Dieses Buch wird Ihr Leben retten - A.M. Homes

  • Originaltitel: This Book Will Save Your Life (2006)
    Erscheinungsdatum: 02/2007
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch
    Seiten: 446
    Übersetzt von: Clara Drechsler und Harald Hellmann


    Inhalt
    »Gefühle habe ich schon, nur keine Zeit dafür.« Richard Novak, reich geworden im Aktienhandel, geschieden, hat hart daran gearbeitet, sein Leben unter Kontrolle zu haben. Seine Unabhängigkeit reicht so weit, dass er mit kaum jemandem spricht, nur mit seiner Haushälterin und seiner Ernährungsberaterin wechselt er regelmäßig ein paar Worte. Was macht so jemand, wenn er auf einmal heftige Herzschmerzen bekommt, er in der Notaufnahme landet und sein Haus in einem Erdloch zu versinken droht? Loslassen.
    Auf dem Weg von der Klinik nach Hause beginnt Richards neues Leben. In einer Donut-Bude trifft er auf Anhil, einen Einwanderer, der sein Lebensglück in seinem kleinen Laden verwirklicht. In der Gemüseabteilung eines Supermarktes rettet er eine weinende Hausfrau, die die Nerven verliert, weil sie sich nicht für die richtige Salatsorte entscheiden kann. Richard fängt an, die Welt an sich heranzulassen und sich um andere Menschen zu kümmern, und ungeübt, wie er ist, schießt er dabei zuweilen übers Ziel hinaus. Ein Roman über jemanden, der sein Leben umkrempelt und dabei seiner Familie, vor allem seiner Ex-Frau und seinem 17-jährigen Sohn Ben, wieder näherkommt.


    Über die Autorin
    A.M. Homes schrieb ihren ersten Roman »Jack«, für den sie 1993 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, im Alter von 19 Jahren. Es folgten drei Romane und zwei Kurzgeschichtenbände. Sie gehört zu den profiliertesten zeitgenössischen Schriftstellerinnen der USA und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Ihre Werke erscheinen in 13 Sprachen. Auf Deutsch liegen vor: »Fremde Nähe«, »Die Verlässlichkeit der Dinge«, »Grillparty« und »Jack«. Im Frühjahr 2007 erscheint in den USA ihr autobiographisches Buch »The Mistress’ Daughter«, das 2008 bei KiWi auf Deutsch publiziert wird. A.M. Homes lebt in New York City.


    http://www.amhomesbooks.com


    Meine Meinung
    Richard Novak ist ein unsichtbarer Typ. Tagtäglich demselben Ablauf folgend, schwebt er völlig unabhängig und gleichgültig der restlichen Welt gegenüber durch seine eigene kleine Welt. In dieser ist er Börsenmakler von zu Hause aus, steht frühmorgens auf um sich auf sein Laufrad zu stellen, wird von Haushälterin und Ernährungsberaterin rundum versorgt, kurz, er hat alles, was er braucht. Nur keinen Kontakt zu Menschen. Seine Ex-Frau lebt zusammen mit seinem 17-jährigen Sohn Ben in New York, die Pflege sonstiger zwischenmenschlicher Beziehungen hat er vor langer Zeit eingestellt, um keiner Abhängigkeit zu verfallen.
    Als er eines Tages aufgrund heftiger Schmerzen in einem Krankenhaus landet, beschließt er, inmitten verrückter Bettnachbarn und solchen, die scheinbar enthauptet werden, sein Leben umzukrempeln und etwas für sich und andere tun.


    Ausgehend von der Erwartungshaltung einen makaber unterhaltsamen Roman mit überzogener Portraitierung der amerikanischen Wellness- und Beautygesellschaft zu erhalten, war dieses Buch ein Volltreffer!
    Überspitzt oberflächlich und fast schon bösartig zeichnet A.M. Homes die Figuren ihrer Geschichte. Da werden Vitamine mit einem Tropf eingeflösst, Schauspieler retten - in einer vor Dramatik zerplatzenden Aktion - Pferde mit Hubschraubern aus Löchern und die ganze Welt filmt mit, Handwerker raten bei einem zerbrochenem Fenster das Haus abzureißen und neu hinzustellen und noch vieles mehr.


