Billige Bücher per Auktion im Internet: Grundsatzurteil erwartet

  • Im verbissenen Kampf um die Buchpreisbindung hat sich die deutsche Branche in den vergangenen Jahren mit Erfolg gegen die EU-Wettbewerbshüter behauptet. Jetzt steht eine weitere Abwehrschlacht bevor. Am kommenden Dienstag will das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem Grundsatzurteil entscheiden, ob im Auktionshandel beim Online-Marktplatz ebay neuwertige Bücher unter dem Ladenpreis abgegeben werden dürfen.


    Im vorliegenden Fall hat ein Berliner Journalist im vergangenen Jahr 48 Bücher bei ebay versteigert, die er als "völlig neu" oder "ungelesen" bewarb. Regelmäßig legte er als Startpreis den Betrag von einem Euro fest. Die Bücher wurden dann in der Regel Preis unterhalb des festgelegten Ladenpreises versteigert.


    In erster Instanz hat das Landgericht Frankfurt auf Antrag des Darmstädter Buchhändlers Dirk Bentlin dem Berliner Journalisten die Online-Auktion von weiteren Büchern untersagt. Der 11. Zivilsenat des OLG muss nun in dem Präzedenzfall in zweiter Instanz klären, ob der Verkäufer "geschäftsmäßig" oder gar "gewerbsmäßig" aufgetreten ist und damit gegen die Buchpreisbindung verstoßen hat.


    Der Journalist hat erklärt, er habe vor allem ungelesene Rezensionsexemplare abgesetzt. Dagegen bezeichnet der Buchhändler seinen Kontrahenten als Powerseller, der über verschiedene Identitäten bei ebay mehr als er selbst verkaufe. "Das kann man nicht am Feierabend abwickeln. Der muss den ganzen Tag am Rechner sitzen", sagt Bentlin, der Spezialbücher für Foto/Grafik/Design und ComicArt vertreibt.


    Unstrittig ist, dass sich ein Buchhändler auch im Internet an die Preisbindung halten muss. Niko Härting, Anwalt des Berliner Online- Verkäufers, vertritt jedoch die Auffassung, dass es sich bei dem Journalisten um einen Letztabnehmer handle. Wenn dieser als Privatmann seine Bücher im Internet versteigere oder auf dem Flohmarkt verkaufe, dann gelte für ihn das Preisbindungsgesetz nicht mehr. Bentlins Wiesbadener Anwalt Christian Russ ist ganz anderer Ansicht: "Wenn jemand in solchem Umfang original verpackte Bücher verkauft, dann ist er kein Letztabnehmer."


    Buchhändler Bentlin spricht bei dem Fall von der Spitze eines Eisbergs und misst dem Rechtsstreit eine über die Buchbranche hinausgehende Bedeutung zu. Im Internet mischten immer mehr professionelle Händler mit, die sich aber als "privat" tarnten, um rechtliche Auflagen zu umgehen. "Fakt ist, dass (dadurch) nicht nur dem Buchhandel die Kunden abhanden kommen. Denen ist es letztlich egal, mit wem sie handeln", meint Bentlin.


    Sein Anwalt, der im Auftrag der Buchbranche nach Preisbindungsverstößen im Internet forscht, ist nach eigenen Angaben in rund 300 Fällen gegen schwarze Schafe aktiv geworden. Inzwischen sei die Zahl der Verstöße im Buchgeschäft deutlich geringer geworden, sagt Russ. "Vor einem Jahr sind wir noch jeden Tag mit zehn Fällen konfrontiert worden."


    Der Verkauf von Büchern über das Internet wird für den Buchhandel immer wichtiger. Derzeit macht das Online-Geschäft knapp fünf Prozent des Umsatzes aus -- ganz vorne ist der Internet-Buchhändler Amazon. Dessen jüngste Konfrontation mit dem Züricher Diogenes Verlag hat gezeigt, wie sensibel das Thema Internet und Buchhandel ist. Nach einem Bericht des Branchenblattes Buchreport wollten die Schweizer, die derzeit mehrere Bestseller im Programm haben, die von Amazon geforderten hohen Rabatte nicht mehr mitmachen. Der Internet-Riese liefert deshalb Diogenes-Bücher nicht mehr direkt, sondern nur noch über Unterhändler aus.


    Quelle : Billige Bücher per Auktion im Internet: Grundsatzurteil erwartet

  • Bei Rezensionsexemplaren kann ich das ja noch verstehen, dass die zu einem so guten Preis angeboten werden können... aber wenn "normale" Exemplare verkauft werden müssen die im Einkauf vorher auch bezahlt werden und da wird sicher keiner unter Wert verkaufen, dann wäre es doch ein Verlustgeschäft, oder? Wie hoch ist die Handelsspanne beim Ein-/Verkauf von Büchern durch Buchhändler?

  • Zitat

    Original von Lilli
    Wie hoch ist die Handelsspanne beim Ein-/Verkauf von Büchern durch Buchhändler?


