Thomas Glavinic - Wie man leben soll

  • Titel: Wie man leben soll
    Autor: Thomas Glavinic
    Verlag: DTV Premium
    Erschienen: April 2004
    Seitenzahl: 239
    ISBN: 3423243929
    Preis: 14.00 EUR


    Autor:
    Thomas Glavinic wurde 1972 in Graz geboren. 1998 erschien sein Debüt „Carl Haffners Liebe zum Unentschieden“. Er lebt mit seiner Familie in Wien.


    Zum Inhalt:
    Man ist traurig. Wieso wurde man in so einer blöden Zeit geboren. Wieso ist man kein Achtundsechziger? Das war eine Zeit in der man dick sein durfte und Drogen probieren konnte und in Autos schlief.


    Meine Meinung:
    Karl „Charlie“ Kolostrum ist dick, er hat eine alkoholabhängige Mutter und eine 97jährige Großtante und er hat mit vielen Dingen so seine Probleme. Charlie erzählt cool, man hat so das Gefühl, als würde er viele Dinge gar nicht so richtig an sich dran lassen. Auch nach 239 Seiten war mir dieser Charlie nicht so richtig vertraut. Für meinen Geschmack war er ganz einfach zu cool. Einen richtigen Bezug habe ich nicht zu diesem Buch gefunden. Ganz witzig waren die vielen Merksätze die in großer Zahl über das Buch verteilt waren, aber außergewöhnlich waren auch sie nicht. Hinzukommt, dass man sich an die Erzählform des Autors erst gewöhnen muss. Auch wenn Charlie als Ich-Erzähler im Buch unterwegs ist, spricht er von sich immer als „man“ – auf die Dauer ein wenig nervig. Ich kann mich Daniel Kehlmann nicht anschließen, der diesen Roman als „schreiend komisch, todernst und grandios“ bezeichnete. Im letzten Drittel des Buches war ich eigentlich mäßig gelangweilt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wie man leben soll ist eines der Bücher, die ich für die Schule lesen muss. Ich musste schon Der Kameramörder von Glavinic lesen, aber ich konnte mich mit dem Buch überhaupt nicht abfinden. Es ist schrecklich langweilig, alles wird genauestens erzähl, aber auch schon wirklich jede kleinigkeit erwähnt und der Schluss ich viel zu voraussehbar.
    Ich hoffe, dass Wie man leben soll nicht ähnlich langweilig ist. Aber der Schreibstil scheint schon mal recht vielversprechend zu sein, immerhin gibt es nicht viele Bücher die statt in der ich-Person in der man-Person stehen.

  • Man mag es


    Karl "Charlie" Kolostrum ist ein "Sitzer", ein "Schulterzucker", jedenfalls zu etwa 97 Prozent, behauptet irgendeines der vielen Lebensratgeberbücher, die er verinnerlicht hat. Er ist zu dick und hat unreine Haut, anstrengende Verwandte (zuvorderst "Die Tankels", eine enervierende Tante-Onkel-Kombination, die alles besser weiß und - leider - das Geld hat, das Karl ständig benötigt), keine Ambitionen, von denjenigen abgesehen, die das menschliche Naturell auch jenen nicht vorenthält, die ansonsten passiv bleiben. Bereits in der Schulzeit zeigt sich, dass unser Held nur in jenen Teichen erfolgreich fischen kann, die besser aussehende aus gutem Grund meiden.


    Glavinic erzählt vom Erwachsenwerden, das aber eigentlich nie stattfindet. Obwohl letztlich fast zwei Jahrzehnte aus dem Leben Karls Gegenstand der Geschichte sind, verändert sich kaum etwas. Karl absolviert die Schule, sammelt seine ersten sexuellen Erfahrungen mit minder attraktiven Vertreterinnen des anderen Geschlechts, studiert Kunstgeschichte, weil er im Wortsinn zu lebensmüde für gravierende(re) Entscheidungen ist, zieht in eine WG, wird Taxifahrer und am Ende, völlig unverhofft, aber immer erträumt, Gesangsstar. Er hat Beziehungen, für die er sich abmüht, die sich aber immer dann als hinderlich erweisen, wenn sie gut zu funktionieren scheinen, ist ansonsten ein Mitläufer, der Gemeinschaft auch genießt, aber nie so recht versteht. Seine einzige echte Sorge gilt der alternden Erbtante Ernestine, die von den anderen Verwandten gemieden wird, und die er des nachts heimlich besucht, um sich ihrer Gesundheit zu versichern. Er summt ständig Lieder, meistens, ohne das selbst zu bemerken, und verspürt als Mittzwanziger den dringenden Wunsch, nachts bei "Talk Radio" mit Dieter Moor zu sprechen, was aber wiederholt scheitert. Seine persönlichen fünfzehn Minuten Ruhm bleiben ihm zunächst versagt.


