'Die Nebel des Morgens' - Seiten 404 - 506

  • Hatte in den letzten Tagen viel Stress in der Arbeit und konnte mich dem Buch leider nur spärlich mit dem ihm gebührenden Interesse widmen, deshalb auch heute erst Abschnitt 5. Ein toller Abschnitt, es passiert viel und es wird endlich sehr viel erklärt.


    Den Beginn macht die "Gemeinschaftsvergewaltigung" Brynhilds durch Siegfried und Gunther. Ist schon eigenartig, dass der sonst so gleichmütige Gunther plötzlich diesen Drang hat Brynhild zu besitzen. Ich vermute, das rührt zum Teil durch die von ihr erlittene Schmach (gefesselt auf den Gang gehängt) und zum Teil daher, dass er sich nun aufgrund des Muttermals, das er als Zeichen für ihre nur Menschlichkeit nimmt, dazu ermutigt fühlt, sie als seine Frau, seinen offiziellen und rechtmäßigen Besitz, zu erobern (hat den Satz jemand verstanden? ^^; ). Ein seltener Ausbruch von Ehrgeiz, und die Durchführung des Planes ist auch nur mit der Hilfe von Siegfried möglich. Es scheint so, als ob Gunther das erste mal in seinem Leben einem richtigen "Machtrausch" erliegt, in dessen Nachwehen er auch das Massaker an den Heiden ausführen lässt.


    Brynhilds "Erwachen", als sie sich plötzlich das Muttermal aus dem Gesicht schneidet, ist eine der stärksten Szenen dieses Abschnittes (obwohl es hier sehr viele gibt). Ihre Handlung drückt besser als tausend Worte ihren Ekel vor ihm und auch sich selbst aus, vor allem vor diesem Muttermal, dass Gunther so in Besitz genommen hat.


    Endlich ereignet sich das worauf man insgeheim schon seit Beginn des Buches wartet. Hagen und Brynhild finden zueinander. Ich will es gar nicht viel zerreden, ich möchte nur ausdrücken, dass diese tiefe Liebe und Zuneigung, die die beiden verbindet mich sehr berührt und auch neidisch gemacht hat. Ich glaube nicht jeder findet in seinem Leben eine Person der er so gehören kann ohne sich selbst zu verlieren. Wunderbar.
    Brynhilds kleiner Eifersuchtsanfall ist irgendwie allerliebst, sie hat so viel über sich ergehen lassen, und dann dreht sich durch wenn sie an eine andere Frau mit Hagen denkt. *g*


    Als Zeichen ihrer Liebe gibt Brynhild Yenkas Ring, symbolisch für sich selbst, an Hagen. Wie ich also vermutete. Hagen schickt seinen Finger mit dem Ring zurück nach Worms. Und ich glaube nun auch das Motiv zu verstehen. Er rechnet offenbar gar nicht mit seiner Wiederkehr aus dem Hunnenland. Mit dem Ring hat Brynhild die Chance zur Flucht, er gibt ihr also die Möglichkeit aus Worms zu fliehen und als Königin zu ihrem Volk zurückzugehen. Das stimmt sehr traurig und lässt verstehen, warum Hagen auf der Reise so melancholisch ist.


    Hagen kümmert sich gut um die Ungestörtheit ihrer Beziehung, den Einfall mit Augustinus fand ich echt witzig (wobei Rikchen ja auch ein Volltreffer war). Es wundert mich allerdings, dass Hagen sich so gut mit den Christen auskennt, dass er von Augustinus' Predigten der Keuschheit weiß. Aber andererseits wird ja auch erwähnt, dass er während seiner Geiselzeit die Philosophie kennenlernt und da wird Augustinus wohl auch mal aufgetaucht sein.


    Auch Hagens Vergangenheit wird nun beleuchtet. Dass Dankwart sein Halbbruder ist, hatte ich schon fast vermutet und dass der Vater ein furchtbarer Mensch war wurde ja schon erwähnt. Allerdings ist der alte Alderich (/ Alberich :grin) wirklich ein Ekel vor dem Herren. Die arme Sesebis tut mir furchtbar leid, nicht einmal die Freiheit sich selbst zu töten bleibt ihr, immer geht etwas schief. Was mich allerdings interessiert... woher weiß Hagen (bzw. Bryndt), dass seine Mutter mit einem Kissen an seinem Bett stand um ihn durch ein gnädiges Ende vor den Hunnen zu bewahren, wenn er doch schlief? :gruebel


    Ach ja... und die geheimnissvollen Ausritte. Hagen ist ja ein kleiner Weltverbesserer. :-) Muss sehr deprimierend sein, wenn man merkt, dass man so gegen Windmühlen anrennt. Aber es spricht für ihn, dass er in all den Jahren nicht aufgegeben hat. Vermutlich macht das einen wahren Krieger aus.
    Ich hatte ursprünglich vermutet, dass er einfach in den Wald reitet um seine Ruhe zu haben und Kraft zu sammeln (wer könnte denn auch diese Burgunder Deppen ununterbrochen aushalten? ;-))

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Ich vermute, das rührt zum Teil durch die von ihr erlittene Schmach (gefesselt auf den Gang gehängt) und zum Teil daher, dass er sich nun aufgrund des Muttermals, das er als Zeichen für ihre nur Menschlichkeit nimmt, dazu ermutigt fühlt, sie als seine Frau, seinen offiziellen und rechtmäßigen Besitz, zu erobern (hat den Satz jemand verstanden? ^^; ).


