Sind wir Leser zu leichtgläubig?

  • @ Historikus:


    Welche Bücher (außer historischen) liest Du? Schreib doch bitte mal paar Titel auf.


    PS: Die Antwort warum ich diese Frage stelle folgt dann :-]

  • Thriller
    Krimis
    Romane
    Sachbücher


    Einfach alles, was sich Buch nennt. :grin


    @Tonio:


    Ich bin nicht empfindlich, bei Gott nicht. Ich hätte mir allerdings etwas mehr Selbstkritik erwartet, weniger empfindlich sein, keine solche Falschinterpretation. Kritik, dass ich etwas übertrieben habe, verstehe ich vollkommen und werde dies auch zukünftig berücksichtigen. ;-)


    mfg

  • Zitat

    Original von Historikus
    Ich bin nicht empfindlich, bei Gott nicht.


    Sorry, His, verwechselst du mich jetzt mit Doc?


    Zitat

    Original von Historikus
    Ich hätte mir allerdings etwas mehr Selbstkritik erwartet, weniger empfindlich sein, keine solche Falschinterpretation.


    Nochmal sorry, aber jetzt stehe ich mir auf der Leitung. Was willst du mir mit diesen Worten sagen?

    ToniO



    Betrachte nicht den Krug, sondern dessen Inhalt.
    Rabbi Me'ir


    Coincidence is God's way of remaining anonymous.
    Albert Einstein

  • Hallo His!


    Zitat

    Original von Historikus
    Details hat dir ja schon Iris genannt, deren Wissen ich immer mehr bewundere *lob an Iris*


    Halblang! :grins
    Das ist für 'nen "Fillologen" Handwerkszeug - es gibt 'ne Menge wichtiger Sachen von denen ich absolut nichts verstehe.
    Meine Mutter frotzelt mich immer liebevoll, ich sei "ein unerschöpflicher Quell nutzloser Kenntnisse". :lache
    Schön, wenn dies Zeuch gelegentlich doch von Nutzen sein kann.


    Herzliche Grüße


    Iris :wave

  • Dies ist nicht die erste und wird nicht die letzte Diskussion, in der es um „Literatur“ und „Trivialliteratur“ bzw. über die Wertigkeit von Geschriebenem geht.


    Dabei habe ich (auch an mir) festgestellt, dass mich gar nicht die Diskussion an und für sich stört, sondern die Art, wie sie gerne von der einen Seite geführt wird.


    Am Beispiel der Päpstin:


    Warum muss der Roman schlecht sein, weil er historische Daten enthält, die nicht stimmen??


    Kann nicht der Unterhaltungswert, der Stil und Story bewertet werden, mit dem Hinweis, dass die und die Daten historisch nicht stimmen??


    Warum so ein Roman generell als schlechter Mist oder Schund bezeichnen, wenn er nicht die Kriterien von Schundliteratur erfüllt, sondern es nur ein persönliches Werturteil ist?? Damit werte ich auch all die Leser ab, denen das Buch gefällt und die andere Maßstäbe anlegen.


    Mn sollte immer daran denken, dass die eigenen Maßstäbe (und mögen sie noch so wissenschaftlich untermauert sein), die eigenen und keinen allgemeingültigen sind.


    Und das ist wohl der Punkt, warum solche Diskussionen immer wieder etwas aus dem Ruder laufen.


    Es gibt ja gottseidank noch nicht den nach MRR (kann wahlweise ersetzt werden)-Vorgaben geklonten Leser und manches Buch, dass zu seiner Zeit disqualifiziert wurde, wird heute als eine Meilenstein der Literatur gehandelt - siehe Beispiel James Joyce "Ulysses".


