Schreibwettbewerb Februar 2007 - Thema: "Zwilling"

  • Thema Februar 2007:


    "Zwilling"


    Vom 01. bis 20. Februar 2007 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Februar 2007 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schickt uns Eure Beiträge als .doc oder .rtf und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von Nudelsuppe



    Marie stand vor dem Riesenrad und schaute hinauf. Lichter, die angezündet waren, ein Fest zu feiern. Hinter den Brücken, hinter den Wassern, ihre Augen nussfarben und ihr Gesicht wie das Bild in einer Camera Obscura. Sie schaute den fleckigen Männern zu, die den Schwestern auf der Bühne zujubelten, der Nacktheit, die sich Stück für Stück zeigte.


    Marie dagegen saß am Tag im Brunnen, einen Spiegel in der Hand, und der Brunnen war nur ein Kübel aus altem Holz, sie erzählte das Märchen von der Liebe unter Sonne, Mond und Sternen, der Unschuld nackt im Brunnen, der nur ein Bottich war, verwandelt von ihr, der Jungfrau, ein Versprechen zukünftiger Liebesnächte..
    Das Riesenrad drehte sich, rot, grün und blau mit Lichtern bestickt, die Liebenden küssten sich schwerelos und die Scheuen flochten ihre Hände zu Kränzen.
    Jean-Paul, der Clown, stand neben Marie und schaute mit hinauf.
    „Das Fest hat begonnen“, sagte er.
    „Du riechst“, sagte Marie.
    „Ja?“
    „Nach Mann.“
    Er lachte. Marie sah ihn an, nussäuigig, eine fleckige Leinwand, auf die eine Kamera Träume warf.
    Jean-Paul hörte auf zu lachen, nahm ihren Kopf in beide Hände und versuchte sie zu küssen.
    „Nicht“, sagte Marie, „du raubst mich“, und gab nach.


    Das Rad drehte sich, die Affen tanzten und Paulette und Germaine, nach ihrem Tanz von einem glitzernden Film aus Schweiß überglänzt, saßen im Wagen, schminkten sich ab.
    „Ich werde berühmt, eines Tages, beim Film“, sagte Paulette.
    „Wir werden beide berühmt“, antwortete Germaine.
    Paulette verzog ihre halb abgeschmickten Lippen, im Spiegel sah sie ein verzerrtes Wesen.
    „Ich brauche mehr Licht“, sagte sie, stand auf, ihr weißes Federröckchen schäumte. Germain betrachtete sie, erhob sich ebenfalls, nahm Paulettes Hände und hielt sie fest.
    „Was willst du?“ fragte Paulette.
    „Was ist mit Jean Paul?“
    „Was soll mit ihm sein?“
    „Du hast es mit ihm getan“, sagte Germaine.
    „Und wenn?“
    „Er gehört mir.“
    „Er ist mit Marie zusammen“, sagte Paulette.
    „Du lügst.“


    Das Riesenrad drehte sich, nun erloschen, weiter durch die Masse der Nacht. Zwei Betrunkene am Schießstand versuchten noch, Zinnenten zu treffen, aus der Ferne hörte man den dreibeinigen Hund heulen, der den Verlust das Mondes beklagte. Der Morgen sickerte rot in die Nacht, zog Schlieren, Germaine saß in ihrem Wagen und legte sich die Karten. In der Mitte aufgedeckt „Das Rad des Schicksals.“.
    Endlich begannen die jungen Männer, die Zelte abzubauen, Stangen und Stoff zu verstauen. Paulette saß auf den Stufen ihres Wagens, rauchte, sah, wie weit, ganz weit weg das Riesenrad endlich stoppte und dahinter die Sonne den Horizont in Flammen setzte.
    „Jean Paul, der Clown“, flüsterte sie, als sie ihn auf den Stufen von Maries Wagen sah. Er stand auf, kam zu ihr herüber und gab ihr einen Kuss.
    „Und wen habe ich heute geküsst? Paulette oder Germaine?“ fragte er.
    „Ist das nicht egal?“
    Er nickte. Paulette schnippte die Zigarette weg und leckte sich über die Lippen.

  • von Luc



    Was kann mir mein Bruder am Telefon unmöglich verklickern? Meinen Besuch in der Heimat habe ich mir so vorgestellt: Freitagnachmittag im Sauerland ankommen, aufs Schützenfest, saufen, mit Enno labern, spätestens Samstag eine wie Katja treffen, saufen, eine wie Katja bumsen. Sonntag Rausch ausschlafen, bei Muttern Hallo sagen, nach Köln zurück, keinen Alkohol mehr anrühren, bis ich verheiratet bin. Was ich bis zu meinem vierzigsten Lebensjahr nicht vorhabe. In diesen Planungen kommt Corinna nicht vor, obwohl ich dauernd an sie denken muss.


