Corinna Luedtke - Die Nächte mit Paul oder der Tag ist anderswo

  • Titel: Die Nächte mit Paul oder der Tag ist anderswo
    Autorin: Corinna Luedtke
    Verlag: edition obst & ohlerich im trafo verlag
    Erschienen: Oktober 2006
    Seitenzahl: 239
    ISBN: 3896265687
    Preis: 14.80 EUR


    Die Autorin:
    Corinna Luedtke wurde 1961 in Hameln geboren und lebt in Laatzen. “Die Nächte mit Paul“ ist ihr erster Roman.


    Meine Meinung:


    „Die Geschichte einer Liebe, die niemals zum Glück führen kann und doch unvermeidbar bleibt. Luisa ist fasziniert von der Stärke und Unabhängigkeit, die Paul ausstrahlt. Entgegen der Warnungen ihrer Freunde stürzt sie sich voller Leidenschaft in die Nächte mit ihm. Doch die Beziehung hat ihre Schattenseiten: psychische Zwänge, wechselseitige Missverständnisse und körperliche Gewalt. Der Traum vom Glück wird zum Albtraum. Die Befreiung muss gelingen.“


    Soweit der Klappentext zu diesem Buch. Ein Text auf den man gern hätte verzichten können, wird er doch diesem Buch in keiner Weise gerecht. Der Klappentext geht leider nur sehr oberflächlich auf dieses Buch ein.


    Corinna Luedtke hat ein Buch geschrieben, das sich sehr intensiv mit der Liebe und mit dem Leben auseinandersetzt. Die Liebe der Luisa zu Paul ist fast schon als obszessiv zu bezeichnen. Die Autorin versteht es meisterhaft, dem Leser die Gefühle der Luisa nahezubringen; das mag vielleicht auch seinen Grund darin haben, dass dieser Roman in der Ich-Form geschrieben wurde. Das bewirkt ein sehr intensives Band zwischen dem Leser und der Hauptfigur dieses Buches.


    Natürlich ist man versucht zu fragen, inwieweit autobiographische Dinge mit in diese Geschichte hineinspielen – aber würde diese Frage unbeantwortet bleiben, es würde zu keiner Beeinträchtigung des Lesegenusses führen und eigentlich ist die Antwort auf diese Frage auch nicht von Wichtigkeit.


    Es ist immer eine Schwierigkeit, Menschen so zu schildern wie sie sein könnten, sie also nicht künstlich zu irgendetwas zu machen, was es so in der Realität nicht gibt. Die handelnden Personen in diesem Buch sind weit davon entfernt, irgendwelche den Leser ignorierende Kunstfiguren zu sein. Dem Leser wird nicht vorgegaukelt es gäbe eine fiktive Kunstwelt, nein, dem Leser wird etwas erzählt, was sich genauso unzählige Male hätte ereignen können. Es ist das Leben, nicht mehr und nicht weniger, über das berichtet wird, das Leben, so wie es sehr, sehr oft gelebt wird. Dieses Lese- und Lebensgefühl so rüberzubringen, halte ich persönlich für sehr schwierig – die Autorin hat es geschafft, auf eine wirklich meisterhafte Art und Weise.


    Natürlich gibt es auch etwas zu kritisieren. Es ist sehr schwer, dieses Buch zu erwerben. In zwei Buchhandlungen erntete ich nur ein dümmliches Kopfschütteln als ich mich nach diesem Buch erkundigt – in einem Falle standen wir direkt neben einem Bücherturm, bestehend aus trivialer US-amerikanischer Dutzendware. Warum nicht auch einmal einen Bücherturm aus Büchern wie diesem errichten? Vielleicht auch mal Autorinnen und Autoren anbieten, die noch nicht so bekannt sind, aber großartige Bücher geschrieben haben. Literatur besteht ja nicht nur aus irgendwelchen – zumeist dämlichen – Bestsellern die bis zum Erbrechen gepushed werden – Literatur sollte auch in ihrer gesamten Vielfalt angeboten werden. Aber dafür sind diese fürchterlichen Bücherkaufhäuser wohl nicht konzipiert.


