Matt Ruff: "Fool on the hill" (Deutsche Ausgabe)

  • Nachdem "G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke" Furore gemacht hatte, gelangte Ruffs Debüt, entstanden zwischen 1984 und 87, natürlich auch wieder in die Verkaufscharts.


    Der erfolgreiche Autor George lebt in der Universtitätsstadt Ithaca, und er ist einer der Helden dieses Pandämoniums. Andere sind: Ragnarök, ein Schwarz-Fetischist und nicht ganz geläuterter Ku-Klux-Klan-Anhänger, Puck, ein Kobold, Luther, ein Mischlingshund, Blackjack, ein schwanzloser Manxkater, Hobart, ein Koboldältester, Rasferret, ein untoter Kobolddämon, Mr. Sunshine, Quasi-Gott und mehr als Erzähler der Geschichte, Hollister, eine Polizistin, eine Gummimaid, Kalliope, die schönste (und wandlungsfähigste) Frau der Welt, und, und, und.


    Auf dem Campus der Universität von Ithaca ist die Hölle los. Während die Hunde darum streiten, ob Mischlinge "Krätze" sind und wie die Antwort auf die vierte der Großen Fragen lautet ("Welche Rasse ist die göttlichste?"), während die "Tolkienianer" in ihrem Verbindungshaus-Keller das komplette Lothlorien (den Zauberwald aus dem "Herrn der Ringe") besitzen und als Partyraum nutzen, während sich "Prediger" in Jinsei verliebt, was Ragnarök ziemlich stört, während die Brüder der "Rho Alpha Tau" (RAT) vergewaltigen und ganz einfach bösartig sind, während Puck die Liebe von Zephyr leichtfertig aufs Spiel setzt, während, während, während - erhebt sich das Böse himself aus dem Grab, der vor über hundert Jahren verbuddelte "Rasferret der Engerling" kehrt zurück ins Spiel, und alles läuft mehr oder weniger geradling auf den Klimax zu, am Iden des März, dem Tag des großen Drachenspektakels.
    Hat da jemand "Was?" gefragt?


    Ruff, der höchstselbst als Hundemischling auftaucht, hat tief in alle Kisten gegriffen: Fantasy, Märchen, Liebesroman, Science Fiction, Screw Ball Comedy, Fabel, Krimi, politischer Roman. Herausgekommen ist eine nicht immer leicht verdauliche, aber amüsante, warmherzige, dem Wahnsinn nahe Multigeschichte, die dennoch nicht überbordet, die eine Linie hat, einen verbindenden Gedanken, der allerdings nicht immer greifbar wird. Herzergreifend schroffe Figuren stehen neben herzerwärmenden Romantikern, knabbern an ihren amüsanten Einzelschicksalen, und spielen ganz nebenher eine wesentliche Rolle im großen Ganzen. *Das* allerdings fällt ein wenig hinten herunter. Ruff verliert irgendwann den Überblick, aber so spät, daß es kaum mehr etwas ausmacht, und verläßt sich einfach darauf, daß es dem Leser genauso ergeht. Und das stimmt.


    "Fool on the hill" ist einzigartig, ich habe etwas Ähnliches noch nie gelesen. Der Roman transportiert eine seltsame, wunderbare Stimmung, bricht mehr als eine Lanze für Randgestalten, Träumer und Abenteurer (im weitesten Sinne). Er gibt sich nicht die Mühe, das Merkwürdige zu erklären, aber das braucht er auch nicht, denn eine Erklärung würde den Zauber nur zerstören. Ein tolles Buch für einen sehr langen Abend, an dem es draußen kalt ist und drinnen das Kaminfeuer Dämonenschatten an die Wände wirft.

  • Hätte ich schon früher auf die tolle Rezi von Tom über eines meiner liebsten Bücher verweisen können, hätte ich bessere Überzeugungsarbeit für das Buch leisten können. So konnte ich leider noch keinen begeistern - auch, weil ich immer ein wenig in Erklärungsnot geraten bin, um was es in dem Buch eigentlich geht. Ich kann es auch nach mehrmaligem Lesen nicht.


