Anspruchsvolle Literatur?

  • Zur Phantastik


    Zitat

    Ja, und keiner konnte sich bisher einigen, was das genau darstellen soll. Lachen


    Und vielleicht ist das auch ganz gut so. Die Phantastik ist für die Literaturwissenschaft halt das, was die Quanten für die Physik sind... Die literarische Unschärferelation ;-)

  • Zitat

    Original von Festus
    Zur Phantastik



    Und vielleicht ist das auch ganz gut so. Die Phantastik ist für die Literaturwissenschaft halt das, was die Quanten für die Physik sind... Die literarische Unschärferelation ;-)


    Also DER Vergleich gefällt mir! :prost

  • ad licht:
    :gruebeldu hast doch gesagt, du glaubst an deine quelle nicht!
    wenn ich an das grabungstagebuch des schnittleiters nicht glaube, kann ich mir auch das interpretieren des ganzen befunds sparen, weil das ergebnis nur hypothetisch sein kann, weil ich ja nicht weiss, wie es wirklich war, und was die von ihm gemachten beobachtungen wirklich aussagen.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Ein schnittagebuch?
    Um daran zu glauben muss es von einem erfahrenen archäologen oder von einem detailverliebten beobachter angelegt werden, und die darin beschriebene grabung in jeder einzelheit nachvollziehbar sein. Nur wenn ich von dem wahrheitsgehalt der dokumentation überzeugt bin, kann ich aussagen über den befund und die relativchronologie der grabung treffen. Gibt es zu grosse zweifel an dem beobachteten und seiner erstinterpretation, kann ich mir eine weiterbearbeitung eigentlich sparen, denn der original-befund, die ur-quelle, wurde bei der ausgrabung ja zerstört, und ich hab nur noch einen wirren knochen-&scherbenhaufen ohne wirkliche bedeutung.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Dann glaubst du aber an die Zeugnisfähigkeit des Autors, um den Inhalt des Buches für wahr zu halten.
    Das Ganze kannst du trotzdem einer historisch kritischen Betrachtung unterziehen, Quellenforschung. Musst du sogar in vielen Fällen, um es adäquat einzuordnen und verstehen zu können.
    Sehe noch nicht den springenden Punkt, der zwischen den Zeilen gelegen haben soll.

  • ich persönlich glaube eher an zahlreiche befund-fotos. Wenn ich auf den fotos seh, was ich auch im text nachlese, passt es, wenn nicht, - oder wenn die fotos etwa nicht richtig nummeriert und nicht zuordenbar sind, dann glaube ich auch dem autor nicht, oder nur noch eingeschränkt.


    das problem ist: wenn die quelle in zweifel steht, stehen auch alle damit verwandten aussagen in zweifel, und in dem fall nutzt mir keine kritische quellenbetrachtung. Denn wenn für mich das tagebuch - die einzige quelle -schon unglaubwürdig ist, und es keinerlei anhaltspunkte über den wahren sachverhalt gibt, ist eine kritik desselben genau wie jede weitere bearbeitung des themas sinnlos.


    Ich habe ein wirres tagebuch, wirre beschriftungen und kann damit ncihts anfangen: a) man verstaut das zeug im archiv, und wartet auf eine nachgrabung
    b) man schüttet es gleich weg, und sagt, es war nichts.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Selbst Photos unterstehen dem Anspruch des Testimoniums.
    Das allein zeigt die Kontroverse in der amerikanischen Jurisprudenz im 19. Jahrhundert um die Zulassungskriterien für Photos und Röntgenaufnahmen in Gerichtsverfahren.
    Photos können der Manipulation unterstehen, auch sie unterliegen der kritischen Prüfung.


    Ebenso stand beim Ausgangspunkt die Quelle (Bibel) nicht im Zweifel oder wurde als unglaubwürdig abgelegt. Es ging darum, dass du nicht an die Bibel, sondern mit der Bibel an Gott glaubst. Du glaubst auch nicht an die Bibel, sondern an die Botschaft der Bibel.
    Quellenforschung bei der Bibel heißt also nicht, dass du Gott beweisen kannst oder ihn anzweifelst, aber durchaus bei Texten z.B. den Autor und die Überlieferung (Kontext) einer kritischen Analyse unterziehst. Und klärst, welche Stellung und Bedeutung er in der Entstehung/Gesamtwerk spielt.


    Beweisbar sind dabei z.B. Übereinstimmungen mit nicht-biblischen historischen Überlieferungen. Nicht beweisbar ist natürlich das Heilsgeschehen. Aber das wird auch nicht historisch-kritisch untersucht.
    Durchaus aber in der Dogmatik der Theologie immer wieder kontrovers behandelt (Bultmann, Lüdemann als bekannte Beispiele).

  • Hallo ec,


    ich habe mir nicht alle Beiträge durchgelesen und hoffe, das ist jetzt nicht doppelt: Ich empfehle Dir "Schiffbruch mit Tiger" von Yann Martel. Anspruchsvolle Literatur definiert ja jeder anders, aber dieses Buch hat mich fasziniert und begeistert, weil es einfach toll geschrieben ist und mal was "Anderes". Die ersten Seiten mögen vielleicht etwas schwerfallen, aber es lohnt sich!

