Thomas Mann, Joseph und seine Brüder (Band 1, Die Geschichten Jakobs)

  • Nach längerer Zeit habe ich den Klassiker wieder ausgegraben. Nach verschiedenen recht leicht zu lesenden Autoren fällt die besondere Sprache des Buches um so deutlicher auf. Die Länge der Sätze, die Wortwahl sowie das Erzähltempo sind jedenfalls nicht alltäglich.
    Seine Gedanken über Zeit, Zeitwahrnehmung, Zeitgliederung... Seine Betrachtungen über Glauben oder Wissen oder Wahrnehmen und Für-Wahr-halten besonders in Bezug auf den biblisch und ausserbiblisch überlieferten Stoff des Alten Testaments sind unbedingt lesens- und bedenkenswert.


    Seine Beschreibungen sind einzigartig. Es gelingt, mit ihm die Reise in die Vergangenheit anzutreten, mit ihm in das Reich der durch die Erzählung ewig lebenden Toten zu dringen und unsere Welt zu ihrer zu machen. Nun folgte ich über 10 Seiten dem jungen Joseph, und der Plot gerät zur Nebensache. (Joseph steht am Brunnen, wäscht sich rituell, betet, betrachtet den nächtlichen Sternenhimmel, wird von seinem Vater gerufen und begegnet ihm.) Wie Thomas Mann dieses alles beschreibt, läßt einen tatsächlich in die andere (und doch gar nicht so verschiedene) Welt eintauchen.
    Ich mache immer wieder neue Entdeckungen, finde Details, die mir so nicht mehr erinnerlich waren und ich geniesse die Hochform in der Verwendung deutscher Sprache. Ab und an tut es gut, diese absolute Hochsprache zur Kenntnis zu nehmen. Es ist eine Lese- und Sprachschule sondersgleichen.
    Ich freue mich auf den Rest und hoffe, ich halte durch.
    LG
    Licht