Sturmherz, von Sabine Klaus

  • So, ich bin nun komplett durch und etwas zwiegespalten.... leider.


    Zunächst einmal bin ich mit einer sehr geringen Erwartungshaltung an dieses Buch herangegangen und wurde durch den angenehmen Erzählstil der Autorin äußerst positiv überrascht.
    Die Idee der Geschichte ist ebenfalls ziemlich gut und es kommt auch durchaus Spannung auf. Ich war teilweise sogar richtig gefesselt, weil ich unbedingt wissen wollte, was da denn nun Auslöser war, was passiert ist und vor allem wie es weiter geht. (Obwohl ich meine eigene Variante schon seit den ersten paar Seiten im Kopf hatte, zweifelte ich ab und an immer mal wieder.)
    Die Charaktere sind klar gezeichnet und handeln auf ihre Eigenschaften bezogen nachvollziehbar.
    Das Buch wirkt optisch enorm ansprechend und der Einband ist trotz des schauderlichen Designverbrechens des Leratoverlagsbanners sehr hübsch.
    Ich habe sehr kritisch gelesen und im gesamten Buch nur einen verzeihlichen Rechtschreibfehler gefunden.
    Die Fußnoten empfand ich als sehr angenehm, so konnte ich mein angestaubtes Latein direkt auf Richtigkeit kontrollieren und brauchte nicht zu einem Anhang zu blättern.
    Der Stammbaum vorne im Buch wirkte zunächst aufgrund der wenigen Figuren überflüssig, als es jedoch immer mysteriöser wurde, habe ich ihn sehr gerne zu Hilfe genommen und fand ihn sehr hilfreich.
    Die Erzählart und die Zeitsprünge in jedem Kapitel empfand ich als sehr gut gelöst und sie steigerten die Spannung und wirkten passend zusammen gesetzt.


    Das zu den positiven Dingen.


    Jetzt kommen die Abers und Gründe, warum ich trotz der relative guten Unterhaltung die das Buch bot, das Buch nur bedingt empfehlen kann und werde. Ich arbeite mich also mal durch meine Notizen.


    Erstmal das Erscheinungsbild...
    1. Auf dem Buchrücken befindet sich das Zitat von David Kenlock, Autor von Dunkles Feuer, welcher sich zu dem Buch äußert.
    Nun David Kenlock, ist ein so unbekannter Autor, daß die Nennung seines Namens in mir nicht mal ein leises Klingeln auslöste und ich lese wirklich viel. Gut, er hat einiges bei Scherz veröffentlicht, dennoch frage ich mich, was mir seine (sehr positive) Meinung auf diesem Buchrücken sagen will.... ? Da könnte aus meiner Sicht auch "Lieschen Müller findet das Buch gut" stehen... :-(


    Dann die Bequemlichkeit beim Lesen..
    2. Der Buchrücken ist leider so wenig biegsam und die Schrift so nah an der Mittelfalz, daß es zum Kraftakt ausartete, das Buch zu lesen, ohne es zu beschädigen. (Ich hasse Knicke im Buchrücken)... aber ich habs geschafft. :lache


    Grundsätzliches...
    3. Wie ich schon schrieb, Rechtschreibfehler habe ich trotz intensiver Aufmerksamkeit nur einen wirklichen gefunden, das ist Ok. Was nicht Ok war, waren die vielen Stellen, an denen statt einem Komma ein Punkt stand. Ich gebe zu an manchen Stellen, wäre es durchaus in Ordnung dort einen Punkt statt einem Komma zu setzen, aber mich haben die durch die vielen Punkte entstandenen seltsam kurzen Sätze irgendwie im Lesefluß behindert.


    4. Die Autorin beginnt durch die oben angemerkte Punktsetzung mehrfach Sätze mit dem Wort DASS. (z.B. S 156 ziemlich unten) Ich weiß, dass man das unter bestimmten Vorausetzungen darf, aber es stört mich, es klingt nicht gut, wirkt irgendwie ungelenk und es tat mir persönlich im Auge weh und schubste mich jedesmal (ich glaub es waren 5 oder 6 Stellen) aus der Geschichte wieder raus.


