Terroristen, Mörder, Menschen - Die Freilassung von Terroristen

  • Tom:
    Bist du dir sicher, daß du dich mit mir und Voltaire auf diese Diskussion einlassen willst?
    Es wird gemeinhin als Auflage bezeichnet und es wird durchaus auch bei Haftentlassungen durchgeführt.


    Ich erinnere mich dunkel vor einigen Jahren gab es in unserem Bereich die Entlassung eines mehrfachen Kinderschänders (Ich benutz diesen Begriff der Einfachheit halber...) Dieser Mensch hatte zum einen die Auflage sich mehrmals wöchentlich bei uns zu melden und zum anderen, durfte er sich gewissen Einrichtungen (Schulen/Kindergärten/ Spielplätze) bis auf eine gewisse Meterzahl nicht nähern.



    Die Bußen, welche du meinst, sind etwas Anderes und dienen tatsächlich zur "Betrafung".
    Die Auflagen, dienen der "Verhinderung" eines Rückfalls.

  • @BJ und Tom
    Vielleicht sollten wir hier nicht über die reine Begrifflichkeit diskutieren, sondern vielleicht lieber zum eigentlichen Thema zurückkommen. Ich denke mal, dass wir hier dasselbe meinen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • :lache
    Nette Alternative...
    Wie gesagt, die gesetzlichen Möglichkeiten ihr den gewinnbringenden Kontakt mit der Presse zu untersagen gibt es grundsätzlich, die Frage, ob sie tatsächlich ausgeschöpft werden, ist fraglich und werden wir ganz bestimmt nicht erfahren.

  • Außer Brigitte Mohnhaupt sitzen jetzt noch Christian Klar, Birgit Hogefeld und Sibille Haule ein. Bei Christian Klar wird eine Begnadigung erwogen und Birgit Hogefeld kann frühestens 2011 entlassen werden, d. h. auch recht bald. Bei Sibille Haule sind die 15 Jahre 2009 abgelaufen; wenn bei ihr allerdings die besondere Schwere der Schuld dazu kommt, dann ist sie bei gleicher Beurteilung erst 2019 dran.


    Ich muss zugeben, dass es mich ruhiger werden ließe, wenn diese Menschen wenigstens ein gewisses Maß an Reue und Schuld zugeben würden. Der Gedanke, dass die bald wieder auf freiem Fuß rumlaufen, egal, wie beobachtet oder auch nicht, lässt mich nicht los. Solange die Ermittlungsbehörden in den Zeiten des Internet nicht mal Pädophile beobachten können, habe ich gewisse Zweifel, dass sie jeden Schritt dieser Leute mitkriegen. Ok, der Vergleich ist nicht ganz korrekt, aber das Grummeln im Bauch habe ich auch.


    Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Ok, hab ich auch immer vertreten, aber wohlfühlen muss ich mich dabei nicht. Diese Art von Terrorismus unterscheidet sich von einer Vielzahl von Kapitalverbrechen für meinen Geschmack dadurch, dass nicht "nur" Menschen angegriffen und ermordet wurden, sondern darüber hinaus systematisch gegen einen Staat mit einer Rücksichtslosigkeit gekämpft wurde, die ein ganzes Land in Angst und Schrecken versetzt hat. Insofern habe ich leichte Schwierigkeiten, für diese Menschen das gleiche Recht wie für jeden anderen Mörder einzufordern, eben weil die Taten schon nicht vergleichbar sind.


    Der Vergleich mit weniger bestraften Nazigrößen zieht für mich nur bedingt, denn ich halte eine fehlerhafte, weil geringere Bestrafung anderer Täter nicht für einen ausreichenden Rechtfertigungsgrund, die gleiche und ebenso falsch empfundene Milde auch bei späteren Taten anzuwenden.

    Lieben Gruß Idgie



    Erst wenn man viel gelesen hat, lernt man wenig Bücher schätzen.

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  • Zitat

    Original von beowulf
    Magali, Ottonormalverbraucher hätte die 1977 einfach alle an den nächsten Fleischerhaken gehängt....