    Hier einmal eine Auflistung von div. „Literatur-Begriffen“ aus http://www.wissen.de


    Literatur
    [die; lat.lateinisch]
    Schrifttum; im Mittelalter die weltlichen Schriften im Gegensatz zu den geistlichen; seit ca. 1770 Oberbegriff für die Gesamtheit von Texten, früher beschränkt auf die schriftliche Fixierung, heute mündlich überlieferte Werke einbeziehend. Man unterscheidet grob zwischen Dichtung, also dem sprachlichen Kunstwerk, und der Gebrauchsliteratur wie etwa wissenschaftliche und journalistische Texte oder Briefe.
    Die Dichtung wird formal in Drama, Epik und Lyrik unterteilt. Bisherige Hierarchisierungen, wie die qualitative Unterscheidung zwischen hoher Literatur, Unterhaltungs- oder Trivialliteratur, sind problematisch. Weitere Kategorisierungen richten sich nach nationalen Zuordnungen (Nationalliteratur), nach chronologischen, formalen oder thematischen Kriterien (z. B. Roman, Kurzgeschichte). Daraus ergeben sich Unterkategorien (Komödie, Tragödie), Epochen (z. B. Romantik, Moderne) und Genres (z. B. Kriminalroman, Liebeslyrik). Auch über Autoren bzw. Zielpublikum werden Klassifizierungen vorgenommen (z. B. Arbeiterliteratur, Jugendliteratur).


    Belletristik
    [französisch belles lettres, "schöne Wissenschaften"]
    Schöne Literatur
    seit dem 18. Jahrhundert nicht genau abgrenzbare Bezeichnung für den schöngeistigen Teil der Literatur, d. h. für die Dichtung im engeren Sinne und die Unterhaltungsliteratur.


    Unterhaltungsliteratur
    anspruchslose Literatur, die den Leser vornehmlich durch Stoff und Spannung fesselt; bevorzugte Gattung der Unterhaltungsliteratur: Roman und Erzählung. Die Unterhaltungsliteratur lässt sich nicht genau von der Hochliteratur oder Dichtung abgrenzen, da jeder literarische Text auch unterhaltenden Charakter hat. Als ästhetisches Kriterium gilt oft das Eingehen auf die Erwartungen des Lesers. Anspruchsvollere, aber hauptsächlich unterhaltende Texte werden manchmal als "gehobene Unterhaltungsliteratur" bezeichnet. Ebenso fließend wie die Abgrenzung nach "oben" ist die nach "unten" zur Trivialliteratur.


    Trivialliteratur [lateinisch]
    besonders weit verbreitete, leicht eingängige und verständliche Literatur, die auf ein breites Massenpublikum ausgerichtet und durch ihre Unterhaltungsfunktion sowie durch eine klischeehafte sprachliche und gedankliche Gestaltung ihrer Inhalte gekennzeichnet ist. Die bis in die 1960er Jahre vorherrschende Beurteilung der Trivialliteratur als minderwertig, gilt in der heutigen Literaturwissenschaft als überholt.


    Volksbuch
    im weiteren Sinne jedes populäre Buch, im engeren Sinne Lesestoffe (Romane, Legenden-, Historien- und Schwankbücher) des 16. und 17. Jahrhunderts, die auf älteren Traditionen beruhen, z. B.: Fortunatus, Herzog Ernst, Dr. Faust, Genoveva, die Schildbürger, Till Eulenspiegel. Der Begriff Volksbuch in diesem Sinn ist fragwürdig, da die Zahl der Leser sehr gering war; sie stieg nennenswert erst im 19. Jahrhundert. Jetzt aber waren es häufig keine Bücher, sondern Lesestoffe geringeren Umfangs (Heftchen, Kalender, Traktate), die populär wurden. Heute macht die Heftchen- und Kioskliteratur einen großen Teil der populären Lesestoffe aus, für die sich die wertende Bezeichnung Trivialliteratur eingebürgert hat.


    Schundliteratur
    abwertende Bezeichnung für Texte der Trivialliteratur, die nach bürgerlichen Wertvorstellungen sprachlich, inhaltlich und moralisch minderwertig sind, wobei diese Bewertung subjektiven Kriterien unterliegt. Zur Schundliteratur werden im Allgemeinen die so genannten Groschenromane gerechnet; gewaltverherrlichende oder pornografische Inhalte werden über das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften zu unterbinden gesucht.


    LG Dyke - der meint, es kommt immer darauf an WIE man etwas sagt (schriebt).

