Dreimal in Nordirland

  • Es war im Januar 1969, als ich auf einer Reise per Anhalter quer durch Schottland auch in das Hafenstädtchen Stranraer kam.


    Hier liegt es: http://www.directferries.co.uk/images/ma...n/stranraer.gif


    Von Stranraer aus fahren die Fähren nach Nordirland, wie ich dort sah Und so beschloss ich "on the spur of the moment" - spontan also - einfach da mal mitzufahren.


    Als Student kann man so etwas noch leichter tun!


    Natürlich war ich auch sehr gespannt auf Irland, nicht nur auf die Schiffsfahrt.


    Meine Fähre war etwas kleiner als diese hier: http://www.photo-transport.co.uk/ferries...y-stranraer.htm


    .... und das Meer war wild!


    Ich bin ja schon öfters mit der Fähre von Frankreich oder Belgien aus nach Südengland gefahren, ohne jemals seekrank zu werden.


    Dieses mal aber erwischte es mich - zum bisher einzigen Mal im Leben.


    Die Irische See ist eben doch wilder als der Englische Kanal.


    ?brigens, um einmal vorzugreifen: 1982 fuhr ich dann mit meiner Frau in umgekehrter Richtung, von Irland nach Schottland.


    Und ein paar Wochen später las ich dann in der Zeitung, dass genau die Fähre, die wir damals genommen hatten, nun gesunken war! Da wird es einem im Nachhinein noch etwas schaurig!



    Zu meiner Seekrankheit: Es war genauso, wie man immer liest: Mir war sterbensschlecht. Doch genau in dem Moment, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war diese Krankheit wie weggeblasen. Eine be-eindruckende Spontan-Heilung!


    Es war in Larne, wo die Fähre anlegte: http://www.larne.com/


    Und von dort aus fuhr ich dann wieder per Anhalter nah Belfast, der Hauptstadt von Nordirland. http://www.gotobelfast.com/german/index.cfm


    Mitten hinein in den beginnenden Bürgerkrieg ....


    More later .....

  • Es geht weiter ....


    In Belfast nahm ich mir dann ein einfaches Zimmer in einem Guest House.


    Belfast war damals eine an der Oberfläche friedliche, fast verschlafene Stadt.


    Aber eben nur an der Oberfläche friedlich.


    In Nordirland beherrschte eine Zwei-Drittelmehrheit von Protestanten eine Ein-Drittelmehrheit von Katholiken mit recht unfairen Methoden.


    Das Wahlrecht war nach Einkommen gestaffelt. Eine Person konnte bis zu 12 Stimmen haben - und es waren fast immer die Protestanten, die in diesen Genuss kamen.


    Die Polizei war fast ausschließlich protestantisch. Eine "Religionspolizei", sozusagen.


    Die Firmen-Chefs waren fast alle Protestanten. Und sie stellten im Normalfall auch nur Protestanten ein. Katholiken nur dann, wenn sich absolut kein Protestant für diese Arbeit finden ließ.


    Gegen diese Ungerechtigkeiten kämpfte eine Bürgerrechstbewegung an, mit damals noch friedlichen Mitteln.


    Heldin dieser Bewegung war eine sehr engagierte mutige junge Frau, deren Name sich mir seit damals eingeprägt hat: Bernadette Devlin.


    :anbet


    Sie wurde mit Jeanne d' Arc verglichen.


    Hier ist sie überlebensgroß auf einem Mural zu sehen: http://www.visitderry.com/photos/wall1.jpg


    Und hier sind noch andere Murals aus Derry: http://www.visitderry.com/murals.htm




    ~~~~~~~~


    Meinen ersten Eindruck von der Spaltung des Landes bekam ich dadurch, dass ich einfach in das Gästebuch des Guest Houses schaute, in dem ich wohnte - in die Rubrik "Nationalität".


    Eine nord-irische Nationalität gab und gibt es ja nicht.


    In dieser Rubrik stand entweder: British. Dann war das ein protestantischer Nord-Ire.


    Oder: Irish. Dann war das ein katholischer Nord-Ire.



    ~~~~~~~~~~


    An den nächsten Tagen hatte ich dann die Gelegenheit, bei meinen Per-Anhalter-Fahrten qur durchs Land mal mit der einen, mal mit der anderen Seite zu sprechen und ihre Ansichten zu hören.


    Drei solche Fahrten sind mir noch besonders in Erinnerung.


    More later .......

  • Hier noch etwas mehr Info über diese Bernadette:



    http://www.freitag.de/2003/23/03230802.php


    Auszug:



  • Ich erzähle nun von den drei Autofahrten per Anhalter, die ich noch besonders in Erinnerung habe.



