'Stolz und Vorurteil' - Kapitel 01 - 18

  • Um noch mal kurz auf die Verwendung des Vornamens Jane zu kommen:


    Zitat

    Original von MagnaMater
    ad Eny: Zephira hat recht: das ist ungefähr so wie die Marquise von O. Es entspricht dem damaligen unverbindlichen zeitungsstil, und gibt den lesern das gefühl, dass das wirklich irgendwo passiert ist, der autor augenzeuge war, und dass man das detail weglässt um... 'die Unschuldigen zu schützen' wie man das wohl nennt... :grin deswegen heisst auch immer eine figur Jane. - eine der naiven leserinnen ala Bennett-töchter kann sich ausmalen, dass die Autorin dabei war, und dass das ihre geschichte ist.


    Das passt aber nicht dazu, dass Jane Austen zeitlebens ihre Romane anonym veröffentlich hat... So steht es zumindest in der Autorenbeschreibung in meinem Buch (und hier auch). :gruebel

  • Ich will dann sehr hoffen, dass diese farblosen gutmütigen Jane-figuren, nicht ihr idealbild von sich selbst waren :lache
    Die erstliche anonymität kann ich gut verstehen: sie selbst fühlte sich als eine der wenigen schreibenden frauen zu unsicher, um mit ihrem gesicht und namen vopn anfang an hinter ihren texten zu stehen, sie fürchtete vielleicht einen skandal, weil ihre ansichten über freie entscheidungsgewalt in liebesdingen ihr selbst zu radikal vorkamen. Erst als der erste erfolg da war, hat sie begonnen es leise zuzugeben... und ihre autorenschaft war ja bald ein offenes geheimnis... eine brotkrümchenspur für romanlesende freundinnen... he, lies den da: der muss von Jane sein...


    Eigentlich ist es kein wunder, dass ihre bücher wieder populär werden, denn das problem arrangierter ehen ist angesichts der zahlreichen jungen muslimischen europäerinnen aktueller den je, und das problem hinter der nächsten wohnungstür am gang und die bedrohung der eigenen kaum richtig gewonnenen und genutzten freiheit spürt man auch als europäerin, die sich nicht direkt mit diesen frauen und ihren arroganten männern abgibt.
    Jane Austen ist eine moralische stütze, die einem immer wieder versichert, der eigene weg/die eigene meinung ist richtig. Man kann sich gesellschaftlichen anforderungen verweigern und auf die grosse liebe hoffen, die die aufgabe der eigenen freiheit und selbstbestimmung wert ist/scheint.
    Mag sein, dass das eine illusion ist, und traditonelle kulturen und auch der durchaus ehrbare Mr Collins recht haben, und heiraten eine frage der wirtschaftlichkeit und des gesellschaftserhalts ist.
    Wundermänner wie Darcys und Bingleys sind letzendlich dünn gesät, und auch der netteste lebensabschnittspartner geht einem nach einigen jahren mit seinen eigenheiten bereits leicht auf die nerven, weil man sich auszurechnen beginnt, wieviel zeit und elan man in eine eigentlich noch immer unbefriedigende situation gesteckt hat, und man ihn besser heute als morgen aus seinem leben haben will, um nochmal neu anzufangen.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • FYI:


    Die Figur der Jane in diesem Roman ist die Darstellung der Idealvorstellung einer jungen Frau, die damals galt. Das war das Erziehungsziel.
    Die Realität sah sicher anders aus.


    Im Roman hat sie verschiedene Funktionen. Sie ist in erster Linie Kontrapunkt zu Elizabeth, verweist aber eben auch aufs Erziehunsgideal und, letztlich, auf ihre eingene Mutter. Mrs. Bennet als junge Frau stelle ich mir immer vor wie Jane, lieb und freundlich und ein bißchen passiv, perfekt erzogen, geht eine solide Verbindung ein und ... Das war ihr Leben.
    Traurig. Aber ernsthaft: was wird aus Perfektion, wenn sie auf Erden wandelt???


