Der Liebesbund – Mary Sharratt
Kurzbeschreibung
England,1689. Hannah Powell und ihre Schwester May könnten unterschiedlicher nicht sein. Die eine intelligent und wissbegierig, die andere lebenslustig und verwegen. Und doch vermisst Hannah ihre Schwester schmerzlich, als diese in die amerikanischen Kolonien zieht, um dort den Plantagenbesitzer Gabriel zu heiraten. Als ihr Vater stirbt, reist Hannah ihr nach. Kaum auf der Plantage angekommen, erfährt sie, dass ihre Schwester am Kindbettfieber gestorben ist. Nach und nach übernimmt Hannah Mays Platz - verliebt sich sogar in Gabriel. Aber der Geist von Hannahs Schwester scheint nicht zu ruhen. Unter welchen Umständen ist sie wirklich ums Leben gekommen?
Über den Autor
Mary Sharratt,1964 in Minneapolis, Minnesota geboren, arbeitete zwölf Jahre lang an einem Literaturinstitut in München und lebt heute im englischen Lancashire. Der Liebesbund ist ihr dritter Roman und der erste, der in deutscher Übersetzung erscheint.
Eigene Meinung
Gloucestershire, England, 1689:
May und Hannah Powell leben bei ihrem Vater in ärmlichen Verhältnissen. Er ist Arzt, aber es reicht für die Familie gerade zum Überleben. Sein Augapfel ist Hannah, die Jüngere der Schwestern. Ihr bringt der Vater schon früh alle medizinischen Kenntnisse bei. Hannah begleitet ihren Vater zu allen Hausbesuchen, da ihr Vater inzwischen schon alt und zittrig ist, nimmt sie im geheimen sogar kleinere Eingriffe vor. Hannah träumt von einem Medizinstudium, aber Frauen ist der Arztberuf im ausgehenden 17. Jahrh. noch verwehrt.
May findet von ihrem Vater wenig Beachtung, sie erinnert ihn schmerzlich an seine verstorbene Frau. So geht May schließlich immer mehr ihre eigenen Wege. Sie verführt die jungen männlichen Bewohner von Gloucestershire, lebt ihre Sexualität voll aus. Das hat Folgen, bald ist sie in der Gemeinde als Hure verschrien. Ihr wird schnell klar, dass sie in ihrem Ort keine Zukunft mehr haben wird, dass sie auf keinen Heiratsantrag hoffen kann. Sie würde sowieso lieber ein selbst bestimmtes, freies Leben führen, erkennt aber, dass dies wohl schwer möglich sein wird.
Als ihr Vater ihr eines Tages eröffnet, dass es beschlossenes Sache ist, dass sie den Sohn eines weitläufigen Verwandten heiraten soll, ist sie erst einmal schockiert. Aber sie sieht auch eine Chance, der Engstirnigkeit ihrer Heimatstadt zu entfliehen, denn ihr zukünftiger Ehemann lebt in Maryland auf einer Tabakplantage. Sie hofft dort auf ein besseres Leben und mehr Freiheit, so besteigt sie schließlich frohen Mutes das Schiff nach Übersee.
Als nach ein paar Jahren ihr Vater stirbt, macht sich Hannah ebenfalls auf den Weg, um Unterschlupf bei ihrer Schwester zu finden. In Maryland erwartet Hannah eine Schreckensnachricht, ihre Schwester ist inzwischen am Kindbettfieber gestorben. Schon bald zweifelt Hannah, dass ihre Schwester tatsächlich am Kindbettfieber gestorben ist, sie sucht zu ergründen, was zum Tode ihrer Schwester geführt hat.
Mary Sharrat ist ein überaus faszinierender, vielschichtiger Roman über zwei starke Frauen gelungen. Sie zeigt auf, welche Hürden für Frauen des ausgehenden 17. Jahrhundert zu bewältigen waren, wenn sie ein selbst bestimmtes Leben führen wollten. Detailreich und einfühlsam erzählt sie vom Leben in der Wildnis, den Kampf der Menschen mit der Natur, der harten Arbeit, um die nackte Existenz zu sichern. Aber auch von Liebe, Hoffnung, Verlust und Reue, handelt diese wunderbare Geschichte. Durch die verschiedenen Erzählperspektiven bleibt die Spannung bis zum Ende erhalten.
Ich kann daher das Buch nur wärmstens empfehlen, und vergebe 4 ½ Sterne.