Veröffentlicht von rororo im Juli 2004
Presseurteile:
">Die besondere Gabe des Nathan Lewinski< ist ein Schelmenroman und zugleich eine philosophische Darstellung des jüdischen Schicksals in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts."(Le Point)
Inhalt:
Der kleine Nathan wächst in einem polnischen Schtetl Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Schon früh stellt er fest, dass er die Gabe, für die sein Onkel Benjamin ermordet wurde, geerbt hat. Als er es seinen Eltern nicht länger verheimlichen kann, schicken sie ihn auf eine weite Reise. Die Odyssee des Nathan beginnt. Er reist nach Wien zu seinem Onkel Sigmund, der auch in die Köpfe der anderen Leute schauen kann. Von Wien aus verschlägt es ihn nach Berlin, wo er in einem Etablissement zur Schau gestellt wird. Um ihn zu retten, reist seine Feundin Mascha mit ihm nach Palästina.
Mein Eindruck:
Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben, was den Leser die Erlebnisse des Nathan unmittelbar mitfühlen lässt.
Ich hab das Buch gestern erst gelesen und stehe eigentlich noch immer in seinem Bann. Hier wird die Geschichte eines jüdischen Kindes in einfachen Worten geschildert. Nathan stellt oft auf humorige und doch in seiner Klarheit erschreckenen Art Zusammenhänge her, die einem das Lachen gefrieren lässt.
zum Beispiel die Begegnung mit Hitler, dem er eine siegreiche Zukunft vorher sagen soll.
ZitatEin braunhaariger Mann von gedrungener Gestalt, mit feindlichem Blick und dem Gang eines Roboters, knallte beim Betreten des Saals die Stiefelabsätze aneineander. Er hatte echt Glück, dass meine Mutter nicht da war. So das Parkett zu verschrammen, da hätte er sie gleich richtig kennen gelernt.
Doch das, was er in dessen Kopf sieht , lässt ihn zum Messer greifen. Natürlich kann man mit einem kleinen Schweizermessser kein Monsster töten. Er stellt fest:
ZitatDie Schweizer waren die Verbündeten des Teufels
Er flieht mit Freundin Mascha nach Palästina.
Als er in Palästina eintrifft, erklären die Engländer, dass monatlich nur 650 einwanderer zugelassen werden um den Frieden mit den arabischen Nachbarn nicht zu gefährden. Nathans Fazit:
ZitatDas englische Mandat über Palästina war ein Auslieferungsmandat. Selbst als unsere Köpfe schon längst im Rachen des deutschen Wolfes steckten, spielten sich die Engländer noch immer als Wachhunde auf.
Die Ausweisung de Buches als Schelmenroman halte ich für völlig falsch. Nur durch die einfache Art des Protagonisten, der seine Gedanken auf den Punkt bringt und Schlüsse aus den für uns historischen, für sein Volk aber tödlichen Vorgängen zieht, möchte man darüber lächeln. Ich konnte es nicht.
Über den Autor:
Laurent Seksik, 1962 in Nizza geboren, ist seit seinem dreißigsten Lebensjahr Chefarzt in einem Pariser Krankenhaus. Schon mit seinem ersten Werk, einer Novellensammlung, errang er mehrere literarische Preise, für "Die besondere Gabe des nathan Lewinski" erhielt er den Prix Wizo. Neben seinem Arztberuf betätigt er sich außerdem als Literaturkritiker.