  • Zitat

    Original von Historikus
    Thriller
    Krimis
    Romane
    Sachbücher


    mfg


    ok, bei sachbüchern gehe ich noch mit, daß der inhalt korrekt recherchiert sein SOLLTE, wie schaut es dann bei den o.g. genres bei dir aus? wenn jemand wie ich geschichtlich "minderbemittelt" (jaja, jahreszahlen waren noch nie mein ding) ist, stört es denjenigen sicher weniger wenn der autor hier und da bockmist gebaut hat (weil es mir nicht mal auffallen würde) - da du aber sicher im bereich geschichte gut bescheid weißt hast du den nachteil (als vorteil würde ich das nicht sehen), daß dir die handlung aufgrund falscher geschichtlicher zusammenhänge vielleicht gar keinen spaß machen kann?!

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

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  • Hi!


    Zitat

    Original von dyke
    Warum muss der Roman schlecht sein, weil er historische Daten enthält, die nicht stimmen??


    Ich spreche allgemein, nicht von dem einen Buch.
    Ob ein Buch schlecht ist oder nicht ist ja immer Ansichtssache, das sollten Kritiker wie Verteidiger nie vergessen.
    Was Bezeichnungen wie Schund oder Schxxxbuch betrifft, so kämpfe ich seit Jahren einen Kampf gegen Windmühlen, weil ich andernorts immer wieder bitte, solche Ausdrücke zu vermeiden, egal bei welchem Buch. Es ist einfach unhöflich und beleidigend, man muß nicht ausfallend werden in seiner Kritik. Finde ich. Kriege da aber immer zu hören "Redefreiheit" etc.


    Wenn ein Buch Fehler enthält macht es das Buch nicht automatisch schlecht, nobody's perfect und in einem historischen Roman kann es schon mal passieren, daß sich der Autor vertut, wie es in einem Roman irgendeines Genres passieren kann, daß zB die Heldin innerhalb von drei Seiten die Farbe ihrer Socken wechselt. Sowas nenne ich "Tipfehler".
    Es hängt immer von der Schwere und der Anzahl der Fehler ab, finde ich.
    Wenn ein Buch vor Fehlern egal welcher Art strotzt, ist es schlampige Arbeit. Wir haben dafür in der Schule für unsere Schularbeiten etc. schlechte Noten bekommen und auf der Uni schmeißt man einem Arbeiten zurück, wenn sie schlampig recherchiert sind.
    Hoher Unterhaltungswert kann so ein Buch retten, aber das ist dann wiederum Geschmack.
    Beides aber ist subjektiv, manche stört es, manche nicht. Wo ist das Problem?


    Was nun konkret die Sache mit historischer Genauigkeit betrifft, so verstehe ich einfach nicht, warum jedes Mal wenn diese Diskussion beginnt, sofort Leute kommen die das anders sehen und sich bedroht fühlen.
    Genauso wie die einen das Recht haben, so etwas vollkommen gleichgültig zu sehen, haben doch die anderen das Recht, diesen Anspruch zu stellen. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich weiß, daß ich nie jemanden herabgewürdigt habe, der zur ersten Gruppe zählt, und muß bei dieser Art Diskussion (nicht hier, in anderen Foren) dennoch am Ende immer abwehren, rechtfertigen und verteidigen. Und das verstehe ich einfach nicht.
    Ich spreche hier niemanden konkret an, aber warum fühlen sich manche Leute bedroht, wenn andere ohne zu werten sagen, sie stellen bestimmte Ansprüche an ihre Bücher, wenn sie selbst es nicht tun? Und "unterschwellig" kann es nicht sein, denn ich weiß was ich empfinde. Und das ist lesen und lesen lassen.


    Ups, bitte um Vergebung für das Gelaber.


    Bye,


    Grisel

  • Hallo Dyke,


    schön übrigens das du hier schreibst. ;-)


    Zitat

    Warum muss der Roman schlecht sein, weil er historische Daten enthält, die nicht stimmen??


    Von Haus aus hat jeder Leser verschiedene Ansprüche. Dies ist auch gut so, sonst wäre es wohl langweilig, was. ;-)


    Aber: Warum heißt ein Buch Historischer Roman, wenn man sich nicht auf das historische verlassen kann?


    Erwartest du nicht auch von einem Liebesroman, dass eine richtig gute Liebesgeschichte präsentiert wird? Erwartest du nicht von einem Thriller, dass er spannend ist? Erwartest du dir nicht von einem Vatikanthriller, dass er vom Vatikan handelt und die Infos über den stimmen?