    Ich habe keine Ahnung, ob Austens Bücher heute als moralische Stütze gelesen und empfunden werden - es wäre zu fragen: welche Moral? Die von um 1800 doch sicher nicht? :yikes.
    Offen gestanden wundere ich mich sehr über den Hype.


    Was Austens eigene Zeit betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, daß sie keine Bestseller-Autorin war. Auf die Veröffentlichung ihres Erstlings 'Pride and Prejudice' mußte sie 11 (elf) Jahre warten. Sie schrieb auch keineswegs Mainstream, das wäre zu der Zeit historisch oder gothic novel gewesen.
    Deswegen verkauft sie sich nicht besonders gut.
    Sie wurde keineswegs als Geheimtip unter Frauen gehandelt. Die wenigen zeitgenössischen Rezensionen, die es von ihren Romanen gibt, darunter eine von Walter Scott, sind kurz, relativ anerkennend, benutzen aber unweigerlich als Kennwort: amusing.


    Bis zu ihrem Tod wurden ca. 11 000 Exemplare ihres Gesamtwerkes verkauft, also alle Romane zusammengenommen.
    Zum Vergleich: von Scotts Rob Roy wurden innerhalb von vier Wochen 10 000 Exemplare verkauft.
    So there


    Richtig entdeckt wurde Austen ohnehin erst ab 1870 aufwärts, beliebt war sie deshalb noch lange nicht. Einen Ruf als literarisch bedeutsame Schriftstellerin bekam sie erst nach den 1930ern.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Diese bücher haben durchaus eine moralische stütze... wie abgefedert und verschleiert auch immer sie für uns moderne westliche frauen scheinen mag, sie verlangen für ein gesittetes mädchen einer traditionellen kultur unmögliches: die verweigerung des willens der eltern und eines um ihre hand werbenden mannes.
    Es ist völlig unterschätzte aufklärungs- und revolutions-literatur, es geht von der gleichheit der geschlechter und der freiheit des willens aus.
    Wenn man es heute einer jungen muslima in die hand drückt, und sie nimmt sich das verhalten der heldin als leitbild, handelt sie sich lebensbedrohliche schwierigkeiten ein.
    Der Austen-Hype passiert auch mehr in den europäischen ghettos, wo gleich neben uns mitten in europa für gebürtige europäerinnen leitfäden vertrieben werden mit themen: 'wie europäisch erzogene frauen sich mit der polygamie anfreunden können', und 'warum die gläubige frau sich dem willen des gattens völlig zu unterwerfen hat', und warum die ungläubigen nachbarn, die sich nicht bekehren lassen wollen gottgefällig ausgemerzt gehören, und unverschleierte frauen mit kurzen haaren, die sich nicht unterwerfen und sich erdreisten männern ins gesicht zu sehen, allesamt gesteinigt gehören.
    In so einer umgebung so ein vordergründig als harmlos belächeltes 'mädchen-büchelchen' zu lesen, wo am schluss der topf von selbst sein deckelchen findet, ist revolte - und das war es auch in dieser zeit, als es geschrieben wurde: die gute, ideale Jane ist auch als das dummchen dargestellt, das passiv vom glück begünstigt wird, und die hauptperson bricht aus der vorbestimmung aus, und versucht sie zu lenken - dass sie dann auf ihre art dann doch das glück findet, und die gute brave schwester auch zum glück kommt, geschieht, damit die mutter beim lesen nicht ohnmächtig wird, und ihr die eigentliche botschaft des buches entgeht.


