'Getrieben' - Seiten 156 - Ende

  • Ich habe das Buch gestern Abend schon zu Ende gelesen. Ich muss sagen: in kein anderes Buch, das ich in den letzten Monaten gelesen habe, habe ich mehr Anmerkungen geschrieben. In manchen Kapiteln ("Die Hinrichtung einer schönen Geliebten") ist jeder zweite, dritte Satz für mich wahr.
    Wahr. Das ist es, als was ich das Buch empfinde. Ob das nun real so geschehen ist oder nicht meine ich damit nicht. Ich meine die Sprache.
    Ist Andreas Altmann ein Narziss? Aber sicher doch - und das ist bewundernswert. Wer sonst hier hat die Traute, so zu leben? Ich nicht - und die wenigen Ausbrüche aus dem sogenannten Bürgertum sind lange, lange her. (Wobei A.A einen Vorteil mir gegenüber hat: er ist ein Mann :lache)
    Fernando: ob so passiert oder nicht - ich musste herzhaft lachen. Ist doch irgendwie klar, lieber A.A., wie das ausgeht. DAS hättest Du nicht ausprobieren müssen - aber eine gute Story ist es geworden.
    Im Angesicht des Todes: hier schwanke ich zwischen zwei Extremen. Zum einen die liebevolle Sprache gegenüber jenen, die von der Gesellschaft verdammt werden. Zum anderen die Frage, ob ich wirklich wissen will, welch ein Gutmensch der Autor ist.
    Insgesamt muss ich sagen: danke Marcel Magis, dass Du mich auf das Buch aufmerksam gemacht hast. Jetzt, wo ich es kenne, verstehe ich. Und ich weiß, dass mir etwas gefehlt hätte, hätte ich es nicht gelesen. Hut ab. Andreas Altmann. Ich sagte es vielleicht schon an anderer Stelle: in meiner persönlichen Ranking-List der Schreibgiganten sieht das jetzt so aus: John Fante, Marcel Magis, Andreas Altmann.

  • FERNANDO


    Ich habe ein bißchen das Gefühl, der Autor muß auch einfach ALLES im Leben mal ausprobiert haben: Drogen, ein paar Betrügereien, Ashram ... und nun eben auch mal Sex mit einem Mann. Wie das Ganze enden wird, kann man sich zwar bereits zu Beginn schon denken, aber manche Erfahrungen im Leben muß man einfach selbst machen, nicht wahr? Wie A.A. auch schrieb, andere können das nur unzureichend beschreiben.


    Es gibt viele Dinge, die ich auch selbst ausprobiert haben muß. Bei anderen hingegen geben ich mich dann doch lieber mit den Beschreibungen aus zweiter Hand zufrieden. Gleichgeschlechtliche Erlebnisse gehören für mich zu Letzterem. Gefallen hat mir die Geschichte trotzdem, schön geschrieben war sie allemal.


    NEUMOND


    Eine witzig geschriebene Geschichte mit einer netten kleinen Pointe. Überraschend harmlos. Ich hatte mir eher Mord und Totschlag erwartet – was aber nicht heißen soll, daß mich das Ende nun enttäuscht hätte.


    KOITUS INTERRUPTUS


    Andere Länder, andere Sitten. Wer meint, sich andernorts heimlich zu einem romantischen Stelldichein ins verschwiegene Hotelzimmer zurückziehen zu können, kann sich mitunter auch irren. :grin Witzig geschriebene Geschichte.


    MAGDA


    Schöne Geschichte. Ich werde nie in die Pekingoper gehen, soviel steht fest. :grin Zwei Punkte in dieser Geschichte irritieren mich jedoch nachhaltig und bleiben mir negativ im Gedächtnis haften: Selbst bei einer Nymphomanin kann ich mir nicht vorstellen, daß sie bei einer Vergewaltigung Lust empfindet, bzw. daß eine Vergewaltigung aufgrund ihrer offensiven Sexualität folgenlos bleibt und sie kein Trauma davonträgt. Und das zweite ist die Szene mit dem Dobermann. Njet. Das geht gar nicht.


    Das Ende finde ich bedauerlich. Schade um Magdas Lust. Ob sie sie wohl von Zeit zu Zeit vermißt?


    IM ANGESICHT DES TODES


    Eines der Highlights des Buches, sehr berührend geschrieben. Und hier schließt sich meines Erachtens der Kreis.


    Keinkomma schrieb:
    Zum anderen die Frage, ob ich wirklich wissen will, welch ein Gutmensch der Autor ist.


    Aber ja. Ich will es wissen und ich muß es wissen. Denn nur so wird mein Bild des Autors wirklich farbig. Wer ist er nun in meinen Augen geworden? Ein Bruder Leichtfuß, ein Mogler, ein Erzähler, ein Narziß.... und doch auch ein Mensch mit Gedanken und Gefühlen und einem großen Herzen. Hätte er diese Geschichte nicht geschrieben, hätte mir ein wichtiges Puzzleteil gefehlt. Wie der Autor WIRKLICH ist, werden wir nicht erfahren. Aber dies ist ein Bild von ihm, mit dem ich gut leben kann.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Bacat schreibt klug, das ehrt den Autor.