    Subjektives...
    5. Die Kinder Joy und Samson führten für mich als Erwachsene sehr angenehme und sinnvolle Gespräche, allerdings nicht in einer kindgerechten Sprache. Das führte, dazu dass es mir enorm schwer fiel vor meinem inneren Auge tatsächlich Kinder zu sehen und keine erwachsenen. Die Sprache der beiden wirkte zu gereift und zu nachdenklich für Kinder in diesem Alter. (Speziell die Szenen als Joy erst 4 Jahre alt ist, wirkten auf mich so nicht sehr glaubwürdig) Mag sein, daß dies beabsichtigt war, auf mich wirkte es ein wenig ... hm .... unauthentisch.


    6. Bibelzitate... auf jeder 2. oder 3. Seite wird entweder die Bibel oder Sturmhöhe zitiert. Nun ich bin nicht gläubig, dadurch störten mich die Bibelzitate sowieso, noch massiver, weil die Geschichte auch mit weniger Anspielungen und Belehrungen unter Zuhilfenahme der Bibel funktioniert hätte. Ganz bestimmt sogar... :-]
    Weiterhin stellten diese Zitate Sturmhöhe und die Bibel irgendwie auf eine Stufe, was zwar für die Protagonisten durchaus stimmen mag, für den Leser aber schwer nachzuvollziehen ist. Ich muß zugeben die Zitate aus Sturmhöhe hätte ich, wenn ich nicht versprochen hätte, eine ausführliche Rezi zu schreiben, spätestens ab Seite 50 nur noch überflogen.


    7. Kursiv Schrift...
    Ich mag keine Kursivschrift, sie ist anstrengend zu lesen und ich finde sie einfach optisch unschön. Daher haben mich die langen Kapitel aus der Vergangenheit, welche komplett kursiv gedruckt waren, massiv gestört.


    8. Sprache generell...
    Die gesamte Sprache und wörtliche Rede wirkte auf mich nicht zeitgemäß. Weder für 1963 wo alles beginnt noch für 1994 wo die Geschichte ja endet.
    Zu schwülstig und getragen drücken sich die Charaktere aus, ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl mich im 20. Jahrhundert zu befinden.


    9. Die Geschichte und das Ende... (keine Angst ich verrate nichts)
    Die Geschichte ist unheimlich dicht, wie Tintenteufel schon schrieb, dennoch hätte sie auf einigen Seiten mehr Raum gebraucht. Damit meine ich nicht, die Hinarbeit auf die Lüftung des Geheimnisses, die war ausreichend formuliert. Eher die Gefühle der einzelnen kamen mir zu kurz.
    Es ist von tiefer Liebe die Rede, von Verzweiflung, von Haß von sehr intensiven Gefühlen und dennoch wird nie ganz klar, was diese Gefühle bewirkt, was sie auslösen, was sie aus den Personen machen. Es geht nicht tief genug und wabbert ein bißchen schwülstig auf der Oberfläche, um dann in einer für mich sehr simplen Auflösung von dannen zu ziehen.
    Um meinen Eindruck zu verdeutlichen.
    Ich kann zwölf Mal sagen. ICH LIEBE DICH! Aber dadurch wird nicht klar, was Liebe für mich bedeutet. Wie sehr ich liebe, was ich tue für die Liebe.
    Kurz, mir wurde zuviel über Gefühle geschwafelt, ohne den Kern der Sache zu treffen.
    Oder anders, die Gefühle werden ausgesprochen, aber nicht gelebt. Es wird nicht geschrien und geschimpft, es werden keine Gesten und Mimiken wiedergegeben, die Worte wie "Haß, WUT, EIFERSUCHT, ANGST" ausdrücken würden.