    Das Buch von Corinna Luedtke jedenfalls ist sehr lesenswert und ziert in gelesenem Zustand jedes Bücherregal.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • Hallo Voltaire,


    deine rez hört sich sehr interessant und vielversprechend an. Allerdings ist es ja schier unmöglich, an dieses Buch zu kommen, weder über amazon, noch über ebay und booklooker.


    Wie bist denn Du da ran gekommen?

    Liebe Grüße Eselohr


    Ich lese: Jesus liebt mich- David Safier :rofl


    Wir leben zu sehr in der Vergangenheit, haben Angst vor der Zukunft und vergessen dabei völlig die Gegenwart zu genießen

  • Zitat

    Original von Eselohr
    Hallo Voltaire,


    deine rez hört sich sehr interessant und vielversprechend an. Allerdings ist es ja schier unmöglich, an dieses Buch zu kommen, weder über amazon, noch über ebay und booklooker.


    Wie bist denn Du da ran gekommen?



    Ich habe das bei Amazon über diesen Marketplace bekommen. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • WOW, was für ein Buch!


    Corinna Lüdtke schafft es hervorragend, die verliebte Blindheit von Luisa äußerst realistisch darzustellen. Luisa gibt sich und ihr eigentlich sehr schönes Leben für Paul auf und lebt nur noch für ihn, seine Anrufe, seine Besuche.
    Sprachlich ist dies Buch auf ganz ganz hohem Niveau, wirkt dabei aber nicht abgehoben. Es fällt schwer, dies Buch aus der Hand zu legen, weil man unbedingt wissen muss, wie es mit Luisa und Paul weitergeht. Eigentlich will man Luisa nur packen und wachrütteln, aber ...


    Ein Buch, das UNBEDINGT viel bekannter gemacht werden muss!!!


    Bibi

  • Zitat

    Natürlich gibt es auch etwas zu kritisieren. Es ist sehr schwer, dieses Buch zu erwerben. In zwei Buchhandlungen erntete ich nur ein dümmliches Kopfschütteln als ich mich nach diesem Buch erkundigt


    Zitat

    Zitat: Original von Eselohr Hallo Voltaire, deine rez hört sich sehr interessant und vielversprechend an. Allerdings ist es ja schier unmöglich, an dieses Buch zu kommen, weder über amazon, noch über ebay und booklooker. Wie bist denn Du da ran gekommen?



    Nach der tollen Rezi hab ich heut gleich in der Buchhandlung gefragt, ob es das zu bestellen gibt (,weil ich eh in der Stadt war,) und das war kein Problem, es geht nur statt einem Tag, wie sonst, eine Woche, weil es beim Verlag direkt bestellt werden muss.


    LG, Spezi.

    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen. Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.

  • ...So. Das Buch ist heute gekommen und ich hab auch gleich mal beim Friseur reingelesen. Fängt ja gut an :-)


    Ich schreib, wenn ich durch bin, wie's mir gefallen hat.

    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen. Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.

  • Zitat

    Original von spezi
    ...So. Das Buch ist heute gekommen und ich hab auch gleich mal beim Friseur reingelesen. Fängt ja gut an :-)


    Ich schreib, wenn ich durch bin, wie's mir gefallen hat.


    Hallo spezi,


    freue mich gerade, dass du beim Friseur angefangen hast zu lesen. Weil ich auch niemals ohne Buch zum Friseur gehe, muss ich dir das einfach mal schnell schreiben. Es gibt keinen besseren Platz, als beim Coiffeur zu lesen. Noch ein paar Strähnchen, noch eine Kurpackung - möglichst viele Anwendungen, um den Lesegenuss noch ein bisschen verlängern zu können. Hoffe, du hast einen Friseur mit gutem Cappuccino.
    Viel Freude beim Lesen!