    Karl protestiert nie, weil er als nur dreiprozentiger Draufgänger dafür nicht gemacht ist, und sein Leben passiert ihm. Dass der Moment der größten Peinlichkeit zum zweifelhaften Triumph wird, ist da nur konsequent. Und auch die Tatsache, dass einige Leichen Karls Lebensweg pflastern, darunter die von Erbtante Ernestine.


    Glavinic erzählt summarisch, wenn man so will, und man will. Charlie Kolostrum (Kolostrum bezeichnet die "Erst-" oder "Biestmilch", also jene Milch, die eine Kuh nach dem Kalben gibt) steht für eine Gruppe von Menschen, weshalb der Autor seine Hauptfigur und jene Gruppe permanent auf das Indefinitpronomen "man" reduziert und im Präsens aus dieser ungewöhnlichen Perspektive von ihr berichtet. Seine Hauptfigur ist der pop- oder postmoderne "Mann ohne Eigenschaften", eine Person ohne Konturen, komplett fremdgesteuert, aber dennoch liebenswert und in seiner riesenbabyhaften Passivität enorm amüsant. Die lakonische Erzählweise, die von hinreißenden Merksätzen durchbrochen wird, generiert einen Strom, und der in ihm treibende Leser wird niveauvollem Witz, entlarvenden Beobachtungen und verblüffenden Lebensweisheiten ausgesetzt.


    Man mag es. Sehr. Ein Kunstwerk, und kein kleines.

  • Wie schreibt man eigentlich eine Rezension, wenn eine wortgewandte Supa- Dupa- Rezi von jemandem namens Tom über einem trohnt? Man schleicht sich leicht verstohlen hier rein, guckt verschüchtert und denkt sich, dass alles, was man im Anschluss daran schreiben könne, höchst stümperhaft klingen würde. Deshalb entschließt man sich dazu, eine seiner Lieblingsstellen zu spoilern, bei welcher man sehr lachen musste. Außerdem grinste man noch lange nach.




    Abschließend legt man jedem, der sich mal gut amüsieren möchte, dieses Buch sehr ans Herz. Mehr kann und muss man auch eigentlich nicht rezensieren. Dieses Buch findet man echt astrein, wenn man das so lax sagen darf. Jetzt muss man aber auch los, sich ein anderes Buch von Thomas Glavinic besorgen. ;-)


    Edit: Man hat vergessen, diese Buch zu bewerten. Man hat 9 Punkte vergeben. :-]

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Ich fand dieses Büchlein auch sehr amüsant, einige Stellen sind ja wirklich zum Schreien komisch. Auch die ungewöhnliche Erzählperspektive nahm mich für diesen Roman ein, vor allem aber Glavinics böser Humor.
    In Österreich ist dieser Tage übrigens die Verfilmung im Kino gestartet, soweit ich das als Nicht-Cineast mitbekommen habe.

  • Das neue Projekt von ihm hört sich auch bitterböse- humorig an, dazu habe ich im Radio ein amüsantes Interview mit ihm gehört.


    Kurzbeschreibung Die Pilgerfahrt auf den Balkan soll eigentlich zur Erleuchtung führen. Doch die bleibt aus. Thomas Glavinic und der Fotograf Ingo stehen kurz vor dem Nervenzusammenbruch: Die vierzehnstündige Busfahrt nach Bosnien mit den kauzigen Mitreisenden war schlimm genug. Im Pilgerort Medjugorje landen die beiden in einer perfekten Abfertigungsmaschinerie für gläubige Touristen. Zermürbt von den endlosen Gebeten der Religionsanhänger, versuchen sie zu fliehen, doch schon bald wünschen sie sich, sie wären bei den Predigern geblieben. Mit seinem neuen, brillanten Buch beweist Glavinic: Er ist böse - vor allem sich selbst gegenüber.



    Edit: falsche ISBN

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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