Sandra Dünschede - Deichgrab

  • Titel: Deichgrab
    Autorin: Sandra Dünschede
    Verlag: Gmeiner-Verlag
    Erschienen: Juli 2006
    Seitenzahl: 374
    ISBN: 3899776887
    Preis: 9.90 EUR


    Die Autorin:
    Sandra Dünschede, geboren 1972 in Niebüll/Nordfriesland, studierte Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft. Kurz darauf begann sie mit dem Schreiben, vornehmlich Kurzgeschichten und Kurzkrimis. »Deichgrab« ist ihr erster Kriminalroman.


    Worum geht es?
    Nach dem Tod seines Onkels kehrt Tom Meissner in das kleine Dorf in Nordfriesland zurück, in dem er selbst einige Jahre seiner Kindheit verbracht hatte. Als er erfährt, dass sein Onkel ein Mörder gewesen sein soll, will er herausfinden, was wirklich geschehen ist. Dabei stößt er nicht nur auf den Widerstand sondern auch auf die dunkle Vergangenheit einiger Dorfbewohner … (Quelle: www.amazon.de)


    Meine Meinung:
    Nordfriesland, eine der schönsten Gegenden von Deutschland, aber nicht frei von Mord und Totschlag. Sandra Dünschede schafft es auf eindrucksvolle Weise, diese besondere Landschaft mit einem spannenden Kriminalfall zu verbinden. Manchmal denkt man, hier hat doch Theodor Storm Pate gestanden, der große norddeutsche Dichter aus der grauen Stadt am Meer.
    Normalerweise fühle ich immer ein kleines Unbehagen wenn ich zu einem deutschen Krimi greife, schaffen diese Krimis es doch zumeist nicht, mir dieses ganz besondere Krimifeeling der englischen, skandinavischen und amerikanischen Krimis mit in den Lesesessel zu geben. Aber schon nach den ersten Zeilen hat mich das „Deichgrab“ gefesselt und dazu wurde ich mit einem riesigen Eimer „Krimifeeling“ übergossen. Gut geschrieben, spannend erzählt, den handelnden Figuren eine eindrucksvolle Persönlichkeit gegeben. Man kann nur hoffen, dass wir bald mehr von Sandra Dünschede zu lesen bekommen.
    Man merkt auch, dass sie selbst aus der von ihr beschriebenen Gegend stammt. Man spürt ihre Liebe zur Landschaft und den einheimischen Menschen. Das raue Küstenleben hat diese Menschen wortkarg werden lassen, hat sie unempfindlich gegen Schmeicheleien und falsche Freundschaft gemacht. Das alles bringt Sandra Dünschede wirklich auf beeindruckende Art und Weise rüber. Ein wenig Heimatroman, dazu viel Kriminalroman – ein offenbar sehr wirksames Rezept um den Leser so richtig an dieses Buch zu binden. Dem Gmeiner-Verlag sei Dank dafür, dass er dieses Buch in sein Verlagsprogramm aufgenommen hat, Sandra Dünschede sei Dank für einen wirklich sehr lesenswerten deutschen Kriminalroman.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Endlich habe ich dieses Buch gelesen, nachdem ich es Weihnachten 2007 als Geschenk bekam. Und ich kann mich der positiven Meinung von Voltaire anschließen, dieser Krimi ist einfach nur klasse.


    Die Atmosphäre, die im Buch geschaffen wird, zusätzlich zu den vielen Anspielungen auf Theodor Storm, haben eine Menge norddeutsches Feeling rübergebracht. Unterstützt wird dieses durch die Personen, die so typisch norddeutsch geschildert werden, abweisend und mißtrauisch zu Fremden, vor allem, wenn sie Unruhe ins Dorf bringen wollen.


    Tom Meissner ist mir als Hauptfigur schnell ans Herz gewachsen und der Fall, um den es sich hier handelt, war sehr spannend und bis zuletzt habe ich nicht geahnt, was sich hinter dem rätselhaften Verschwinden von Britta Johannsen 1962 verbergen könnte. Klar war nur - irgendwie hat hier jeder was zu verbergen. Zwischendurch wurde die Spannung noch durch kurze Erzählabschnitte in Ich-Form geschürt, in der jemand einen Mord zugab, der aber mit dem ursprünglichen Mord an dem Mädchen vor 35 Jahren nichts zu tun hat. Hier hätte ich es gut gefunden, wenn diese Abschnitte in kursiver Schrift gedruckt gewesen wären, ansonsten habe ich an "Deichgrab" nichts auszusetzen und freue mich, dass es weitere Bücher von Sandra Dünschede und mindestens einen weiteren Fall mit Tom Meissner gibt.