    Corinna

  • Was haben diese Nächte zu bieten, dass Luisa so obsessiv daran fest hält, obwohl Paul sich in der Liebe wie offenbar in all seinen zwischenmenschlichen Beziehungen politisch ziemlich unkorrekt verhält? Eine müßige Frage, wie sich bald zeigt, denn Paul dient der Autorin allenfalls als Reflektionsfläche für Luisas traumatisiertes Verhalten, das einer feministisch geprägten Leserin schon anhaltend den Adrenalinspiegel in die Höhe zu jagen vermag. Wie kann sie nur? – Corinna Luedtke behandelt mit Luisas masochistisch anmutender Bereitschaft zur Demütigung eine auch nach jahrzehntelangem Befreiungskampf der Frauen leider immer noch hochaktuelle Frage. So unverständlich die freiwillige Rückkehr einer geprügelten Ehefrau aus dem Frauenhaus zu ihrem Misshandler ist, so schwer lässt sich nachvollziehen, warum Luisa trotz mannigfaltiger Erniedrigungen zunächst an Paul klebt, woraus auch die Frage resultiert, warum wir Corinna Luedtkes Geschichte in so atemloser Spannung folgen, das sie vordergründig wahrlich nicht die Geschichte einer Sympathieträgerin ist. Romanfiguren nehmen uns normalerweise dann für sich ein, wenn sie durch solche Attribute für sich werben, die LeserInnen auch gern für sich beanspruchen würden. Niemand mag gern ein solches Schaf sein wie Luisa, aber die Autorin schafft es mit ihrem außerordentlichem Sinn fürs Detail, fürs genaue Hinsehen und mit sprachlicher Präzision eine Geschichte zu weben, in deren Gespinst aus Erinnerung und Gefühlen die LeserInnen in einen analytischen Prozess hineingezogen werden. Dieser lässt bald erkennen, dass aus Luisas Irrungen und Wirrungen die Sehnsucht nach einem anderen Leben erwächst. Diese spiegelt sich gleichsam in der Auseinandersetzung mit dem Leben anderer, insbesondere mit dem Else Lasker-Schülers und deren Werk. – Eine von Kunst und Liebe und Liebe zur Kunst geprägten Gegenwelt, in die Luisa sich aufmacht. Was sonst könnte uns Corinna Luedtke mit dem letzten Satz ihrer Ich-Erzählerin sagen wollen:
    „In wenigen Stunden bricht ein neuer Tag an.“


    Herzlichen Glückwunsch, liebe Corinna Luedtke, zu diesem großartigen Debüt!


    Jutta Mülich

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Natürlich gibt es auch etwas zu kritisieren. Es ist sehr schwer, dieses Buch zu erwerben. In zwei Buchhandlungen erntete ich nur ein dümmliches Kopfschütteln als ich mich nach diesem Buch erkundigt – in einem Falle standen wir direkt neben einem Bücherturm, bestehend aus trivialer US-amerikanischer Dutzendware. Warum nicht auch einmal einen Bücherturm aus Büchern wie diesem errichten? Vielleicht auch mal Autorinnen und Autoren anbieten, die noch nicht so bekannt sind, aber großartige Bücher geschrieben haben. Literatur besteht ja nicht nur aus irgendwelchen – zumeist dämlichen – Bestsellern die bis zum Erbrechen gepushed werden – Literatur sollte auch in ihrer gesamten Vielfalt angeboten werden. Aber dafür sind diese fürchterlichen Bücherkaufhäuser wohl nicht konzipiert.


    Oh ja dieses Buch ist sehr schwer zu erwerben. Hab immer noch kein Exemplar. :-( Gestern war ich bei Thalia im Linden Center und wollte dieses Buch versuchen mir dort zu bestellen leider vergebens da die Verkäuferin es nicht in ihrem PC hat zum Bestellen und wenn sie es über den Verlag versucht zu bestellen soll es ca. drei Wochen dauern... Das find ich dann schon heftige Wartezeit und über den Verlag kann ich es mir dann auch selbst bestellen.... In der Hoffnung das ich es schneller bekomme...