    Keine Ahnung. Ich weiß nur, ein Freund von mir hat ein Buch in einer Buchhandlung verkaufen lassen wollen und mußte denen vom Endpreis 25% abgeben.

  • Ich bin mal gespannt, was dabei rauskommt. Und welche Auswirkungen so ein Urteil hat, denn normalerweise wird auf OLG-Ebene keine Grundsatzentscheidung - also ein Urteil mit Auswirkungen auf die gesamte Rechtsprechung gefällt. Das geschieht fast ausschliesslich in der jeweils letzten Instanz. Auf alle Fälle wird es ganz sicher immer wieder Lücken geben, auch eine solche Entscheidung auszuhebeln. Dann wird eben die Folie von den Büchern entfernt, den Bücher werden ein paar Gebrauchsspuren verpasst und schon ist der Drop gelutscht und die Buchpreisbindung - so sie denn bestätigt wird - flugs wieder ausgehebelt.


    Denn: Da wo Recht gesprochen wird, umgeht man es noch bevor die Tinte unterm Urteil trocken ist.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Dann wird eben die Folie von den Büchern entfernt, den Bücher werden ein paar Gebrauchsspuren verpasst und schon ist der Drop gelutscht und die Buchpreisbindung - so sie denn bestätigt wird - flugs wieder ausgehebelt.


    Sehe ich auch so...


    Aber mal ehrlich... gibt es Leute die zu regulären Buchhandelspreisen auch neue Bücher bei Ebay kaufen? Also ich nicht...

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lilli ()



  • Ich auch nicht. Für den regulären Preis, da gehe ich lieber in eine Buchhandlung oder bestelle es bei einem Onlinebuchhandel.

  • Stimmt, aber es stehen jeden Morgen wieder genug Dumme auf und einige davon loggen sich regelmäßig bei e-bay ein und kaufen da auch Sachen zu überhöhten Preisen. ;-)

  • Zitat

    Original von Idgie
    Stimmt, aber es stehen jeden Morgen wieder genug Dumme auf und einige davon loggen sich regelmäßig bei e-bay ein und kaufen da auch Sachen zu überhöhten Preisen. ;-)


    Ganz genau!!! Ich staune manchmal, was die Leute so alles ver- und ersteigern .. junge junge ... :gruebel

  • Bei Internetauktionen von neuen Büchern gilt Preisbindung


    Wer als Privatmann im Internet regelmäßig neue Bücher versteigert, muss sich an die Buchpreisbindung halten. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Dienstag in einem Grundsatzurteil entschieden (Az.: 11 U (Kart) 18/04). Der Kartellsenat bestätigte damit einen Beschluss des Landgerichts Frankfurt, berichtet dpa.


    Im vorliegenden Fall hat ein Berliner Journalist im vergangenen Jahr 48 Bücher bei ebay versteigert, die er als "völlig neu" oder "ungelesen" bewarb. Regelmäßig legte er als Startpreis den Betrag von einem Euro fest. Die Bücher wurden dann in der Regel unterhalb des festgelegten Ladenpreises versteigert. In erster Instanz hat das Landgericht Frankfurt auf Antrag des Darmstädter Buchhändlers Dirk Bentlin dem Berliner Journalisten die Online-Auktion von weiteren Büchern untersagt.


    Unstrittig war zwischen den Streitparteien, dass sich ein Buchhändler auch im Internet an die Preisbindung halten muss. Der Anwalt des Online-Verkäufers vertrat jedoch die Auffassung, dass es sich bei dem Journalisten um einen Letztabnehmer handle. Wenn dieser als Privatmann seine Bücher im Internet versteigere oder auf dem Flohmarkt verkaufe, dann gelte für ihn das Preisbindungsgesetz nicht mehr. Der Journalist hat erklärt, er habe vor allem ungelesene Rezensionsexemplare abgesetzt. Dagegen bezeichnet der Buchhändler seinen Kontrahenten als Powerseller, der über verschiedene Identitäten bei ebay mehr als er selbst verkaufe.


    Quelle: Bei Internetauktionen von neuen Büchern gilt Preisbindung

  • Zitat

    Wer als Privatmann im Internet regelmäßig neue Bücher versteigert, muss sich an die Buchpreisbindung halten.


    Ja und? Wie schon oben erwähnt, enthält das Urteil erwartungsgemäß die Anleitung zum weiteren Verkauf.

  • Zitat

    Original von Lilli
    Dann schreibt man eben im Text... neu und ungelesen, da doppelt geschenkt bekommen... :grin


    Ich dachte, dass es schon ausreicht, wenn man tatsächlich als Privatperson verkauft. Da ist es doch eh unerheblich, ob es nun neu und ungelesen, doppelt, angeranzt, zerfetzt oder was-auch-immer ist.


    Gruss,


    Doc


  • Nee, wenn du da einen Juristen dranläßt, ist das überhaupt nicht mehr unerheblich.
    Übrigens hab ich in letzter Zeit öfter gehört, dass Vielverkäufer bei ebay immer öfter mit einem Besuch des Finanzamtes rechnen müssen, um zu beweisen, dass sie tatsächlich nicht gewerblich verkaufen. Da werden auch Kontobewegungen überprüft.