    Ich selbst habe es vor vielen Jahren das erste Mal gelesen und auch eher mit spitzen Fingern angefaßt. Und als ich von "sprechenden" Hunden gelesen habe, wollte ich es schon wieder weglegen. Aber es hatte trotz allem einen gewissen Zauber und spätestens als ich auf die Bohemier gestoßen bin, gab es eh kein Zurück mehr.


    Wunderbar, fantasievoll, humorvoll, märchenhaft und im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaft. Eines meiner Lieblingsbücher seit vielen Jahren.


    Wie Tom geschrieben hat, wird das Merkwürdige einfach nicht erklärt. Und das ist das Beste für mich an dem Buch: nicht hinterfragen müssen, nicht erklären müssen, sondern einmal etwas einfach so hinnehmen, wie es ist und die Merkwürdigkeiten und skurilen Gestalten genießen.


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Zitat

    Original von Shirat
    Ich selbst habe es vor vielen Jahren das erste Mal gelesen und auch eher mit spitzen Fingern angefaßt. Und als ich von "sprechenden" Hunden gelesen habe, wollte ich es schon wieder weglegen. Aber es hatte trotz allem einen gewissen Zauber und spätestens als ich auf die Bohemier gestoßen bin, gab es eh kein Zurück mehr.


    Wunderbar, fantasievoll, humorvoll, märchenhaft und im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaft.
    Viele Grüße
    Shirat


    Genau so empfinde ich die Geschichte bisher auch. Niemals hätte ich es in Erwägung gezogen mir dieses Buch anzuschaffen. Aber durch einen Irrtum (eigentlich hatte ich mir von dem Autor Ich und die anderen gewünscht) bin ich seit Weihnachten in dem Besitz von Fool on the Hill.
    Als ich den Klappentext las, war ich noch mehr enttäuscht. Eine Phantasie-Geschichte mit Kobolden, Elfen, Hunden und Katzen war so überhaupt nicht meins, da ich sonst einen großen Bogen um Fantasy mache.
    Nachdem mein Sohn mich heute fragte, warum ich eigentlich sein Weihnachtsgeschenk nicht lesen würde, begann ich, zugegeben etwas widerwillig, mit dem Roman.


    Und nun bin ich voll drin, in dieser Geschichte. Und alle Zweifel sind beseitigt. Es liest sich einfach wunderschön. Ich habe es eben erst begonnen, bin jetzt auf Seite 75 und kann es kaum noch aus der Hand legen.
    Wenn ich es beendet habe, werde ich hier noch mal meine abschließende Meinung dazu posten.

  • Da bin ich sehr gespannt, auf Deine Rezi. Und das freut mich jetzt wirklich, dass es Dir doch ganz gut gefällt bis jetzt. Dann habe ich für den Rest des Buches auch keine Bedenken.


    Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Bin nun auch fertig ... wow.
    Nachdem mir "Ich und die anderen" außerordentlich gut gefallen hat, habe ich zwar viel erwartet, aber so eine Geschichte beim besten Willen nicht. Auch mir fehlen, sollte ich eine Inhaltsangabe schreiben, ab einem bestimmten Punkt die Worte - insofern eine grandiose Rezension, Tom. :anbet
    Ein Buch, dessen Zauber einen gefangen und auf eine völlig verrückte Reise nimmt, die an Vielfalt und Abenteuerlust, Farbenfülle und Ideenreichtum nur schwer zu überbieten ist. Es ist eine Art Märchen, etwas, das sich nicht erklären muss, ein wunderbares Spiel mit Magie und Wirklichkeit. Zum eintauchen. Ein Lieblingsbuch.

  • *plums* ist das Geräusch, das entsteht, wenn das Buch auf
    meine Wunschliste.... nunja.... plumst.


    Nach Ich und die Anderen muss ich alles von Ruff lesen,
    fürchte ich :grin


    Vorfreude Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Mir fällt es schwer zu diesem Buch eine Rezension zu schreiben und ich bin froh, daß Tom diese Aufgabe bereits übernommen hat ;-).


