verdammten Polypen endlich raus. Das hätte er schon früher machen sollen. Nun konnte er wieder alles riechen, die Wurst auf dem Brot seines Gegenüber, das zarte Parfum der Frau am Fenster, die muffige Mischung aus Straßendreck und Feuchtigkeit vom Fußbodenbelag. Brian freute sich auf den Geruch von Mary; vielleicht würde das helfen, etwas neuen Schwung in die Ehe bringen - sie wieder wahrnehmen zu können. Er grinste, und ihm war bewußt, daß die anderen ihn skeptisch beobachteten. Zwei Stationen später war er alleine. Er sah hinaus, da waren Rapsfelder. Brian zerrte das Fenster auf, reckte sich weit in den Fahrtwind und sog den Blütenduft ein.


    Den entgegenkommenden Zug übersah er leider.


    „Sie hatten Glück im Unglück, junger Mann“, sagt jemand wie durch eine Wattewand hindurch. Brian Gilbert kann nur grunzen.
    „Ihre Nase.“ Der Sprecher pausiert kurz. „Da war nicht viel von übrig.“
    Brian sieht jetzt etwas, noch verschwommen, da steht ein Arzt, er selbst liegt offenbar in einem Krankenbett. Seine Nase? Wovon redet der Mann? Brian atmet vorsichtig ein. Er kann riechen. Da ist doch eine Nase. Allerdings ...
    „Aber wir haben gerade etwas in der Entwicklung. Wir haben Ihr Einverständnis vorausgesetzt. Wer will schon ohne Nase sein?“
    Brian setzt sich auf und atmet kräftiger ein. Er muß blinzeln, so stark ist er Eindruck. Jesus, er kann den Schweiß des Mannes riechen, die Marke des Waschmittels erkennen, mit dem das Bettzeug gewaschen wurde, die Blumen vor den Doppelfenstern, das Linoleum vom Gang, die Seife im kleinen Spender am Waschbecken. Einfach alles. Und mehr als das. Plötzlich weiß er, wie Kugelschreibertinte in der Nase schmeckt, Weichmacher aus einem Duschvorhang, er nimmt die Drüsensekrete des Arztes wahr, ein ganzes Bombardement von Parfums, Sprays und Deos, die von Menschen benutzt wurden, die irgendwann in diesem Raum waren.
    „Was haben Sie gemacht?“ fragt er.
    „Die Übernase. Eine Prothese. Milliarden Nanosensoren. Funktioniert’s?“
    „Das kann man wohl sagen.“
    „Und sieht toll aus. Täuschend echt.“


    Mary hatte ihn nicht im Krankenhaus besuchen können, zu viel zu tun, außerdem sind es ja nur drei Tage gewesen. Er findet sie vor dem Fernseher. Wieder muß er blinzeln, die Gerüche im Wohnzimmer erschlagen ihn. Die starken, wie der Zigarettenrauch, die Muffigkeit der alten Möbel, Marys Deo, die Getränke in der Schrankbar. Die schwächeren, wie ihr Duschgel, ihr Nagellack, das Aroma ihres Lippenstifts. Er freut sich, sie zu sehen, endlich.
    Da ist noch etwas.
    „Hallo, Schatz“, sagt sie, ohne vom Fernseher aufzublicken. „Ist gleich zuende. Moment noch.“
    Er nickt nur.
    Der Duft der Rosen, die vorige Woche verwelkt sind. Der Gestank des Hundes seiner Eltern, sie hatten ihn dabei, vor vier Monaten. Sogar ihr Baby kann er noch riechen. Dabei ist es seit zwei Jahren tot.
    Und da ist noch etwas.
    „Du hattest vor zwei Tagen Sex mit Michael“, stellt er fest, dreht sich um und geht.

