Besuch in einer Synagoge

  • Frage: War von euch schon einmal jemand in einer Synagoge - sei es zur Besichtigung oder zu einem Gottesdienst?


    Das Judentum ist ein Thema, das mich sehr interessiert!


    Ich meine, dass von den drei Religionen: "Christentum, Islam, Judentum" das Judentum die mit Abstand unbekannteste Religion ist.


    Viele reden darüber, wenige kennen das Judentum.


    Ich möchte nicht behaupten, dass ich das Judentum nun kenne.


    Aber interessiert hat es mich schon immer.


    Meine Informationsquellen waren vielleicht etwas ungewöhnlich, aber sicher gut und echt informativ auf angenehme Weise:


    Das Buch "Der jüdische Witz" von Salcia Landmann - und der Krimi "Friday the Rabbi slept late" von Harry Kemelman ...


    Friday the Rabbi Slept Late - Wikipedia, the free encyclopedia


    ..... und die anderen Bücher dieser Serie.


    Das hat mich neugierig darauf gemacht, auch einmal eine Synagoge zu besuchen.


    Nicht als "Tourist" bei einer Besichtigung, sondern auch zu einem Gottesdienst oder G'ttesdienst, wie ein Jude das schreiben würde.


    Und wer das tut, der erlebt vielleicht einige Überraschungen! Und zwar Überraschungen der durchaus angenehmen Art.


    Btw: Wenn ich von Judentum rede, dann meine ich damit nicht nur eine Religion, sondern auch eine Kultur und Lebensweise. Wobei es dabei auch wieder sehr unterschiedliche Variationen gibt.

  • Hallo Larix,
    mich interessiert das Thema Judentum schon seit vielen Jahren. Ich war auch schon drei Mal in Israel, habe dort bei einer jüdischen Familie gewohnt und so einen Einblick in ihr alltägliches Leben erhalten. Da es eine orthodoxe jüdische Familie ist, war mir anfangs vieles sehr fremd. Z.B., dass Frauen und Männer verschiedene Aufgaben haben innerhalb des Glaubens. Die Frau ist z.B. zuständig für Haus und Kinder. Sie ist verantwortlich, dass kosher eingekauft und gekocht wird, dass die Regeln innerhalb des Hauses eingehalten werden. Der Mann ist vor allem zuständig für Aufgaben in der Synagoge. Er muss auch während eines Trauerjahres jeden Woche einmal in die Synagoge, er vertritt die Familie nach aussen.


    In der Synagoge (in Israel) sind die Geschlechter auch getrennt (wie ist es in Europa?). Mir kam es auch befremdlich vor, dass getrunken und gegessen wurde in der Synagoge (aber warum eigentlich nicht?). Der Gottesdienst wird nur von Männern geführt, Frauen beten nur gewisse Gebete mit.


    Einmal durfte ich bei einer Barmizwah dabei sein. Das war schön anstrengend, denn man ist von morgens früh bis abends spät mit sehr vielen Menschen zusammen, es wird sehr viel gegessen und vor allem sehr viel geredet. Leider kann ich kein Hebräisch, und meine Freundin konnte mir auch nicht immer alles übersetzen.


    Ich habe dann auch den Thalmud gelesen. Sehr interessantes Buch, man weiss dann auch ein wenig mehr über gewisse Bräuche und Sitten des Judentums.


    Und Larix, wenn Dich die Geschichte des Judentums interessiert, hast Du "The Source von von James A. Michener" gelesen? Ich musste das Buch einige Male weglegen, manchmal konnte ich diese Grausamkeiten fast nicht mehr ertragen. Aber wie alles von Michener ist es meines Erachtens gut recherchiert.

  • Mit der Volkshochschule war ich mal bei einer Führung durch unsere Synagoge. Und hab schon allein dadurch, dass auf dem Mäuerchen vor dem Gebäude saß und auf die Gruppe wartete, einen Polizeieinsatz ausgelöst. Das ist der absolute Hochsicherheitstrakt.