    Scotts Romane hat jeder Vater einmal seinen Söhnen und dann nochmal für sich selbst gekauft. Ob er ein buch mit solchen libertinen vorstellungen, wo jedesmal ein mädchen gegen den willen ihrer eltern mit ihrem liebhaber durchbrennt, und durch das segensspendende eingreifen ihrer heldin oder eines echten ehrenmannes doch noch gerettet wird, seiner tochter schenkte, war eine andere frage.
    Kein wunder, dass man einer solchen roman-literatur vorwarf, bei mädchen nervenfieber zu verursachen; die mädchen hatten allen grund, sich aufzuregen.


    Eine junge bekannte von mir weiss, dass sie in zwei jahren mit ihrem cousin verheiratet werden wird. Sie hat jetzt drei möglichkeiten: Selbstmord zu begehen, sich in ihr schicksal zu ergeben, oder versuchen auszubrechen und damit die verstossung aus ihrer familie und ihre ermordung zu riskieren. - Ich werde sie nicht bei mir verstecken, und sie in ihrem elend allein lassen, ganz einfach weil ich nicht blöd bin und den lynchmob ihres clans lostreten will, für den ich bei aller vordergründigen freundlichkeit längst suspekt bin.
    Das ist tägliche europäische realität im jahr 2007 und nicht um 1800.
    Wenn ihr Jane Austen hilft, von flucht zu träumen, und ihre chancen abzuwägen, und vielleicht im arrangierten und dem ungewollten doch noch hoffnung zu schöpfen, bitte, soll sie es lesen, und ihren cousinen und schicksalsgenossinnen geben, die dasselbe bereits hinter sich oder auch noch vor sich haben.
    Dieses buch ist ob seiner problematik 'ins schicksal ergeben oder selbst handeln?' nach 200 Jahren top-aktuell.

    DC :lesend


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  • MagnaMater,


    ich hab's nicht zur Gänze kapiert, Deine postings sind, mit Verlaub, eine Spur - lang?


    Die Wirkung von Austen auf Leserinnen heute führe ich persönlich in erster Linie auf die Verfilmungen zurück. Nach meiner, zugegebernmaßen geringen, Erfahrung mit der Wirkung von Austen auf Leserinnen heute, ist es vor allem die Romantik der Situationen, die anziehend wirkt, die Liiiiiiebe, die 'schönen' Kleider und die wunderbaren Manieren. Das ganze kuschelig-altmodische Ambiente. Lebendiges Museum.
    (Das meine ich NICHT negativ.)


    Zur Wirkung von Austen auf Frauen muslimischen Glaubens kann ich nichts sagen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie und in welchem Umfang Austen bei Muslimas hier in der BRD bzw. Europa oder außerhalb Europas rezipiert wird.
    Eine, nun, Sprengkraft würde ich den Büchern heutzutage nicht unbedingt zusprechen.
    Zudem nehme ich an, daß es durchaus arabische, indonesische, türkische, indische etc. AutorInnen gibt, die zu diesen Themen schreiben und zwar lebensnaher, zeitgemäßer.
    Sich auf eine Autorin aus dem England des frühen 19. Jh. zu stützen, mit dem Gedanken an weibliche 'Freiheit' heutzutage käme mir persönlich ein wenig... verschroben vor.

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    K. Kraus

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    @ Lisbett: bewusst blödsinn reden... naja, in solchen situationen drehe ich den frauen in der oberflächlichen gesellschaft demonstrativ den rücken zu, und unterhalte mich mit den männern


    Manchmal ist die Wut in mir zu groß, um mich einfach umzudrehen. Und manchmal sind die Leute zu lächerlich, um sie nicht ein wenig vorzuführen. Meistens versuche ich es ja mit Argumenten aber manchmal ... meine Schwäche ist es, Menschen, die ich nicht mag gegen den Strich zu reden, dabei passiert es auch schon mal, dass ich Meinungen zum besten gebe, die ich nicht wirklich vertrete und bin dann genötigt, zurück zu rudern. Kann auch peinlich sein. *rotwerd*


    Dein Ballerlebniss ist ja auch bemerkenswert ... ähm ... grenzwertig. Ich würde gerne einmal solches erleben, aber lieber in Kreis Bekannter und Freunde. Überhaupt würde ich gerne mal ein Regency-Kleid tragen. Wenn schon nicht die Zeit, bzw. die Rolle der Damenwelt bei Austen mich begeistert, die Mode tut es. Zumindest die komfortable Welche.

