Schreiben Männer wirklich nur über Männer?

  • Ha - man hat mich erfolgreich reingelegt! Da finde ich in den unendlichen Weiten meiner Regale Bücher einer Autorin, die amüsante Schmonzetten mit wunderbar unkonventionellen Heldinnen schreiben kann - und dann stelle ich fest, dass die Autorin ein Autor ist:
    Madeleine Brent


    Ich tröte ja immer, dass Männer selten in der Lage sind, überzeugende Frauengestalten zu erfinden. Hier hab ich nichts dergleichen gemerkt. Ich hab mich nur gefreut, dass das so patente, moderne und energische Damen sind, über die sie/er schreibt. :D


    PS: Das mit dem Hyperlink scheint nicht mehr zu funktionieren, obwohl ich das gemacht hab wie immer. Vielleicht geht das: http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_O'Donnell
    Auch nicht. Mist.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Zitat

    Original von Vandam
    Ich tröte ja immer, dass Männer selten in der Lage sind, überzeugende Frauengestalten zu erfinden. Hier hab ich nichts dergleichen gemerkt


    Ich trau es mich ja kaum zu sagen: Aber kennt ihr die eine ganz gewisse Szene aus "Besser geht´s nicht"?

  • Ich hab schon einige Male dran denken müssen -- ich liiiiebe diesen Film!


    »Some have great stories, pretty stories that take place at lakes with boats and friends and noodle salad. Just no one in this car. But, a lot of people, that's their story. Good times, noodle salad. What makes it so hard is not that you had it bad, but that you're that pissed that so many others had it good.« :rofl

  • Sorry, ich kenne weder Film noch Buch, und wenn ich den Satz so ganz isoliert betrachte, verstehe ich den Zusammenhang nicht zu dem, was ich geschrieben habe.


    Sollte der Hinweis in irgend einer Form eine Aufforderung an mich enthalten, mir doof vorzukommen, mich schämen zu müssen oder beleidigt sein zu sollen, dann kann ich dieser leider nicht Folge leisten, weil ich's schlicht nicht verstehe. :-)

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Ne, das Zitat ist nur eines von vielen anderen aus dem Film, welches Iris sehr gut gefallen hat.
    Der Spruch, auf den ich hinweisen wollte, ist der hier:


    Malvin Judall (gespielt von "the one and only" Jack "is back" Nicholson) ist ein erfolgreicher (und äh... leicht neurotischer) Autor von Liebesschnulzen. Eines Tages fragt ihn ein weiblicher Fan, wie er so gut über Frauen schreiben könne (berechtigte Frage).
    Daraufhin Malvin: „Ich stelle mir einen Mann vor und subtrahiere Verstand und Zurechnungsfähigkeit.“


    Das Gesicht... :lache


    Vandam. Das sollte eine Aufforderung zum Lachen sein. Ich weiß, sowas kommt selten vor. :knuddel1

  • Vandam, wenn ich einen Zusammenhang zu einem deiner Postings hätte ziehen wollen, dann hätte ich selbiges zitiert! ;-)


    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Das Gesicht... :lache


    Du meinst das hier, gell?
    Fan - How do you write women so well?
    Melvin - I think of a man, and I take away reason and accountability.




    Das ist eigentlich noch immer die geläufige Geschlechterdifferenz, meist allerdings euphemistischer formuliert. :pille

  • Um mal auf die Frage zurückzukommen. :grin


    Ich denke, es hängt davon ab, welche Art von Geschichte man erzählt, wie die Perspektive und die Figurentiefe angelegt sind. Man schreibt über die Dinge, die man kennt und versteht (oder über die es möglich ist, sich kurzfristig Kenntnisse anzueignen). Seien wir doch mal ehrlich - welcher Mann versteht schon Frauen (und umgekehrt)? Deshalb wäre es ein interessantes Experiment, zum Beispiel einen Entwicklungsroman aus Sicht einer Frau zu schreiben, obwohl man Mann ist. Ich würde es allerdings nicht tun. Höchstens, um von einer Frau zu erzählen, die die Welt wie ein Mann sieht (aus welchen Gründen auch immer). Oder mit einer stark ironischen Komponente. Jedenfalls. Wenn man an der Oberfläche bleibt, kann das funktionieren, etwa in einem Kriminalroman o.ä. Wenn die Erlebensebene der Erzählfigur eine wesentliche Rolle spielt, würde zumindest ich die Finger davon lassen.