    ACHTUNG SPOILER


    10. Wiederholungen...
    Das Buch ist mit seinen knapp 250 Seiten sehr kurz. Dennoch hielt es die Autorin für nötig gewisse Dinge immer wieder zu wiederholen und mehrfach zu erklären. (Beispiel z.B. die Behaarung von Joy während der Geburt und ihre übriggebliebene behaarte Stelle wird 3 Mal genannt und jedes Mal wird darauf hingewiesen, daß die Behaarung von der Mutter wegrasiert wurde. Zu oft für meinen Geschmack. Man kann dem Leser schon zu trauen, daß er sich so etwas auch nach ein oder zweimaligem Lesen merkt)


    11. Das Ende...
    Ich wußte leider nach den ersten paar Kapiteln was die Auflösung ist. Ich zweifelte zwar immer Mal wieder speziell

    aber die Hinweise waren für mich zu eindeutig und zu intensiv, um durch das Ende noch maßlos überrascht zu sein.


    12. Sprachwechsel....
    Durch das gesamte Buch hinweg zieht sich der Name Sturmhöhe. Warum wird in den letzten paar Kapiteln plötzlich das Buch nur noch Wuthering Heights genannt? (Klar bedeutet das gleiche, hat mich aber irritiert.)



    FAZIT:
    Durchaus kein schlechtes Buch. Für Liebhaber von tragischen Liebesromanen, vermutlich sogar ein sehr gutes Buch. Für mich ganz nette Unterhaltung zwischendurch, aber sicher nichts, was mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Ich muß zu geben ich hatte, auch wenn das im Bezug auf einen Roman der Sturmhöhe von E. Bronte als Grundlage hat, etwas witzig klingen mag, die ganze Zeit einen kleinen Schachtelkobold im Kopf, der ab und an herausprang und lautstark "FANFICTION" kreischte, um dann wieder zu verschwinden.



    @ Bronte Sister...
    Ich hoffe du bist durch mein Genörgel nicht verschreckt, aber ich wollte mich wirklich intensiv mit dem Werk auseinander setzen, ich denke, das habe ich getan.
    Deine Art zu erzählen fand ich durchaus ansprechend, ich würde auch ein zweites Buch von dir lesen wollen, aber nur wenn du was ganz eigenes versuchst. Lös dich von den Brontes, schreib so, wie dir der Schnabel wächst, ich möchte wetten, das wirkt sehr viel echter als dieses Buch.
    Danke noch mal für das Buch und die nette Persönliche Widmung und viel Erfolg weiterhin auf den schriftstellerischen Pfaden.


    5 Sterne von mir.

  • Hallo Babyjane,


    ja, das Thema mit der Falz in der Mitte hatte ich ja auch schon geschrieben. Schade daß der Verlag da offensichtlich Geld sparen wollten. Ein paar Seiten mehr hätte auch keinem weh getan. Wie auch immer.


    Rechtschreibfehler habe ich persönlich nicht entdeckt, aber ich habe auch bei weitem nicht so kritisch gelesen wie du. Wenn also sowieso nur einer drin war, wird er mir wohl entgangen sein.


    Dein übrigen Kritikpunkte sehe ich nun wiederum, witzigerweise, aus einem ganz anderen Blickwinkel.



    Zitat

    Original von Babyjane
    5. Die Kinder Joy und Samson führten für mich als Erwachsene sehr angenehme und sinnvolle Gespräche, allerdings nicht in einer kindgerechten Sprache. Das führte, dazu dass es mir enorm schwer fiel vor meinem inneren Auge tatsächlich Kinder zu sehen und keine erwachsenen. Die Sprache der beiden wirkte zu gereift und zu nachdenklich für Kinder in diesem Alter. (Speziell die Szenen als Joy erst 4 Jahre alt ist, wirkten auf mich so nicht sehr glaubwürdig) Mag sein, daß dies beabsichtigt war, auf mich wirkte es ein wenig ... hm .... unauthentisch.