  • Eine Bemerkung zur Wirkung von Austen auf junge heutige Leserinnen: Meine Töchter lesen sehr gerne Autoren/Autorinnen dieser Zeit, die jüngere (16) noch mehr als die ältere (19). Das Lieblingsbuch der Jüngeren ist "David Copperfield" von Charles Dickens, auch "Jane Eyre" und "Sturmhöhe" haben beide gern gelesen, die ältere auch "Middlemarch" u.a. Ich vermute, mehr aus stilistischen Gründen denn aus inhaltlichen: Sie mögen das langsame Erzähltempo, die Gründlichkeit der Schilderung. Der kunstlose Samamistil heutiger Bestseller, die sich wie Vorlagen zu Drehbüchern lesen, ist nicht jedermanns Sache. Es gibt auch noch Leute, die was anderes mögen. Sogar junge Leute.

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Austens Roman scheint mir nur von historischer Bedeutung zu sein und hat keinerlei Bezug zu unserer Gegenwart.


    Ich möchte hier gerne einen kleinen Wiederspruch einlegen. Meiner Meining nach hat der Roman durchaus noch Aktualität zu bieten. Zum einen lassen sich für die simple Mrs. Bennett auch heute noch zahlreiche Äquivalente finden. Zeitlose Charakterstudie also. Und dann geht es ja tatsächlich auch noch um Stolz und Vorurteile, wie Menschen diesen begegnen, ihnen aufsitzen, die einordnen und erkennen und schließlich und endlich, wie man lernt, den ersten Eindruck nicht immer als den Besten zu nehmen, wie man über den eigenen Schatten springt und Meinungen und Ansichten ändert.


    Was mich noch schockiert hat: Ich habe beim Lesen den Eindruck gewonnen, dass Elizabeth Jane zusammen mit ihrer Mutter in den Regen geschickt hat. Hat sie nicht ihrem Vater die Zusicherung abgerungen, er benötige das Pferd? Sagt mir, dass ich mich irre. Bitte.


    Zu der Frage um ledig geblieben Frauen: ich denke, sie wären bei der Verwandschaft untergekommen, die sie aus familiären Sitten heraus aufgenommen und durchgebracht hätte. Ein Trost ist das freilich nicht. In vielen Fällen mussten dafür sicher unschöne Aufgaben und Demütigungen hingenommen werden. Und dann wären da noch die Möglichkeit als Gouvernanten und Gesellschafterinnen zu arbeiten. Auch keine schöne Vorstellung, wie man bei den Brontes nachlesen kann.


    Am Anfang wollte ich wiedersprechen, Mrs. Bennett sei falsch, aber nach einigem überlegen muss ich mich doch anschließen. Mehrmal behauptet sie, es wäre eine Qual auf Bälle und Gesellschaften zu gehen, überhaupt, das reden mit anderen Leuten läge ihr überhaupt nicht ... aber eigentlich ist das ihr liebster Zeitvertreib, gerade das Reden. Andererseits ist sie nicht raffiniert genug zur vollkommenen Falschheit. Ich finde sie einfach lästig und peinlich, Im Film allerdings amüsiere ich mich gerne mal über solche Figuren.