    Fahrt eins


    Hier war es ein Protestant, der mich mitgenommen hatte.


    Im Gespräch ging es um das eventuell bevorstehende Eingreifen der Britischen Armee in den Konflikt. Im Januar 1969 war ja damals noch kein einziger britischer Soldat auf nordirischem Boden.


    Allgemein wurde erwartet, dass die Britische Armee zum Schutz der katholischen Minderheit vor Übergriffen der protestantischen Mehrheit nach Nordirland käme!


    Anfangs war das wohl auch so .... Aber dann wendete sich das Blatt.


    Mein protestantischer Gesprächspartner war jedenfalls hell empört über die Ausssicht, dass die Britische Armee ins Land käme. Er vermutete sie voll auf Seiten der Katholiken.


    Und für diesen Fall würde er nach Amerika auswandern, sagte er!

  • Fahrt zwei


    Diesmal war es ein Katholik, der mich mitnahm.


    Er war auf der Fahrt zu einem Vorstellungsgespräch für einen eventuellen Job.


    Große Chancen rechnete er sich nicht aus, wie er mir sagte.


    Denn die Firma war in protestantischem Besitz, und die würden Katholiken nur im äußersten Notfall einstellen.


    Ich fragte ihn, wie man in der Firma denn herausfinden würde, ob er Katholik oder Protestant sei.


    "Steht das im Ausweis? Oder fragt man Sie da direkt danach?"


    Er erklärte mir: "Sie fragen nach der Schule, die man besucht hat."


    Ein verständliche Frage, einerseits.


    Doch da in Nordirland so gut wie alle Schulen konfessionell getrennt sind, ist daran auch meist zu erkennen, ob man einen Katholiken oder einen Protestanten vor sich hat.


    Mal ein erfundenes Beispiel:


    Heißt die Schule "Saint Mary", ist sie sicher katholisch.


    Heißt sie "King William", ist sie sicher protestantisch.


    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


    Ich wünschte meinem Gastgeber am Ende der Fahrt viel Glück.


    Er war pessemistisch.


    Und ich auch.


    Ob er wohl den Job damals bekommen hat?


    Ich werde es nie erfahren ......

  • Fahrt drei


    Ein junger Katholik hatte mich da mitgenommen, der begeistert davon erzählte, wie sich nun da und dort Widerstand gegen die Polizei regte.


    Zur Erinnerung: Die Polizei (RUC = Royal Ulster Constabulary) war ja in Nordirland damals fast rein protestanisch - und bei Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten nicht unparteiisch.


    Voller Stolz fuhr er mit mir einen Umweg, um mir die Stelle zu zeigen, wo vor kurzem ein Polizeiwagen in Brand gesetzt worden war.


    Damals noch eine Sensation! Eine Premiere!


    Später dann Alltag .....


    Es war in einer ruhigen Kleinstadt, wo er mir dann die Stelle zeigte. Das verbrannte Auto war schon weg, doch ich konnte noch sehen, wie sich geschmolzenes Metall in den Asphalt eingebrannt hatte.


    Dieses Bild habe ich noch deutlich vor mir.


    Wie ein Symbol für die danach immer stärker werdenden Unruhen ...

  • Zitat

    Original von Morrighan


    Find ich sehr interressant !!!!


    Das freut mich, Morrighan! :-)


    Und es wird noch etwas dramatischer später. :wave



    Ich bin aber nach wie vor ein Freund Irlands! :knuddel



    Sláinte! :wave

  • Es geht weiter:



    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~






    Nun ein kurzer Abstecher nach Süden.


    Selbstverständlich war ich auch neugierig auf die Republic auf Ireland.


    Ich fuhr also auch nach Dublin und verbrachte dort ein paar Tage.


    Doch da das Thema hier ja "Nordirland" heißt, möchte ich hier nur kurz zwei Dinge nennen, die mir als besonders merkwürdig auffielen:


    1. Die vielen Palmen!


    2. Die Hakenkreuz-Wäscherei! Das ist kein Witz! In Dublin gab es damals eine "Swastika Laundry", deren Lieferwagen mit einem großen Hakenkreuz-Logo geschmückt durch Dublin fuhren. Mit Nationalsozialismus hatte das aber gar nichts zu tun. Diese Wäschei war gegründet worden zu einer Zeit, als Herr Hitler aka Herr Schicklgruber (wie die Angelsachsen und Iren ja gerne sagen) in der Welt noch völlig unbekannt war.


    Doch könnt ihr euch vorstellen, wie so etwas auf einen Deutschen wirken muss! Ha no - so e bissl erschdaunt war i scho, dät i sage!