  • Hallo, liebe Büchereulen!


    Hier der Link zum Artikel im Börsenblatt:
    Geschäftsmäßiger Internet-Auktionshandel mit preisgebundenen Büchern untersagt


    Ich weiß, dass wir es alle gerne superhochwertig und zugleich total billig hätten, aber das ist in einer Branche, die auch einen kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag hat, nicht machbar. Wer die Buchpreisbindung kippt, wird uns Zustände wie in den USA bescheren, in denen NachwuchsautorInnen überhaupt keine Chance mehr haben und abgesehen von den BestsellerautorInnen nur noch Berge schlechter Lizenzbücher verscherbelt werden.


    Denkt bitte mal darüber nach!


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Damit magst du recht haben, Iris.


    Was ich mit meinen postings ausdrücken wollte, war eine gewisse Skepsis, dass mit dem Urteil das Problem zu lösen sei. Sicher wird man die Buchpreisbindung nicht kippen, aber es wird immer und immer mehr Leute geben die die juristischen Schlupflöcher immer schneller finden und nutzen.

  • Hallo Idgie!


    Zitat

    Original von Idgie
    Was ich mit meinen postings ausdrücken wollte, war eine gewisse Skepsis, dass mit dem Urteil das Problem zu lösen sei. Sicher wird man die Buchpreisbindung nicht kippen, aber es wird immer und immer mehr Leute geben die die juristischen Schlupflöcher immer schneller finden und nutzen.


    Das gilt für jede Gesetzgebung. Es gibt einfach keine Möglichkeit, Gesetze ohne Schlupfwinkel zu formulieren. Die geradezu unverständliche Gesetzessprache ist ja das Ergebnis, Eindeutigkeit herzustellen.
    Aber wenn wir vor diesem grundsätzlichen Problem kapitulieren, dann können wir gleich alle Art von Gesetzgebung aufheben. :wow


    Solange die Buchpreisbindung gilt, wird sich niemand im großen Stil Bücher zum Einkaufspreis kaufen, um sie als gebrauchte billiger zu verkaufen, das lohnt sich nicht.
    Die "Powerseller" sind häufig im Dunstkreis von Presse und Buchhandel selbst zu finden und bieten Lese- und Rezensionsexemplare an, die sie nur zu dem Zweck angefordert haben, um sie mit einer 100%-Gewinnspanne zu verscherbeln.


    Ich bin ein Ebay-Verächter der ersten Stunde, studiere da allerdings gerne die Preise. Meine Tochter hat ein paar Geschäfte dort abgewickelt, tut es aber nach mehreren bösen Reinfällen nicht mehr.
    Antiquarisches suche ich über abebooks, da kriege ich sogar Erstausgaben. Ansonsten haben wir hier in MArburg ein paar superschöne Antiquariate, die mir - übers Netz - jedes Buch besorgen, was ich haben will. Und über Preise kann man reden. Wozu soll ich mich mit Gaunern einlassen?


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Tja, von Kapitulation kann keine Rede sein. Gesetzgebung steht vor dem uralten Problem möglichst abstrakte Sachverhalte möglichst umfassend zu regeln, während die Rechtsprechung den Spagat schaffen muss, einen individuelle Fragestellung unter die abstrakte zu subsummieren. Das gelingt eben meist auf die Weise, dass später findige Experten genau die Passagen aus den Urteilen fischen, die weitere Umgehungsmöglichkeiten bieten. Da kommt es dann drauf an, wer schneller ist im Lückenschluß. Eine Art Hase und Igel Spiel, das aber durchaus reizvoll sein kann. ;-)


    Was den ebay Handel angeht, wird dieser powerseller nicht den ganzen Buchhandel ruinieren. Und du hast sicher recht mit der Einschätzung, dass bei Bestehen der Buchpreisbindung da nicht grad der große Reibach winkt. Ansonsten hab ich zwar nicht die allermeisten Erfahrungen mit ebay, aber da geht es auch nicht krimineller zu als im realen Geschäftsleben. Vielleicht ist es ein bißchen leichter, aber man kann sich auch dort schützen. Wirklich kostspielige Geschäfte würde ich nie ohne Absicherung durchführen. Reinfallen kann man allerdings überall und da kann man sich auch nicht komplett schützen, nur vorsichtig agieren.


  • naja.... ab wann "handelt" man denn? gibt es da eine bestimmte anzahl die man verkaufen darf als privatperson? wenn ich manchmal "ausmiste" verkaufe ich auch teilweise ungelesene bücher, die ich garantiert nicht mehr lesen werde, aber das sind dann mal 10 stück oder so...

  • Was ich so mitbekommen habe, handelt es sich im vorliegendem Fall um einen Berliner Journalisten, der im vergangen Jahr 48 Bücher bei ebay versteigerte, wobei er erklärte, er habe vor allem ungelesene Rezensionsexemplare verkauft. Die gingen aber im Schnitt, glaube ich, so um € 6,00 weg, nachdem er mit € 1,00 begonnen hatte.