    Jannis holt mich vom Bahnhof ab. Ich erkundige ich mich, wer mit wem rum macht. Corinna hat Jannis mal versucht. War aber nichts für ihn. Klar. Ich kenne doch meine Corinna.
    „Sie hat auf dich gewartet. Sprich mal mit ihr, Alter" sagt er. Ich kapiere nicht, wie er das meint. Gewartet. Wieso sollte eine wie Corinna warten? Also ich hab nicht gewartet! Ich hab was versucht. Drei, vier Mal. Ich bekomme die Namen nicht mehr zusammen.


    Nach zwanzig Minuten sind wir am Ort des Geschehens. Schützenfest. Kinder futtern Zuckerwatte. Kirmesgewühl. Also, ab ins Bierzelt. Enno sehe ich sofort. Er streitet auf der Empore mit Proletenpack. Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter und drehe mich um. Jannis ruft zu Enno rüber und verpisst sich. Corinna lächelt mich an, als wäre die Katja Geschichte vor einem Jahr nie geschehen.
    „Tach“, sage ich. Gott, wenn es dich gibt, lege mir eine Entschuldigung auf die Lippen. Mein Herz klopft, bis zum Hals. Kein Wort bringe ich raus.
    „Hi, Theo“,
    Sie drückt mir einen Kuss auf die Wange.
    „Ich komme mit dir nach Köln“, flüstert sie. Nee, oder? Zwölf Monate Funkstille. Jetzt will sie zu mir ziehen, ohne eine Entschuldigung abzuwarten. Was ist in sie gefahren? Ich muss dringend mit Enno konferieren. Sie streichelt mein Gesicht. Mir wird schwindlig. Verdammt, ich könnte ausrasten vor Glück.


    Auf der Empore beginnt eine Schlägerei; Enno teilt aus. Zeit, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ich renne los. Corinna kreischt. Alles, wie früher. Neu sind die Sicherheitsbeamten, von denen mich einer kurzzeitig festhält. Auf der Empore geht ein Schlagknüppelgewitter nieder. Enno taucht vor mir auf. Er blutet an der linken Bauchseite.
    "Da bist du ja endlich" sagt er und sackt auf die Knie zusammen. Ich helfe ihm auf. Corinna überredet Enno, dass Sanitätszelt aufzusuchen.


    „Eine Fleischwunde“, sagt der Arzt. Ich bitte Corinna, draußen zu warten und packe Enno am Hemdkragen.
    „Was hast du mit ihr gemacht, Arschloch?“
    „Das alte Spiel“, antwortet mein Zwillingsbruder.
    „Du hast dich als Theo ausgegeben?“
    Er nickt.
    „Hast du mit ihr gebumst?“
    „Quatsch. Die letzten drei Tage habe ich auf sie eingeredet. Ich habe mich an deiner Stelle entschuldigt, was du ja nicht fertig bekommst. Du solltest mir dankbar sein.“
    Ich verlasse das Zelt. Mir steckt das schlechte Gewissen in den Klamotten.
    „Corinna, ich brauche ein Bier!“
    „Du hast geschworen, nichts mehr zu trinken“, sagt sie.
    „So? Meinetwegen, aber es gibt eine Klausel, auf die ich dich aufmerksam machen muss. Ohne Alkohol nur bis zur Hochzeit.
    Heirate mich, Corinna!“
    „Ach Theo ...“

  • von Lotta



    „Keine Überraschungen“, verspricht er mir flüsternd, während sein Atem kaum spürbar mein Ohr berührt. Ein sanfter Kuss landet auf meinem Hinterkopf, seine warmen Hände schließen sich um meine Augen.


    Eine so vertraute Geste, ich fühle Jahre der Versteckspiele an mir vorüber sausen, höre eine Kinderstimme: „Na, wer bin ich?“ Will mich aus dem Griff winden, ins Gras werfen, ihn mitreißen und ihm erzählen, dass ich ihn erkannt habe, blind, und sowieso schon aus vielen Metern Entfernung. Und dabei mit der kleinen Hand sein Haar zerzausen, wie man das macht, wenn man dabei nicht denken muss.