  • zerscht einmal: @ ec, sorry dass wir deinen thread für fruchtlose religiöse grundsatzdiskussionen missbrauchen, aber:


    SEUFZ! :bonk
    Kein archäologe würde sich die mühe machen, hunderte fotos von bodenverfärbungen, zeichnungen fundnummern und scherbenansammlungen zu fälschen. - Es kann allerdings das eine, das mit dem prestige-trächtigen hauptbefund, rekonstruiert oder gefälscht sein, weil jemand geld für eine grabung herausschinden will. Aber das erkennt man aus den unstimmigkeiten des tagebuchs, des gesamtbefunds selbst.


    Ein krasses beispiel eines absolut nicht aussagekräftigen befunds:
    Die Himmelsscheibe von Nebra. Sie stammt aus einer illegalen raubgrabung, und obwohl man versucht hat, die frage der genauen herkunft und der zuordnung mit allen möglichen methoden zu klären, bleibt die ungewissheit, weil man der quelle, den ausgräbern und ihren nicht zeitgleich mit der bergung erfolgten aussagen, nicht glauben kann.


    Facit: man mag tausende seiten von kulturhistorischen analysen verfassen, aber das faktum bleibt: die Himmelsscheibe ist, weil sie nicht aus einem geschlossenen befund stammt, aus archäologischer sicht völlig wertlos; alles was man über sie und ihre herkunft und ihre bedeutung schreibt sind letztendlich nur annahmen, wie nahe sie auch immer an die realität heran kommen mögen.


    Der glaube an gott ist wie die scheibe. Er ist an und für sich vorhanden, hat aber keinen zweifelsfrei nachvollziehbaren grundstock, denn die 'botschaft der bibel' ist reine interpretation von bereits glaubenden: denen, welche die scheibe, die ja von wo kommen muss, bereits in der hand haben, und jetzt annehmen, das könne die dazu passende quelle sein.


    Und die bibel ist eine bereits ideologisch gefärbte schriftensammlung eines volkes, das fest an seinen stadtgott glaubt, und auch 5000 jahre später noch diesem glauben, der für es letztendlich identitätsstiftend ist, anhängt. Natürlich haben sie über ihren glauben und die begründung dafür geschrieben, no na ned.


    Und sie hat krasse unstimmigkeiten gegenüber der persönlichen gotteserfahrung, die erhebend und beglückend ist.


    Gott ist meines empfindens in der bibel so unsympathisch und anmassend geschildert, dass - falls es ihn, so wie beschrieben, tatsächlich geben sollte - er eigentlich von seinen kindern mit einer nassen windel aus der eigenen schöpfung ausgejagt, und ihm jegliche anbetung verweigert gehört.


    Die gründe warum wir an diesen mal strafenden mal belohnenden übervater glauben sollen sind aus der bibel nicht abzuleiten.


    Ein wesentlich bessere begründung für den 'glauben' ist zu sagen: 'ich spüre die lebendige gegenwart (eines) gottes (oder was auch immer es sein mag), und deshalb ist seine/ihre existenz für mich gewissheit.'


    Und nicht: in einem buch steht etwas darüber dass es einen besonders mächtigen gott gibt, und viele leute schon vor langer zeit an ihn geglaubt haben, und versucht haben ihren glauben mit dem aufzeichnen der erlebten wunder festzuhalten; weil er als so mächtig geschildert ist, muss er derjenige sein, dessen allmächtige gegenwart ich hier und jetzt spüre.


    Das ist für mich ein unzulässiger rückschluss. - Vor allem stimmt die aussage schon in ihrem kern nicht, denn zumindest ich habe erlebt, dass das religionserlebnis, die gotteserfahrung dieselbe bleibt, ob ich ihr jetzt eine katholische, islamische, pagane oder auch schamanistische zeremonie zur erreichung des meditativen zustandes unterlege. Es wäre jetzt interessant zu wissen ob das grunderlebnis auch dann bleibt, wenn das der meditation zugrunde legende system keinen gott vorsieht.


    Licht, du verstehst das vielleicht: ich will wissen, was es ist, das ich erlebe, und die bibel - oder auch andere religiöse schriften - sind dabei für mich überhaupt nicht hilfreich, denn sie erzählt mir, es sei ihr gott, der das alles bewirken könne, und ihr weg der richtige zur erreichung... was auch immers - vermutlich der erlösung aus der todesangst - sei der einzig wahre und richtige.


    Dasselbe wie die bibel erzählen mir die anderen nämlich auch. Und sie allesamt verbinden mit ihrer version von gottesdienst opferleistungen oder unentgeltliche dienste an der gemeinde, dem coven, der gruppe - und somit dienen all diese religionssysteme einzig und allein dem selbstzweck, und es gibt for mich keinen besseren grund um ihnen zu misstrauen.