    Jupp, beowulf, genauso war's. Ich erinnere mich sehr gut an die Stimmung.
    An die Angst, die Hysterie, den Schrei nach Gerechtigkeit, an das gesunde Volksempfinden bis zum Herbst 1977.
    Und mit Schaudern an die Erleichterung nach den Toden in Stammheim.


    Kaum einer hat gefragt, wie das entstand, diese 'Meinung', wie geschickt 'Meinung' gemacht wurde damals, wie hilflos sich eine Regerung darstellte, die keineswegs hilflos war, sondern es schaffte, diese kleine Gruppe denkerisch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zurechnungsfähiger Leute für ihre Zwecke zu benutzen, das Steuer in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken.
    Die BRD war danach autoritäter als zuvor.


    Das Ganze ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der BRD, weder für all die, die sich hierzlande als 'mündige' BürgerInnen verstehen noch für eine Regierung, die sich das Etikett 'demokratisch' aufklebt.


    Und heute? Statt das Thema endlich mal sachlich durchzudiskutieren, haben wir schon wieder Ansätze zur gleichen Hetzjagd wie damals.


    Ich weiß nicht, was für Mohnhaupt und Klar besser ist, hinter Gittern zu bleiben oder sich dem Alltag zu stellen. Die Kontrolle und die Aufmerksamkeit wird für so prominente Figuren draußen kaum geringer sein als drin.


    Den jüngeren hier empfehle ich den Film 'Die bleierne Zeit' von Margarete von Trotha.
    Und selbstverständlich 'Blackbox BRD' von Andres Veiel.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Buchvorschlag ist okay, aber die Gleichsetzung ist so einfach nicht.


    Zum Beispiel ist keineswegs alles Taliban, was die Presse so tauft.


    Aber heutzutage ist der sog. Internationale Terrorismus ohnehin ein etwas anderes Problem.
    Dagegen war die RAF fast schon zahm. Ohne das beschönigen zu wollen, bitteschön.
    Aber damals glaubten die sog. Terroristen noch, ein politisches Ziel zu haben. Heute geht es um Angst und Schrecken, ohne ein klar definiertes politisches Ziel, für alle und gegen alle, wer bezahlt, der bekommt die Ware Terror.


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • @ Magali
    Für die Jüngeren also mich, kannst du das mit der Stimmung noch mal etwas näher erläutern, bitte?


    Also speziell hier weiß ich nicht so genau, was du meinst....
    (Unwissenheit preisgibt...)


    Zitat


    Kaum einer hat gefragt, wie das entstand, diese 'Meinung', wie geschickt 'Meinung' gemacht wurde damals, wie hilflos sich eine Regerung darstellte, die keineswegs hilflos war, sondern es schaffte, diese kleine Gruppe denkerisch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zurechnungsfähiger Leute für ihre Zwecke zu benutzen, das Steuer in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken.
    Die BRD war danach autoritäter als zuvor.

  • Genau auf diesen Abschnitt habe ich mich bezogen, die Instrumentalisierung des Terrors durch die Politik. Ich wollte keinesfalls die RAF und den heutigen Terror gleichsetzen, das mag falsch rüber gekommen sein. Ich bin auch in manchen Bereichen durchaus der Meinung, dass man der Polizei Instrumente zur Verbrechensbekämpfung an die Hand geben sollte, aber es wird vieles begründet mit Terrorismusbekämpfung, das zur Terrorismusbekämpfung gar nicht geeignet ist. Manches wird von Interessengruppen zur Gewinnmaximierung oder zur Machtmaximierung eingesetzt, das ohne Terrorangst nicht durchzusetzen wäre.


    Die Stimmung die im Herbst 1977 in Deutschland herrschte, die Hexenjagd, kommt bei Böll klar heraus.