    Das gibt von mir 9 Punkte.

  • Ich habe es Anfang des Jahres gelesen und mir als Süddeutschen hat es sehr gut gefallen.


    Gut fand ich auch immer wieder die Verbindung mit Storm. Nach der Leserunde Schimmelreiter war alles etwas vertraut und nachvollziehbar. Ich meine diese Seeatmosphäre ist ja uns nicht so bekannt, aber von der Autorin sehr gut beschrieben.


    Ansonsten war die Geschichte spannend erzählt und ich habe es in einem Rutsch gelesen.


    Von mir 8 Punkte

  • Eure positiven Rezis kann ich einfach nur unterschreiben - ein klasse Krimi!


    Nordfriesland kenne ich aus dem Urlaub - und beim Lesen von "Deichgrab" fühlte ich mich sofort wieder dorthin versetzt. Land und Leute werden toll beschrieben.


    Gleichzeitig fand ich auch die Krimihandlung spannend und schlüssig. Und mir hat besonders gefallen, dass es mal nicht das übliche "Kommissar XY ermittelt im aktuellen Mordfall"-Schema war.
    Die Mischung aus Abschnitten über die verschiedenen Dorfbewohner und natürlich über Tom, Toms alte Briefe und dann noch die kurzen Einschübe des Mörders in Ich-Form fand ich sehr gelungen.


    Von mir bekommt das Buch 9 Punkte und das nächste Buch der Autorin steht schon auf dem Wunschzettel!

  • Bei meinem GG subbt es noch. :grin Doch mir hat er es in die Hand gedrückt: lies mal. :-]


    Ich bin auch aus Süddeutschland und es hat mir sehr gut gefallen. Wir waren letztes Jahr eine Woche in Norden im Urlaub und daher konnte ich mir alles doch sehr gut vorstellen.


    Die Geschichte war spannend geschrieben und mir hat auch gefallen, wie Tom die ganzen Briefe an seinen Großvater gelesen hat und so die Vergangenheit hat Revue passieren lassen.

    Gruß Koala :wave


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    :lesend Das Licht der Welt von Daniel Wolf
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  • Tom Meissner hat früh seine Eltern verloren und wurde zu seinem Onkel Hannes in ein kleines Dorf im tiefsten Nordfriesland geschickt. Unfähig, Freunde zu finden oder emotionalen Zugang zu seinem Onkel, war seine Zeit dort recht trostlos. Als Erwachsener dreht er der unerfreulichen Heimat den Rücken zu und kommt erst wieder, um den Nachlass seines kürzlich verstorbenen Onkels zu regeln. Fassungslos erfährt er, dass sein Onkel schon immer verdächtigt wurde, vor vielen Jahren ein Mädchen ermordet zu haben. Tom kann sich nicht vorstellen, dass Hannes ein Mörder gewesen sein soll, er war zwar zugeknöpft und emotional verarmt – aber ein Mörder? Hin und hergerissen will er eigentlich nur den Nachlass abwickeln, aber er kann die Vergangenheit einfach nicht ruhen lassen. Als er im Dorf mit seinen Nachforschungen anfängt, stößt er zwar einerseits auf eine Mauer des Schweigens, andererseits findet er aber auch neue Hinweise, dass der Fall damals viel zu schnell abgeschlossen wurde. Hannes war in aller Augen der Mörder, eine fast unmögliche Aufgabe, einzementiertes Denken umzustoßen. Hartnäckig und akribisch legt er Schicht für Schicht in dem alten Fall frei, ungläubig und staunend, dass nach so langer Zeit tatsächlich noch nicht gefundene Spuren vorhanden sind.