    Ich stimme Dir insofern zu, als daß 4jährige etc. diese Art von Diskussion mit Sicherheit nicht führen. Ich habe das unter literarische Freiheit verbucht bzw. nochmal Emily Bronte gelesen. Da reden Catherine und Heathcliff auch in einer Art und Weise, die Kinder bestimmt niemals an den Tag legen. Für mich hat gerade diese Formulierweise das besondere ausgemacht, aber da gehen Geschmäcker halt auseinander.


    Zitat

    Original von Babyjane
    6. Bibelzitate... auf jeder 2. oder 3. Seite wird entweder die Bibel oder Sturmhöhe zitiert. Nun ich bin nicht gläubig, dadurch störten mich die Bibelzitate sowieso, noch massiver, weil die Geschichte auch mit weniger Anspielungen und Belehrungen unter Zuhilfenahme der Bibel funktioniert hätte. Ganz bestimmt sogar... :-]


    Fand ich nicht so massig und nicht so schlimm (bin auch total ungläubig, aber okay).


    Zitat

    Original von Babyjane
    8. Sprache generell...
    Die gesamte Sprache und wörtliche Rede wirkte auf mich nicht zeitgemäß. Weder für 1963 wo alles beginnt noch für 1994 wo die Geschichte ja endet.
    Zu schwülstig und getragen drücken sich die Charaktere aus, ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl mich im 20. Jahrhundert zu befinden.


    Also ich fand Cat und Samson schon zeitgemäß.



    Zitat

    Original von Babyjane
    9. Die Geschichte und das Ende... (keine Angst ich verrate nichts)
    Die Geschichte ist unheimlich dicht, wie Tintenteufel schon schrieb, dennoch hätte sie auf einigen Seiten mehr Raum gebraucht.



    Zitat

    Original von Babyjane
    ACHTUNG SPOILER
    Nirgendwo steht zum Beispiel, warum Joy Heathcliff liebt. Kein einziger Grund ihrer Anziehungskraft aufeinander wird wirklich genannt. Oder gar gesagt, wie sie diese Liebe ausdrücken, wie sie sich ihre Liebe demonstrieren...


    Und das hat mir gefallen. Es ist einfach so. Sie verlieben sich, wissen selbst nicht warum und müssen jetzt mit den Folgen kämpfen.


    Upps, sorry, sehe gerade wie spät es schon ist. Muß leider weg.
    Die Tage mehr.



    Tintenteufel

  • Tintenteulfel
    Könntest du bitte meinen Spoiler auch bei dir spoilern? Oder Entfernen?
    So ist es ärgerlich und verrät zuviel.


    Zum Rest, nun ich hatte ja gesagt, meine subjektive Meinung, daß jemand anders eine ganz andere Meinung haben kann, ist klar. :wave

  • Hallo Babyjane,


    puuh, da hast Du Dich ja wirklich ausführlich mit 'Sturmherz' auseinander gesetzt. Ich will man versuchen, meine Antwort möglichst knapp zu halten (auch wenn ich nicht glaube, daß das was wird). :grin


    Ich halte mich zunächst mal an die positiven Dinge.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Die Idee der Geschichte ist ebenfalls ziemlich gut und es kommt auch durchaus Spannung auf. Ich war teilweise sogar richtig gefesselt, weil ich unbedingt wissen wollte, was da denn nun Auslöser war, was passiert ist und vor allem wie es weiter geht.


    > Offensichtlich hast Du Dir keine nennenswerten Verletzungen zugezogen, weil Du zwischendrin vor Langeweile vom Stuhl gekippt wärst, das ist doch schonmal was. :-]


    Zitat

    Original von Babyjane
    und wurde durch den angenehmen Erzählstil der Autorin äußerst positiv überrascht.
    ...
    Die Charaktere sind klar gezeichnet und handeln auf ihre Eigenschaften bezogen nachvollziehbar.


