Bei Einbruch der Nacht - Fred Vargas

  • Bei Einbruch der Nacht


    OT: L´Homme á l´envers


    Erscheinungsjahr Original: 1999


    Rückentext:


    Ein "Wolfsmensch"zieht nachts durch die Dörfer des Mercantour, reißt Schafe, tötet die Bäuerin Suzanne. Mit dem Mut der Verzweifelung machen sich Suzannes halbwüchsiger Sohn und ein wortkarger Schäfer an seine Verfolgung. Ein urkomisches Roadmovie, ein Krimi, eine leise Liebesgeschichte - und Kommisar Adamsberg als Retter im dramatischen Finale.


    Über die Autorin:


    Siehe den Eintrag bei Wikipedia


    Die Reihe


    siehe hier



    Meine Meinung:


    Ein typischer Vargas, also gibt es auch nicht den als Retter in letzter Sekunde auftauchenden Superheld als Retter im Finale, wie er im obigen Text suggeriert wird, sondern er taucht schon wesentlich früher auf, der Kommissar Adamsberg. Der Kommissar, dem das logische Denken schwerfällt und der unstukturiert und chaotisch und aus dem Instikt heraus arbeitet- und deshalb seine Fälle langsam und mit Hartnäckigkeit löst. Adamsberg, der etwas skurill wirkende Kommissar stößt auf wahrhaft skurille Personen. Ein Schäfer aus den Bergen, der täglich mit dem Handy mit seiner Herde, insbesondere mit dem Leitschaf telefoniert, ein schwarzes Findelkind, aufgewachsen als Ziehsohn einer französichen dickschädligen und fluchenden Bäurin inmitten französicher, weisser Dickschädel- ein wandelndes Lexikon und Definitionskünstler und Camille- genau die Camille, die Adamsberg mit einer gewissen Verzweiflung liebt, die er aber fort in die Welt hinausgetreiben hat mit seiner Fremdgeherei, diese drei verfolgen einen Werwolf, der Suzanne, die geliebte Chefin, Mutter und Freundin getötet hat und der entlang einer roten Linie auf einer Landkarte seine Spur an Schafs- und Menschenleichen hinterläßt. Keiner will den dreien glauben, dass da ein Mensch dahintersteckt, ein Werwolf, einer der "die Haare nach innen trägt", oder zumindestens einer der glaubt ein Werwolf zu sein. Keiner, ganz besonders nicht die Polizei. So sieht sich Camille gezwungen Hilfe zu suchen bei einem Bullen, der "besonders" ist, über ihren Schatten, ihre Verdrängungen zu springen und zu dem, den sie einst liebte Kontakt aufnehmen und ihn darum zu bitten, bei der Suche nach dem Mörder zu helfen. Adamsberg ist bereit dazu, im doppelten Sinne, hat er doch schon geahnt, dass und was da aucf in zukommt mit dem großen Wolf in den Bergen. Auch wenn er leiden muß wie ein Hund, als er erkennt, das Camille, die stets flüchtige Camille, seßhaft geworden ist mit einem anderem Mann, einem schönen Mann, einem Kanadier, der sich mit Grizzlys in Kanada und Wölfen in den französischen Alpen auskennt. Und ob sich die flüchtige Liebe mal wieder flüchtig erfüllt und ob und iwie es den vieren gelingt den Mörder zu entlarfen ist eine Geschichte, die das Lesen absolut lohnt.


    Für alle Fans "langsamer" Krimis ein Hochgenuss.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ich finde diesen Krimi von Vargas gut. Gut eben... Aber viel mehr auch wieder nicht.


    Die Handlung verläuft wirklich sehr langsam. Wenn ich jetzt noch darüber nachdenke, finde ich sogar, dass die Geschichte kaum Handlung gehabt hat. Ich habe mich oft während des Lesens gefragt, wann endlich was passiert.


    Allerdings hat "Bei Einbruch der Nacht" trotzdem Unterhaltungswert. Man wird nicht durch eine spannende Handlung unterhalten, sondern durch die Eigenarten der Charaktere, die stellenweise sehr amüsant sind. Beispiele dafür hat beowulf schon erwähnt.
    Ausserdem muss man natürlich herausfinden, was nun hinter dem Phänomen Werwolf wirklich steckt.


    Es ist mal ein Krimi der anderen Art. Schön zu lesen war dieses Buch allemal. Vom Hocker gerissen hat es mich allerdings nicht...