    Tatkräftig unterstützt wird Tom dabei von seinen neuen Freunden, Haie Ketelsen und Marlene Schumann. Eigentlich noch mit Monika liiert, verliebt er sich Hals über Kopf in Marlene, der er auch nicht gleichgültig ist. Wohnhaft in Hamburg schreibt sie gerade an ihrer Doktorarbeit über Theodor Storm und ist zu Recherchezwecke oft in Toms Gegend. Die drei freunden sich eng an und gehen zusammen auch durch ein paar private Katastrophen.
    Sandra Dünschede greift in ihrem Buch nicht nur den Kriminalfall auf, auch ein paar interessante und brisante Themen finden ihr Gehör. Frieda besucht täglich ihren Mann Lorenz, der in einem Pflegeheim lebt und an Alzheimer erkrankt ist. Schonungslos offenbart Dünschede die Hilflosigkeit des Patienten und deren Angehörige, die ihre Geschicke in fremde Hände legen und der Krankheit ihren Lauf lassen müssen. Selbstverständlich sind auch sie in den Fall involviert, genauso wie die Petersens. Zusammen auf einem Hof leben zwei Generationen, hier herrscht Untreue und Spielsucht, auch Erpressung findet seinen Platz. Seitensprünge, verheimlichte Kinder und einen Giftmüllskandal sind alltägliche Gesprächsthemen im Dorf, dessen Klatschtante natürlich nicht fehlen darf. Dies alles zusammen ergibt eine unnachahmliche Atmosphäre, die einen ungewöhnlichen Reiz auf den Leser ausübt. Oft wird auch Theodor Storm erwähnt, der in dieser Gegend gelebt und geschrieben hat, viel Wissenswertes erfährt der Leser unaufdringlich eingebunden in die Geschichte. Das Zusammenspiel dieser ganzen Faktoren ist spannend und spiegelt eine Gesellschaft wider, die schnell verurteilt und eingefahren in ihrem Denken und Gewohnheiten ist. Ein typisches norddeutsches Dorf also.


    Obwohl das Buch 2006 geschrieben wurde, gelten bei Sandra Dünschede noch Mark und Pfennig. Es ist mittlerweile schon ungewöhnlich, in einem neueren Buch davon zu lesen und man merkt, in wie kurzer Zeit man seine eigene Einstellung schon geändert hat. Auch wird überall geraucht, selbst darüber stolpert man sofort beim Lesen.


    Das Taschenbuch bietet eine außergewöhnlich gute Qualität. Es ist fest eingebunden und hervorragend verarbeitet, das Titelbild stimmungsvoll und auch auf dem inneren Cover vorhanden. Der Gmeiner Verlag steht zu seiner Qualität, dementsprechend hoch ist der Preis.


    Fazit


    Unblutig, aber stimmungsvoll, mehr eine Gesellschaftsstudie als ein Kriminalroman, so wirkt der erste Band von Sandra Dünschede mit ihren Hobbyermittlern. Atmosphärisch wunderschön und spannend erzählt, taucht man ein in die Dorfwelt, in einen Krimi, der schon vor langer Zeit stattfand. Interessante Spurensuche, ein Zusammenstoß der Vergangenheit mit der Gegenwart und ein jahrelanges Unrecht, was unbedingt gesühnt werden soll geben einen ganz besonderen Lesegenuß.


    LG
    Patty

  • Nachdem ich den dritten Band der Serie zuerst gelesen hatte, wollte ich nur endlich mal die Anfänge von Tom, Marlene und Haie erfahren.
    In diesem friesischen ,Heimatroman' wird eine Dorfgemeinschaft beschrieben, die man nicht wirklich um sich haben möchte. Umgängliche und einfach nur vorurteilsfreie Mitmenschen findet man in diesem Dorf nicht. Jeder scheint seinen Vorteil daraus zu ziehen, daß Hannes als Mörder gebranntmarkt ist, und deswegen ist keiner an einer Aufklärung des alten Falls interessiert. So stoßen die drei Neufreunde auf jede Menge Widerstand bei ihrem Bemühen, Licht in dieses jahrelange Dunkel zu bringen.
    Die Geschichte liest sich gut, aber was mich sehr gestört hat, sind die Szenenwechsel nach längstens zwei Seiten. Das macht es nicht spannender sonder eher ein bißchen anstrengend.
    Ansonsten ist es eine tolle Krimireihe, die Lust auf mehr macht!