    Ich kann mir vorstellen, Jane Austen schrieb ihre Bücher als Leitfäden des Handelns um auf angemessene Weise sein Glück zu machen, gleichzeitig schildert sie spitz, aber irgendwie auch liebenswert die Marotten der Menschen um sie herum. Keineswegs empfinde ich die Bücher als trist, auch die Zeit damals nicht. Ich mühe mich immer, meinen modernen Blick zu reduzieren und mich in ihre Lebenswelt einzufinden. Ich bin mir sicher, in der damaligen Zeit würde ich mich ähnlich wohl gefühlt haben wie in meiner jetzigen, ich hätte es schlicht nicht anders gekannt und mir nicht vorstellen können. Austens Heldinnen agieren im übrigen immer im Rahmen des Schicklichen, meiner Meinung nach hat sie revolutionäre Gedanken und Verhaltensweisen nicht wirklich gut gehiesen, in ihren Büchern werden solche Damen und Herren meist abgestraft, Lydia zum Beispiel. Jane Austen tritt meines Erachtens nach für Selbstbestimmung ein, wie in Überredung, aber niemals zur Abkehr der herrschenden Sitten. Dafür war sie sicherlich selbst zu tief in den ihren verwurzelt.

  • Leider stecke ich noch mitten in Kapitel 18 (werde ich aber heute in U-Bahn zu Ende bringen)........aber endlich weiß ich, wer besagter Mr. Collins ist!
    Den Brief fand ich ja erst noch ganz rührend, aber die Ansichten die dahinter stecken.....irgendeine von den Bennet-Töchtern wird schon frei sein, oder? Und dann dauernd sein Geheische auf Bewunderung und sein Hervorheben seines Besitzes und seiner Stellung....zum Abgewöhnen!


    Ja, Mr. Darcy scheints erwischt zu haben......obwohl er sich noch dagegen wehrt....eigentlich unverschämt:
    "Wäre nicht ihre geringe Herkunft gewesen, hätte er ernstlich befürchtet, in Gefahr zu schweben."(Kapitel 10)


    Eliza schwärmt aber zwischenzeitlich von Mr. Wickham, der scheint mir aber auch nicht so zu sein, wie er sich gibt!
    Was war da nur zwischen Mr. Darcy und ihm?


    Miss Bingley entpuppt sich in Kapitel 11 wohl als verkappte Büchereule:
    "...Nichts hält einen so frisch wie ein Buch!.." ;-)


    Also, es ist immer noch ein ziemliches Hin- und Her und Kräftemessen zwischen manchen Pärchen (z.B.Eliza/Mr. Darcy oder Eliza/Caroline Bingley).
    Einzig klar scheinen sich Mr. Bingley und Jane über ihre Beziehung zu sein!

  • Zitat

    Orginal von Liesbett


    Und dann geht es ja tatsächlich auch noch um Stolz und Vorurteile, wie Menschen diesen begegnen, ihnen aufsitzen, die einordnen und erkennen und schließlich und endlich, wie man lernt, den ersten Eindruck nicht immer als den Besten zu nehmen, wie man über den eigenen Schatten springt und Meinungen und Ansichten ändert.


    :write Das ist auch haupsächlich das, was ich für mich aus dem Buch auf unsere heutige Zeit übertragen bzw. vergleichen kann.


    Ja Liesbett, ich habe es auch so verstanden, dass Eliza ihrer Mutter bei deren Vorhaben Schicksal zu spielen, unterstützt hat! :nono
    Überhaupt fand ich es unmöglich, wie penedrant Mrs. Bennet ihren Wunsch nach einem längeren Aufenthalt Janes bei Bingleys, durchgesetzt hat!

  • Ich lese ja Jane Austen hauptsächlich wegen ihre kleinen, bösen Bemerkungen.