  • Nun ein Sprung ins Jahr 1979.


    Diesmal ging ich den umgekehrten Weg. Ich verbrachte zwei sehr schöne Wochen in Dublin und Umgebung, bei einer Wanderung in den Wicklow Mountains, und einer Anhalter-Reise in den Süden und Westen der Insel.


    Und dann fuhr ich noch per Eisenbahn nach Belfast. Dort traf ich einen ganz andere Stadt an als 1969.


    Jetzt konnte man dort wohl schon von Bürgerkrieg sprechen, obwohl im englischen Sprachgebrauch etwas verharmlosend immer nur von den "troubles" die Rede ist. Ein kleines Understatement, meine ich.


    More later .....

  • Das hatte sich verändert:


    Die Innenstadt von Belfast war hermetisch abgeriegelt durch einen Metallgitterzaun.


    Mal etwas off topic: So liest man es doch immer, dass die Polizei irgendetwas "hermetisch" abgeriegelt habe. Kein Mensch weiß, was "hermetisch" eigentlich ist - aber jedenfalls riegelt man halt mal so ab, nicht wahr?!


    Dieser Metallgitterzaun erschien mir wie die Wieder-Erfindung einer mittelalterlichen Stadtmauer - nur war er nicht so dekorativ. unglücklich


    Auch "Stadttore" gab es wieder.


    Dort wurde jeder kontrolliert, so etwa wie man kurz nach dem 11. September beim Besteigen der Flugzeuge kontolliert wurde.


    Es gab zwei getrennte Menschenschlangen vor jedem dieser Stadttore, denn Männer und Frauen wurden getrennt untersucht und durchsucht.


    Guten Gewissens konnte ich mich untersuchen lassen, denn ich führte ja weder Waffen noch Munition mit mir, nur eine Camera - und die Waffen des Geistes, wie ich bei meiner DDR-Reise schon mal anmerkte.


    Mit der Untersuchung am Stadttor aber ware es nicht getan.


    Bei jedem Betreten eines Geschäftes oder Kaufhauses wurde man wieder neu untersucht .... ob man vielleicht eine Bombe in seiner Einkaufstasche hatte ... oder so ....


    Es erinnerte mich etwas an die kleinen Hinweisschilder am deutschen Metzgereien, die da sagen, dass Hunde draußen bleiben sollen. Vor meinem geistigen Auge entsteht gerade ein freundliches Schild, auf dem man zwei Bewaffnete sieht - mit der freundlichen Unterzeile: "Wir müssen leider draußen bleiben!"

  • Alle öffentlichen Gebäude und alle Kneipen waren durch Drahtgitternetze geschützt, die in etwa einem Meter Abstand zur Fassade aufgespannt waren.


    Als Schutz gegen Bombenwerfer wohl.


    Vor öffentlichen Gebäuden gab es zusätzlich noch ein absolutes Halteverbot der besonderern Art. Parkende Autos wurden dort nicht einfach nur abgeschleppt, sondern kurzerhand in die Luft gesprengt, wie ein eigenes Verkehrszeichen verkündete.


    Da überlegt man es sich dann schon, ob man nicht doch lieber 100m weiter einen Parkplatz sucht!

  • Was ich nun noch erzählen werde, das ist mein "Spaziergang" von der katholischen Falls Road in die protestantische Shankhill Road.


    Von der einen Welt in eine andere.


    Mit einem Niemandsland dazwischen!



    More later ...


    :wave

  • Hallo, Larix


    Warum schreist Du Deine LeserInnen eigentlich ständig an?


    Was ich damit meine? Du benutzt sehr häufig das Ausrufungszeichen!


    Das ist wirklich so!


    Gut, Du kannst das zu Deinem Personalstil erklären und beibehalten. Aber kann ganz gehörig nerven!


    Ist denn so viel in dem, was Du schreibst, der absolute Ausreißer, so ungeheuer aufregend und wichtig, dass Du jedesmal, so Du es erzählen würdest, Deine Stimme laut werden ließest? Ich verstehe ja, dass Du auf wichtige Dinge hinweisen willst, aber wenn es sich nicht aus dem Text erschließt, wenn die Erzählung selbst nicht spannend ist, dann nützt Dir ein Ausrufungszeichen auch nichts mehr.


    Die vielen einzelnen Absätze sind auch nicht gerade einfach zu lesen. Sprichst Du so, wie Du schreibst?


    Nimm Dich doch einmal auf.


    Wenn Du Deinen Reisebericht liest. Und immer, wenn Du einen Absatz machst, eine Pause.