    > Stilistisch konnte ich ebenfalls Deine Gnade finden und meine Charaktere funktionieren bzw. transportieren die Handlung. Das stimmt mich als Autor schonmal recht zufrieden.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Ich habe sehr kritisch gelesen und im gesamten Buch nur einen verzeihlichen Rechtschreibfehler gefunden.


    > Insofern konnte ich doch auf jeden Fall Deine Sorgen bzgl. 'Gab es ein Lektorat?' etc. beseitigen. Ganz ehrlich, ich bin überrascht, daß Du nur einen Rechtschreibfehler gefunden hast, ich hatte echt angenommen, daß sich da noch 2-3 mehr drin verstecken. Man wird ja dummerweise gegen Ende immer so 'betriebsblind'. Wäre übrigens nett, wenn Du mich via PN mal wissen lassen würdest, wo der Fehlerteufel steckt. Danke!


    Zitat

    Original von Babyjane
    Der Stammbaum vorne im Buch wirkte zunächst aufgrund der wenigen Figuren überflüssig, als es jedoch immer mysteriöser wurde, habe ich ihn sehr gerne zu Hilfe genommen und fand ihn sehr hilfreich.


    Hihi, das ging vielen Leuten, die mir geschrieben haben so. Am Anfang denken die immer. Och, zehn Leute, die Hälfte tot, was kann da so kompliziert sein und dann sind doch alle froh, daß sie nochmal nachschlagen können.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Die Erzählart und die Zeitsprünge in jedem Kapitel empfand ich als sehr gut gelöst und sie steigerten die Spannung und wirkten passend zusammen gesetzt.


    Das war übrigens wirklich Knochenarbeit. Zwei Zeitebenen in einander verweben, so daß sie irgendwie noch zueinander passen und Sinn ergeben.
    Schön, daß es offensichtlich gelungen ist.


    So, nun zu Deinen Kritikpunkten.
    Verzeih, aber auf die Äußerlichkeiten wie Druckbild, Kursivschrift, Klappentext etc. werde ich nicht eingehen. Zum Einen sehe ich es eher als 'Nebensächlichkeit', zum anderen liegen diese Dinge außerhalb meines Einflußradius als Autor.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Was nicht Ok war, waren die vielen Stellen, an denen statt einem Komma ein Punkt stand.


    Verbuche ich unter 'dichterische Freiheit'. :-]


    Zitat

    Original von Babyjane
    Subjektives...
    5. Die Kinder Joy und Samson führten für mich als Erwachsene sehr angenehme und sinnvolle Gespräche, allerdings nicht in einer kindgerechten Sprache. Das führte, dazu dass es mir enorm schwer fiel vor meinem inneren Auge tatsächlich Kinder zu sehen und keine erwachsenen. Die Sprache der beiden wirkte zu gereift und zu nachdenklich für Kinder in diesem Alter.


    Diesen Punkt von Dir kann ich nachvollziehen, aber es ist etwas, das ich ganz bewußt so gestaltet habe. Mir ist schon klar, daß Joy & Samson durchaus wie Kinder handeln, ihre Sprache aber sicherlich in der Entwicklung zu weit für ihre Altersklasse ist.
    Es ging mir halt weniger darum, 'echte' Kinder zu schaffen, als eine Atmosphäre. Ich sehe 'Sturmherz' als Belletristik und da mag ich persönlich es auch, wenn ich beim Lesen durchaus merke, daß ich Literatur vor mir habe. Heutzutage muß immer alles möglichst realitätsnah sein und quasi den Leuten 'aufs Maul geschaut'. In Krimis & Thrillern finde ich das auch begrüßenswert, aber woanders merke ich schon ganz gerne, daß ich mich in einer künstlichen, dafür aber irgendwie magischen Welt bewege.
    Zum Beispiel finde ich Arundhati Roy 'Der Gott der kleinen Dinge' phantastisch. Die Sprache ist sicherlich alles andere als 'normal', eher sehr blumig (fast schwülstig), aber ich fand es genial. Man wird da reingezogen in eine Welt, die man fast auf der Zunge schmecken kann. Genial.