    Ich kann nur sagen: Nur anhand der Inhaltsangabe (Klappentext) hätte ich mir dieses Buch niemals gekauft, aber wider Erwarten war es ein sehr sehr positives Lesevergnügen und dieser Roman wird auf jeden Fall irgendwann ein zweites, drittes mal von mir gelesen werden.


    Also laßt euch nicht von der Inhaltsangabe "abschrecken" :wave

  • Matt Ruff´s Schreibstil ist wirklich einzigartig.
    Ich hab von ihm noch "Ich und die andere" gelesen.
    Find ihn einfach Klasse.

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • "Fool on the Hill" ist wahrlich komplett anders als alle Bücher, die ich kenne: eine solche Fabulierlust, ein solches Sammelsurium an größtenteils schrägen Figuren, soviele verschiedene lose miteinander verbundene Stränge und eine solche Explosion an Kreativität ist erstaunlich, aber manchmal auch überfordernd. Matt Ruffs Schreibstil ist großartig, immer der jeweiligen Szene angepaßt und mitunter herzerfrischend witzig; die in diesem Buch transportierte Stimmung einfach nur schön. Und doch bin ich nicht restlos begeistert, mir war es einfach ein wenig zuviel von dieser bunten, komplett genreübergreifenden Mischung. Ich habe "Fool on the Hill" zwar gern gelesen und ziehe ein deutlich positives Resümee, aber "Ich und die anderen" gefiel mir ob der größeren Zugänglichkeit doch eine Spur besser.
    Eine Inhaltsangabe zum vorliegenden Buch zu schreiben erscheint mir übrigens ein Ding der Unmöglichkeit, unter diesem Aspekt ist auch der schwache Klappentext verzeihlich. Um die zwei weiteren von Ruff erhätlichen Bücher werde ich wohl nicht herumkommen.

  • Ich bin lange Zeit vor Matt Ruff zurück geschreckt, obwohl Fool on the Hill das Lieblingsbuch von gleich zwei guten ist. Irgendwann habe ich dann Ich und die Anderen gelesen, und seitdem bin ich angefixt. Fool on the Hill ist eines der komlexesten Bücher, dass ich kenne, wenn es um die Handlungsstruktur und die Anzahl der Charaktere geht. Ich fand es wirklich toll, mein Vater hingegen hat es mir zurück gegeben, da es ihm ein wenig zu abgedreht war (und das soll bei ihm schon was heißen, er mag Terry Pratchett.)
    Ich finde, dieses Buch ist eine gelungene Mischung aus Fantasy-, Liebes- und Uni-Roman

  • Das Buch muss ich einfach mal aus der Versenkung holen, obwohl mir beim besten Willen keine Rezi einfällt. Tom hat eigentlich auch alles gesagt.


    Das ist ein wunderbares Buch, bei dem ich gar nicht so recht verstehe, warum es nicht bekannter ist. Gut, es ist sehr abgedreht. Sprechende Hunde und Katzen, Puck und etliche andere Kobolde... und nicht zuletzt die Affen, die einfach mal in die Schreibmaschine hauen und so die Geschichte noch etwas absurder machen, als sie eh schon ist.


    Klingt bescheuert? Irgendwie schon :lache, ist es aber nicht! Das ist eins meiner Lieblingsbücher seit vielen, vielen Jahren. Einfach deshalb, weil es so zauberhaft und wunderbar warmherzig ist. Ein Buch zum "lieb-haben". Dass die Geschichte so abgedreht ist, stört schon nach wenigen Seiten überhaupt nicht mehr. Als ich mich einmal drauf eingelassen hatte, wollte ich, dass das Buch am besten nie endet, so schön war's in dieser merkwürdigen Welt, die auf den ersten Blick mit der realen nicht sehr viel zu tun hat, auf den zweiten aber schon.


    Es finden sich auch etliche Anspielungen auf bekannte andere Bücher/Autoren. Shakespeare ist offensichtlich, aber es gab noch mehr. Das Buch ist also nicht nur abgedreht, sondern ich fand es auch sehr intelligent.


    Eines der seltenen Bücher, bei dem ich aus dem Lachen und manchmal auch Weinen und vor allem dem Staunen nicht mehr heraus kam.


    Bitte lesen! :-) Das Buch hat es unbedingt verdient.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor