Raised by Wolves, Volume 1
ad: Keine deutsche Version vorhanden oder in Sicht.
Inhalt:
Um 1660 lebt der junge englische Lord Marsdale, der sich später Will nennen wird, ein Leben als professioneller Duellist in den europäischen Machtzentren. Es war ein heftiger Konflikt, der ihn von seiner Familie fortgetrieben hatte. Er kehrt zurück und versucht, den Riß zu kitten, was ihm nicht wirklich gelingt. Als eine Art Kompromiß reist er im Auftrag seines Vaters nach Jamaica, wo er für ihn eine Plantage errichten soll. Aber das ist nicht sein Leben, viel mehr zieht es ihn zu den Freibeutern, die mit Erlaubnis des englischen Gouverneurs unter Kaperbriefen spanische Schiffe bekämpfen und aufbringen. Gerüchteweise soll es vorkommen, daß es nicht nur spanische Schiffe sind, wenn keiner hinschaut ...
Doch nicht das Leben als Freibeuter gibt Wills Leben die entscheidende Wendung, sondern seine Begegnung mit dem Franzosen Gaston, der, wie er selbst zugibt, wahnsinnig ist. Will verliebt sich rettungslos in diesen Mann und wird, eigentlich unfreiwillig, dessen matelot, sein Partner in jeder Hinsicht. Doch nicht nur spanische und andere Feinde bedrohen die beiden Männer, sondern auch ihre ganz eigenen persönlichen Dämonen der Vergangenheit.
Autorin:
Es ist praktisch nichts bekannt über W.A. Hoffman. Ich habe sogar eine Zeitlang überlegt, ob es sich hier um einen Mann oder eine Frau handelt. Es ist eine Frau. Die mangelnden Informationen sind beabsichtigt. Ihr Buch hat sie im Eigenverlag herausgebracht. Siehe hier, inkl. einer Leseprobe und einem sehr interessanten Text über Freibeuter, Sexualität und matelots.
Meinung:
Mir hat dieses Buch irrsinnig gut gefallen. Doch, als Warnung vorausgeschickt, man sollte es nicht lesen, wenn man nicht unbedingt über homosexuelle Beziehungen und Sex lesen will, auch wenn es in der Hauptsache, ah, "heavy petting" ist. Hoffman beschreibt diese Szenen zwar relativ direkt, aber nicht pornographisch.
Will ist ein sympathischer und interessanter Held. Besonders nett sind seine etwas eigenartigen sozialkritischen Ansichten, die u.a. zu der kuriosen Erkenntnis führen, daß er Männer „lieber tötet, als besitzt“, zum Thema Sklaverei vs. Freibeutertum. Außerdem seine eigenartige Theorie über die Wölfe und die Schafe und seine Suche, gemeinsam mit Gaston, nach der Antwort, was sie eigentlich sind.
Bei Amazon habe ich das Buch als eine Mischung aus Abenteuer- und Liebesroman bezeichnet, was, aus Platzgründen, etwas vereinfacht war.
Der abenteuerliche Teil stimmt, wir bekommen einen hochinteressanten Einblick in das Leben der Freibeuter, warum man sich als Schlachter betätigt haben muß, um sich boucanier nennen zu dürfen und wie das soziale Leben auf so einem Schiff ausgesehen hat. Und wir treffen u.a. Sir Henry Morgan, den wohl bekanntesten englischen Freibeuter dieser Zeit.
Allerdings empfehle ich, davor Hoffmans Text "Were the buccaneers gay?" auf ihrer Homepage zu lesen, sonst mag manches etwas eigenartig klingen.
Auch an Action mangelt es nicht, wir erleben gemeinsam mit Will Kämpfe, Sturm und Schiffbruch.
Was den Liebesteil betrifft, es ist eigentlich eher ein Beziehungsroman, da sich Will und Gaston sehr schnell treffen und sehr bald zusammen sind, zunächst nur als Partner. Die Probleme entstehen nicht durch böse Menschen und Intrigen und Trennungen und Mißverständnisse, sondern durch ihre eigenen Traumata der Vergangenheit und durch das nicht unbedeutende Problem, daß Gaston Will zwar liebt, aber eigentlich grundsätzlich Frauen bevorzugt.
Da man die beiden schnell ins Herz schließt, ist dies zwar teilweise sehr traurig zu lesen, aber umso mehr freut man sich mit ihnen, wenn es ihnen gut geht. Es ist eine schöne und interessante Beziehung, mit all ihren Höhen und Tiefen.
Sehr gut gemacht ist, wie sich nach und nach herausstellt, was diese Dämonen der Vergangenheit sind, die Will und Gaston immer noch beherrschen, speziell bei zweiterem, da es ihn buchstäblich wahnsinnig gemacht hat. Ob Will ihn heilen kann?
Nicht nur Gaston, sondern auch viele der Nebenfiguren sind ausgesprochen lebendig und sympathisch, NichtZuletztPete, auch wenn dessen Art zu reden anfangs etwas gewöhnungsbedürftig ist, und dessen matelot Striker. Aber auch viele andere.
Das Ende ist zwar ein schönes und relativ rundes, dennoch kann ich es kaum erwarten, den zweiten Teil in die Hände zu bekommen.
Zur Gestaltung des Buches. Das Format, ein großes Paperback, ist etwas unhandlich, erklärt sich aber durch den Eigenverlag, ebenso wie der etwas höhere Preis. Aber, das Buch ist es wert.
Außerdem helfen (wieder schwarzweiße!) Karten bei der Orientierung, wo sich die Schiffe gerade aufhalten.
Ein ungewöhnliches und sehr gutes Buch.