Kriegsspielzeug für Kinder?

  • @ tom: Ich habe keinerlei Statistik zur Hand. Aber ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass bei allen den Schülerinnen und Schülern, die Attentate auf Schulen verübt oder geplant haben, entsprechende Software auf dem Rechner gefunden wurde.


    Sicher ist es zu einfach, hier monokausal alles auf Counter Strike zu schieben. Das liegt mir auch fern.
    Wenn aber das eine (das Spielzeug) zum Anderen (dem sozialen Umfeld)m kommt, ist die Mischung explosiv.
    Ich konzedierte bereits mehrfach, daß in einem normalen sozialen Umfeld die Situation etwas entspannter sein mag. Meine Hinweise bezogen sich zunächst auch auf die sozialen Brennpunkte.


    Dass darüber hinaus ein Kind, dass friedliche Konfliktvermeidungsstrategien im Spiel erlernt hat, weniger schnell zu einer Waffe greift als ein Kind, dass Übung darin hat, den Finger am Abzug zu haben, scheint mir aus sich selbst heraus plausibel. Dass der Besitz von entsprechendem Spielzeug die Erziehung zu friedlicher Koexistenz nicht ausschließt, wurde nie bestritten. Dass der Nicht-Besitz von Waffen aber in irgendeiner Weise nachteilig sein kann (ausser in den geschilderten Fällen auf Kindergeburtstagen, die ich hiermit ausdrücklich ausklammere, weil mir, wie geschrieben, nicht daran gelegen ist, das Kind mit dem Bade auszukippen) erscheint mir nicht sonderlich plausibel. Darum denke ich, daß es nicht sonderlich schwer fallen muß, auf etwas zu verzichten, was man eh verabscheut. "Ich finde Waffen scheiße." (Tom) Damit isoll nichts gegen die Notwendigkeit von Raufereien gesagt sein. Aber ich frage mich, warum, wer Waffen "scheiße" findet, sich dafür einsetzt, dass damit gespielt werden kann.

  • Lotta


    Ein Beispiel:
    Meine Freundin und ich spielen gern "Mechwarrior 3".
    Dabei bestückt man zunächst eine futuristische Kampfmaschine, so eine Art 10 Meter hohen Roboter, mit allerlei Waffen vom Maschinengewehr über Raktenlafetten bis zu Laserstrahlern. Dann zieht man damit los und schießt ähnlich ausgestattet Gegner ab, manchmal auch Hubschrauber, Panzer oder Fußsoldaten.


    Ich behaupte: Dabei kommt niemand zu Schaden, wir sitzen in einem warmen Zimmer vor einem hochtechnischen Gerät, nämlich einem Computer und der rechnet die Kollision verschiedener Bildschirmobjekte aus, um daraus farbenfrohe Explosionen zu basteln. Das verstehe ich unter zivilisiert, insbesondere im Gegensatz zu echter Gewalt.


    Ich halte dieses Freizeitvergnügen sogar für sozial förderlich, denn wir spielen gemeinsam - ich lenke, sie schießt. Wenn man so möchte, lernen wir, uns aufeinander abzustimmen, gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Eine toll gesteuerte Kampfmaschine, bei der im entscheidenden Moment das Fadenkreuz verwackelt, ist nämlich ebenso nutzlos wie gut gezielte Schüsse, wenn man in die falsche Richtung rennt.


    Wenn ich in der Zeit ein Buch lesen würde, anstatt gemeinsam mit meiner Freundin dieses Spiel zu spielen, wäre ich vermutlich einen Schritt näher am Amokläufer, denn das Lesen ist grundsätzlich eine sozial isolierte Tätigkeit.

  • @licht: Die Kinder spielen nicht mit Waffen, sondern mit einem Spielzeug mit dem sie in eine Rolle schlüpfen können. Das kann eine Ritterrüstung mit Schwert sein, eine Indianerverkleidung mit einer Axt oder ein Prinzessinnenkleid mit einer Krone. Es sind Accessories, nichts weiter. Die Kinder inszenieren sich und wenn die Verkleidung nicht perfekt ist, dann sind sie traurig. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  • @ bernhard: Wie ist es dann mit Lektüre zu Ballistischen Problemen? Könnte das dann nicht das Spiel und damit die soziale Interaktion mit deiner Partnerin fördern? Vielleicht gibt es ja auch Lektüre, die Waffengattungen, Lenkverhalten von Abschussvorrichtungen u.ä. so erläutert, dass Du Deine Lenk- und sie ihre Abschusstechnik noch ausfeilen kannst. Es erhöht sicher auch den Zivilisierungsgrad immens, wenn man noch mehr Hubschrauber, Panzer oder Fußsoldaten in kürzerer Zeit abkallen kann.
    Eine weitere Frage: was ist zivilisierter, das Blut eines Fußsoldaten spritzen zu sehen oder die Explosion eines Panzers?