  • von Callabluete



    Immer wieder drehte und wendete sie sich, schaute ihren Körper, ihr Gesicht bewundernd im Spiegel an. Susi konnte mit sich zufrieden sein.
    Es klingelte.
    „Und bist du soweite?“, fragte Susis beste Freundin Tamara. Mit einem bezaubernden Lächeln rief sie ihr auf den Weg in ihr Ankleidezimmer „Einen Moment!“
    Tamara machte es sich während dessen auf der Couch bequem und schaute eine der unzähligen Zeitschriften auf dem Tisch durch.
    Inzwichen zog Susi ihren Lippenstift nach und strich sich mit einem kleinen Kamm über die Augenbrauen. Sie küßte ihr Spiegelbild und ging strahlend ins Wohnzimmer.
    „Ich wär soweit.“ Tamara erhob sich und beide verließen lachend die Wohnung.
    In einer Bar, nicht weit von Susis Wohnung entfernt saßen sie zusammen an der Theke und tranken einen Martini. Es war eine etwas noblere Bar mit gemischten Puplikum, was Susi gut gefiel, hier hatte sie ihren ersten Mann kennengelernt.
    „Susi schau doch.“ Tamara machte ein kleines Kopfnicken zur Tür. Neugierig drehte sich Susi um, ja das war ihr Geschmack, gut gekleidet, markantes Gesicht und wohlhabend.
    Mit einem grinsen zu Tamara hob sie ihr Glas an und ging in seine Richtung. Ihr Aussehen verfehlte auch bei ihm die Wirkung nicht. „Hallo schöne Frau.“, raunte er ihr ins Ohr. Sie kicherte so das es ihm gefiehl und klimperte verlegen mit den Augen. Ja, dieses Spiel beherrschte sie.
    Der Abend wurde lang, Tamara hatte schon längst die Bar mit einem anderen Mann verlassen, bis Susis Eroberung fragte: „Gehen wir zu dir oder zu mir?“ Sie lächelte ihn an und sagte: „Ich denke wir gehen zu mir, es liegt hier direkt um die Ecke.“ Er zahlte die Rechnung, und fuhr sie in seinem Mercedes Benz die Sl Klasse zur Wohnung.
    Sie wußte nicht viel von dem Mann, aber es reichte um ihm etwas länger zu behalten. Er war schließlich wohlhabend und Arzt, was wollte eine Frau mehr.
    In ihrer Wohnung begann es sehr wild. Er schnappte sie an der Hüfte, riss sie an sich und küßte sie verlangend. Sie mochte seine Art der Liebe nicht, aber sie fügte sich, schließlich wollte sie etwas von ihm.
    Der Sex war grausam, er hatte null Gefühl, und achtete nur auf seinen Rhythmus, ohne sie auch nur im geringsten zu beachten, Susi hätte auch genausogut eine Puppe hinlegen können der unterschied wäre ihm wohl nicht aufgefallen.
    Nach endlosen Minuten erschlaffte er auf ihr, mühsam drückte sie ihn auf die Seite, er atmete schwer.
    Sie wartete noch einige Minuten und sagte: „Es war wunderschön!“ Er nickte bestätigend.
    „Dein Mund und deine Nase sind gute Arbeit!“, flüsterte er ihr ins Ohr. Solche Sätze erschreckten sie schon lang nicht mehr. „Ja, und da wir nun schon so vertraut sind, ich bräuchte noch neue Brüste!“, er lächelte sie an, „Dann mußt du aber noch ein wenig mehr bieten!“, Sie kannte die Prozedur, um so gut auszusehen mußte sie viel über sich ergehen lassen, den ihr Körper bestand schon lange nur noch aus künstlichen Zusätzen.

  • von WilmaWattwurm



    „Ja!“
    Martha schwebte im siebten Himmel, „Ja, ich will!“
    Endlich war es soweit. Er hatte sie gestellt, die klassische Frage. Ganz romantisch, mit roter Rose quer zwischen den Zähnen und Kniefall.
    Ein langes und glückliches Leben stand ihnen bevor. Hermann vom Nachbarhof. Eine gute Partie. Der begehrteste Junggeselle des Dorfes, des ganzen Umkreises. Und er wollte sie, ausgerechnet sie, die schüchterne kleine Martha vom Hirschinger-Hof, trotz ihrer kurzen Beine und der überflüssigen Pfunde auf der Hüfte.
    Immerhin, sie war Jungfrau, er Stier. Die perfekte Konstellation. Eigentlich konnte da gar nichts mehr schief gehen!


    Oder doch?


    Gerade wollte sie ihn mit der Neuigkeit überraschen, daß sie sein Kind unter dem Herzen trug, Da wurde sie durch ein lautes Geräusch aus dem Schlaf geschreckt. Das Krähen des Hahnes zerriß den Traum in häßliche Fetzen und die Wirklichkeit machte sich unbarmherzig in ihren Gedanken breit: Ja, sie erwartete ein Kind, sie war schwanger, aber nicht von Hermann.