  • Vargas hat ihre eigene Art eine Geschichte aufzuziehen. Diese sind ebenso besonders und schrullig, wie ihre Hauptcharaktere selbst, die nicht ins typische Schemata passen. Sie sind anders und so schreibt auch Vargas selbst, was sie für mich von den alltäglichen Krimis abhebt, die man zuhauf erstehen kann. Klar, Spannung pur darf man nicht erwarten. Tut man allerdings auch nicht, wenn man Vargas kennt. Nicht jeder mag diese langsam fließende Erzählweise, aber ich fand es nicht besonders schwer, mit ihr und den Charakteren auf ihrem Weg warm zu werden, ganz im Gegenteil.
    Inzwischen kenne ich beinahe alle Bücher von Vargas und war noch mit keinem - nicht einmal dem Erstling - auch nur ansatzweise anzufrieden. Selbst wenn man - wie ich - mitten in der Serie einsteigt und nicht am Anfang anfängt, kann man der Geschichte der Figuren leicht folgen. So ist Camille in den meisten Büchern lediglich eine Randfigur, wird wie ein Relikt aus Adamsbergs Vergangenheit flüchtig erwähnt. Dieses Mal jedoch rückt sie in den Mittelpunkt, ist selbst Teil der Ermittlung, wenn nicht noch viel mehr. Sie zieht die Sache auf, begleitet die Morde in den französischen Alpen von Anfang an und sie ist es, die Adamsberg in die Geschichte miteinbezieht, der erst nur eine Randerscheinung zu sein scheint. Das ist in Bezug auf Vargas neu. Normalerweise zieht der Kommissar selbst die Geschichte auf, verfängt sich in irgendeiner Nichtigkeit, um dann das ganz große Verbrechen zu entdecken. In diesem Falle ist er mehr der Helfer in allerletzter Not, was nicht unangenehm ist, denn Camille ist ein guter Ersatz.


    'Bei Einbruch der Nacht' greift wieder einmal ein Mystisches Thema auf und man hat nur allzu oft das Gefühl sich am Rande der Normalität zu bewegen. Manchmal kommt es einem so vor, als würde Vargas Fantasy schreiben wollen. Vampire, Geister und für dieses Mal eben Werwölfe. Alles so geschickt in die Geschichte verwebt, dass man sich nicht sicher ist, ob man nun einen normalen Krimi vor sich hat oder ob es doch auf etwas Übernatürliches hinaus läuft.


    Auf jeden Fall ist Vargas immer wieder einen Blick wert. Wie gesagt, nicht jeder mag ihren Stil, aber ich für meinen Teil finde ihn angenehm und anregend. Die Nichtigkeiten des Lebens finden in Vargas Büchern Platz, ohne die Handlung zu stören, mehr noch sind sie wichtiger Bestandteil und sei es nur ein Katalog mit Werkzeug. Das macht vor allen Dingen ihre Charaktere so menschlich schrullig, dass man sie einfach mögen muss.

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus

  • Ich muss ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt haben, als mein oberflächlicher Blick sich nach Jahren des Herumschleichens um Fred Vargas´ Bücher an den ersten Zeilen des Innentextes schärfte und ich feststellte, dass Fred Vargas eine Frau ist. Noch ein Grund mehr, endlich dieser erfolgreichen Krimiautorin die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, dachte ich. Und ich habe es nicht bereut!


    Alles an diesem Buch ist seltsam, aber im positiven Sinn. Der Schreibstil, seine handelnden Personen, der ganze Mordfall, alles folgt nicht den üblichen Regeln. Am deutlichsten zeigt das Kommissar Adamsberg, der so gar nicht dem Ermittlerklischee entspricht und damit so viel interessanter ist, als seine scharfsichtigen, fiktiven Kollegen. Wie schön, dass es mehr Bände über Leben und Arbeit über ihn gibt. Doch ein wenig befürchte ich, dass sich Fred Vargas Zauber nicht halten könnte und sich in weiteren Geschichten abnutzt. Das bleibt abzuwarten.


    Doch nun zur Geschichte, deren Bösewicht ein großer Wolf oder sogar ein Werwolf zu sein scheint. Wie im echten Leben passiert nicht sehr viel Action und man muss vor Spannung auch nicht Fingernägelbeißen, trotzdem fesselt einen die Geschichte derart, dass man das Buch nur ungern aus der Hand legt. Die Story lebt von den eigenwilligen Charakteren und Beschreibungen von Dingen, die in den meisten Büchern keinen Raum bekommen. Fred Vargas schreibt nicht Klartext, sondern sie spielt mit den Vorstellungsvermögen ihrer Leser und überrascht ihn mit unvorhersehbaren Begebenheiten.


    Mir hat dieser besondere Krimi sehr gut gefallen. Ich bin gespannt auf weitere Fälle und dieses Mal braucht es keinen Werwolf, um mich zu locken ;-)

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."