    Ob Magda so empfunden hat nach der V weiß ich nicht, auf jeden Fall hat sie es mir SO erzählt und auf jeden Fall hat sie - soweit ich das aussagen kann - keine "erotischen Schäden" davon getragen. So wie andere drei Jahre sitzen und sich hinterher umbringen, so überleben andere drei KZS und sind noch immer zur Menschenliebe fähig, herzlich, Andreas

  • Zitat

    Original von Andreas Altmann
    Bacat schreibt klug, das ehrt den Autor.


    Oh, danke. :bluemchen


    Zitat


    So wie andere drei Jahre sitzen und sich hinterher umbringen, so überleben andere drei KZS und sind noch immer zur Menschenliebe fähig, herzlich, Andreas


    Das stimmt natürlich auch wieder. Im beschriebenen Fall hatte Magda Glück im Unglück - manche kommen weniger "glücklich" davon, also kann man für sie froh sein.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Fernando


    Mutig. Mutig, (als Mann) zu seiner homoerotischen Neugier zu stehen, diese befriedigen zu wollen und dann auch noch eine derart offene und intime Geschichte darüber zu schreiben - völlig unabhängig vom Ende. Mutig und ein bisschen provokant - was sonst :grin



    Neumond


    Hier ging es mir ähnlich wie bei dem "Schrei" - ich konnte die Distanz nicht wirklich überbrücken.



    Koitus interruptus


    dito. Aber amüsant. Obwohl eigentlich nicht - wenn man überlegt, was dahintersteckt. Andererseits muss man ja auch nicht immer überlegen. Also amüsant.



    Magda


    Versprühende Lebensfreude und Sinnlichkeit, man liest beides aus jeder Zeile - sehr schön :-] Dann das abrupte Ende. Traurig - und automatisch spinnt man die Geschichte im Kopf weiter: Wie lebt Magda wirklich? Wie sieht es tief in ihr aus? Ist ihr Wandel äußerlich oder echt? Hat mir sehr gut gefallen. Bis auf die Szene mit dem Hund - da wurde mir echt anders.



    Im Angesicht des Todes


    Auch für mich schließt sich hier der Kreis. Weil sie für mich zusammen mit der ersten Geschichte am beeindruckendsten ist. Ich sehe den Autor hier nicht als Gutmensch, sondern als Berichterstatter. Mich haben die Schilderungen sehr sehr berührt, weil sowohl das schlimme Ausmaß als auch das Einzelschicksal deutlich wird. In einer eindringlichen, einfachen, aber doch poetischen Sprache. Danke.

  • Fernando
    Sehr gut...
    Schreit eigentlich nach einer Veröffentlichung in einer Jugendzeitschrift....


    Neumond
    :rolleyes
    Weiber....
    Mich hätte interessiert, wie alt der Autor bei dieser Geschichte war.
    Es erscheint mir so kindlich....


    Koitus Interruptus
    Nice, erinnert mich an eine Klassenfahrt und die Übernachtungen in der Jugendherberge...
    Die Sprache ist mir hier ein bißchen zu ruppig... :rolleyes


    Magda
    Puhuhuhuhu... richtige Geschichte zum richtigen Zeitpunkt??
    Ob irgendwer dem Zeitvertreib auch mal ein Einschreiben schickt? :wow
    Vielleicht...


    Im Angesicht des Todes
    Harte Worte, viel Wahrheit....
    Aber alles so weit weg, mag mancher denken, gibts bei uns eh nicht.... gibts wohl. :help

  • Fernando


    Hier will es einer ganz genau wissen - und wir dürfen bis ins letzte intime Detail mit dabei sein.



    Neumond


    Linda - eine scheinbar zielstrebige 19-Jährige mit wohl einigen psychischen Problemen. Wie gut, dass das Librium in Reichweite liegt. :grin



    Koitus Interruptus


    Nett zu lesen. Ein Erlebnis, an das man sich bestimmt noch mit 80 erinnert........... :-)



    Magda


    Warum sollte sie mit ihrem heutigen Leben nicht genauso zufrieden sein wie mit dem vorherigen? Magda wird als Person beschrieben, die das für sie ausgewählte Sein und Ist immer zu 100% lebt.
    Ich mache mir also keine Sorgen um sie...............
    Was wirklich grauslig war, ist die Szene mit dem Hund. :uebel



    Im Angesicht des Todes


    Ein wunderbarer Abschluss des Buches. :anbet
    Wahrhaftig und echt - keine Spur von Show und deshalb mein Favorit. :-)

  • Fernando
    hat mir ausgeprochen gut gefallen. Sehr interessant!