    *meld* Ja! Und zugestimmt! :grin

  • Gunther und Siegfried vergewaltigen Brynhild. Daher kommt wohl der "Frauenschänder"... Wie armselig von Gunther, dass er Hilfe braucht und wie kindisch von Siegfried, auch das nur als Spiel zu sehen und sich später einzureden, die Vergewaltigung wäre nichts gewesen. Armselig, menschenverachtend, beide!
    Ich kann verstehen, warum Brynhild sich nicht gewehrt hat, sie muss wie erstarrt gewesen sein...


    Und Gunther fühlt sich danach wie der Größte und benimmt sich wie der König, was bei allen große Verwunderung hervorruft- verständlich! Aber er läßt Brynhild in Ruhe und Hagen verhilft ihr zu dauerhaften Schutz vor ihrem Mann, in dem er das Rikchen auf Gunther hetzt! Cooler Schachzug!


    Mir hat es gegraust und mich durchgeschüttelt, als ich las, wie Brynhild sich das Muttermal rausschnitt! Wenn ich daran denke, bekomme ich noch immer eine Gänsehaut. Aber verständlich und die einzige Waffe, die wohl wirklich gewirkt hat, um sich Gunther für immer vom Hals zu halten!
    Schön, dass ihr Lebenswille wieder zurückkehrt, sie an Flucht denkt und handelt!
    Mittlerweile habe ich Sympathien für sie entwickelt, denn wie mir scheint, ist sie in dieser ganzen Geschichte, diejenige, die am unschuldigsten ist. (Bitte nicht lynchen, aber sie hat wie Susanna in "Legenden der Leidenschaft" so tragische Wendungen bewirkt, ohne wirklich Schuld zu sein. Daran musste ich jetzt einfach denken.)


    Das Hinterherschleichen hinter Hagen habe ich amüsiert beobachtet. Sie denkt, sie macht es gut und er kommt ihr ruckzuck auf die Schliche. *hihi*


    Gut gefallen hat mir, wie Hagen versucht, sein Herz zu ergründen und feststellen muss, dass er gar keine Handlungsfreiheit mehr hat, weil er alles für Brynhild tun würde. DAS ist romantisch!


    Und endlich, endlich erfahren wir Hagens traurige Lebensgeschichte! Was für ein Tier muss sein vater gewesen sein? Abartig, krank, abscheulich!


    Was für eine schöne und anrührende Liebesgeschichte zwischen Hagen und Brynhild. *seufz* Schade und grausam, dass es so schrecklich wird enden müssen!


    Zitat

    Original von Viola Alvarez
    Ich hoffe, Ihr fandet es glaubwürdig, wie beide zueinander gefunden haben. Für mich ist das eine "echte Liebesgeschichte" - mit allem, was folgt.


    Also mir gefällt es sehr gut und glaubwürdig finde ich sie durchaus. Sind beide doch irgendwie gequälte Seelen, einsam, wenn auch jeder auf eine andere Art. Brynhild hat immer ältere Männer bewundert... Warum also nicht?!
    Ich kauf Dir die Liebesgeschichte ab!


    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Wie ich also vermutete. Hagen schickt seinen Finger mit dem Ring zurück nach Worms. Und ich glaube nun auch das Motiv zu verstehen. Er rechnet offenbar gar nicht mit seiner Wiederkehr aus dem Hunnenland. Mit dem Ring hat Brynhild die Chance zur Flucht, er gibt ihr also die Möglichkeit aus Worms zu fliehen und als Königin zu ihrem Volk zurückzugehen. Das stimmt sehr traurig und lässt verstehen, warum Hagen auf der Reise so melancholisch ist.


    Ein sehr guter Gedanke! So eine ähnliche Idee hatte ich auch, aber besser als Du kann ich das nicht beschreiben! ;-)
    Erschreckend fand ich, dass sie sogar eine Vision davon hat...

  • Ein toller Abschnitt, ein tolles Buch.


    Brynhild und Hagen finden zusammen. Dies wurde sehr schön beschrieben, sehr romantisch, aber ganz ohne Kitsch. Für mich auch sehr glaubwürdig.


    Zitat

    Original von Beowulf
    Die Erfüllung seines Lebens in der Liebe zu Brynhild und dieser Vorgang des Sich- Öffnens, der Generalbeichte, ist wunderschön geschrieben. Die Seiten habe ich gleich zweimal gelesen.