    Leider gelingt es der Autorin nicht immer, den Faden der Oberflächlichkeit bei den eigenen, wichtigen, Personen zu begraben. Richard selbst bleibt seltsam farblos, es ist keine Entwicklung zu erkennen, seine Gedankengänge bleiben der Leserschaft verborgen. Einzig schmerzhaft, und das hat A.M. Homes widerum bemerkenswert gut hinbekommen, sind die Szenen, die der einsame Vater mit Gedanken und zermürbenden Erinnerungen seinem Sohn widmet. Die Auswegslosigkeit seiner Situation, die verlorene Zeit nicht wieder aufholen zu können ist beklemmend und traurig.
    Auch im Umgang mit seinem neuen Freund Anhil, dem etwas anderen Donutladenbesitzer, zeigt sich Richard gelegentlich recht emotional und menschlich und erzeugt damit ein kleines auflockerndes "Aha"-Erlebnis.
    Dennoch bedarf es einer gewissen Toleranz Richard als wenig richtungsweisende Figur zu akzeptieren um die Geschichte in vollen Zügen genießen zu können.


    Ansonsten sprüht die Geschichte vor amüsanten Einfällen und Witz und vermag das ein oder andere Mal Tränen des Lachens und auch Tränen der Rührseligkeit fließen zu lassen. An skurrilen Ideen jedenfalls mangelte es der Autorin nicht, so dass Programme wie "Adoptier-Einen-Golden-Oldie" (ältere Menschen adoptieren um der Gesellschaft einen Beitrag zu leisten) keine Seltenheit sind.


    Einen hohen Anspruch an das Leseverhalten stellt dieses Buch nicht. Ebenso bleibt zu bezweifeln, ob es irgendein Leben retten wird -
    aber einen Tag, der vermeintlich schon im Wasser ist, sicherlich. So überzogen wie der Titel, so sind auch die Menschen, deren Handlunsmotive und Situationen der Geschichte mit der Garantie zum lachen.
    Sehr empfehlenswert!

  • Ich habe das Buch gerade ausgelesen.
    Und ich muß sagen, ich bin uneingeschränkt begeistert.
    Es liest sich locker und leicht unterhaltend... und ganz heimlich schleicht sich da aber auch Stoff zum nachdenken an.
    Die Überspitzung und die Satire hält der Gesellschaft schon einen Spiegel vor.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Das Buch beginnt so schwungvoll, dass man es sich kaum vorstellen kann, es vor seinem Ende mal aus der Hand legen zu müssen. Aber was der Beginn verspricht, dass wird im weiteren Verlauf leider ein wenig verwässert. Zu diesem Buch passt der Spruch „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“. Man merkt schon, dass die Autorin gern erzählt und natürlich beherrscht sie auch ihr Handwerk, allerdings verzettelt sie sich im Laufe der Geschichte dann doch etwas.
    Man ertappt sich immer mal wieder bei einem herzhaften Gähnen, aber die Müdigkeit wird dann doch nicht so stark, als dass man über der Lektüre einschläft. Es ist sicher kein schlechtes Buch, es ist gut erzählt, gar keine Frage – aber irgendwie fehlt da dann doch der letzte Pfiff. Es gelesen zu haben, ist keine vertane Zeit – aber es nicht zu lesen wäre auch kein Unglück.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich fand dieses Buch grauenhaft.
    Vor allem die Szene mit dem Loch, dem Pferd, dem Filmstar und dem Helikopter ... Sorry, aber etwas derartig Überzogenes habe ich lange nicht mehr gelesen. Immer, wenn ich dachte, jetzt kann's ja nicht mehr schlimmer, übertriebener, lächerlicher oder peinlicher werden, hat mich die Autorin eines Besseren belehrt ...
    Vermutlich bin ich völlig humorbefreit, aber dieses Buch hat mich keinesfalls gerettet, sondern um ein grottiges Lektüreerlebnis reicher gemacht.