    Im Kapitel 10 von "Stolz und Vorurteil" lehnt sie es zum Beispiel mit den Worten “the picturesque would be spoilt by admitting a fourth,” ab, mit Darcy und Bingley's Schwester spazieren zu gehen, und ich habe in irgendwelchen Anmerkungen gelesen, dass das eine Anspielung darauf ist, dass es damals als malerisch galt, in Gemälden immer genau drei Kühe zusammen zu zeigen. :lache

  • @ Lisbett: ja, du hast recht: Lizzy hat ihre schwester ermuntert zu Bingleys zu reiten. Und ich bin mir über ihre motive nicht im klaren. Vielleicht dachte sie wie ihr vater: wenn es grund gibt, krank zu werden, dann 5000 pfund - das wäre mein kommentar gewesen.
    :lache wenn ich nicht wüsste, dass ich in die parties der Wiener high snobiety höchst wahrscheinlich nie mehr wieder eingeladen werde, würd ich dich glatt mitnehmen, dann hätte ich zumindest jemanden zum reden! Und ich muss dich enttäuschen: die meissten waren in ganz modernen abendkleidern, die älteren damen - und ich mangels etwas anderem auch in tracht. Aber es ist verblüffend: eine gewisse gesellschafsschicht hat sich in den letzten 200 Jahren ausser modisch überhaupt nicht verändert. Ich trage mein disgraced-sein aus derseben glühbirnenhaft mit fassung.


    uhh... nicht doch! empire-kleider find ich furchtbar... da sieht man sogar als zahnstocher schwanger aus! bevor ich sowas anziehe, geh ich eher in geschnürter tracht aufs nächste schützenfest.


    @ Delphin: :wow :lache pride und prejudice wegen der romantik zu lesen, wäre auch mir im traum nicht eingefallen... ich lese es wegen dem schönen englisch und den überspitzten formulierungen, und den kuriosen weltbetrachtungen, und auch den weisen sachen, die Charlotte Lucas-Collins über ihre heirat sagt. :lache
    Das mit den pärchenbildungen am schluss, und dass alles in friede und eierkuchen endet, find ich unerträglich. Ich bin an buchenden eher fürs sterben... aber da ich mir die bücher in meiner eigenen phantasie fertig stelle: bei mir ist Darcy nach einem jahr ehe verstorben, und Lizzi musste sein geld nicht verlieren, weil sie einen sohn von ihm hatte, als dessen mutter sie sich in Pemberly für den rest ihres lebens bequem als herrin einnisten konnte. :grin Romantikerinnen werden mich jetzt dafür hassen... :schnellweg


    @ magali: alles, was ich meinen zwangsverheiratet werdenden bekannten zum trost sagen kann: Auch wenn er im ersten blick furchtbar sein sollte, und du mit ihm überhaupt nichts gemeinsam hast: du wirst dich an ihn gewöhnen. Aber du hast sicher recht, von ihnen lesen vielleicht eine handvoll frauen europäische bücher: viele ihrer cousinen können nicht richtig deutsch, ich hab zwar vor einigen jahren gedacht, ich helf den kleinen kindern bei den hausübungen, wenn ich schon dort bin, aber dann hab ich woanders gearbeitet und das ganze ist eingeschlafen... und eines der Mädchen hab ich vor einigen monaten entdeckt, geht gar nicht in die schule, weil es gar nicht als hier wohnhaft gemeldet ist... es wird von der grossmutter erzogen, die noch weniger deutsch als sie selbst kann :bonk

    DC :lesend


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  • Magna Mater


    es fällt mir schwer, aber ich kann nicht umhin zu sagen, daß eben der Kniff, das Liebesobjekt am Ende der Geschichte dahinscheiden zu lassen, in der bürgerlichen Romantradition zu den allerromantischsten Versatzstücken überhaupt gehört. ('Melodrama')
    Austen, denke ich, wußte oder ahnte das zumindest, da der Roman an sich zu ihrer Zeit eine junge Form war. Klardenkend, wie sie war, wählte sie ein - realistisches Ende.
    Deswegen lese ich z.B. Austen. Weil sie wunderbar die Wirklichkeit wiedergeben kann. Die Lebenswirklichkeit von Frauen ihrer Zeit.
    Manche Strukturen sind tzudem atsächlich noch aktuell.
    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Was bestimmt nach wie vor aktuell ist, das ist die Fülle einander widersprechender Erwartungen an Frauen. Hier darauf bezogen, dass Elizabeth zu Fuß über Stock und Stein herbeieilt, um die kranke Schwester zu pflegen, und wegen ihres schmutzigen Rocksaums kritisiert wird.