    Wie lange hast du warten müssen auf dein Exemplar???? Und in welcher Buchhandlung warst du????


    @cooki


    Weißt du wie lange es dauert wenn man es direkt beim Verlag bestellt...?



    :winkt

  • Zitat

    Original von Voltaire



    Ich habe das bei Amazon über diesen Marketplace bekommen. :-)



    Und das ging gut... :staun.!? Weil dieser Verkäufer hat nur 95% gute Bewertungen, deswegen war ich noch ein bissel skeptisch und hab erstmal nicht dort drüber bestellt....



    :winkt

  • Etwas OT:


    @ Mondstein100


    Wenn ich für einen Kunden ein Buch bestellen soll, was nicht beim Großhandel geführt wird, sage ich grundsätzlich ca. zehn Tage. Manchmals dauert es zwei Tage, manchmal aber auch vierzehn. Das weiß man aber vorher nicht, also sagt man lieber etwas zu viele als zu wenige Tage. Da ist dann auch einkalkuliert, daß eine Büchersendung bis zu sechs WERKTAGEN Postlaufzeit haben kann - und sehr oft auch hat!


    Im übrigen ist das Buch im VlB (Verzeichnis lieferbarer Bücher) ganz ordentlich verzeichnet. Jede Buchhandlung, die etwas auf sich hält, sollte es also besorgen können.


    Und laß Dich von diesen 95% (Marketplace) nicht abschrecken! Ich kaufe auch viel über Marketplace, und bevor ich bei jemandem bestelle, sehe ich mir die Bewertungen an, und warum jemand weniger als fünf Punkte gibt. Wenn z. B. bei Auslandsbestellungen sich jemand über 2 Wochen Lieferzeit beschwert, ist die Bewertung wertlos - ich habe schon öfters aus dem Ausland bestellt. Die Postlaufzeiten (aus UK) sind bis zu vier, auch fünf, Wochen, darauf hat ein Verkäufer keinen Einfluß. Und nur eine einzige „3er“ - Bewertung macht zig „5er“-Bewertungen kaputt. Also immer auf den Einzelfall achten, und Punkte und Text ansehen - die passen oft nicht zusammen. Viele geben grundsätzlich keine 5 Punkte, egal wie gut man es macht. Habe ich selbst schon als Verkäufer so erlebt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich möchte mein Exemplar verkaufen und hätte gern 10 € (incl. Porto) dafür. Das Buch ist absolut neuwertig, hat also keinerlei Knicke oder Flecken und stammt aus einem Nichtraucherhaushalt.

  • Zitat

    Original von Roma
    Ich möchte mein Exemplar verkaufen und hätte gern 10 € (incl. Porto) dafür. Das Buch ist absolut neuwertig, hat also keinerlei Knicke oder Flecken und stammt aus einem Nichtraucherhaushalt.



    Dann her damit...... :-]



    :winkt

  • Mondstein
    Ich bin mir sicher, dass du die Lektüre dieses Buches nicht bereuen wirst. Bin auf deine Rezi gespannt. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Über diesen Roman etwas Angemessenes zu schreiben, fällt mir schwer.
    Ich habe die Lektüre mit sehr gemischten Gefühlen beendet.


    Er ist gut geschrieben. Allein die sprachliche Ausgestaltung wird mich sozusagen blind nach dem nächsten Buch greifen lassen, das von Corina Luedtke stammt.
    Die Personen sind recht lebendig, hin und wieder fand ich die Dialoge ein wenig hölzern. Aber das steht trotzdem alles auf der Positiv-Seite.


    Auf der anderen steht, daß ich mit der Geschichte nicht zurecht kam. Und noch weniger mit der Erzählerin, Luisa.
    Verliebtheit und entsprechende Ausfälle denkerischer Natur ist völlig klar. Obsession ist klar. Naivität, nicht so recht ins Leben wollen, verstört wegen ihrer eigenen Familie, all das glaube ich schon.


