Am 9.3.2007 fand die Doppellesung mit den Autoren Galsan Tschinag (Die neun Träume des Dschinghis Khan) und Tschingis Aitmatow (Der Schneeleopard) in der Flora bei den botanischen Gärten in Köln im Rahmen der LitCologne statt.
Zu den Autoren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tschynggys_Aitmatow
http://de.wikipedia.org/wiki/Galsan_Tschinag
Meine Eindrücke:
Das Interesse war trotz strömendes Regens und U-Bahn-Baustellenumleitung riesengroß und das große Fassungsvermögen der Flora wurde vollständig ausgenutzt. Noch wenige Minuten vor Anfang wurden die letzten Stehplätze verkauft.
Lucien Leitess leitete die Podiumsdiskussion und nicht etwa wie angedacht der jüngst verstorbene Übersetzer Aitmatows: Friedrich Hitzer.
Begonnen wurde nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten mit dem KirgisenTschingis Aitmatow (dem die Übersetzerin Ganna Maria Braungardt die ganze Seite zur Seite saß) und seinem neuen Roman Der Schneeleopard, der erst 5 Tage vorher in Deutsch erschien.
Doch schon nach einer Frage war es mit dem Moderator zu Ende. Der fast 80zigjährige Autor der Dschamilja und Literaturnobelpreisanwärter Tschingis Aitmatow monologisierte mehr als eine halbe Stunde auf russisch über sein Werk, so dass die Übersetzerin kaum mitkam und auch der Moderator keine zweite Frage mehr stellen konnte.
Interessant waren Aitmatows Ausführungen schon, aber er fügte leider allzu viele Platituden bei, die man eigentlich so nicht erwartet hätte, wenn man sein etwas Werk kennt.
Ein junger Kölner Schauspieler las dann einen Ausschnitt aus Der Schneeleopard.
Meiner Meinung nach war die Stimme des Vortragenden aber zu jung für den text und ich glaube auch nicht, dass er sich weiter sonst mit dem Roman befasst oder verinnerlicht hat.
Zudem las er mit zu viel Betonung.
Nach weiteren Aitmatow-Phrasen kam endlich Galsan Tschinag an die Reihe. Seine Fangemeinde wurde schon unruhig.
Doch schon nach wenigen Sätzen nahm ihm der übermotivierte Aitmatow das Wort und fing wieder an zu monologisieren.
Erstaunlicherweise gab es hierauf eindeutige Zuschauerreaktionen. Mit rhythmischen Klatschen wollte man Aitmatow zwingen, jetzt endlich Galsan Tschinag die Bühne zu überlassen. Eine amüsante, aber auch etwas peinliche Sache für Aitmatow.
So geschah es auch und der deutschsprachige Tschinag las lange Auszüge aus seinem neuen Roman Die Neun Träume des Tschingis Khan.
Mit abschließenden, etwas konstruierten Fragen versuchte der Moderator einen Zusammenhang zwischen den beiden Autoren herzustellen, der meiner Meinung nach kaum vorhanden ist. Auf allzu allgemeine Fragen an die Autoren z.B. über die Bedeutung von Schicksal in ihren Werken folgten die gewohnt pseudophilosophischen Antworten von Galsan Tschinag.
Wieder einmal ein Beispiel einer verunglückten Zusammensetzung einer Doppellesung bei LitCologne. Nur weil 2 Autoren eine ähnliche Herkunft haben, müssen sie noch lange nicht zu einander passen.
Als Tschinag abschließend Aitmatow mit symbolischen Kinderschuhen beschenkte und die beiden Autoren sich herzlich umarmten, war der ganze Saal wieder versöhnt.
Galsan Tschinag stellte noch seine neue bzw. erste CD mit Gedichten vor und sang sogar noch ein mongolisches Lied.
Dass die beiden Autoren sehr beliebt sind, zeigte sich durch die gewaltigen Massen, die sich in die Signierschlange begaben. Ich habe mir auch gleich Der Schneeleopard gegönnt und ebenfalls eingereiht.
Und vielleicht lag es ja an Galsan Tschinags Lied, dass sich jetzt der Regen verzogen hatte und wir auf der Rückfahrt noch lange über die bemerkenswerte und ungewöhnliche Veranstaltung diskutieren konnten.