  • "Gefühle habe ich schon, nur keine Zeit dafür."
    Richard Novak, reich geworden mit Aktienhandel, geschieden, verliert den Boden unter den Füßen, als er einen Herzinfarkt erleidet. Er stellt fest: Er hat niemanden, mit dem er über sein Leid reden könnte. Gleichzeitig droht sein Haus in den Hügeln von L.A. in einem Erdloch zu versinken.


    ... zuegegeben - dieser Klappentext reißt einen nicht vom Hocker. Ich hatte das Buch in einem 5-Sekunden-Kaufanfall mitgenommen - und nicht viel erwartet. Eine nette Strandlektüre sollte es werden, mehr nicht.
    Zuerst einmal: Richard, der Protagonist, ist so, wie ich mir einen typischem Amerikaner vorstelle - schnelllebig, nach Materiellem ausgerichtet, wohlhabend, geschieden... Klischee über Klischee. Eigentlich - denn dieser "Ami" lässt einen ganz tief in seine Seele blicken, die zunächst höchst verschlossen ist.
    Sich selbst wieder zu spüren beginnt Novak, als er meint, einen Herzinfarkt zu haben (hat er aber nicht, aber wenn das so auf dem Klappentext stünde, würde dasBuch vielleicht weniger knallig klingen - eigentlich muss er, wie ich das lese, "nur" eine irsinnige Verspannung haben, die die selbe Beklemmung auslöst wie ein Infarkt... aber das ist Nebensache).
    In den Minuten, als die Sanitäter in sein luxuriöses Haus stürmen, scheint Richard aufzuwachen. Egal sind mit einem Mal die Aktienkurse, egal ist, ob die Alarmanlage eingeschaltet ist... was zählt ist das blanke Leben.
    Das Leben fängt diesen Mann wieder ein. Es geschehen irrwitzige Dinge - das Haus rutscht beinahe in ein Erdloch, dann stürzt auch noch ein Pferd in eben jenes Loch, der Nachbar eilt per Hubschrauber zu Hilfe (und stellt sich als DER Filmstar schlechthin vor)... und Richard beginnt, den Kontakt zu seinem Sohn zu suchen.
    Nebenbei rettet er noch einer neurotischen Hausfrau, die von ihrer Familie nur noch als Putzfrau wahrgenommen wird, das Leben... Richard wird, ohne es zu wollen, zum Superhelden. Die wahre Heldentat aber ist, dass er sein Herz öffnet. Für das Leben, für seinen Sohn, für einen struppigen Strandhund. Und für einen echten Freund, den verlotterten Schriftsteller Nic (meine Lieblingsfigur in dem Buch).
    Der Titel ist reißerisch bis komplett daneben,aber die Story ist rasant und pfiffig erzählt. Und kommt, wenn man die Hintergedanken rausfiltert und ein wenig sacken lässt, auch gut über den Status einer Strandlektüre hinaus. Ich kann das Buch als humorvoll-tiefgründigen Lesestoff empfehlen. Es ist sicher kein Meisterwerk - aber eine lohnenswerte Lektüre allemal. Und ein Buch, das zeigt, welche Werte (ob nun in Amiland oder in good old Europe) lebenswert sind.

  • Ich habe das Buch gerade gelesen und musste es in eins durch lesen. Ich fand es klasse, sie schreibt so toll, dass ich mir auch andere Bücher von ihr gekauft habe und unbedingt lesen muss. Vorher ist mir A.M. Homes nie aufgefallen, doch alles was mit Bücher betittelt ist muss ich haben. Einfach Klasse, die Schriftstellerin.
    :wave

    Zitat

    Bücher haben Ehrgefühl, wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück. T.Fontane


    :lesend :fruehstueck
    Ich lese Thomas Mann; Der Zauberberg;

  • Gestern habe ich es ausgelesen das Lebensretterbuch. Der Schreibstil gefiel mir sehr gut. Die Überzeichnungen des Lebenstils der Amerikaner, besonders der Amerikaner, die viel Geld haben, war mir fast schon zu gering. Ich hätte mir noch viel mehr davon gewünscht.
    Tiefgang konnte ich allerdings kaum finden. Und gerade das, Humor verbunden mit menschlichem Tiefgang, hätte ich mir sehr gewünscht. Die lebensrettenden Weisheiten dieses Buches sind wirklich sehr oberflächlich.