    edit: @ oryx: zu dem thema habe ich mich weiter oben geäußert ... (und berhards beitrag macht ja auch etwas deutlich)

  • Oryx : Danke! Das ist letztlich genau das, was ich sagen wollte. :anbet


    @Licht: Mir wäre eine Welt ohne Waffen auch lieber, und natürlich dann auch ohne Spielzeugwaffen. Ich habe lediglich versucht, den von Dir hergestellten Kausalitäten zu widersprechen. Und den damit verbundenen Umkehrschlüssen.

  • Bernard,
    Ich denke, da stoßen wir einfach aneinander, denn schon wenn du anfängst zu erzählen, von 'farbenfrohen Explosionen' und 'toll gesteuerten Kampfmaschinen' und Gegnern, die keine sind, dreht sich mir der Magen um. Und bevor du das falsch verstehst, das ist deine Freizeit, und ich habe auch nicht vor, diese Spiele mit echter Gewalt gleichzusetzen.
    Ob es sozial wirklich so fördernd ist, sei dahingestellt. Man kann auch gemeinsam auf etwas hinarbeiten, ohne mit künstlichem Blut zu spritzen.

  • Zitat

    Original von licht
    ich werde mir künftig abgewöhnen, differenziert zu argumentieren, es wird eh nicht wahrgenommen ...


    ich bin nur gespannt auf den großen aufschrei, wenn wieder ein schüler eine schule stürmt oder oder oder ....


    ich halte es für sträfliche augenwischerei, den zusammenhang verharmlosen zu wollen.
    (das sage ich, ohne damit jede(n), die / der hier anderer meinung ist, als ich zum potentiellen Mörder stempeln zu wollen)


    Ich bin in einem System groß geworden wo es zur Bildung gehörte mit eben solchem Kriegsspielzeug zu spielen. Panzer aus Plastik :grin, Gummisoldaten stehend, liegend, schießend...., solch Zeugs gehörte ins Bildungsprogramm, es zu malen, Lieder dazu zu singen, selbst Soldaten zu spielen, wie man den "Bösen Feid" besiegte, erfolgreich beseitigte, man ging zu den Soldaten hin, gratulierte denen zu ihrem eigens eingerichteten Feiertag, durfte im Panzerwagen mal sitzen, mal mit dem Gewehr zielen üben.....


    Als Jugendlicher durfte/musste man selbst Soldat spielen. Ab ins Zivilverteidigungslager, rein in die Uniform, ab in den Wald zu Dauermärschen, Exzerzierübungen, schießen, tarnen, Sani spielen, lächerliche Selbstschutzmaterialien basteln die angeblich vorm Atomtod retten sollten :pille, Grundkenntnisse zu ABC-Waffen, deren Wirkung, wie sowas gebaut wurde.........


    Dann Studentin, wieder ab ins ZV-Lager, wieder abgekotzt, im Studium gelernt wie man die Kinder am besten dazu animieren kann das alles toll zu finden...... :rolleyes



    Ich hasse dieses Spielzeug, ehrlich. :fetch Meine eigenen Kinder bekamen von mir sowas nicht. Oma und Opa oder Freunde hatten Mitleid und versteckten ihnen den Mist vor mir. :grin Ich wusste es ja, aber sie wussten sie dürfen sich bei mir damit nicht sehen lassen. ;-)
    Meine Dienstkinder mussten auch leiden. :grin Dat Zeugs lagerte im Schrank, tiiiiiiief vergraben. Nur wenn mal angesagte Kontrollen kamen kramte ich den Mist vor. Die Kinder waren begeister von dem "neuen" Zeug, spieleten toll mit und wenn die "Behördenbegutachtung" weg war, war es das Spielzeug auch. Bei mir gabs keine Lieder dazu, wir malten sowas nie. Gab ja noch genug anderes womit man sich rausreden konnte und die Oberen "glücklich machte". :grin