    Nur ist da heute kein Gras. Bloß ein Bett, das ich nicht sehen kann und trotzdem bemerke. Und nichts, woraus ich mich winden kann, so weich umfassen mich seine Fingerspitzen und so ernst ist seine Stimme, aus der alles Verspielte gewichen ist.
    „Herzlichen Glückwunsch, meine Kleine“, sagt er schließlich und dreht mich zu sich, so dicht, dass sein Herzschlag gegen meine Brust klopft. Schon lange fühlt es sich nicht mehr an wie eine harmlose Umarmung zum Geburtstag.


    Ich kenne ihn auswendig, kann ihn anhand einer einzigen Wimper erkennen. Wir sind zusammen vom Schuppendach gesprungen, von zu Hause ausgerissen, nach Nimmerland ausgewandert, haben ein Bad genommen, im Regen getanzt, zum Schokoladengott gebetet. Früher. Das fanden alle niedlich, damals.


    Seine Lippen nähern sich meinen. Beinahe schiebe ich ihn von mir, das hätte uns vielleicht retten können. Wovor? Mein Atem wird schneller, ich will das, will es wirklich, will mich darin verlieren und niemals gefunden werden.
    „Herzlichen Glückwunsch, Lieblingsbruder…“, flüstere ich leise und erwidere seinen Kuss.
    Dann fliegt die Tür auf und alles geht ganz schnell.


    „Sieh sie nicht an! Sieh sie um Gottes Willen nicht so an!“
    Ich höre, wie eine flache Hand auf seine Wange niederfährt, fühle ihn leicht zusammen zucken. Ich starre auf meine Füße, kann seinen Blick nicht erwidern. Ansehen ist Sünde.
    Da steht mein Vater, und dort meine Mutter. Sie haben schon davon gehört, im Fernsehen und in skandalösen Romanen. Sie fühlen sich betrogen.
    Auf meiner Zunge liegen viele Antworten. Rechtfertigungen. Anklagen. Entschuldigungen. Doch vor allem der Geschmack von seiner.
    Ich denke an die verlorenen Jahre, an zwei süße Kinder, die die gleichen Latzhosen tragen und unbekümmert ins Bett des anderen kriechen, wenn draußen die Nachtgespenster an den Fensterläden rütteln. An das, was uns verbindet. Und daran, wie sich seine Hände auf meiner Haut anfühlen.
    Mit jedem Wort, das ich nicht ausspreche, wird es unwirklicher.


    Es ist schon spät. Ich presse mein Ohr an seine Zimmertür, um ihn verstehen zu können. Aus Sicherheitsgründen haben sie abgesperrt. Vorübergehend.
    „Ich komme zum Fenster“, sage ich und gehe auf Zehenspitzen den Flur entlang.
    Manchmal geht es darum, ob etwas richtig ist oder falsch. Heute nicht.


    Wir sind noch nicht lange unterwegs. Der Nachtzug ist fast leer. Er weint. Das sehe ich nicht, und weiß es dennoch ganz sicher, weil sich bei mir ein Haar aufstellt und ein unsichtbares Flüstern seinen Schmerz in mein Herz brennt. Im Dunkeln taste ich nach seiner Hand.

  • von Sinela



    Mit einem mächtigen Satz sprang das Mädchen von dem Holzzaun.
    „Spinnst du jetzt total? Nach Amerika auswandern, du hast sie doch nicht mehr alle!“ Dem jungen Mann pochte das Herz lautstark in der Brust. Wie er sie liebte! Mit ihren vor Zorn blitzenden Augen war sie einfach wunderschön! Sie waren so grün wie die Wiesen Irlands, ihr Haar so rot wie die Sonnenuntergänge am Meer. Ihr Temperament so stürmisch wie die See an Herbsttagen und ihr Teint so weiß wie frischgefallener Schnee. Ihre Manieren waren...
    „Hör auf mich mit diesem verklärten Blick anzustarren. Antworte mir gefälligst: Was willst du in Amerika? Dort gibt es giftige Tiere, eiskalte Winter, Wilde, die einen massakrieren,...“
    „Und was erwartet mich hier?“, fragte er erregt. „Ein weiterer Hunger-Winter? Der Sommer war kalt und nass, das Getreide ist wie im letzten Jahr auf dem Feld verfault. Von den Kartoffeln ganz zu schweigen. Ich will nicht wieder zusehen müssen, wie meine Geschwister fast verhungern! Ich werde mit meiner Familie auswandern!“
    Mit Tränen umflorten Augen sah sie ihn an: „Du kannst mich nicht verlassen. Ich liebe dich doch!“
    „Ich liebe dich auch, das weißt du. Aber unsere Liebe hat doch keine Zukunft. Du bist die Tochter eines Grafen, bist von Adel. Ich bin nur ein Bauer, einer vom Volk. Glaubst du wirklich, dein Vater würde es dir erlauben, mich zu heiraten?“
    Er lachte bitter auf.
    „Garantiert nicht. Du wirst nächstes Jahr nach London gehen und in die Gesellschaft eingeführt werden. Dein Vater wird einen Ehemann für dich aussuchen und du wirst ihm gehorchen müssen.“
    Er nahm ihre Hände und sah sie an.
    „Ich würde das nicht überleben. Sehen zu müssen, wie du einem anderen Mann gehörst.“
    „Nimm mich mit! Ich liebe dich zu sehr, um ohne dich leben zu können. Ich werde alles ertragen, alles erdulden, wenn ich nur bei dir sein kann.“
    Mit ernsten Blick sah er sie an.
    „Bist du dir wirklich sicher? Du wirst deine Familie, deine Heimat nie wieder sehen.“
    Sie erbebte und senkte den Blick, bevor sie mit leiser Stimme antwortete:
    „Ja, ich bin mir ganz sicher. Du bist mir wichtiger als alles andere.“