    Zitat

    Original von Babyjane
    6. Bibelzitate... auf jeder 2. oder 3. Seite wird entweder die Bibel oder Sturmhöhe zitiert. Nun ich bin nicht gläubig, dadurch störten mich die Bibelzitate sowieso, noch massiver, weil die Geschichte auch mit weniger Anspielungen und Belehrungen unter Zuhilfenahme der Bibel funktioniert hätte.


    Also ich habe jetzt mal kurz geguckt, wieviel Fußnoten es gibt, nämlich ca. 50 auf 260 Seiten. Davon sind einige Übersetzungen aus dem Lateinischen, andere irgend etwas Erklärendes, so daß ich jetzt mal grob schätze, daß ca. die Hälfte bis 2/3 Zitate aus 'Sturmhöhe' oder der Bibel sind.
    Ich kann allerdings durchaus verstehen, daß Dich als nicht gläubigen Menschen, das etwas abschreckt. Auch wenn es nach dem Buch vielleicht nicht den Anschein hat: Ich bin selber absolut überzeugter Atheist.
    Aber ich wollte halt eine Welt schaffen, die mit religiösen Zwängen & Lügen -irgendwie fernab jeder Ratio- arbeitet. Ich denke, es wird teilweise ja auch schon deutlich, wie verlogen bzw. fassadenhaft die Moralvorstellung einiger Protas so ist.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Weiterhin stellten diese Zitate Sturmhöhe und die Bibel irgendwie auf eine Stufe, was zwar für die Protagonisten durchaus stimmen mag, für den Leser aber schwer nachzuvollziehen ist.


    Mmmh, aber geht es nicht darum, die Charaktere zu transportieren?
    Joy stellt die beiden Bücher mental nun mal auf eine Ebene. Darüber können wir als 'Leser' urteilen, aber für sie ist das die Handlungsweise, die ja u.a. auch einer der Gründe ist, weshalb sie später aus diesem mentalen Konstrukt, das sie sich geschaffen hat, nicht mehr so recht heraus findet.


    Zitat

    Original von Babyjane
    Die Geschichte ist unheimlich dicht, wie Tintenteufel schon schrieb, dennoch hätte sie auf einigen Seiten mehr Raum gebraucht. Damit meine ich nicht, die Hinarbeit auf die Lüftung des Geheimnisses, die war ausreichend formuliert. Eher die Gefühle der einzelnen kamen mir zu kurz.


    Okay, den Punkt kann ich verstehen und auch so stehen lassen. An einigen Ecken hätte ich sicherlich noch tiefer gehen können bzw. auch die Gefühle durch Handlungen klarer darstellen. Mein Problem war, daß ich eine sehr genau, fast abgezählte Anzahl von Übergängen zwischen den Zeitebenen hatte. Durch zusätzliche Szenen wäre ich da in die Bredouille geraten.


    Zitat

    Original von Babyjane
    10. Wiederholungen...
    Das Buch ist mit seinen knapp 250 Seiten sehr kurz. Dennoch hielt es die Autorin für nötig gewisse Dinge immer wieder zu wiederholen und mehrfach zu erklären.


    Hier muß ich zu meiner Verteidigung mal sagen, daß es in der Urversion von 'Sturmherz' keinerlei Wiederholungen dieser Art gab und auch WESENTLICH weniger Hinweise auf den Grund, warum Henry Linton starb bzw. wie alles zusammenhängt / wer Heathcliff ist.
    Ich habe dann aber in Zusammenarbeit mit meiner Lektorin & so ca. 20 Testlesern festgestellt, daß diese ein paar 'Gedankenstützen' brauchen.
    Da Du sehr viel liest, liest Du wahrscheinlich wesentlich aufmerksamer als der 'durchschnittliche' Lesertypus. Ich kann Dich voll verstehen, mich nervt es auch, wenn ich den Eindruck habe, ich vertue meine Zeit mit längst bekannten Informationen.
    Leider sind sie didaktisch manchmal unumgänglich und von 20 Testlesern gab es nur 2, die bereits früh die Zusammenhänge geahnt haben (was ihr Lesevergnügen aber wohl nicht entscheidend gemindert hat).
    Bei 4 Leuten mußte ich sogar mit der 'Brechstange' ran bzw. das Ende noch mal richtig plakativ machen, weil sie sonst verwirrt gewesen wären. :bonk
    Glaub mir, man hast nicht immer leicht als Autor...