    @Licht


    Du siehst, ich bin damit aufgewachsen, bei uns war das normal, gehörte zum Leben und doch war ich wie viele nur genervt davon als ich alt genug war um zu begreifen. Nicht der Umgang mit Kriegspielen formt, sondern das innere Potential was man mit sich trägt. Nicht jeder Junge, der mit Puppen spielt wird ein guter Vater und Hausmann. ;-)


    So Spiele wie Räuber und Gendarm, Cowboy und Indianer sind für mich keine Kriegsspiele, sondern simple Machtspielchen. ;-) Die stärken das Selbstbewusstsein und die Teamfähigkeit.

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Heaven ()

  • Da hat sich ja mittlerweile eine ziemlich anregende Diskussion entfacht.


    Ich bin nach wie vor der Meinung, daß man harmlose Kinderkriegsspiele nicht verbieten sollte. Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, so beinhaltete das Cowboy-Indianer-Spiel weit mehr als nur das hier oft erwähnte "Totschießen". Es war ein etwas abgewandeltes Fangen-Verstecken-Spiel, meist brachte ein Kind noch ein Indianerzelt von zu Hause mit, das wir dann auf einem verwilderten Gelände aufbauten. Irgendwann holten wir von daheim Kartoffeln um sie im Lagerfeuer zu rösten. Nichts schmeckte uns Kindern besser, als diese von außen völlig verkohlten und innen noch rohen Kartoffeln :lache


    Wir durften phantasievoll spielen. Ohne unnötige Verbote. Und das halte ich für sehr wichtig!


    Und auch Karneval waren unseren Kostümen keine Grenzen gesetzt.
    Zu einer Prinzessin gehörte eine Krone, zu einem Zauberer ein Zauberstaub, genauso zu einem Pirat ein Säbel und zu einem Cowboy eine Pistole.
    Das hatte rein gar nichts mit Kriegsverherrlichung zu tun, sondern einfach nur mit dem Spaß am Verkleiden.


    Würden hier die teilweise genannten Theorien zutreffen, so hätte es auch schon um 1980 jede Menge Amokläufer in unseren Schulen geben müßen. Dem war aber nicht so.


    Erst diese angeblich gewaltfreie Erziehung brachte solche Jugendlichen hervor. Woran liegt das?


    Und übrigens sind diese jugendlichen Amokläufer meist "nur" Selbstmörder, die diesen Selbstmord auf ihr Umfeld ausweiten.

  • In erster Linie sind es völlig frustige Jugendliche mit Bergen von Problemen bei denen keiner zuhört oder sie nicht wagen davon zu sprechen.

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von licht
    Eine weitere Frage: was ist zivilisierter, das Blut eines Fußsoldaten spritzen zu sehen oder die Explosion eines Panzers?


    Wenn es sich lediglich um Grafiken auf einem Computerbildschirm handelt, halte ich beides für zivilisierter als ein Backpfeife in der echten Welt.


    Ich vertrete nicht die These, dass die Beschäftigung mit Krieg und Militär das Zusammenleben fördert. Ich wollte darauf hinaus, dass gemeinsame Aktivitäten, die man mit anderen Menschen unternimmt (zum Beispiel gemeinsames Spielen am Computer oder im Sandkasten) die Sozialkompetenz stärker fördern als Tätigkeiten, die man allein unternimmt und bei denen keine soziale Interaktion vorkommt (zum Beispiel das Lesen eines Buches). Der Inhalt des Spiels/ des Buches ist in diesem Zusammenhang sekundär.

  • Die Amokläufe haben mit Kriegsspielzeug für Kinder rein gar nichts zu tun.


    Amokläufe gibt es, seit es Menschen gibt. Der Begriff kommt nicht umsonst aus einem völlig anderen zivilisatorischen Umfeld. Möglicherweise gab es in Polynesien niemals etwas wie Kriegsspielzeug.


    Als Kinder haben wir gerne Banden gebildet und mit Plastikpistolen und Gewehren aufeinander geballert. So what, das hat unendlich Spaß gemacht und Generationen von Kindern haben Räuber & Gendarm, Indianer & Cowboy und wie sie alle hießen, gespielt. Das ist völlig natürlich. Und manche haben Spaß daran, das Ganze in größerer Dimension nachzuspielen, mit Schiffen, Panzern usw. Auch das ist in meinen Augen völlig problemlos, weil es meist ohnehin eine Altersfrage ist und viele ihren Spaß daran verlieren.