    Nur überzeugt hat es mich nicht. Ich fand Luisa - verwöhnt? Egoistisch? Aufdringlich. Unreif.
    Klingt schlimm, ein bißchen leid müßte sie einem doch tun, weil sie da in etwas hineinrutscht, das sie nicht überblickt. Trotzdem.


    Sie kann Paul nicht widerstehen und gibt im Grund ihm die Schuld. Das hat sich bei mir immer mehr aufgedrängt.
    Paul ist echt schwierig, ich weiß nicht, ob ich mit zun tun haben wollte. Aber hat er eine Chance bei Luisa?
    Ich empfand sie als ungemein bedürftig, sie will Aufmerksamkeit, Hektoliter, Tonnen, ständig.
    Sie ist Paul erschreckend ähnlich.


    Man merkt an meiner Beschreibung hoffentlich, wie lebendig die Figuren sind, daß ich überhaupt auf die Idee kam, mich so mit ihnen auseinanderzusetzen.
    Na, okay, sag ich's offen: mich derart über sie zu ärgern.
    :grin



    Womit ich auch nicht zurecht kam, war der zweite Strang der Geschichte mit dem Antiquar und der Geschichte einiger Intellektueller, die den Nazis zum Opfer fielen. Ich habe die Funktion dieses Teils der Handlung einfach nicht kapiert.
    Vielleicht war da Luisa dann doch zu blaß? Emotionen, wie Lasker-Schüler sie in Gedichten zum Ausdruck bringt, hat Luisa nicht in dieser Stärke.
    Als ihr stärkstes Gefühl kam bei mir, leider, ihre Ich-Bezogenheit an.


    Folterszenen aus der Nazi-Zeit gar in Parallelität zur Handlung zu setzen, fände ich etwas zu weitgehend bei dieser Geschichte, die deutlich einem Nachkriegs-Geschlechterkampf entspricht.
    Wie gesagt, die Funktion dieses Teils der Handlung hat sich mir entzogen.


    Vielleicht habe ich aber das Wichtigste überlesen, das kann durchaus passieren.


    Ich wünsche dem Buch auf jeden Fall noch mehr LeserInnen. Viel mehr.
    Da gibt es wirklich mal Stoff zum Nachdenken und Diskutieren.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Jutta Mühlich:
    Vielen Dank für deine Rezension, die viel spannender zu lesen ist als mein Roman! :knuddel1

    SiCollier :
    Ein dickes Dankeschön :bluemchen für deine korrekte Aufklärung in puncto Bestellbarkeit meines Romans. Mittlerweile habe ich leider von einer Buchhandlung gehört, die keine Direktbestellungen entgegennimmt.


    magali :
    Vielen Dank für deine Anmerkungen zu meinem Roman, die ich sehr interessant finde und auf die ich kurz eingehen möchte.
    Das Spannende für mich ist gerade die Diskrepanz zwischen meiner Intention und der Interpretation der Leserin/des Lesers. Dabei ergeben sich auch für mich zuweilen neue Sichtweisen.


    Man darf sich über die Protagonisten in einem Buch auch mal ärgern, auch über weite Strecken im Text. Das war durchaus meine Intention. Charaktere, die sich vornehmlich durch Sympathie, Stärke, Schönheit und all die wunderbaren Eigenschaften auszeichnen, mit denen man sich als Leser/in vielleicht gern identifizieren möchte, langweilen mich.


    Luisa ist nicht für jede/n in erster Linie eine Sympathieträgerin. Eine gute Freundin äußerte sich ähnlich wie du. Sie kam mit Luisa nicht zurecht und sie tat ihr nicht leid. Wie im richtigen Leben: Es gibt Menschen, die einem nicht liegen. Vielleicht unterstreicht das die Lebendigkeit der Figuren meines Romans, die du ihnen bescheinigst.