    Zitat

    Original von Babyjane
    12. Sprachwechsel....
    Durch das gesamte Buch hinweg zieht sich der Name Sturmhöhe. Warum wird in den letzten paar Kapiteln plötzlich das Buch nur noch Wuthering Heights genannt? (Klar bedeutet das gleiche, hat mich aber irritiert.)


    Klarer Fehler, der im Lektorat hätte auffallen müssen. Keine Diskussion.



    Fazit


    Angebot eines Kurzfazits: Geschmäcker sind verschieden.


    Insofern nehme ich Dir auch keinen Punkt Deiner Kritik irgendwie übel, da sie sachlich war und darauf kommt es immer an.
    Da ich 'handwerklich' (Charaktere, Logik, Sprache) ja wohl Gnade in Deinen Augen gefunden habe, denke ich, konnte ich zumindest Deine ursprünglichen Bedenken (hier macht jemand Werbung für sein kaum über BoD Qualität hinausgehendes Werk) zerstreuen, oder?



    Herzlichst


    BronteSister



    PS: Mein zweites Werk hat übrigens nichts mit Emily Bronte oder der Bibel zu tun, keine Angst. :-)

  • Danke, daß du so detailliert auf meine Rezi eingegangen bist.


    Das mit den Kindern hatte ich ja bereits als Absicht vermutet, ich bin da mehr der Leser, bei dem alles sehr authentisch sein muß, solange ich nicht Fantsy oder Sci-Fi lese.
    Ist halt Geschmackssache, denke ich.


    Was den Rechtschreibfehler angeht, finde ich meine Notizen nicht mehr, aber es stand dort irgendwo "eine Herz" statt "ein Herz", müßte so bei 160 aufsteigend gewesen sein, denn der Zettel von den letzten Kapiteln ist leider in den unermeßlichen Weiten meiner Arbeitstasche von dannen gedriftet. :lache
    Aber den fand ich auch verzeihlich... :grin


    Die Zitate, naja war grob geschätzt, muß ich zugeben....
    Dann warens halt ein paar weniger, ich bin da empfindlich, glaub ich. :lache


    Testleser...
    Hähähä... dann behaupte ich von mir jetzt einfach mal, ich bin schwer überdurchschnittlich intelligent und habe eine rasante Auffassungsgabe... :rofl
    Ok ?


    BoD
    Ich werde obwohl, ich dein Buch unterhaltsam fand, weiterhin sehr skeptisch gegenüber Büchern sein, die in dieser Verlegeart entstehen, eben, weil ich weiterhin die Meinung vertrete, daß ein Buch, das bestimmte Kriterien durchlaufen hat, um bei einem "ordentlichen" (sorry, mir fällt kein anderes Wort ein) Verlag zu erscheinen, einfach qualitativ hochwertiger ist.
    Das es schlechte Bücher da und dort gibt, darüber brauchen wir nicht reden... :grin


    Zweites Werk...
    Name? Verlag? :chen

  • Zitat

    Original von Babyjane
    BoD
    Ich werde obwohl ich dein Buch unterhaltsam fand, weiterhin sehr skeptisch gegenüber Büchern sein, die in dieser Verlegeart entstehen, eben, weil ich weiterhin die Meinung vertrete, daß ein Buch, das bestimmte Kriterien durchlaufen hat, um bei einem "ordentlichen" (sorry, mir fällt kein anderes Wort ein) Verlag zu erscheinen, einfach qualitativ hochwertiger ist.
    Das es schlechte Bücher da und dort gibt, darüber brauchen wir nicht reden... :grin


    Zweites Werk...
    Name? Verlag? :chen


    Deine Meinung zu BoD teile ich vollauf. Ich bin da auch herbe kritisch bzgl. Lektorat, kein Verlag wollte es etc.