    Celia Fremlin, eine Gegenwartsautorin, die die Tücken des Hausfrauendaseins auf dem Kieker hat, bemerkt in einem ihrer Bücher sinngemäß: "Ein Kleid, in dem eine Frau sich mit Spinatbrei bespucken lassen UND einen Ehemann verführen kann, ist leider noch nicht erfunden."

  • @ Magali: :lache oh, ich hatte vergessen zu sagen, dass sie natürlich eine lustige witwe ist, und jede menge parties gibt, jede menge liebhaber hat, Darcy bald vergisst, und um nichts in der welt wieder heiraten würde, nachdem sie endlich zu geld und freiheit gekommen ist... und man kann durchaus darüber rätseln, was in der suppe war, die sie ihrem liebsten an sein erkältungskrankenbett gebracht hat, als die erste liebe vorbei war...


    Aber das mit den in massen sterbenden frauen ist mir bei von männern geschriebenen romanen uns stücken krass aufgefallen. Die dürfen nicht übrig bleiben, entzaubert und alt werden, dürfen sich keinem anderen zuwenden, und am abschluss noch glücklich darüber sein, nee, die müssen immer jung sterben.

    DC :lesend


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  • Zefira


    der Satz von Fremlin hat was. :lache


    Wie auch Elizabeths Rocksaum.
    Ein anständiges Mädchen, so hieß es damals, trägt immer saubere Kleider, kommt niemals außer Puste, schwitzt nicht. Höchsten beim Tanz, aber da sind ja genügend Ansatndsdamen und sogar die mama vor Ort, dann geht das noch. Insgesamt aber zeigt ein Mädchen überhaupt wenig körperliche Regung, denn der Körper ist eher negativ besetzt damals.


    Über alle diese Ansichten setzt sich Elizabeth hinweg, sie ist ein guter Mensch, die Gefühle für die Schwester sind wichtiger als der angebliche Anstand.


    Dennoch: wie sie da von Mr. Darcy und den Bingley-Schwestern steht, ein wenig verdreckt, ein wenig erhitzt, schiebt sich genau an der Stelle ihre Körperlichkeit in den Vordegrund.
    Frisur sitzt nicht mehr so, die Wangen sind rot, der Atem geht schneller.
    Ein solcher Zustand läßt auch andere Schlüsse zu :grin


    Die Bingley- Schwestern haben ihn umgehend gezogen!
    Für sie ist Elizabeth von nun an ein loses Frauenzimmer.


    Es gibt viele solche 'gewagten' Hinweise im Text und es ist ziemlich spannend, zu verfolgen, wie Austen auf diese Weise höchst verhalten Sexualität thematisiert.
    Sexualität ist tatsächlich ein Motiv in diesem Roman ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    @ Magali: :lache oh, ich hatte vergessen zu sagen, dass sie natürlich eine lustige witwe ist, und jede menge parties gibt, jede menge liebhaber hat, Darcy bald vergisst, und um nichts in der welt wieder heiraten würde, nachdem sie endlich zu geld und freiheit gekommen ist...


    O, I understood you perfectly. I had no doubts whatsoever about anything you wrote nor do I have any.


    :grin

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    K. Kraus

  • und dass ich an ihrer stelle eventuell nachgeholfen hätte, auch?
    - In meiner eigenen familie gibt es just um 1780 eine störschneiderin, die innerhalb von sechs jahren hintereinander die drei reichsten männer im dorf ins grab gebracht hat, und dann ihren jungen knecht geheiratet hat, der sie dann allerdings überlebt hat... sie ist mit nur 65 jahren gestorben, er wurde 70... :lache


    ad Zephira, ich denk dabei grad an eine korsage aus grünem lack?

    DC :lesend


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