  • Wenn ich als Kind in der schwäbischen Provinz zum Postamt marschierte, um meine jährlichen Zinserträge von ca. 53 Pfennig von der Postbeamtin mit Bleistift und Lineal in mein Postsparbuch eintragen zu lassen, schauten mich finstre Gestalten in signalroten Plakaten an, drüber: TERRORISTEN! drunter: Achtung Schusswaffe!
    Und mir als Zehnjäriger war klar, dass da was nicht stimmt, echte Menschen sehen nicht so aus, mit zotteligen Haaren, Sonnenbrillen, und übelster Verbrechervisage (was sich dann auch bestätigt hat). Diese Plakate waren nicht dazu da, die Gesuchten zu finden, sondern die Bevölkerung von ihrer Gefährlichkeit zu überzeugen (die meisten RAF-Terroristen waren ja schon inhaftiert gewesen, das hätte es sicherlich auch ordentliche Photos gegeben).
    Zur Stimmung damals: Trotz 68er waren die siebziger außerhalb der Großstädte eine furchtbare (bleierne) Zeit. Die Deutschen waren wohlständig, hatten die Nationalsozialismus (bzw. die Niederlage, die daraus resultierte) erfolgreich verdrängt, hatten das Wirtschaftswunder gestämmt, und nun kommen diese Langhaarigen (womöglich aus Berlin, pfui Spinne) dahergelaufen, und wollen das alles kaputtmachen! Der Arbeitgeberpräsident war "dem Volk" eigentlich völlig egal, nur dass da jemand das System sabotiert, in dem man es sich so gemütlich gemacht hatte, das ging dann doch zu weit.
    Was dann dazu führte, dass das Volk den Terroristen Tod und Folter an den Hals wünschten, nach Adolf riefen und sich keineswegs als Demokraten gebärdeten.
    Selbst der Unterschied zwischen der RAF als ursprünglich politischer Vereinigung (als man sich noch mit ihren Inhalten hätte auseinandersetzen können) und der Zeit, als sie als Spielplatz für durchgeknallte Selbstdarsteller diente, wurde in den Massenmedien nie aufgegriffen.
    Anbei empfehle ich folgenden Klassiker:

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Sicherlich ist die Befriedigung des Rachegedankens nicht die Zielsetzung unseres Rechtssystems. Es gibt aber ein Ziel, das durchaus dem Gerechtigkeitsempfinden des kleinen Mannes auf der Straße Rechnung trägt: "Wahrung des Rechtsfriedens".


    Die Justiz hat sich so zu verhalten, dass der Bürger in seinem Vertrauen in den Rechtsstaat gestärkt wird. Das wird er nicht, wenn er Urteile als grob ungerecht empfindet, wie anscheinend die Mehrheit der Bevölkerung im Fall Mohnhaupt (oder im Fall Ackermann, um einen anderen Bereich anzusprechen).

    Daher hat unser System in diesem Fall in meinen Augen versagt. Nicht, weil die Staatsanwaltschaft oder die Richter falsch entschieden hätten, sondern weil die Gesetze falsch sind, die eine solche Entscheidung erzwingen. Eigentlich ein Fehler der Legislative, die armen Juristen bekommen jetzt nur die Prügel.

  • Die Freilassung von Mohnhaupt ist doch eher ein Politikum.
    Am WE (oder war es Donnerstag :gruebel ) kam im NDR eine sehr interessante Sendung mit Berichtmaterial, welches bisher nicht öffentlcih präsentiert wurde.


    Es soll ein Zeichen "Der Krieg ist vorbei gegen Staat und Justiz ist vorbei -die RAF ist tot" sein. Der "Staat" will einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ziehen, denn man tat sich damals schwer mit der Verurteilung, der Unterbringung, der Sonderhaft....


    Ich weiß nicht ob ich irgendwie ein klein wenig Mitleid mit der Frau haben soll. Nach einer so langen Zeit wieder in ein Leben geworfen zu werden was man nicht kennt, das ist auch kein Pappenstil.
    Sicher stehen schon etliche Helfer in den Startlöchern um ihr diesen Weg zu ebnen. Ebenso wie bei Christan Klar. Der hat sogar schon einen Job in Aussicht gestellt bekommen von alten Weggefährten. :rolleyes

