Ich habe diese Rezension für ein anderes Forum geschrieben, ist aber vielleicht auch für manche hier nicht uninteressant. Aber, Vorsicht, bissig!
Außerdem habe ich zwar die englische Ausgabe gelesen, stelle dies hier aber unter dem (dummen) deutschen Titel ein, da ich vermute, daß die Deutschleser hier noch in der Überzahl sind.
Inhalt:
1260. Der junge Schotte Will Campbell bereitet sich im Londoner Temple auf ein Leben als Tempelritter vor. Er tut dies aber nicht aus Überzeugung, sondern weil er hofft, so die Vergebung seines Vaters zu erhalten für eine Tat aus seiner Kindheit, die ihn immer noch quält.
Zufällig gerät er in die Dienste des unfreundlichen Templerpriesters Everard, der in ein Geheimnis verwickelt ist, das den Templerorden vernichten könnte, speziell, wenn das mysteriöse verschollene Gralsbuch in die falschen Hände gerät.
Parallel dazu wird der Aufstieg des Mameluckenemirs Baibars erzählt, der zum Sargnagel der christlichen Reiche Outremers werden wird.
Autorin:
http://www.robynyoung.com/biog.html
Geboren 1975 in Oxford hatte Robin Young schon früh Erfahrungen im Schreiben, kam aber erst über verschiedene Umwege zu ihrem Beruf als Schriftstellerin. Das vorliegende Buch ist ihr Debütroman.
Meinung:
Es ist nicht Youngs Schuld, daß sie nicht das Buch geschrieben hat, daß ich lesen wollte. Gralsgeheimnistempler sind nun mal einfach offenbar sehr viel mehr gefragt, als solche, die einfach und schlicht und ergreifend Templer sind. So wie eine fantastische Geschichte über ein solches Geheimnis nun mal offensichtlich weit fesselnder ist, als die überlieferte Ordensgeschichte. (Hanny Alders, Cecelia Holland und Jan Guillou bewiesen das Gegenteil, sind aber bis auf wenige andere Ausnahmen einsame Felsen in einer Verschwörungs-See.)
Außerdem würden sich zeitgenössische Leser mit einem "echten" Templer wahrscheinlich viel zu schwer tun. Lieber jemand, der nach einigen Plagen erkennt, daß Frieden und Ausgleich das entscheidende sind, als etwa gar um jeden (unmoralischen! politisch unkorrekten!) Preis zu versuchen, die vom Untergang bedrohten Besitzungen in Outremer zu schützen. Wie auch immer. Young ist hier nur eine von vielen und das kann ich ihr persönlich nicht anlasten.
Geschmackssache ist es wohl auch, daß sogar ihr Baibars einen "verständlichen" Grund hat für seinen fanatischen Haß auf alles fränkische. Zu versuchen, den Mann als Mann seines Hintergrunds und seiner Zeit zu zeigen, wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Einfacher ist es, ihm ein Franken-, offenbar sogar Templertrauma anzudichten. Alles andere wäre ebenfalls politisch unkorrekt und könnte den Leser verstören. (*Ironie*)
Was ich ihr aber sehr wohl anlasten kann, ist die Tatsache, daß sie eine Menge Fehler macht und zwar nicht nur kleine und unbedeutende, wie sie jeder macht und wie sie passieren können.
Die Entstehungsgeschichte der geheimen "Seele des Tempels" hat Lücken so groß wie die Hörner von Hattin, da sie dabei eine der Schlüsselfiguren in den auslösenden Ereignissen komplett ausklammert. Daß Baibars im zarten Alter von 18 erst zu den Mamelucken kam, erstaunt auch ziemlich, dachte ich doch stets naiv, die hätten mit Kindern, oder zumindest jungen Jugendlichen begonnen.
Ihre Templer sind wohl die liberalsten, die mir bislang (mit Ausnahme wohl nur von Caiseal Mor) untergekommen sind. Da haben wir Templer, die an ihre Frauen und Kinder denken, Templer, die davon sprechen, einfach heimlich zu heiraten, Templer, die ungehindert und allein im Temple zu Paris und Akkon aus- und eingehen, wie es ihnen gerade Spaß macht, Templer, die ungehindert Briefe nach außen, an Frauen u.a., schicken und gleichermaßen empfangen und zuguterletzt Templer, die die letzten Söhne ihrer Familien sind und davon sprechen, daß sie so gern besagte Familien wieder zu Macht und Reichtum bringen wollen.
Es ist wirklich zum Heulen, denn das Geheimnis und die Verknüpfung mit den Gralslegenden ist grundsätzlich gut ausgedacht. Genauso, wie auch immer wieder Ansätze sind, die Geschichte der Geschichte anzugleichen. Aber, entweder diese Ansätze verlaufen im Sand, oder sie enden in oben erwähnten Fragwürdigkeiten. Nur ein bißchen mehr Mühe, ein bißchen mehr Blick auf die Details in den angeblich über 100 Büchern, die die Autorin gelesen haben will, und wir hätten ein ganz anderes Buch.
Klar, für die unter uns, die einfach nur eine unterhaltsame Geschichte lesen wollen, denen Templer entweder ohnehin sonstwo vorbeigehen oder denen das Schildchen Templer reicht, um eine Figur als solchen zu betrachten, denen kann das alles egal sein und die können das Buch vermutlich sogar unbeschränkt genießen.
Aber, ist es eine unterhaltsame Geschichte? Das Buch hat sich streckenweise durchaus nicht uninteressant gelesen und unter Ausklammerung des (mich) enervierenden Umgangs mit der Geschichte mag das zum Erfolg führen. Doch hat sich für mich dieses traurige "ich will, aber ich kann nicht so recht" auch hier fortgesetzt. Denn wann immer ich mir bei einer Figur dachte, diese könnte interessant sein oder sich interessant entwickeln, hat dort schon der Sensenmann gelauert. Somit enden wir mit einem Helden, der mir nicht unsympathisch, sondern eher aufgrund seiner Blässe egal war und anderen Figuren, die sich nicht so recht entwickeln wollten. Selbst der vielleicht interessanteste, weil zwiespältigste, wirkte eigentlich weniger zwiespältig, als einfach unausgegoren. Das unvermeidliche Mädchen, das sich nicht in die gesellschaftlichen Zwänge fügen will, ist da eigentlich ohnehin nur noch der Zuckerguß. Der einzige, der positiv heraussticht, ist der intrigante Prinz Edward von England.
Wegen der Ansätze stampfe ich dieses Buch nicht in Grund und Boden und bin sogar tapfer bereit, mindestens noch Band 2 zu lesen. Aber es ist ärgerlich und traurig, wie sich diese guten Ansätze (nicht) entwickelt haben. Leider beweist mir dieses Buch wieder einmal, warum ich Romane über gewisse Themen oft erst zigmal vorsichtig beschnuppere, bevor ich mich auf sie einlasse. Es leben die lobenden Ausnahmen, sonst könnte ich den Glauben an die historischen Romane ganz verlieren.
PS: Ich denke da u.a. an Schröder, dessen Buch ähnlicher Thematik und Zeit noch viel fantastischer war, der aber offenbar weiß, was Recherche heißt und was Templer sein bedeutete. Hätte ich statt Young nur seinen zweiten Band gelesen!