    Ich musste dann meinen Ausweis zeigen und begründen, warum ich dort herumlungere, und es ist nichts weiter passiert. So nach und nach tröpfelte auch das VHS-Team ein. Ein Typ ging mir besonders auf den Senkel mit seinem neunmalklugen Gehabe. So ganz ahnungslos bin ich ja nicht beim Thema Judentum, ich habe da familiäre Bindungen.


    Der Klugschwätzer jedenfalls hatte keinen Hut dabei und ohne Kopfbedeckung darf Mann nicht in die Synagoge. Ja, das hat man dann. Er musste leider draußen bleiben.


    Als Nichtjude an religiösen Veranstaltungen teilzunehmen, ist doch im allgemeinen nicht so einfach. Sie sehen es nicht gern. Ich bin mir nicht so sicher, ob das klappt, wenn man einfach reinlatscht, als würde man dazugehören. In der Großstadt mag das funktionieren, in kleineren Gemeinden kennen sich die Leute. Und wenn man dann noch auffällt, weil man nicht so recht weiß, was man tun soll, dann wird schnell einer auf der Matte stehen und fragen, wer man sei und was man will. Vermute ich. Wenn man jemanden aus der Gemeinde kennt, der einen mal mitnimmt, wäre es vielleicht möglich.


    Du warst dabei? Wie hast du das angestellt?


    Kemelman und Salcia Landmann sind übrigens nicht die schlechtesten Informationsquellen. Für konkrete Sachfragen empfehle ich: http://www.hagalil.com/


    Auch interessant: Die Lektüre der Jerusalem Post, wenn's denn um Israel geht. Keine Angst, die gibt's online in Englisch. http://www.jpost.com/

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Hallo, Larix.


    Ich interessiere mich sehr für das Judentum, allerdings mehr als weltlicher Sicht, und ich lese viele Autoren, die es belletristisch thematisieren, von Philipp Roth bis Leon DeWinter. Ich war auch schon mehrfach in Synagogen (tatsächlich häufiger als in christlichen Kirchen), wir haben in Berlin ja seit ein paar Jahren die wunderbare Möglichkeit, die wiederaufgebaute Neue Synagoge zu besuchen, zu besichtigen und im Erdgeschoß sehr gut zu essen. Wie gesagt, das ist bei mir eher zeitgeschichtliches Interesse. Zum Judentum gibt es reichlich sehr gute Sach-/Fachbücher, mein Einstieg war "Schabbath" von Lea Fleischmann. Aber wer bei Amazon "Judentum" als Suchbegriff eingibt, bekommt eine Bücherliste, die diesbezüglich keinen Wunsch mehr offen läßt.

  • Zitat

    Original von Vandam


    Als Nichtjude an religiösen Veranstaltungen teilzunehmen, ist doch im allgemeinen nicht so einfach. Sie sehen es nicht gern. Ich bin mir nicht so sicher, ob das klappt, wenn man einfach reinlatscht, als würde man dazugehören. In der Großstadt mag das funktionieren, in kleineren Gemeinden kennen sich die Leute. Und wenn man dann noch auffällt, weil man nicht so recht weiß, was man tun soll, dann wird schnell einer auf der Matte stehen und fragen, wer man sei und was man will. Vermute ich. Wenn man jemanden aus der Gemeinde kennt, der einen mal mitnimmt, wäre es vielleicht möglich.


    Du warst dabei? Wie hast du das angestellt?


    Vielleicht kommt es auf die Synagoge an. Es kann da vielleicht von Gemeinde zu Gemeinde verschieden sein.


    Einfach so "reinlatschen" kann man natürlich nicht.


    Ich habe mich ein paar Tage vorher angemeldet.


    Ich hatte natürlich schon leichte Bedenken vor meinem ersten Besuch und war auch etwas aufgeregt.


    Doch man hat mich akzeptiert, als sei das das Selbstverständlichste der Welt.


    Und ich habe das Gefühl, dass man sich über mein Interesse gefreut hat.