  • Ich habe die Ausgangsfrage dahingehend verstanden, daß aus der Sicht eines Mannes (bzw. einer Frau) geschrieben sein soll. Jeder Roman hat gemischtgeschlechtliches Personal. Ich schreibe auch "über Frauen". Aber - aufgrund der Wahl der Erzählart und -perspektive - ich nehme zumeist die Sicht eines Mannes ein (weil meine Ich-Erzähler Männer sind).

  • Hm, vermischt du hier nicht ein wenig die Ebenen des auktorialen Erzählers mit der des Autors und der der Hauptfigur? Vielleicht täuscht das. Wahrscheinlich.
    Auch Harry Potter wird aus der Sicht von Harry erzählt - nicht der von Dumbledore oder wemauchimmer. Nur eben in auktorialer Erzählform. Es wird vorgetäuscht, dass der übergeordnete Erzähler nicht mehr weiß (z.B. wie Hermione sich dabei fühlt und was sie für Hoffnungen hat) und nur auf Harry Seelenleben spezialisiert ist. Dabei wird zwar auch "über" Harry geredet, aber er bleibt der emotionale Akteur - es bleibt seine Perspektive.
    Ich bezweifle nicht, dass es Romane gibt, bei denen man das nicht abkauft. Das hat dann aber vielleicht weniger mit dem Geschlechtsunterschied und der allgemeinen Unmöglichkeit zu tun als mit schriftstellerischen Vorlieben und Fertigkeiten. Deswegen gibt es ja so viele Verschiedene Romane. Was ja nun nicht unbedingt von Nachteil ist.
    Aber ich nehme vermutlich den kleinen Unterschied weniger nicht ernst genug.

  • Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Auch Harry Potter wird aus der Sicht von Harry erzählt - nicht der von Dumbledore oder wemauchimmer. Nur eben in auktorialer Erzählform. Es wird vorgetäuscht, dass der übergeordnete Erzähler nicht mehr weiß (z.B. wie Hermione sich dabei fühlt und was sie für Hoffnungen hat) und nur auf Harry Seelenleben spezialisiert ist. Dabei wird zwar auch "über" Harry geredet, aber er bleibt der emotionale Akteur - es bleibt seine Perspektive.


    Das nennt man personale Erzählhaltung -- eine auktoriale Erzählhaltung beschreibt den distanzierten bis grundsätzlich involvierten Erzähler. Die Erzählperson bei der personalen Erzählhaltung kann die Figur in der Ersten Person (dann fallen Erzähler und Figur zusammen) oder in der Dritten Person abgefasst sein; letztere kann man variabel verwenden, so dass innerhalb eines Textes diejenigen Figuren, deren persönliches Erleben subjektiv-involviert geschildert wird, wechseln.


    Perspektive beschreibt, ob man jeweils die Außensicht oder die Innensicht einer Person schildert.


    Bei Harry Potter handelt es sich um eine personale Erzählhaltung, bei der Figur und Erzähler nicht zusammenfallen (also Dritte Person); die Perspektive des Erzählers beschreibt die Innensicht der Figur Harry Potter und deren Wahrnehmungen sowie die Außensicht der anderen Figuren.
    (Eine Ausnahme bildet diesmal das erste Kapitel, in dem Harry nicht vorkommt)


    Genug Literaturwissenschaft und Erzähltechnik! :grin



    Zitat

    Ich bezweifle nicht, dass es Romane gibt, bei denen man das nicht abkauft. Das hat dann aber vielleicht weniger mit dem Geschlechtsunterschied und der allgemeinen Unmöglichkeit zu tun als mit schriftstellerischen Vorlieben und Fertigkeiten.


    Vor allem mit dem Fehlen von Fertigkeiten und gelegentlich sogar mit Unfähigkeit (z.B. mangelndem Empathievermögen). :grin


    Zitat

    Aber ich nehme vermutlich den kleinen Unterschied weniger nicht ernst genug.


    Was das sein soll, ändert sich ohnehin alle paar Generationen und immer wieder werden die Wertungen umgedreht ... Auch darauf ist kein Verlass, solange man nicht dem Glauben anhängt, am Ende der Geschichte angelangt zu sein. :lache

  • Das ist peinlich, das hätt ich eigentlich wissen müssen. Das war dann wohl der Einführungs-Kurs, in dem ich durch schlichte Abwesenheit geglänzt hab. :lache


    (Hm, dann findet an manchen Stellen ein Wechsel des Erzählmodus statt, fällt mir grad auf. Muss mich nämlich korrigieren: an manchen Stellen wechselt die Perspektive auf einen auktorialen Erzähler (Spinners End und ähnliche Kapitel), ohne dass die Perspektive der Person (die nicht Harry ist) aufgenommen wird.)