    Ich schon. Und warum soll das denn beim Historien-Roman anders sein? :grin


    Und wenn der Inhalt eines Buches nicht passt - nutzt für mich auch die Schreibweise nicht. Tut mir Leid - wenn es am Inhalt hapert, dann sind für mich alle anderen Kriterien hinfällig. Kein Buch kann perfekt sein, aber ich erwarte mir wenigstens von einem Historienschinken, dass der Großteil der Informationen wahr ist. Wenn ich nun wieder die Päpstin hernehme: Da stimmt historisch gesehen absolut nichts, dass war niemals in der Menschheitsgeschichte so. Das ist ja wie als "Lord of the Rings" als Historischer Roman bezeichnet wird. :grin :grin


    Zitat

    Kann nicht der Unterhaltungswert, der Stil und Story bewertet werden, mit dem Hinweis, dass die und die Daten historisch nicht stimmen??


    Verantwortungsbewusste Autoren schreiben natürlich im Anhang ihre Fehler. Dies macht auch Fr. Gable. Oft ist jedoch der Anhang nur allgemein geschrieben, und lässt vieles offen.


    Zitat

    Damit werte ich auch all die Leser ab, denen das Buch gefällt und die andere Maßstäbe anlegen.


    Ich werte keinen ab - ich sage nur meine Meinung über bestimmte Bücher. :-)


    Zitat

    der meint, es kommt immer darauf an WIE man etwas sagt (schriebt).


    Und es kommt auch ganz darauf an, wie man etwas interpretiert! :grin


    mfg

  • Hallo Lili,


    Zitat

    ok, bei sachbüchern gehe ich noch mit, daß der inhalt korrekt recherchiert sein SOLLTE, wie schaut es dann bei den o.g. genres bei dir aus?


    Schau: Keiner ist allwissend.


    Aber man kann kritisch sein, und sich so vor großer Falschinformation schützen. Ein Krimi, ein Thriller handelt von verschiedenen Themen. Ich frage mich oft: Kann das sein? Oft werden nebenbei beim Lesen Informationen übernommen, dass heißt gleichzeitig verbindet man Unterhaltung mit richtig. Dies ist ganz natürlich.


    Beispiel: Dan Browns Illuminati ist ein fantastisches Buch. Irre spannend. Aber was darin über den Vatikan steht, lässt mir die Haare zu Berge stehen. :grin
    Und wie oft musste ich schon mit Leute diskutieren, die Browns wilde Vatikantheorien wie die Bibel behandeln?
    In dieser Hinsicht habe ich die Erfahrung gemacht, dass einige Leser doch zu schnell glauben, auch was in Trivialliteratur steht.


    Deshalb auch mein kritischer Themenanstoß. Ich weiß, es wird nicht gern gesehen, aber die Wahrheit kann eben weh tun. :grin :grin


    mfg

  • ZITAT:
    In dieser Hinsicht habe ich die Erfahrung gemacht, dass einige Leser doch zu schnell glauben, auch was in Trivialliteratur steht.


    Warum nur Trivialliteratur??
    Sind Shakespeares Königs-Dramen geschichtlich präzise abgesichert?
    Oder wie ist es mit Goethes und Schillers geschichtlichen Dramen??
    Oder der Urvater des historischen Romans Walter Scott?? Wenn ich mich recht an ein Radiofeature erinner, hat er auch ganz schön mit Daten gemauschelt.
    Oder darf man die "Alten" nicht kritisieren, will sie unkritisier bar sind??


    Und zur Leichtgläubigkeit.
    Als ich in den 60ern meine ersten Bücher von H.P. Lovecraft gelesen habe, bin ich auch in die Stadtbilbiothek gewesen udn ahbe Infos über das Necronomicon und die weiteren erwähnten Bücher gesucht. Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich über einen Artikel in der SF-Times erfahren habe, dass diese Bücher alles Erfindungen von H.P.L. sind.
    Gib jetzt einmal den Begriff Necronomicon in eine Suchmaschine ein und Du erhälst Seiten, mit präzisen Zeittabellen, wann und wo das Necronomicon gewesen, existiert haben soll. Genau so geht es mit den Illuminaten.
    Wenn jemand etwas glauben will, kannst Du es nicht verhindern. Nur ist er deswegen dumm??


    ZITAT:
    Ich werte keinen ab - ich sage nur meine Meinung über bestimmte Bücher.