    Der einzige, dem ich vertraue, ist bislang die moderne psychologie und gehirnforschung, die nichts von mir verlangt, sondern mir eine rute ins fenster stellt und sagt: Vorsicht: dieses 'mystische' erleben hat chemische ursachen, das gefühl der gotteserfahrung ist selbstsuggestion. Die existenz gottes kann auf keine wie auch immer geartete methode bewiesen werden. Die ganzen geschichtchen der weltreligionen sind zwar ganz nett, aber haben keinen objektiv nachvollziehbaren wahrheitsgehalt.


    Das problem: ich kann meine seele nicht von gott haben und ihn nicht damit erkennen, wenn das, was ich für meine seele halte, nur ein von meinem gehirn erzeugter bewusstseinszustand ist, der mit seinen ganzen religiösen erfahrungen, gar nicht ausserkörperlich existiert. Wenn das nämlich so ist, fällt meine ganze gottesgewissheit wie ein kartenhaus zusammen, und damit auch die grundlage für jegliche transzendente religion.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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  • Ich führe dann mal zur Grunddiskussion zurück....


    Also weg von Kafka (für mich ist der Horror, aber nicht als Genre... :lache ) und Faust und so...


    Es gibt dennoch anspruchsvolle Horrortexte.
    Iris hat selbige ja bereits genannt, was irgendwie von niemandem so wirklich beachtet wurde.


    Shelley und Poe und vor allem auch Stoker will ich jedoch nicht einfach so in der Versenkung verschwinden lassen und weise noch mal ausdrücklich auf sie hin.
    :grin

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Das problem: ich kann meine seele nicht von gott haben und ihn nicht damit erkennen, wenn das, was ich für meine seele halte, nur ein von meinem gehirn erzeugter bewusstseinszustand ist, der mit seinen ganzen religiösen erfahrungen, gar nicht ausserkörperlich existiert. Wenn das nämlich so ist, fällt meine ganze gottesgewissheit wie ein kartenhaus zusammen, und damit auch die grundlage für jegliche transzendente religion.


    Ebensogut könnte deine Folgerung auch ein Rückschluß sein, eine Verkehrung von Ursache und Wirkung.


    Beweisen werden wir keines von beiden. :grin

  • das ist ja der ganze jammer, und der grund warum ich religionen und ihren sogenannten quellen gegenüber so skeptisch bin: es ist letzenendes nicht beweisbar - und dabei wär es so schön, sich so sicher zu sein. Und weil es so schön ist, kann man menschen leicht mit dem verlust der gnade angst machen und in eine dogmatische tretmühle zwingen (und das stammt von meinem eigenen religionslehrer) :( ;-(

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


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    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Wie wäre es mit diesem hier?


    Ein namenloser Erzähler, zu Besuch in Prag, fällt in seinem Hotelzimmer nach der Lektüre eines Buchs über das Leben des Buddha Gotama in einen unruhigen Halbschlaf. Sein schwindendes Bewusstsein entlässt ihn in einen Traum, in dem er sich als der Gemmenschneider Athanasius Pernath im geheimnisvollen Labyrinth des Prager Gettos wiederfindet. In dessen gespenstischer Atmosphäre voller Liebe und Leidenschaften, Intrigen, Hass und Verbrechen, Angst und Grauen begegnet »Pernath« dem Golem, der als Doppelgänger des Menschen erscheint.


    Der Roman zehrt stofflich von den weit verbreiteten jüdischen Legenden um den Wunderrabbi Löw aus Prag, der eine Menschenfigur aus Lehm, den Golem, geschaffen und ihn zum Leben erweckt habe. Damit verbindet Meyrink religiöse und mystische Erlösungsmotive verschiedener Herkunft. Literarisch orientiert er sich an Romantikern wie E. T. A. Hoffmann und Edgar Allan Poe; man kann seinen Roman als Nachklang der Schauerromantik lesen, aber auch als Vorläufer der modernen Traum- und Angst-Literatur – mit Franz Kafka und seinem deutsch-jüdischen Umkreis war Meyrink in Prag gut bekannt.
    .



  • Worum es ging: epistemologische Grenzen und Probleme, hermeneutische Verfahrensweisen.
    Worum es nicht ging: Private Esoterik und Boulevardwissenschaft.


    Ist unter diesem Blickwinkel einfach mal <geschenkt>.

  • Trotz der interessanten Genre-Diskussion würde mich mal interessieren was aus dem jungen Herrn hier geworden ist, der ja seinen Bildungshorizont auf möglichst angenehme Weise erweitern wollte, hat er schon über den Tellerrand hinausgeblickt? Erfahrungsberichte wären natürlich interessant :) ... Auch welche "verstaubten Klassiker" von der Jugend auch heute noch angenommen werden ist sicherlich nicht uninteressant. Weil ganz klar ist: Die Leiden des jungen Werthers lösen heute keine Begeisterungsstürme aus, ob das gut oder schade ist, ob die zeitgenössische Literatur an Goethe herankommt oder nicht, das kann man wohl noch nicht beantworten.. aber was jetzt bei den jungen bildungshungrigen Leuten "angesagt" ist, darauf bin ich neugierig!!

    "I really don't think I'm dystopian at all. No more than I'm utopian. The dichotomy is hopelessly old-fashioned, really. What we have today is a combination of the two, with all the knobs turned up to max." (William Gibson)