  • :grin Sooo ... alles klar in Sachen Filmzitat!


    Und zum Ursprungsthema denke ich, wie Tom, dass die Schilderung aus gegengeschlechtlicher Perspektive funktionieren kann, solange man an der Oberfläche bleibt.


    Wenn das, was dem Helden/der Heldin widerfährt, so ungeheuerlich ist, dass kein Sterblicher sich vorstellen kann, wie Mann oder Frau in der Situation reagieren würde, dürfte das auch zum Funktionieren beitragen. Also Action, Horror. SF, Fantasy ... Wenn vor lauter Aktion die Reaktion und Reflektion in den Hintergrund tritt und nur noch gewetzt und geballert wirde. Aber da sind wir schon wieder beim Oberflächlichen.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Ich kann's nicht so genau festmachen, es ist wirklich nur eine Gefühlssache. Ich denke manchmal beim Lesen: "Das ist jetzt aber eine komische Reaktion für eine Frau." oder "Die denkt und redet wie ein Kerl. Das hätte eine Frau nie im Leben in dieser und jener Situation gesagt."


    Respektive: "Das würde ja nicht mal ich sagen!" Und ich bin ziemlich burschikos und direkt.


    So ging mir das mit Weibspersonen, die Kinky Friedman und Frank Schätzing ersonnen haben, mit manchen Frauen aus der Feder von Michael Crichton und dieser Krimiserienheldin Stefanie, die als Catsitterin arbeitet. Und wo sich hinterher rausgestellt hat, die Autorin ist ein Autor.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Wie reagieren denn Frauen - und reagieren Frauen gleich?
    Jetzt nicht nur in die "Wir sind ja alle Individuen"-Kerbe gehauen, sondern auch die historische und kulturelle. Ach ja.
    Und man muss als Autor also sein, was man schreibt.
    Hallo, mein Name ist Irmgard Müller und ich bin Römer wie meine neue Hauptfigur, der Centurio Clodius. Oder zählt es, wenn Irmgard lesbisch ist? Ach ne, das ist ja ein ganz anderes Spielfeld. Aber können Lesben dann eigentlich über Heterofrauen schreiben? Und warum schaffen es Schwule so gute Frauencharaktere in Sitcoms zu erschaffen! Es lebe das Klischee. Auch am Rande.


    Sorry, aber nur weil es einige schlechte Schriftsteller gibt, die Charaktere nicht richtig entwickeln können, muss man nicht gleich glauben, die menschliche Phantasie und die menschliche Empathie sei auf ein blödes Chromosom und ein bisschen Erziehung begrenzt.



    Da kommen wir zu einem Paradox.
    Ich bin nicht burschikos wie du. Man sieht auf der Straße auch sofort, dass ich kein Junge bin.
    Aber trotzdem halten mich viele Menschen, die mich nur vom Schreiben her kennen, anfangs für einen Mann. Auch hier im Forum, ist schon so geschehen. Liegt es allein am Namen? Das kann ja nach deiner Meinung nicht, sein - schließlich reicht ja ein Name nicht aus, um einen solchen Eindruck glaubhaft zu vermitteln.
    Liegt es an der Schreibweise, gar am Denken? Nun denn, dann dürfte ich kein Mädchen sein. Denn sonst könnte ich einen solchen Eindruck ja ebenfalls nicht glaubhaft vermitteln.
    Woran liegt es dann? Nicht vielmehr an irgendwelchen mehr oder weniger überzeugenden Vorstellungen und Vormeinungen? Die müssen nicht immer falsch sein, sie haben nur weit weniger mit Grundlegendem zu tun als mit statistischen Erfahrungswerten. Und diese speisen sich doch mehr aus veränderbaren Zusammenhängen. Kulturkreis z.B.


    Nein, ich propagiere nicht die absolute Gleichheit von Mann und Frau. Aber bislang konnte mir keiner überzeugende Ansichten und Argumente dafür liefern, weshalb dies etwas so Grundlegendes sei, dass ein Prozess auf mentaler Ebene (das Erfinden von Charakteren) bei beiden nur begrenzt möglich sein soll.
    Mag sein, dass bei manchen mentale Prozessleistungen eingeschränkt sind, aber ich würde das nicht auf das Geschlecht beziehen.