    Dazu, ich habe die Päptin-Diskussion komplett durchgelesen und in Deinem "Verriß" stehen nur pauschale Behauptungen ohne Tipps wo man sie überprüfen kann. Die hat erst Iris beispielhaft beigetragen.
    Du reißt mit einer Abrissbirne bestehende Gedankengebäude ein, statt auf die brüchigen Balken hinzuweisen, damit der Bauherr selbst prüfen und seine Entscheidung treffen kann. Hast Du übrigens Ähnlichkeit mit Martine, die auf Grund ihres Wissens auch nur verdammt ohne aufzuklären.


    Von einer Kritik (und was ist ein Verriß anderes) wird einfach mehr Substanz erwartet und nicht blindes Glauben, dass der Kritiker es besser weiß.


    Wobei ich mit der Frauenfrage auch noch so meine Probleme habe, denn zähle mal, welche künstlerischen Werke aus dieser Zeit von Frauen stammen und welche von Männern. Ich kann mich auch an keinen Hinweis erinnern, an dem Frauen Schulen leiteten (außer in den Nonnen-Klostern, wobei auch hier noch für bestimmte Bereiche auuschließlich Männer zuständig waren) oder als Meister, Arzt, oder in einer sonstigen Tätigkeit außerhalb ihres Haushaltes, mit Ausnahme der Hebamme. Mal sehen, wann ich an den Karton mit meinen Büchern über die Geschichte der Frauen komme, dann gerne mehr zu diesem Thema.


    Und zum Abschluß eine Frage:


    Wann hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür von Wittenberg genagelt??


    Schönes Wochende


    Dyke - der die Päpstin gar nicht gelesen hat, sondern nur das Hörspiel gehört.

  • Martin Luther hat die 95 Thesen gar nicht an die Kirchentür genagelt.


    Und hört jetz endlich auf.


    Micha der jetzt schlafen geht!!!

    Auf dem Dachboden lebten wir vier, Christopher, Carrie, Cory und ich.
    Nur drei gehen wieder fort von hier.


    V.C. Andrews

  • Hallo Dyke!


    Zitat

    Original von dyke
    Warum nur Trivialliteratur??
    Sind Shakespeares Königs-Dramen geschichtlich präzise abgesichert?
    Oder wie ist es mit Goethes und Schillers geschichtlichen Dramen??
    Oder der Urvater des historischen Romans Walter Scott?? Wenn ich mich recht an ein Radiofeature erinner, hat er auch ganz schön mit Daten gemauschelt.


    "Gemauschelt" haben sogar Homer, Aischylos, Sophokles, Euripides, Vergil ... Die Reihe kannste endlos fortsetzen! :grin
    Die Frage, die mich dabei bewegt, ist die nach dem Grund des Mauschelns, nach der Erzählabsicht des Autors bzw. der Autorin.
    Was die Zeitgenossen angeht - nicht nur, aber vor allem auf dem englischsprachigen Markt! -, stecken mir persönlich allen Ehrenworten zum Trotz viel zu starke finanzielle Interessen auf Seiten der Verlage, Agenten und in manchen Fällen auch der AutorInnen. Und das billige ich nicht.


    "Mauschelei" als Teil eines dichterischen, dramaturgischen oder erzählerischen Gesamtkonzepts, das ich irgendwie überprüfen kann, finde ich hingegen in Ordnung (Schiller hat Abhandlungen über seinen Wallenstein geschrieben und Shakespeare ironisierte seine historischen Figuren durch Prologe und Einschübe auf der Bühne!).


    Zitat

    Wenn jemand etwas glauben will, kannst Du es nicht verhindern. Nur ist er deswegen dumm??