    Und sofort schlüpfte wieder die Erinnerung an jenen katastrophalen Tag in den Vordergrund.
    Warum man den Arzt gerufen hatte, war ihr bis heute ein Rätsel geblieben.
    Sie hatte sich tapfer gewehrt, wild um sich geschlagen, aber der Mann war stärker. Brutal wurden ihre Schenkel auseinandergedrückt. Und dann dieser Kunststoffschlauch. Kalt und unerotisch. Bei dem Gedanken daran konnte sie ihn wieder deutlich spüren und fühlte sie wieder den Schmerz, die Demütigung, die Wut, die Trauer danach.


    Irgendwann war es ihr zuviel geworden und hatte sie das Bewußtsein verloren.
    Und jetzt war sie also schwanger. Ungewollt schwanger. Auf unnatürliche Weise. Gezwungen.
    Die Welt war nicht mehr in Ordnung.


    „Martha, meine Dicke, willst Du denn nicht endlich aufstehen, die Sonne scheint!“
    Sie hatte gar nicht gehört, daß der Bauer hereingekommen war. Er kauerte neben ihr und tätschelte ihren dicken Bauch.


    “Muh!”, antwortete Martha und drehte sich auf die andere Seite.


    Der Traum war aus. Für sie und Hermann würde es kein Happyend geben. Glückliche Kühe gab es nur im Märchen.

  • von Wirbelwind



    Die ersten Sonnenstrahlen scheinen schräg zum Fenster hinein und berühren sanft sein blasses Gesicht. Er spürt die Wärme und ihm wird das Herz ein kleines bisschen schwerer. Seine Gedanken wandern zu seiner Familie, seinen drei Kindern und seiner geliebten Frau.
    Was sie wohl in diesem Moment machen? Er hat ihnen verboten, in diesen Stunden ins Krankenhaus zu eilen. Er möchte so gerne stark sein, ihnen möglichst viel Kummer und Leid ersparen. Doch stattdessen liegt er hier, in diesem verdammten weissen Bett und wartet darauf, dass ihm die Ärzte heute einen künstlichen Herzschrittmacher einsetzen.
    Dabei hat er vor 4 Monaten doch gerade seinen 30. Geburtstag gefeiert.
    Tränen laufen ihm übers Gesicht und sein Atem wird schwerer. Hoffentlich läuft alles gut.
    So viel gibt es noch zu erleben, zu spüren, zu tun für ihn im Leben.
    Er hat vorgesorgt. Als er vor drei Jahren seinen ersten Herzinfarkt hatte, da schloss er eine Lebensversicherung ab. Seine Frau weiss nichts davon, sie hätte sich nur unnötig den Kopf zerbrochen. Sie jetzt allein zu lassen, diesen Gedanken kann er nicht zulassen. Ihre Liebe gab ihm Kraft, Stärke und Zuversicht. Wie oft hatte sie ihn aus seinen dunklen Stunden herausgeholt, indem sie einfach die Arme um ihn legte und ihm dadurch zeigte, dass er nicht alleine war. Wieviele glückliche Stunden hatten sie erlebt, vom ersten Tag ihres Kennenlernens bis zum heutigen Tag. Das durfte alles noch nicht vorbei sein.
    Es konnte noch nicht vorbei sein. Das würde er nicht zulassen.
    Das Lachen seiner Kinder, ihre Freude bei den gemeinsamen Spielen, ihr Leben, all das war um so vieles wichtiger als die Angst vor dieser Operation.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend griff er zum Telefon, wählte die Nummer mit zitternden Händen, der Körper geschwächt von den starken Medikamenten. Tuuuut.....tuuuut...... „Hallo? Schatz, ich liebe dich. Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich. Mach dir keine Sorgen, bald bin ich wieder zu Haus! Ihr seid doch meine Familie. Drück meine Süßen ganz fest von mir. Bald bin ich wieder bei Euch. Ich liebe dich, bitte vergiss das nicht!“
    Eine Krankenschwester trat ein, um ihm ein erstes Beruhigungsmittel vor der Operation zu geben. Die Sonnenstrahlen erschienen ihm heller und intensiver als noch vor ein paar Minuten. Er wollte gerne raus, einen Spaziergang machen, die frische Luft genießen, das Leben leben. Schon bald würde das wieder möglich sein. Dessen war er sich sicher. Die Liebe seiner Frau würde ihn auch durch diesen Tag begleiten und schon bald könnten sie endlich ihre kirchliche Hochzeit nachholen.Dafür lohnte es sich zu kämpfen. Und mit einem Lächeln schlief er ein...