    Segel knatterten im Wind, Taue wurden von der Mannschaft festgezurrt, Regen peitschte die Planken. Einsam stand der junge Mann an der Reling, den Blick zurück auf die entschwindende Heimat gerichtet. Er war starr vor Schmerz, denn sie war nicht an dem vereinbarten Treffpunkt erschienen. Ihre Liebe war wohl doch nicht stark genug gewesen, um für ihn alles aufzugeben. Verbitterung machte sich in seinem Herzen breit. Er wusste nicht, dass gerade in diesem Augenblick eine zusammengekrümmte Gestalt zu Füßen der Zwillingsfelsen lag. Ihr rotes Haar war dunkel vor Nässe, sie zitterte vor Kälte im stärker werdenden Wind. Doch sie spürte nichts, denn er war fort. Tränen der Verzweiflung rannen ihr über die Wangen. Die waghalsige Flucht aus ihrem Zimmer war zu spät gelungen. Sie würde ihn nie nie wieder sehen, die einzige und große Liebe ihres Lebens.

  • von flashfrog



    [Der Schriftsteller hat das Gehirn betreten.]


    SCHRIFTSTELLER: Hallo? Irgendjemand hier?
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Servus.
    SCHRIFTSTELLER: Du schon wieder *örx*
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ich bin der Geist der stets verneint...
    SCHRIFTSTELLER: Schmarren, größenwahnsinnig bist', nix weiter!
    FRÜHSTÜCKSTELLER: ...dein Gewissen, mein Freund, deine Brieftasche, die dunkle Seite der Macht, Dein böser Zwilling...
    SCHRIFTSTELLER: Ein nervtötender Pedant bist!
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ooch, laufts net so mit der Arbeit heute? *fg*
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ach, was sag ich, heute! Haben wir diese Woche überhaupt schon etwas annähernd Sinnvolles zu Papier gebracht?
    BILDSCHIRM: Ich fühle mich so leer...
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Wem sagst du das. *seufz*
    SCHRIFTSTELLER: Wenn der Text für den Spot mit der tanzenden Windel fertig ist und die Fußball-Kolumne. Ich schwörs euch!
    BILDSCHIRM: Hm.
    BILDSCHIRM: *dummdideldumm*
    BILDSCHIRM: Wieso glaub ich ihm das jetz nicht? *fg*
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Du kennst ihn halt zu gut. Lob der Diszipliin... *zwinker*
    SCHRIFTSTELLER: *grummel*
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Wenn er wenigstens mal den Schmuseeffekt erfunden hätte oder die Gesund-und-Munter-Yoghurtkulturen! Gier ist geil! Auf diese Schweine können Sie hauen. Have a Break, have a Kitekat. Aber selbst für Werbesprüche hat er zu wenig Phantasie.
    SCHRIFTSTELLER: Ich muss doch sehr bitten!
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Eine unbequeme Wahrheit: Du bist laaang-weiii-lig!
    SCHRIFTSTELLER: Mir fehlt zu dem Thema heute einfach nur die rechte Inspiration.
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Dein Geschreibsel ist genauso fad und ideenlos wie das, was du mir jeden Morgen zumutest. Das wollt ich dir übrigens schon lang mal sagen: Ich hasse das! Immer nur Nutellatoast, genauso fad wie deine Manuskripte...
    SCHRIFTSTELLER: Das ist wohl typische Kafkasche Dilemma... *seufz*
    FRÜHSTÜCKSTELLER:: ...die von den Verlagen sowieso ungelesen an Konfettifabriken weiterverscherbelt werden...
    SCHRIFTSTELLER: Hey, was kann ich denn dafür, wenn die Verlage literarisch ambitionierten Newcomern einfach keine Chance geben?
    FRÜHSTÜCKSTELLER: ...zum Kilopreis.
    BILDSCHIRM: Und ich kann mich nichtmal gegen seine Ergüsse wehren...
    SCHRIFTSTELLER: Plagegeister! Saubande, vermaledeite!
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ich will Kaviar! *quengel*
    SCHRIFTSTELLER: Wie stellst du dir das vor bei einem brotlosen Künstler, hä? Das wäre völlig unrealistisch hier! Den Kaviar würde mir jeder Lektor umgehend um die Ohren hauen!
    BILDSCHIRM: Also, ich hätte nix dagegen...
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ich will Frühstück bei Tiffany, ich will Schokolade zum Frühstück!
    SCHRIFTSTELLER: Das ist ein Film.
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Oh.
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral!
    SCHRIFTSTELLER: Schluss mit lustig! Schleich dich, ich muss arbeiten!
    FRÜHSTÜCKSTELLER: Ich bin dann mal weg...