    Ich glaube, wir berühren hier ein grundsätzliches ethisches Problem, das sich unter "positical correctness" subsumieren lässt.
    Da ich persönlich keinen Hang zu dieser Ideologie habe (ich empfinde das als eine ziemlich krude Form des "Rassismus"), sage ich auch ganz offen, dass Intelligenz - entgegen aller Annahmen - ungerecht verteilt ist, und dass Bildung ebenfalls ungerecht verteilt ist. Letzteres hängt weniger von der individuellen Intelligenz ab als von der Bereitschaft des Einzelnen, sich Bildung anzueignen. Das wiederum ist eine Frage der persönlichen Ethik.
    Wenn jemand bei "guter Unterhaltung" bereitwillig in Kauf nimmt, belogen zu werden, wobei die "Lügner" aus rein wirtschaftlichen, also niederen Beweggründen handeln, dann wundert mich das eben. Wer will denn schon, dass ihm jemand das Geld zuppelt? :grin


    Zitat

    Wobei ich mit der Frauenfrage auch noch so meine Probleme habe, denn zähle mal, welche künstlerischen Werke aus dieser Zeit von Frauen stammen und welche von Männern. Ich kann mich auch an keinen Hinweis erinnern, an dem Frauen Schulen leiteten (außer in den Nonnen-Klostern, wobei auch hier noch für bestimmte Bereiche auuschließlich Männer zuständig waren) oder als Meister, Arzt, oder in einer sonstigen Tätigkeit außerhalb ihres Haushaltes, mit Ausnahme der Hebamme. Mal sehen, wann ich an den Karton mit meinen Büchern über die Geschichte der Frauen komme, dann gerne mehr zu diesem Thema.


    Wenn du dich da auf populärwissenschaftliche Sachbücher entweder der konservativen oder der feministischen Linie verlässt, bist du allerdings verratzt. :grin
    Dieses Gebiet wird ernsthaft erst seit wenigen Jahren beackert, insbesondere von ikonographischer Seite her, also aus der Kunstgeschichte. Schriftliche Zeugnisse aus dem Mittelalter sind problematisch.
    Außerhalb des Klerikerstandes wurde kein gesteigerter Wert auf die Schrift gelegt - es gibt klare Hinweise, dass Lesen und Schreiben als "unmännlich" angesehen wurden (möglicherweise ein Erbe der illiteralen germanischen Kultur, in der "Schrift" (Runen) etwas Sakrales war). Im Zusammenhang mit den Kulturfertigkeiten Lesen und Schreiben haben wir nahezu ausschließlich Darstellungen von Frauan und Klerikern - von vereinzelten Ausnahmen aus der hochmittelalterlichen Minnekultur (z.B. Manesse'sche Liederhandschrift) abgesehen, aber hier tragen die lesenden oder schreibenden Männer keine Waffenröcke oder Harnische, sondern sind in lässige fließende Tuniken gehüllt. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Lesen und Schreiben grundsätzlich als "unmännlich" angesehen wurde. Der Ritter, der die Hohe Minne pflegte, ordnete sein "wildes Mannestum" dem kultivierenden Wesen einer Dame unter, um sich zu vervollkommnen.


    Außerdem wurden schriftliche Dokumente über lange Zeit ausschließlich in Klöstern aufbewahrt, und bis ins Späte MA hinein wurden auch in Frauenklöstern Handschriften erstellt. Man denke nur an die Tätigkeit unter einer Mechthild von Magdeburg, an Hildegard, die keine völlige Ausnahmeerscheinung war, an Eloisa, die Schülerin (!) und Geliebte des Petrus Abaelardus, an Christine de Pisan, die die soziale Unterdrückung der Frauen anklagt, nicht aber fehlende Bildungsmöglichkeiten, an Theophano und andere Regentinnen, Kaiserin Beatrix etc.etc.etc.


    Zitat

    Wann hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür von Wittenberg genagelt??


    31.Oktober 1517 - Text :grin


    Amüsierte Grüße,


    Iris :wave

  • Halo Micha!


    Zitat

    Original von Fdlmich
    Martin Luther hat die 95 Thesen gar nicht an die Kirchentür genagelt.


    Am 31. Oktober des Jahres 1517 schlägt der Professor für Moralphilosphie, Dr. Martin Luther, seine 95 Thesen wider die päpstliche Ablaßpraxis an die Tür der Schloßkirche in Wittenberg.
    Mit diesem Thesenanschlag, der im übrigen unter Historikern nicht unumstritten ist, wird Wittenberg weltberühmt.
    Im Siebenjährigen Krieg wurde die Schloßkirche stark beschädigt, auch die Thesentür wurde zerstört. An ihrer Stelle steht heute eine bronzene Tür mit den 95 Thesen.