    Die soziale Verwahrlosung, die alexx angesprochen hat, hängt mit irgendwelchem Spielzeug zuallerletzt zusammen.

  • Bleibt die Frage, warum sind Kinder seit jeher so scharf darauf, mit Pistolen, Säbeln und Armbrust zu spielen? Ich denke, Tom hat da vollkommen recht, wer weiß, was noch für archaische Verhaltensmuster in unseren Genen schlummern. Dabei sind bestimmt auch solche für den Fall, dass wir uns mit anderen Menschen ganz und gar unfreundschaftlich auseinanderzusetzen haben, sei's mit Keule, Streitaxt oder Schusswaffe. Und da ist es eine Errungenschaft der Zivilsation im weitesten Sinne, dass Menschen sich Regeln auferlegt haben, die ein soziales Miteinander überhaupt erst möglich machen.
    Wenn Kinder mit ihren Pistolen schießen gehen sie einfach einem Trieb nach, genau so wie sie Kochen, Familiengründung und Doktorspiele spielen. Aufgabe der Sozialisierung sollte nun sein, dass sie nicht wirklich Leute totschlagen oder vergewaltigen. Und in den allermeisten Fällen gelingt das ja auch.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zum Thema Amoklauf habe ich hier einen interessanten Artikel verlinkt.


    Dieser Fall ist nicht bundesweit durch die Presse gegangen. Er wurde nur ein paar mal kurz in den Regionalsendern erwähnt. Wahrscheinlich weil "nur" EIN Jugendlicher zu Tode kam. Ich selbst weiß auch nur davon, weil meine jüngere (Halb)Schwester mit dem Jungen dieselbe Klasse besucht hat.

  • Zitat

    Original von Heaven
    In erster Linie sind es völlig frustige Jugendliche mit Bergen von Problemen bei denen keiner zuhört oder sie nicht wagen davon zu sprechen.


    Sie erwarten es auch gar nicht mehr. Das Problem sind keine Plastepistolen oder "Killerspiele", sondern die alltägliche reale Gewalt - auch und gerade mit Worten.

  • 1. Heute gab es in Köln wieder mal einen recht großen Polizeieinsatz, wegen eines Amokläufers. Ist aber nichts passiert, darum findet man es nicht mal wenn man ausführlich googelt.
    Interessiert nämlich kein Schwe... wenn nicht mindestens einer bei drauf geht. :anbet


    2. Wenn ich mir ausrechne wie viele Spiele Counterstrike/ Doom / etc. auf dem Markt sind und wie viele Amokläufe es gegeben hat, dann frage ich mich, warum es nur so wenige Amokläufe gibt, wenn diese Spiele denn tatsächlich in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit den Taten stehen.


    3. Wir verlieren das Thema aus den Augen, es ging um Kinderspielzeug.
    Ich habe mir für Karneval auch eine Knallplätzchen Pistole gekauft und ich werde auch damit herumballern! Ich bin aber definitiv kein Amokläufer... naja vielleicht noch nicht, wer weiß das schon, vielleicht ist meine Entwicklung ja noch nicht abgeschlossen. :grin

  • Wie sagt mein Jüngster immer; Wenn alle die, die Kriegspiele oder eben genau diese verruchten Sachen speieln zu Amokläufer würden..gäbe es in D. keinen mehr.


    Übrigens hatten wir früher die Schleudern..kennen die Ollen evtl. noch..die waren richtig gefährlich, will ich nur mal so anmerken

  • Zitat

    Übrigens hatten wir früher die Schleudern..kennen die Ollen evtl. noch..die waren richtig gefährlich, will ich nur mal so anmerken


    Ok damit ist es bestätigt, ich bin ne Olle.
    Bei uns hießen die Dinger Zwille und ich hatte eine mit nem Einmachgummi von meiner Oma und nem echten Tigerzahn mit nem Nagel reingehämmert, nachdem ich mit dem Ding allerdings an unserer Gartenlaube die Fenstern eingeschossen hab, hat Vater sie weggeschlossen, mein Neffe hat das Teil geerbt und geht glaub ich verantwortungsbewußter damit um, als ich. :lache