  • von churchill



    Mein Blick auf ihre abgewandten Augen. Die beiden haben mir in gewissen Momenten einiges bedeutet. Viel öfter nichts. Das hängt vom Augenblick ab. Und jetzt und hier? Ich weiß es nicht. Kann es nicht alleine beeinflussen. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Akteure werden zu Marionetten, Statisten zu Hauptdarstellern, die beste Nebenrolle bedeutet meist den Hauptpreis.


    Konzentriert schaue ich sie an und weiß, dass ich dabei beobachtet werde. Nebensächlichkeiten schleichen sich in mein Denken. Ich muss grinsen. Ihre Frisuren wirken für unsere an gestylte Models gewöhnten Augen vorsintflutlich. Seltsam, dass mir das nie aufgefallen ist. Die eine hochgesteckt, die andere locker in Zöpfen herabfallend. Die Braune mit neckischen Schleifchen im Haar und Kettchen auf der Stirn. Die Blonde mit der Rose auf dem Kopf. Zwischen den Zähnen würde sie mir noch besser gefallen. Mein Grinsen wird breiter. Ich lasse es einige Sekunden zur allgemeinen Betrachtung stehen und führe dann meine Mundwinkel wieder in die neutrale Ausgangsstellung zurück.


    Beide Dekolletés haben ihren Reiz. Auf Perlen stehe ich normalerweise nicht. Aber hier passen sie. Wobei mir dann doch der rote Anhänger in Kombination mit dem Saphir in Goldeinfassung bei der Rosenträgerin mehr zusagt. Erst recht die Ledermanschetten an ihren Handgelenken.


    Die anderen am Tisch können meine Gedanken nicht einmal ahnen. Obwohl sie viel dafür geben würden, sie zu kennen. Ich habe euch beiden. Eine allein würde mich nicht interessieren. Darüber hinaus seid ihr austauschbar. Und wesentlich prickelnder wäre es, wenn sich noch ein oder zwei andere zu euch gesellen würden. Doch dafür sehe ich nicht viele Chancen. So baue ich auf euch. Enttäuscht mich nicht! Meine Gedanken bewegen sich fort von Frisur- und Kleidungsfragen hin zum schnöden Mammon. Sie irren sich, wenn sie glauben, dass ich aufgebe. Der Wert der beiden hält sich in Grenzen. Aber es könnte reichen, die anderen zu beeindrucken, vielleicht sogar ... Träumen ist riskant. Bleiben wir bei den Tatsachen.


    Ein letzter Blick auf die beiden. Als ob sie sich teilnahmslos in ihr Schicksal fügen würden, das ihnen jeglichen Alleinwert abspricht und ihnen nur in Kombinationen Attraktivität verleiht. Nicht gleichgültig, aber hinnehmend. Ich schaffe das nicht. Und wenn die Sache nicht so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, kann es sein, dass sie es zu spüren bekommen. Das ist nicht professionell. Ich weiß das und arbeite daran.