    Guckstu hier! Das schreiben meine Lexika auch alle.
    Hmmm ... :gruebel hilf mir auch die Sprünge, Micha! Ich will 's wissen! :learn


    Neugierige Grüße,


    Iris :wave

  • Hallo Iris,


    da sind wir wieder im historisch korrekt oder historisch nicht korrekten Teil!


    Was ich weis, kam mal im Fernsehen, soll Martin Luther, der die Thesen zwar verfasst hat und sie im auch zurecht angerechnet werden, sie aber nicht selber an die Kirchentür genagelt haben.


    Aber landläufig sagt man, wie sollte man auch anders, da er sie verfasst hatt, er hat sie an die Tür gehämmert.
    Er wollte ja mit den Thesen auch nur die Kirche aufrütteln, so weit ich weis. Und das glaube ich ist ihm auch gelungen.


    Micha, der sich aber als nicht historisch sattelfest, freundlich auskunft gibt!!!

    Auf dem Dachboden lebten wir vier, Christopher, Carrie, Cory und ich.
    Nur drei gehen wieder fort von hier.


    V.C. Andrews

  • Hallo Micha!


    Zitat

    Original von Fdlmich
    da sind wir wieder im historisch korrekt oder historisch nicht korrekten Teil!


    :lache :lache :lache


    Zitat

    Was ich weis, kam mal im Fernsehen, soll Martin Luther, der die Thesen zwar verfasst hat und sie im auch zurecht angerechnet werden, sie aber nicht selber an die Kirchentür genagelt haben.


    Sagtest du nicht selbst, die im TV betuppen uns Zuschauer? :grin :grin :grin
    Naja, zumindest hat sie wohl jemand dort angeschlagen, wie auch jemand den Bann an sein Hoftor genagelt hat - bei diesen Nacht-und-Nebel-Aktionen weiß hinterher niemand wirklich, wer 's war.


    Es würde zu Luthers Charakter passen, wenn er die Thesen zwar verfasst, aber nicht selbst öffentlicht gemacht hätte - wenn man seine Schriften und vor allem die Briefe liest, stellt man fest, dass der Mann ein paar Züge hatte, die man bedenklich nennen könnte. :grin
    Aber derjenige, der dieses Pergament dann an die Kirchentür nagelte, brachte den großen Meister damit arg in Bedrängnis! :grin


    Zitat

    Micha, der sich aber als nicht historisch sattelfest, freundlich auskunft gibt!!!


    Danke! :knuddel1


    Herzliche Grüße,


    Iris :wave

  • Zu Luthers Thesen


    Ich frage deshalb, da


    Gerhard Prause in seinem Buch "Niemand hat Kolumbus ausgelacht" - Fälschungen und Legenden der Geschichte richtiggestellt


    das seit 1966 immer wieder erweitert und ergänzt aufgelegt wird, den Thesenanschlag als Wunschdenken erklärt. Lt. Prause gibt es keine zeitgenössische geschichtliche Quelle dafür.


    Auch die Lutherstadt Wittenberg weist den Thesenanschlag ins Reich der Legende


    http://www.luther.de/legenden/tanschl.html


    und doch wird er sogar in der Tagesschau am Reformationstag fast jählich erwähnt und sogar in der Schule (Gymnasium) gelehrt (zumindest bis vor 4-5 jahren, als ich Patchworktochter danach fragte.


    Soviel zu geschichtlicher Wahrheit



    Iris
    ZITAT: Wenn du dich da auf populärwissenschaftliche Sachbücher entweder der konservativen oder der feministischen Linie verlässt, bist du allerdings verratzt.


    Und was empfiehlst du dann?? Es gibt ein 5(?)-bändige Reihe über die Geschichte der Frauen in verschiedenen Epochen, die in der FAZ usw. als sehr sehriös bepsrochen wurde. Frauen im Mittelalter ist in einer Büchergilden-Ausgabe in meinem Besitz. Bisher habe ich damit sehr gute Erfahrungen gemacht.


    LG Dyke

  • Hallo Dyke,


    Zitat

    Warum nur Trivialliteratur??


    Na, nun nicht kleinlich werden, nicht? :grin


    Trivialliteratur ist nun einmal das, was am meisten gelesen wird. Deshalb habe ich es hervorgehoben.


    Zitat

    Wenn jemand etwas glauben will, kannst Du es nicht verhindern. Nur ist er deswegen dumm??