    Noch eine kleine etwas lustige Anekdote:


    Nach dem Gottesdienst gibt es ja ein kleines Essen noch, und man plaudert.


    Ich wusste nicht, ob ich daran teilnehmen dürfe.


    Doch man hat mich ermuntert, doch ruhig Platz zu nehmen. Der Mann, der mich einlud, wusste, dass ich Christ war.


    Ich setzte mich also dazu und kam nach einer Weile echt nett ins Plaudern an diesem Tisch.


    Dabei stellte sich schließlich heraus, wofür die andern mich gehalten hatten: Für einen fremden Rabbiner auf der Durchreise!!!!


    Doch auch nach meiner "Enttarnung" redete man weiterhin freundlich mit mir.


    Ich habe wirklich nur die besten Erinnerungen an meinen Besuch.


    Und an die ergreifenden Gesänge dort!

  • In S. war man von andersgläubigen "Gasthörern" nicht begeistert. Und das war noch unterm vorigen Rabbi. Der jetzige ist um einiges konservativer, da geht dann vermutlich erst recht nix.


    Aber andere Glaubensgemeinschaften haben sich auch so. Eine zum Islam konvertierte Christin aus meinem Bekanntenkreis muss auch immer erst nachweisen, dass sie Muslima ist, wenn sie auswärts in einer Moschee beten will. Sie hat immer einen Schrieb von ihrer "Heimatgemeinde" dabei, und manchmal musste sie auch schon Testfragen beantworten, ehe man sie einließ.


    Es sind eben doch *Gemeinschaften* und nicht in jedem Fall für Außenstehende offen.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    In S. war man von andersgläubigen "Gasthörern" nicht begeistert. Und das war noch unterm vorigen Rabbi. Der jetzige ist um einiges konservativer, da geht dann vermutlich erst recht nix.


    In Karlsruhe hier hat die Gemeinde gar keinen Rabbiner mehr.


    "Nur" einen sehr netten Kantor - aus Frankreich übrigens.


    Umso lustiger, dass man ausgerechnet mich für einen Rabbiner gehalten hat!

  • Hallo Larix,


    bisher war ich zweimal in einer Synagoge und das aus eigenem Antrieb und Interesse am Judentum als auch an jüdischen Gepflogenheiten.
    In Prag haben Herr Salonlöwe und ich letztes Jahr einen Stadtrundgang durch das jüdische Viertel unternommen und uns den Aten Jüdischen Friedhof, die Pinkas Synagoge und die Spanische Synagoge angesehen. Letztere ist im spanisch-maurischen Stil erbaut, kleiner als ich sie mir vorgestellt hatte, aber auf jeden Fall imposant.
    Beeindruckt von den Synagogen in Prag und einem freien Tag, an dem alle Museen in Budapest geschlossen hatten, besuchten wir am 1.Mai letzten Jahres in Budapest die grösste Synagoge Europas (die zweitgrösste weltweit, die grösste Synagoge steht in N.Y.).
    Hier hatten wir die Möglichkeit an einer Führung teilzunehmen, das heutige moderne Judentum kennenzulernen und erhielten Informationen wie die Instandsetzung der Synagoge in Budapest in den letzten Jahren erfolgte. U.a. erfuhren wir, dass Umbauarbeiten nur durch großzügige Spenden Estee Lauders und Kirk Douglas' möglich waren und amerikanische Juden eine enge Beziehung zur jüdischen Gemeinde in Budapest haben.
    Im Hof der Synagoge wurde 1989 ein Mahnmal in Form einer Trauerweide zum Gedenken an die Opfer des Holocaust aufgestellt. In die Blätter dieser Trauerweide sind die Namen von Opfern eingraviert.


    Die Besichtigungen der Synagogen haben mir nicht nur gezeigt, was ich über das Judentum alles nicht weiß, sondern auch neugierig auf diese Religion gemacht.
    Sofern sich die Möglichkeit bieten würde, erneut eine Synagoge zu besuchen, würde ich die Gelegenheit jederzeit wahrnehmen.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Im Zusammenhang mit dem Philosophischen Quartett hatte ich in einem anderen Beitrag bereits gefragt, ob jemand dieses Werk kennt, jedoch keine Antwort erhalten.
    Vielleicht hat schon jemand dieses Buch gelesen und mag eine Empfehlung aussprechen?


