Jane Harris - Das Vermächtnis der Magd

  • Bessy wird als Dienstmädchen bei Frau Anabella Reid angestellt und soll ausser ihrer Arbeit zusätzlich noch jeden Tag in einem Büchlein aufschreiben, was sie gemacht und auch was sie gedacht hat. Als Bessy durch Zufall hinter ein Geheimnis von Arabella Reid kommt, benutzt sie ihr Tagebuch, um der Frau einen Streich zu spielen, der dann allerdinfs Konsequenzen hat, die Bessy sich nicht vorstellen konnte und die sie auch nie gewollt hätte.


    Die Idee dieses Buches fand ich interessant, leider ist die Umsetzung nicht gut gelungen. Das Buch wird aus der Sicht von Bessy beschrieben. Die vielen derben Ausdrücke sind vielleicht durch ihre mangelhafte Bildung zu erklären und gewollt, der schwatzhafte Ich-Stil war mir jedoch zu modern für einen historischen Roman und hat mich das ganze Buch über gestört.


    Ganz viele Passagen wurden langweilig in die Länge gezogen und haben schlussendlich gar nichts zum Buch beigetragen.


    Alles in allem vergebe ich 4 von 10 Punkten.

  • Ich habe diesen Roman in einer Leserunde gelesen. Alleine hätte ich vermutlich schon auf den ersten 100 Seiten aufgegeben.


    Dieser Roman ist das Debüt von Jane Harris. Sie beschreibt darin aus Sicht einer Dienstmagd das Verhältnis zwischen Angestellten und Dienstherren im 19. Jahrhundert. Am Beispiel der eigenwilligen und gewitzten Bessy wird deutlich, in welchen Verhältnissen die ärmere Bevölkerungsschicht lebte und welche Chance auf Bildung eine gute Anstellung bot. Sprachlich bedient sich die Autorin dabei einer Ausdrucksweise, die Bessy vermutlich geläufig war. Schnörkellos und teilweise recht derbe wird nicht nur über die täglichen Aufgaben, sondern auch über die persönliche Meinung berichtet. Hilfreich ist diese Erzählweise, da sich der Leser ohne Umschweife in Bessy einfühlen kann.


    Spannungsgeladen wird auch der Handlungsstrang um die Herrin Arabella Reid aufgebaut. Geheimnisse ranken um diese Frau, die offenbar unzählige Tagebücher vorheriger Dienstmägde zu verbergen hat und darin ethisch kaum vertretbare Beobachtungen als Forschungsergebnisse festhält. Weiterhin gibt es einen ständig abwesenden Ehemann, der auch lieber bedeckt bleiben will, einen ominösen Knecht und einen undurchsichtigen Pfarrer. Diese übersichtliche Anzahl von Charakteren wird nun in ein Geflecht von Lügen verwickelt, dass sich daraus eine fesselnde Geschichte mit Gänsehaut-Faktor spinnen lässt. Leider hat Jane Harris diese Chance nicht konsequent genutzt. Zwar baut sie immer wieder unvorhergesehene Wendungen ein, sodass man sich häufig auf einer falschen Fährte wiederfindet, oft genug führt eine solche Spur einfach nur ins Leere. Diese Andeutungen, die dann nicht weiter ausgeführt wurden, waren für mich unbefriedigend und wirkten sich gerade am Schluss negativ auf den Lesegenuss aus. Auf psychologischer Ebene hätte es durchaus mehr Tiefgang haben können. Die Menge an seelischen Abgründen hätte Potential gehabt.


    Als Erstlingswerk einer Autorin ist dieser historische Roman dennoch gelungen. Die Geschichte ist zwar rein fiktiv, enthält kaum historisch belegte Ereignisse und könnte auch an jedem anderen Ort der Welt spielen, zeichnet sich jedoch durch den lebhaften Erzählstil aus. Von daher sind es doch noch 5 Punkte.

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  • Mir hat der Roman vielleicht um einen kleinen Tupfer besser gefallen als meiner Vorrednerin, wobei mich vor allem die ungewohnte Ausdrucksweise und auch die Herkunft der Protagonistin in ihren Bann gezogen haben. Bessy kann ihre Vergangeheit nicht verleugnen, hat aber das Herz am rechten Fleck, ist sonst aber frei von allen möglichen Tugenden, wie sie armen Dienstmägden in Romanen oft gerne angedichtet werden. Das fand ich jedenfalls sehr origeinell und erfrischend.
    Was ich weniger geschätzt habe, dass man sich als Leser von großen Geheimnissen umgeben wähnt, auf den Knalleffekt wartet - und letztlich mit einer recht banalen Lösung konfrontiert wird. Vielleicht würden andere Leser die Wendung am Ende wiederum als realistisch beschreiben. Da gibt es sicher die unterschiedlichsten Sichtweisen.
    Die Autorin versteht es mit ihrer Erzählweise jedoch recht gut, den Leser bei der Lektüre zu halten, und ich hätte das Buch in jedem Fall zu Ende gelesen, schon mal, weil ich wissen wollte, was denn nun dran ist an all der Geheimniskrämerei. Gelangweilt habe ich mich so gut wie nie und wer eine flüssig zu lesende Unterhaltungslektüre sucht, wird mit diesem Roman gut bedient sein.

  • Die Geschichte von Bessy und ihrer Herrin Arabella hat mir ganz gut gefallen. Der Sprachstil ist in den ersten Kapiteln etwas gewöhnungsbedürftig, passt aber zum frechen, durchtriebenen Dienstmädchen. Ausserdem hatte ich den Eindruck das Bessys Ausdrucksweise im Verlauf der Handlung weniger derb und chaotisch wird.
    Gut gefallen hat mir das es keine klischeehaften Fräuleins oder sonstige langweilige Standartcharaktere gab, die man in einem solchen Roman erwarten könnte. Die Handlung ist spannend und nicht vorhersehbar, es gibt einige interessante Wendungen. Aber auf den große Knalleffekt hab ich leider auch vergeblich gewartet.
    Viel Historisches konnte ich in diesem Roman nicht entdecken, in welches Genre die Geschichte gehört war auch nicht auszumachen, aber ich fand das Vermächtnis der Magd trotzdem unterhaltsam und gut zu lesen. Für mich ist es 6 Punkte wert.

    "Bücher haben eine Seele. Keiner muss die Seele eines Buches suchen. Die Seele des Buches findet den Leser. Das tut sie immer!" - Die wundersame Geschichte der Faye Archer

  • Den Roman, geschrieben aus der Sicht eines Dienstmädchens, fand ich sehr interessant. Man konnte sich nie sicher sein, ob sie die Wahrheit schreibt. Auf das "dicke" Ende habe ich vergeblich gewartet.


    Es sollte ein historischer Roman sein. Das einzige historische war das Jahr 1863, welches man auf dem Klappentext lesen konnte. Dies hat mich aber nicht weiter gestört.