  • von Sonnenblume88



    20. April 2204


    „Mit diesen Erkenntnissen werden wir die Welt verändern!“


    Amerikanischen Forschern ist es erstmalig gelungen, künstliches Leben zu schaffen. Das erschaffene Baby trägt den Namen Postiza und ist, laut dem amerikanischen Wissenschaftler Campel, Leiter eines 40-köpfigen Teams aus Wissenschaftlern und Forschern aus den verschiedensten Ländern, bei bester Gesundheit. Im Moment kümmern sich Ärzte um die Kleine.
    „Postiza geht es blendend und sie spielt bereits begeistert mit ihrer Babyrassel“, erzählt die strahlende Frau des Professors, die Postiza bereits besucht hat. „Ich habe mir ein Kind mit braunen Haaren, heller Haut und schwarzen Augen gewünscht und diese Eigenschaften besitzt Postiza.“
    Laut Campell soll es somit auch kinderlosen Elternpaaren bald möglich sein, ein Kind zu bekommen. „Schon ab Beginn nächsten Jahres soll die Produktion auf Hochtouren laufen“, so Campell. Eltern aus aller Welt, die aus genetischen oder gesundheitlichen Gründen keine Kinder bekommen können, aber auch Paare, die sich schon lange ein Kind wünschen, können sich bei uns melden. Dabei können die Forscher auf die individuellen Wünsche jedes Paares eingehen. Mit Hilfe eines Computerprogramms können die Eltern ihr späteres Kind kreieren: Geschlecht, Aussehen, Haar,- Haut,- und Augenfarbe, Größe und Intelligenz sollen dabei selbstverständlich berücksichtigt werden. Doch die Forscher haben noch größeres vor: im Moment laufen Forschungen, die es ermöglichen sollen, Menschen zu schaffen, die nie in ihrem Leben an Krankheiten erkranken werden.
    „Wir haben über 30 Jahren geforscht bis wir an diesem Standpunkt angekommen sind“, erzählte Campell gestern der Zeitung.
    Bis die Eltern nach ihrer Bestellung ihr Kind abholen können, müssen sie sich jedoch eine Weile gedulden. „Die Schaffung des Lebens beginnt im Reagenzglas“, so Campell. Den Forschern ist es gelungen, embryonale Stammzellen künstliche herzustellen. Spezielle Bakterien, deren DNA gentechnisch verändert wurde, verändern die Struktur der Stammzellen so, dass es uns möglich ist, u.a. die Gene für Haar,- oder Hautfarbe über die Bakterien auf die Stammzellen zu übertragen. So bekommen die Eltern ihr Wunschkind, das zunächst in einem Reagenzglas heranwächst. Dazu werden verschiedenartige Stammzellen eingefügt, die sich zu den verschiedenen Körperteilen und Organen entwickeln. Den genauen Mechanismus, wie künstliches Leben geschaffen werden kann, wird jedoch aus geschäftlichen Gründen nicht verraten.
    Große Empörung haben die wissenschaftlichen Fortschritte bei dem amerikanischen Ethikrat AEC hervorgerufen. Laut dem Vorsitzenden Prof. Dr. Michael Trewhalla wurden die Ergebnisse aus Forschung und Wissenschaft missbraucht. „Die Stammzellenforschung sollte der Heilung von Krankheiten dienen und nicht der Schaffung von Wunschkindern. Dies ist ethisch nicht vertretbar.“
    Laut Campell bieten diese Forschungsergebnisse ungeheure Möglichkeiten. „Bei unserer Kindererzeugung können wir das Wunschkind jedes Paares erschaffen und die Frau muss nicht mehr neun Monate Schwangerschaft durchleben. Außerdem haben wir weltweit eine überalterte Bevölkerung. Es fehlt an Nachwuchs. Viele Ehepaare können aus gesundheitlichen Gründen keine Kinder bekommen. Und ich und mein Forschungsteam haben eine Möglichkeit gefunden, dieser Negativentwicklung der Weltbevölkerung Einalt zu gebieten. Mit diesen Erkenntnissen werden wir die Welt verändern!“