    Ich habe mich auch schon für dieses Buch interessiert, habe es aber dann nach folgender Rezension auf der Wunschliste nach hinten verschoben:


    http://www.talmud.de/cms/Die_Suche_geht_weiter_Z.211.0.html

  • Dieses Buch steht auch schon länger auf meiner Wunschliste, aber ist mir noch zu teuer.


    Das Werk bietet einen umfassenden Überblick über mehr als 3000 Jahre jüdischer Geschichte, von der ersten Landnahme in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. bis zur Gegenwart. Umfassend ist dieser Überblick in mehrfacher Hinsicht:
    - Dargestellt wird die Geschichte der Juden in Israel und in der Diaspora.
    - Erzählt wird die politische Geschichte, aber auch die Religions- und Kulturgeschichte, die soziale und wirtschaftliche Historie des jüdischen Volkes.
    - Erzählt wird die Geschichte aus der Fülle der schriftlich und mündlich überlieferten Quellen. Zugleich aber werden die wichtigsten Beiträge der Archäologie und anderer Wissenschaften zur Erforschung der jüdischen Geschichte berücksichtigt.


    Über das Produkt
    3000 Jahre jüdische Geschichte
    Dieses Standardwerk bietet einen Überblick über 3000 Jahre jüdischer Geschichte vom zweiten Jahrtausend v. Chr. bis zur Gründung des Staates Israel. Das von international renommierten Autoren verfaßte Werk gilt inzwischen als Klassiker. Eine vergleichbare Summe der jüdischen Geschichte wurde seither nicht mehr vorgelegt. Das Werk bietet einen umfassenden Überblick über mehr als 3000 Jahre jüdischer Geschichte, von der ersten Landnahme in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. bis zur Gegenwart. Umfassend ist dieser Überblick in mehrfacher Hinsicht:
    - Dargestellt wird die Geschichte der Juden in Israel und in der Diaspora.
    - Erzählt wird die politische Geschichte, aber auch die Religions- und Kulturgeschichte, die soziale und wirtschaftliche Historie des jüdischen Volkes.
    - Erzählt wird die Geschichte aus der Fülle der schriftlich und mündlich überlieferten Quellen. Zugleich aber werden die wichtigsten Beiträge der Archäologie und anderer Wissenschaften zur Erforschung der jüdischen Geschichte berücksichtigt.

  • Ich war letztes Jahr zum Bar Mitzvah des ältesten Sohnes meiner Nachbarn (dem ich manchmal in Englisch helfe) eingeladen. Die Frauen sassen oben und liessen ständig Tabletts mit Petit fours herumgehen. Sie beteiligten sich nicht am Gottesdienst. Unten sassen die Männer und machten irgendetwas auf Hebräisch, gingen zum Schrank mit den Torahs, trugen sie herum und lasen aus ihnen. Danach wurden wir von den Frauen mit Sáckchen mit Süssigkeiten beworfen und die kleinen Jungs rannten herum und sammelten sie auf. Insgesamt dauerte es so ca. 1 Stunde und anschliessend gab es Frühstück im Garten des Tempels.
    Die Leute waren super nett und erklärten mir, was der Vorleser sagte und als ich unter den Gästen noch ein paar Bekannte traf, hatte ich ein sehr anregendes Gespräch während des Frühstücks.

  • Zitat

    Original von Oryx


    Die Leute waren super nett und erklärten mir, was der Vorleser sagte und als ich unter den Gästen noch ein paar Bekannte traf, hatte ich ein sehr anregendes Gespräch während des Frühstücks.


    So ähnlich kenne ich es auch hier in der Karlsruher Synagoge..


    Ich habe da immer nur freundliche Menschen getroffen und wohlwollende Blicke gesehen!