    Neumond
    Damit konnte ich eigentlich gar nichts anfangen. Saftlos, blutleer und ohne jeden Pep - für mich jedenfalls.


    Koitus Interruptus
    Bin immer sehr an Geschichten über Chinesen interessiert. :chen Leider war ich noch nicht in China, aber ich konnte mir beim Lesen alles ganz genau vorstellen. Das Hotel, die Bar, die schon dicht gemacht wird, während die letzten Gäste noch bei ihren drinks sitzen, die Putzkolonnen, die Dormitories, die jugendliche Aufseherin und natürlich mejou.


    Von Text zu Text wird es immer sinnlicher und findet seinen Höhepunkt in
    Magda
    Interessant, wie Magda beschrieben wird. Die Lady ist tough! Sie ist diszipliniert bei der Arbeit, belastbar, pünktlich, eigenverantwortlich und lebte keinen Tag auf Kosten eines Mannes.
    Widerspricht so ziemlichen allen Klischees, die einem zu Beginn der Geschichte dazu einfallen.


    Dann der Abschluß, im Angesicht des Todes.
    Ein sehr bewegender, berührender Text, der uns den Autor wieder aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus zeigt.
    Hat mich sehr beeindruckt!



    Zusammenfassend kann ich sagen, daß ich das Buch rasch gelesen habe, mich jedoch dafür umso länger damit beschäftigt habe. Auch wenn nicht jeder Text ganz nach meinem Geschmack ist, ich auch einige Zeilen nur überflogen habe, so hat mir "Getrieben" sehr gut gefallen.


    Ist es nicht herrlich, daß man manche Abenteuer nicht selbst bestehen muß, andere erleben lässt und nur darüber liest?! :grin
    Bin schon ganz gespannt auf weitere Bücher von Andreas.

  • Erst las ich, dann ließ ich es liegen und setzen, jetzt kann ich dazu schreiben.


    Fernando


    Sehnsucht nach der anderen Rolle, nach der Lust der Passivität, eine weitere Grenze überschreiten, die Erfahrung schmerzvoll eindringen lassen, erfüllter Traum schafft Erkenntnis. Danke. Ich habe zwar an meiner (ausschließlichen) Sehnsucht nach Frauen nie gezweifelt. Manchmal reicht als Bestätigung die Erfahrung eines anderen.


    Neumond


    Pointengeschichte. Wieder ein neues Bild des AA. "Ich disziplinierte mich. Ein Überredungsbeischlaf kam nicht in Frage". Dieser hätte vielleicht den Neumond vertrieben. Die Geschichte aber auch. Insofern Lob der Disziplin. Manchmal schafft das Leben triviale Pointen.


    Koitus interruptus


    Kultur als Schock. Aufeinanderprallen bedingt Auseinanderreißen. Unterbrechung der politischen Art. Versöhnte der behutsam gestartete zweite Versuch?


    Magda


    Radikal. Genial. Alles stimmt. Meine absolute Lieblingsgeschichte. Die Erzählung ist ebenso konsequent wie Magda. Hund als Höhepunkt. Entschuldigung, liebe Eulinnen, der Schock blieb aus. Faszination siegte. Das radikale Ende als i-Tüpfelchen.


    Im Angesicht des Todes


    Kehrtwende Lebensende. Schonungsloser Blick. Großes Herz. Lässt mich wieder neidisch zurück. Eigene Unzulänglichkeit meldet sich laut.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Andreas Altmann
    Der Churchill traut sich,


    es geht nicht um Moral, es geht um Menschen, so wie sie sind, basta.


    Magda hat es mit dem Dobermann getrieben, andere treiben es nicht mit Hunden und sind trotzdem nicht die wertvolleren ZeitgenosInnen, herzlich, Andreas


    Jeder, der diese Geschichte gelesen hat, "bewertet" sie, ob bewusst oder unbewusst. Mit Moral oder wertvoll hat dies natürlich nichts zu tun, wohl aber mit einem selbst.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Jeder, der diese Geschichte gelesen hat, "bewertet" sie, ob bewusst oder unbewusst. Mit Moral oder wertvoll hat dies natürlich nichts zu tun, wohl aber mit einem selbst.


    Eben. Ich bewerte die Geschichte. Und finde sie absolut rund und stimmig. Inklusive aller Szenen. Was ich an dieser Stelle nicht bewerte, ist die Frage, ob es Frauen grundsätzlich zu empfehlen ist, sich von Dobermännern und anderen gefährlichen Kreaturen besteigen zu lassen. Diese Wertung würde sicher anders ausfallen ;-)

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Richtig, Churchill,



    was soll das an der Wirklichkeit rumzumäkeln?, sie ist so.


    Wittgenstein: Alles was der Fall ist, ist der Fall.


    Ich gehe auch nicht mit einerm Dobermann ins Bett. Aber das interessiert nicht.


    Nichts ist interessanter als der Mensch, Hurra, herzlich, Andreas