    Mein Blick in Richtung der Augen des Gegenüber. Nur er steht mir noch im Weg. Er ahnt nichts von den beiden und ich nichts von seinen Gedanken. Langsam bewege ich meine Hände und das, was sie umfassen, in die Mitte. Er starrt mich an. Ich schließe die Augen und sehe die Rose. Das Herz. Den Kussmund der anderen. Er gibt auf. Im gleichen Augenblick vermengen sich die beiden wieder mit den übrigen, ohne enttarnt worden zu sein, verlieren ihren Wert für mich, entfliehen meinen Gedanken und werden simplen Ziffern , schwarzen Kreuzen und roten Karos gleich. Allein, sie bleiben Damen, Herz und Pik.

  • von Roxane



    Wenn sie mit den Fingerkuppen ganz sacht die Wasseroberfläche berührte, schien ihre Schwester erschrocken zurückzuzucken, doch im nächsten Moment fing sie sich wieder und hob das Kinn, stolz, nein, nicht sie, sie würde nicht zurückzucken, sie nicht. Sie war wie sie, scheu, einsam, aber stolz. Selbst wenn sie einen kleinen Stein, hineinwarf, verschwand sie nicht.
    Sie war froh darüber; ihre Schwester war die einzige, die nicht ging, sie hatte sie noch nie im Stich gelassen, und sie war genau wie sie, fast wie ein Zwilling. Ein Zwilling, ging es ihr durch den Kopf, schöne Worte, das passte irgendwie; Zwillinge.
    Wenn sie jetzt sprang, würde es keiner merken, nur ihre Schwester - ihre Zwillingsschwester -, war das nicht schön? Wir beide zu zweit, dachte sie, sie wird mich nicht verraten, jeder andere würde es tun, sie nicht.

    In Gedanken war sie bereits unter der Oberfläche, tief drunten, kühles Blau nahm ihr die Sinne, gleichzeitig waren ihre Sinne schärfer denn je: Strudelndes, gurgelndes Wasser, egal, wohin man sah, der Geschmack von Salz in Mund und Nase, hellblaue Fontänen, gekrönt von weißer Gischt und gold geädert von der milde strahlenden Sonne, so stellte sie sich Wasser vor, von oben, aus der Sicht eines Vogels: blau-gold, weiße, zitternde Lichtflecken, wie ein schimmernder Film über dem Meer, tief unten rote Leuchtfische, große, neugierige Walaugen, das Lachen hunderter Delfine; Schwärze, unendliche Schwärze, hin und wieder durchzogen vom schwachen, flatternden Schein eines golden leuchtenden Seepferdes.

    Ruhe überkam sie, sie wusste, wie es sein würde, sie tauchte eine Hand ins Blau, atemlos. Jetzt, spring, sie wusste, dass dies der Moment war, tu es - still deinen Durst, trink.


    Schillernde Dunkelheit umfing sie, tiefer, sie sank tiefer, bis zum Abgrund, wo nichts mehr atmete, keine Farben, kein Geräusch. Leise, fast zärtlich, wurde sie auf dem sandigen Boden abgesetzt, trübes Braun wirbelte auf, wie Staub, ging es ihr durch den Sinn, natürlich war es das nicht, das gibt es nicht - Staub im Wasser, das ist Unsinn.
    Ihre Vorstellung, tief drunten würde sie von buntem Leben empfangen werden, schwankte, geriet ins Taumeln - stürzte in dem Moment, als ein kleiner Fisch freundlich ihre Nase anstupste - Herzlich Willkommen -, sie die Finger ausstreckte, um seine glatten Schuppen zu streicheln - und in ein Sandwölkchen griff, das sich langsam im Wasser zersetzte, sie verspottete mit seiner dunstartigen Konsistenz; hier unten gab es keine Fische, nicht einmal Rochen, nicht einmal Plankton.
    So war also das Leben nach dem Tod - noch mehr Tod, ätzende Leere, schleppende Düsternis?
    Und wo war eigentlich ihre Schwester? Wo war ihr Zwilling?
    Schwesterherz?
    Boshaft gab die Stille das Wort zurück, ein-, zweimal reflektierten es die Felsen, dann verlor es sich in der titanischen, schwarzen Unendlichkeit.

    Panisch schnappte sie nach Luft, die ganze Zeit über hatte sie nicht geatmet, fassungslos starrte sie auf das Bild ihrer Schwester. Noch ein letztes Mal strich sie ihr übers Haar, die Wasseroberfläche kräuselte sich wie zum Abschied.
    Sie stand auf und lief ins Haus.
    Einmal noch sollte sie es versuchen - Leben.