    Luisas Sehnsucht nach Aufmerksamkeit ist ein Resultat ihrer Sozialisation. Da kommt Paul … der auch Aufmerksamkeit braucht, sicher auch „tonnenweise“. In diesem Punkt sind sie sich sicher ähnlich.
    Ob Luisa Emotionen, wie Else Lasker-Schüler sie in ihrer Lyrik zum Ausdruck bringt, hat, mag vielleicht nur von marginaler Bedeutung sein. Mir war wichtig, dass die Gedichte Luisa zum Nachdenken anstoßen, ihr Leben zu überdenken und ihre Beziehung zu Paul in Frage zu stellen.


    Die Geschichte mit dem Antiquar sehe ich nicht als 2. Strang der Geschichte, sondern als Teil der Handlung. Das Buch „Theben“ von Else Lasker-Schüler, das Luisa von ihrer Mutter erbte, führt Luisa mit dem Antiquar zusammen. Von ihm erfährt sie mehr über Else Lasker-Schüler und einige ihrer Zeitgenossen.


    Dieses Jahrzehnt bietet uns noch die Möglichkeit, Menschen zu begegnen, die den Nationalsozialismus selbst erlebt/erlitten haben. Da ist Geschichte ganz nah an uns dran. Solche Begegnungen habe ich selbst erlebt.


    Vor ein paar Wochen erst erhielt ich eine E-Mail von einem 83-jährigen Amerikaner, der in meiner Verwandtschaft einen Konrektor vermutete, der ihm als Kind während der Nazizeit in irgendeiner Art und Weise sehr geholfen haben muss. Seine Geschichte will er für seine Enkel aufschreiben.
    Ich antwortete ihm, dass ich ihm bezgl. seiner Recherche nicht weiterhelfen könne. Gerne aber würde ich Näheres erfahren, da ich zurzeit an einem Jugendbuch arbeitete, das in gewisser Weise thematisch eine Parallele aufweisen könnte.


    Das sind so die Zufälle im Leben. Die Begegnungen mit anderen Menschen können horizonterweiternd, wegweisend oder sogar wegbereitend sein. Nichts anders ist Luisa mit der Figur des Antiquars geschehen.


    Eine Parallelität von „Nachkriegsgeschlechterkampf“ und der Nazizeit anzulegen, war nicht meine Intention. Wer aber über die Wurzeln der Gewalt in einer Beziehung nachdenken will und/oder über die barbarischen Taten der Nazis – warum nicht?


    Zitat

    Zitat von magali
    Ich wünsche dem Buch auf jeden Fall noch mehr LeserInnen. Viel mehr.


    :danke


    Liebe Grüße
    Corinna

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Mondstein
    Ich bin mir sicher, dass du die Lektüre dieses Buches nicht bereuen wirst. Bin auf deine Rezi gespannt. :-)



    Nachdem ich das Buch von einer netten Eule unkompliziert erwerben konnte, bin ich nun im Genuss dieses Buches gekommen... Es ist sprachlich sehr schön geschrieben.... Meist können sich solche Frauen wie Luisa nicht von solchen Männer lösen.... Warum, kann man meist nicht nachvollziehen.... Die meisten Frauen trauen sich auch nicht offen darüber zu reden, weil sie denken sie werden nicht verstanden.... Obwohl wie im Fall Luisa diese Frauen körperlich ausgelaugt scheinen und Freunde/Verwandte sich sorgen um diese Person machen.... Corinna beschreibt genau das Gefühlschaos was Luisa durchmacht.... Teilweise war man ganz schön erschrocken warum Luisa das mit sich mitmachen lässt.....


    Ich finde Corinnas Erstlingswerk sehr gelungen und freue mich auf weitere Romane dieser Art...



    Damit noch weitere Eulen in den Genuss von Corinnas Buch kommen, würde ich gerne mein Buch als Wanderbuch freigeben... Besteht denn Interesse...? Wenn ja mache ich einen Wanderbuch Fread auf....


    :winkt