    Du wirst merken, dass Es schwierig ist, der ganzen Hochgestimmtheit (den Ausrufungszeichen) zu folgen und bei der Sache zu bleiben. Es ist ein guter Trick beim Erzählen, nicht zu behaupten, sondern zu zeigen. Also sage nicht: "Das war toll" und setze ein Ausrufungszeichen, sondern erzähle, was Du erlebt hast und wie es auf Dich gewirkt hat. Da braucht es dann kein "!" mehr am Ende des Satzes: Wenn es Dir gelingt, dass ich mich in Dich hineinversetzen und das Erlebnis nachfühlen kann, dann setze ich das Ausrufungszeichen selber. Und es ist doch immer schön, wenn die Lesenden den Schreibenden ein bisschen von der Arbeit abnehmen.


    Grüssli, blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von Larix
    Was ich nun noch erzählen werde, das ist mein "Spaziergang" von der katholischen Falls Road in die protestantische Shankhill Road.


    Es geht weiter:


    Nun versuch ich mal, den "Spaziergang zu erzählen .......


    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~



    In der Falls Road war klar erkennbar, dass ich im katholischen Viertel war:
    Die Hauswände waren voller Grafitti mit Slogans, die die IRA feierten, und überall war die grün-weiß-orange Farbe der Irischen Republik zu sehen.


    Vor den Gasthäusern überall die gleichen Drahtverhaue wie vor Behörden, zum Schutz vor Bombenwerfern.


    Ich machte mich also auf den Weg in Richtung Shankhill Road und Protestanten.


    Bald merkte ich, dass die Straßen leerer wurden, und schließlich war ich ganz allein.


    Kein Mensch war mehr auf der Straße.


    Die Häuser waren unbewohnt, zum Teil sogar mit zugemauerten Fenstern.


    Dann war da auf einmal Leben:


    Ich kam an einer Polizeistation der RUC (Royal Ulster Constabulary) vorbei.


    Sie wirkte wie eine mittelalterliche Festung, von einem unsichtbaren Feind belagert.


    Ein gepanzertes Fahrzeug war gerade dabei, durch das Tor zu fahren. Dazu musste ein schweres Metalltor zur Seite geschoben werden.


    Polizisten der RUC in ihren schwarzen Uniformen und mit Maschinenpistolen bewaffnet standen als Wache dabei.


    Sie wirkten merkwürdig dick in ihren schuss-sicheren Westen, und sie schauten etwas unsicher in die Gegend. Für ein paar Augenblicke waren sie ja nun lebende Zielscheiben.


    Ich ging weiter durch die völlig verlassene Gegend.


    Es erinnerte mich etwas an einen Gang von einem Teil Berlins in den anderen - nur dass die Mauer unsichtbar war, die hier die Stadtviertel trennte.



    Und dann begegnete ich einer Streife der Britischen Armee.


    More later .....

  • Ich muss mir den Reisebericht mal in Ruhe geben, bin grad nur auf dem Durchflug.


    "Meinen" Autoren schärfe ich immer ein, sie sollen Absätze machen und nicht drei Quadratmeter Text am Stück produzieren ... aber ich stelle fest, wenn man einen Text in einzelne Zeilen aufllöst, ist das auch nicht leicht zu lesen. Es hat ein bisschen was Atemloses.


    Wie sowas zustandekommt, kann ich mir aber vorstellen: Wenn man den Text nicht am Stück in einem Textverarbeitungsprogramm erfasst sondern peu a peu in das winzige Eingabefeld eines Forums gegeigt hat, dann hat man beim Schreiben natürlich das Gefühl, nach fünf Textzeilen einen lesefreundlichen Absatz gemacht zu haben. Und sieht man den Text nachher auf der Seite in seinem wahrhaftigen Umbruch, sind's auf einmal lauter Ein- und Zweizeiler.


    Soviel mal zur äußeren Form. Zum Inhalt später.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Der Telegrammstil wird anstrengend mit der Zeit.
    Und man wartet immer ungeduldiger auf die zu erwartende Geschichte.
    Du bringst im Sekundentakt Signale (nach dem Motto: Achtung, jetzt passiert was), die aber nie wirklich zu etwas führen.
    Das bewirkt Frustration beim Leser.
    Nicht den Willen weiterzulesen oder sich auf das Geschehen einzulassen.
    Mir fehlt die deskriptive Ebene.

  • Ich gebe zu, ich hatte gedacht, hier werden fertige literarische Texte gepostet... Dieser "Bericht" wirkt für mich wie ein im Vollzug geschriebenes Fortsetzungsprodukt... ich finde es wenig ansprechend und eher nervig!