    Mir geht das jetzt schon langsam auf die Nerven. Warum soll leichtgläubig dumm bedeuten? Kannst du mir das erklären?


    Ja, ich kann es nicht verhindern. Aber man darf doch darauf hinweisen, dass man mit Literatur etwas kritischer umgehen sollte, nachdem man wie ich oft die Erfahrung gemacht hat, dass viel von normalen Romanen geglaubt wird.
    Siehst du denn nicht die unfassbare Tragik dahinter?


    Vieles ist es inzwischen gleich, was ihnen vorgesetzt wird, Hauptsache es unterhaltet. Ich frage da jetzt provokativ: Wie weit sind wir in unserer Gesellschaft gekommen, wenn uns alles egal ist?
    Warum darf ich dieses Thema hier nicht ansprechen, ohne gleich auf mächtigen Wiederstand zu treffen, Falschinterpretationen in Massen, obwohl ich mich doch schon mehr als deutlich ausgedrückt habe?


    Zitat

    Dazu, ich habe die Päptin-Diskussion komplett durchgelesen und in Deinem "Verriß" stehen nur pauschale Behauptungen ohne Tipps wo man sie überprüfen kann. Die hat erst Iris beispielhaft beigetragen.


    Muss ich denn in jedem Absatz Quelle und Überprüfungsangaben machen!? Ach komm! Es ist doch klar, dass ich unter anderen mein Wissen aus den Bibliotheken beziehe, ich verbringe oft stundenlang meine freie Zeit dort.
    Es gibt so viele wunderschönen Bücher über dieses Thema, glaubwürdig und von den besten Historikern aus vergangenen Tagen und aus unserer Zeit erstellt.


    Es muss doch langsam klar sein, wo man heutzutage authentische Informationen beschaffen kann. Also nochmal: Seien wir jetzt nicht kleinlich. ;-)


    Nenne es ruhrig Veriss, aber mit etwas Eigeninitative kannst du dir selber meine Behauptungen bestätigen. Stichwort "Frauen im Mittelalter" zum Beispiel. Nun, auf zur Bibliothek. :grin


    Zur Frauenfrage im Mittelalter:


    Nun gehen wir doch nur von der Zeit aus, die Donna Cross für ihren Roman verwendet:


    Damals war die Bildung der Frauen vorbehalten. Ja, ganz gegen das Klische, gell! :grin


    Es war völlig normal, dass Frauen Wissen erlangen konnten. Denn damals galt Bildung als weibisch, etwas für Weichlinge. Damals identifizierten sich Männer sich eher mit Schlägereien, Tapferkeit, Wirtshaus, Kampf, Kriege, Tuniere und natürlich viel saufen. Ja, das war der Mann von damals. :grin
    Wenn damals wohl ein Mann etwas Lerneifer für Philosohie gezeigt hätte, würde er wohl gleich von der gesamten Stadt als verweichlichtes Weib bespottet , bespuckt und verachtet werden. Insofern ist schon die Grundgeschichte von Cross "Päpstin" völlig falsch, so zieht sich diese Geschichtsverfälschung so lange hin, dass Johannas Geschichte noch viel unglaubwürdiger erscheint. Denn Cross stellt Johanna als hyperintelligentes Genie dar, dass einen streng religiösen Vater hat (haha), der ihre Wissbegier unterdrückt(Alarm: :bruell).


    Und bevor jetzt wieder etwas kommt, von wegen Behauptungen belegen: Bitte ab in die Bibliothek! Besorgt euch wie Iris schon gesagt hat besonders neuere, wissenschaftliche Dissertationen. Ihr werdet sehen, es lohnt sich :grin


    Bevor hier noch Gerüchte auftauchen:


    Ich bin kein Historiker. Ich habe Geschichte nicht studiert. Ich bin aber ein kleiner Hobbyhistoriker, der seit gut 10 Jahren seine halbe Freizeit rein für die Menschheitsgeschichte aufwendet. Mein Onkel ist Bibliothekar der Stadt, ich kann da rein wann ich will, mir Dissertationen in Hülle und Fülle besorgen. Ein Luxus, den ich genieße.
    Geschichte ist mein Leben, schon von Anfang an mein Lieblingsgebiet. ;-)


    mfg