    'Sturmherz' ist ja auch KEIN BoD Produkt, sondern ich habe einen ganz normalen Verlagsvertrag mit Tantiemenregelung etc.


    Tja, zweites Werk. Ich schwanke noch zwischen was wirklich heiterem oder was dramatischem, das ebenfalls in Südengland und auf den Scillys spielt. Ein junger Mann wird Hauptverdächtiger in einer Kindesentführung, die 20 Jahre vor seiner Geburt geschah.... :-)
    Aber ist noch mehr Phantasie, deshalb auch noch keine Verlagssuche, ich bin i.A. mit so vielen anderen Projekten befasst, daß ich nicht zum schreiben komme (ja nicht einmal zum Lesen). :-(


    VG
    BronteSister



  • Macht sie, wenn sich genug Leute finden.


    Herzlichst
    BronteSister

  • Zitat

    Original von Helga
    Hallo BronteSister,


    auch hier vielen Dank, auf meiner Liste steht es ja bereits, aber ich setze es nun auch auf meine Wunschliste. :wave



    Hallo Helga,


    würde mich freuen, Dich im August auch bei der Leserunde zu treffen, die inzwischen eingerichtet wurde.


    Link zur Leserunde


    Sonnige Grüße


    BronteSister

  • Zitat

    Original von Helga
    Hallo BronteSister,


    auch hier vielen Dank, auf meiner Liste steht es ja bereits, aber ich setze es nun auch auf meine Wunschliste. :wave


    Hallo Helga,


    ist der 9. Kathy Reichs Band gut?
    Hatte sehr durchwachsene Kritiken gelesen und zögere daher, ihn zu kaufen. Bin gerade durch 'Totenmontag' durch, hat mir sehr gut gefallen, wenngleich diese Irrungen und Wirrungen zwischen Ryan & Tempe etwas nerven. Können die nicht einfach mal offen miteinander sprechen wie normale Menschen? :pille

  • Hallo Tintenteufel,


    habe die Rezi schon hereingestellt. Der 9.Fall ist nicht schlecht, aber etwas langatmig. Irgendwie fehlt der Schwung, aber sonst hat es mir auch gefallen. Ich werde die Serie auf jeden Fall weiter lesen. :wave

  • Hallo BronteSister,


    das mit der Leserunde kann ich dir nicht versprechen, das ist nicht so mein Ding, weil ich nie weiß, ob ich dann genau zu diesem Zeitpunkt auch Zeit habe das Buch zu lesen und ob ich überhaupt da bin. Da lasse ich mich lieber nicht darauf ein, aber ich werde auf jeden Fall meine Rezi dann zur Buchvorstellung dazuschreiben. :wave

  • Heute war ich in den Buchläden in der Stuttgarter Innenstadt auf der Suche nach "Sturmherz". Der eine hat mir erzählt, das Buch wäre für März geplant gewesen, aber es wäre nicht erschienen, der nächste hat mir erzählt, es würde erst im Herbst erscheinen und der dritte hätte es mir bis Mitte nächster Woche bestellt... schon seltsam.


    Und online bei amazon und bol scheint es gar keine Probleme zu geben, zumindest steht bei beiden "sofort lieferbar".


    Eigentlich wollte ich ja auch nur mal reinlesen... zum Glück gibt's es ja die schöne Homepage! Werde ich mir bestimmt besorgen, evtl. zur Leserunde, mal sehen...

  • @ Chicklana
    Der Leratoverlag ist im Buchhandel sprich in den Buchläden nur sehr gering vertreten.
    Wenn mich nicht alles täuscht läuft der Hauptvertrieb über das Internet.