Klappentext
Das Berliner Scheunenviertel Ende der zwanziger Jahre: Hier machen viele osteuropäische Juden auf ihrem Weg nach Amerika Station. "Die kleine Ewigkeit", das ist die Zeitspanne zwischen Ankunft und Weiterreise. Manchmal dauert sie zu lange, und Amerika bleibt ein Traum. Auch Frajim aus Polen nimmt hier Quartier. Einfach ist das Leben nicht, denn die Wirtschaft liegt am Boden. Aber der eigentliche Held des Romans ist die Gasse, in der Frajim wohnt, die Läden und Betriebe und ihre Menschen, Existenzen, die man auf der Straße trifft, die durch irgendeine Bemerkung etwas anstoßen, eine Intrige, ein Geschäft, eine Liebe ein Nachdenken über den Rabbi und seine Frau.
Der Autor
Martin Beradt kam 1881 als Sohn einer orthodoxen jüdischen Familie in Magdeburg zur Welt. Bis 1939 lebte er als Anwalt in Berlin: In letzter Minute gelang ihm die Flucht nach London und New York. Halb erblindet starb er 1949. 1965 erschien erstmals der Roman "Die Straße der kleinen Ewigkeit". Das Mauskript, an dem der Autor, wie er selbst sagte, zwanzig Jahre lang gearbeitet hat, konnte er in seinem Gepäck versteckt auf der Flucht aus Nazideutschland retten.
Meine Meinung
Mich hat dieses Buch sehr an Döblins Alexanderplatz erinnert, sowohl die Sprache mit teilweise sonderbaren Dialogen, als auch das Thema, das Berlin der zwanziger Jahre. Allerdings beschreibt Beradt konsequent nur den jiddischen Mikrokosmos der Grenadierstraße. Es gibt keine Hauptfigur, nur viele kleine Helden oder Antihelden, Arme und Reiche, Fromme und Gauner. Doch alle werden zusammengehalten von ihrem Ostjudentum, das grenzt sie zwar vom restlichen Berlin aus, ist aber auch die Basis ihrer Identität, ihr soziales Netz, das sie oftmals vor finanziellen oder geistigen Abstürzen bewahrt. Vor der endgültigen Katastrophe kann sie das freilich auch nicht retten.
Und obwohl in dieser Straße bei Weitem nicht alles eitel Sonnenschein ist, spricht aus dem Buch eine tiefe Sympathie des Autors für diese untergegangene Welt.