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • Da sind einige doch kräftig resozialisiert. Der Schröder, Gerhard hat doch zum Beispiel als Anwalt dafür gesort, dass ein gewisser Horst Mahler seine Anwaltszulassung wiederbekam (den hatte übrigens sein Kollege, der Schilly, Otoo vor Gericht im Strafprozeß vertreten). Mit der Anwaltszulassung hat Horst Mahler dann erfolgreich seine Mandantschaft gegen den Bundeskanzler Schröder und den Bundesinnenminister Schily vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten, die NPD. Na der ist kein Linksradikaler mehr. Oder eine andere Ex- Terroristin ist Lehrerin, die andere Friedensfachkraft im Kosovo, wieder ein anderer beim Theater.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Im übrigen saß sie nicht nur 24 Jahre ein. ;-) Beugehaft und Disziplinarstrafen wurden nicht auf diese Mindesthaftzeit angerechnet, ebenso wenig die erste Inhaftierung, die von 1972 bis 1977 währte. Insgesamt saß die 57-jährige Exterroristin damit sogar fast 30 Jahre ihres Lebens im Gefängnis.


    Ob das genug war wird sich zeigen.

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Bernard

    Daher hat unser System in diesem Fall in meinen Augen versagt. Nicht, weil die Staatsanwaltschaft oder die Richter falsch entschieden hätten, sondern weil die Gesetze falsch sind, die eine solche Entscheidung erzwingen. Eigentlich ein Fehler der Legislative, die armen Juristen bekommen jetzt nur die Prügel.


    Es werden zwar alle Gesetze durch die Legislative verabschiedet, aber nur rund 3 % unserer Gesetzes kommen auch aus der Mitte der Parlamente und sind dabei handwerklich mehr als schlecht gemacht.


    97 % aller Gesetzesvorhaben kommen aus dem Bereich der Exekutive. Und diese Gesetzesvorlagen werden durch unzählige Juristen entworfen, geprüft, geprüft und nochmals geprüft. Gerade auch in rechtsförmlicher Hinsicht macht ein solcher Gesetzesentwurf sehr viel Arbeit.


    Insofern ist es schon richtig, dass die Juristen hier Prügel beziehen. Ein Berufsstand also, der dafür sorgt, das die Vorschriftenlage völlig undurchsichtig und unverständlich wird und der dann wiederum gebraucht wird, den eigenen Mist verständlich zu erklären. Unsere Gesellschaft urteilt leider nicht mehr nach dem gesunden Menschenverstand, sondern hat ihre Urteilsfähigkeit auf Juristen delegiert, die damit so allerhand perverse Spielchen veranstalten.


    Und die "Wahrung des Rechtsfriedens" ist übrigens ein Begriff, der von jedem in beliebiger Form definiert werden kann. Rechtsfrieden, so wie er momentan zu verstehen ist, ist das Abnicken von unverständlichen Entscheidungen durch eine schweigende und leider unwissende Mehrheit.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Da ich viel mit dem Auto unterwegs bin, und dabei Radio höre, kommt es vor das auch die Nachrichten mich über sowas aufklären;)
    Also ich sage dazu nur eins, ich schließe mich der Meinung des Oberstaatsanwalts an Deutschland ist ein Rechtsstaat, kein Rächender Staat!!!! !
    Ich glaube nach 24 Jahren Knast, hat sie es verdient zu zeigen, das sie sich wieder in der Gesellschaft eingliedern kann, sie hat ihre Taten noch nicht bereut, ok aber innerlich villeicht schon??
    MFG

  • Zitat


    ...sie hat ihre Taten noch nicht bereut, ok aber innerlich villeicht schon??


    Gestern bei Phönix kam um 23 Uhr "der Tag" mit "Reaktionen zur Entlassung der RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt nach der Entscheidung des OLG".


    Leider habe ich den Beitrag nicht von Anfang an gesehen. Jedenfalls wurde auch der Mangel an "gezeigter" Reue angesprochen.
    Der Bundesanwalt ist davon überzeugt, das Frau Mohnhaupt ihre Taten bereut.
    Sie soll ihm gegenüber geäussert haben, das sie eine öffentliche Entschuldigung bei den Angehörigen der Opfer als zu oberflächlich ablehnt.


    Und da muss ich Ihr Recht geben, ein "Sorry, tut mir leid!" reicht hier nicht und hilft den Angehörigen bestimmt nicht weiter. Im Gegenteil! Alleine Frau Mohnhaupt würde bzw. hätte davon profitiert.