    Das war bei mir genauso. Ich habe die betreffenden Seiten auch zweimal gelesen, weil ich es so schön fand.



    Die Vergewaltigungsszene, ja da habe ich mich auch über Siegfried und Gunther aufgeregt. Die arme Brynhild! Das Verhalten der beiden ist wirklich abscheulich! :fetch



    Zitat

    Original von Grisel
    Wobei sich natürlich die Frage stellt, warum Hagen seine Geliebte dann nur an Siegfried rächen wird. Warum nicht auch an Gunther?


    Genau das habe ich mich auch gefragt. Wenn es bei dieser Rache wirklich um das Verhalten gegenüber Brynhild geht, was geschieht zwischen Gunther und Hagen, das ihn verschont?




    Zitat

    Orignial von Bumkin
    Und wenn ich dann die Geschichte über seinen Vater lese, dann kann es einen nur wundern, dass aus Hagen nicht so ein schlechter Mensch geworden ist.


    Ich denke, gerade dass Hagens Vater so abscheulich war und Hagen in seiner Kindheit einige schlimme Dinge miterlebt haben, formen ihn zum Gegenteil. Er hat gesehen, wie schrecklich Menschen sein können und weiß, dass er niemals so werden möchte.




    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Als Zeichen ihrer Liebe gibt Brynhild Yenkas Ring, symbolisch für sich selbst, an Hagen. Wie ich also vermutete. Hagen schickt seinen Finger mit dem Ring zurück nach Worms. Und ich glaube nun auch das Motiv zu verstehen. Er rechnet offenbar gar nicht mit seiner Wiederkehr aus dem Hunnenland. Mit dem Ring hat Brynhild die Chance zur Flucht, er gibt ihr also die Möglichkeit aus Worms zu fliehen und als Königin zu ihrem Volk zurückzugehen. Das stimmt sehr traurig und lässt verstehen, warum Hagen auf der Reise so melancholisch ist.


    Das ist wirklich eine interessante Überlegung. Meine Gedanken gingen auch in die Richtung.
    Da würde dann auch der Satz von Hagen passen, dass er den Ring niemals abnehmen will, solange er lebt.

    Alles Liebe!

    Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Fantasie
    (James Daniel)

    Ich lese gerade: Charlotte Thomas - Die Madonna von Murano

  • Ich will mich auch mal wieder melden (nicht das Ihr denkt, ich hätte aufgegeben, abgebrochen oder ähnliches, lach)

    Zitat


    Original von Pelican
    Ein Buch das wie geschaffen ist für eine Leserunde und doch so sehr dafür, es für sich alleine zu genießen. Ein Buch, das mich hinwegträgt und doch da sein läßt.


    Dieser Satz bringt es für mich auf den Punkt!
    Es fällt mir nämlich verdammt schwer, diesen Roman zu unterbrechen um hier etwas zu schreiben :yikes
    Ich kann einfach nicht aufhören, sondern muss atemlos (es raubt einen wirklich den Atem!) weiterlesen.
    Gestern Nacht um 1 Uhr mußte mein Mann mir das Buch gewaltsam aus der Hand legen, ich wollte einfach immer weiterlesen. Bis Seite 444 habe ich es heute morgen geschafft :-]


    Ab Seite 404 tut sich verdammt viel ... wirklich schlimm, was Gunther und Siegfried der armen Brynhild antun... man möchte so gerne dazwischen hauen :schlaeger und der armen Brynhild helfen :help


    Die Liebesgeschichte zwischen Hagen und Brynhild ist wunderschön ... manche Zeilen musste ich mehrmals lesen. Dieses Glück gönne ich den beiden von Herzen


    Die Lebensgeschichte von Hagen steht mir noch bevor, bin gerade auf Seite 487 angelangt.


    Ich bin dann mal wieder :schnellweg .... muß weiterlesen... vielleicht werde ich ja heute noch fertig wenn man mich wieder bis 1 Uhr morgens lesen läßt ???

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von bonomania ()

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Schon allein, wenn man sich das mit der Truhe vorstellt............... :-(


    So was ist leider bis heute nicht unrealistisch- ersetze Truhe durch Schrank, beides hat/hatte die gleiche Bedeutung, abschliessbare Schränke gab es halt damals in der Regel nicht- viele Kinder werden heute noch in Schränke eingeschlossen. Da mögen ihre Körper vll etwas mehr Bewegungsfreiheit haben- aber ihre Seelen eher genau so wie Hagen das Grauen erleben.

  • Das was Siegrfried und Gunther der Brynhild antun, ist einfach nur abscheulich.
    Danach fühlt sich Gunther wie der Größte. :hau


    Die Beziehung die sich zwischen Hagen und Brynhild entwickelt ist einfach nur schön, ich denen ihr Glück. :-)
    Brynhild hat sich auch sowas verdient, nachdem was ihr Gunther und Siegfried angtan haben.


    Grausig wie Hagens Vater war. Er hatte ja keine schöne Kindheit. Gott sei Dank das er nicht wie sein Vater geworden ist.