Wollte euch mal eben erzählen, was ich heute in der Bücherei erlebt habe:
Schon von weitem sehe ich, dass der Fahrradständer, gewöhnlich maximal zu einem Drittel belegt, total überfüllt ist. Eine Frau mit Rucksack und Karottenjeans (Mein Motto: Lieber essen als anziehen!) fährt zu einer Laterne, um unnötigerweise ihren Drahtesel mit 3 Schlössern dort zu sichern. Bei der Riesenauswahl hier klaut garantiert keiner diese rostverkrustete Antiquität, aber vielleicht hat sie ja auch nchht Angst um ihr Fahrrad sondern um ihre 3 Schlösser, die wahrscheinlich mehr wert sind.
Ich betrete die Bücherei und schlendere, Händen in den Hosentaschen, durch die Eingangshalle mit den Schließfächern. Ja, auch mikroskopisch kleine Handtaschen müssen dort gefälligst eingeschlossen werden, selbst wenn eine Paket Taschentücher oder der enorme Spindschlüssel plus Anhänger großformatiger ist. Man könnte ja sicherlich einen Bildband oder ähnliches mitgehen lassen. Also verstaue ich bereits zu Hause meine Büchertasche in meiner Hose und lasse die Schließfächer links liegen.
Als ich den Büchersaal betrete und mich umschaue, bleibt mir fast das Herz stehen: An fast jedem Regal steht jemand! Waaaaaaah! Ich kriege sicher kein Buch mehr ab! Hilfe! Was wollen die hier alle? Es ist doch eine Stunde vor Schluss, ich dachte da sind schon wieder alle zu Hause?
Okay, ich muss handeln. Ich beschliesse zuerst zielstrebig die Bücher der Autoren anzusteuern, die ich mir vorgenommen hatte mitzunehmen. Los gehts.
„D“ – ab zu Doris Dörrie. Eine Frau mit recht breiten Hüften versperrt mir den Weg und ich versuche, mit meinen Augen am Regal entlangzulesen. Verdammt, ich komme zu spät! Alles weg! Oder neee, doch nicht, da steht ja eins falsch! Zielsicher greife ich mir „Was wollen Sie von mir?“ und eile zu „M“- Mankell.
Ein Mann in burgunderfarbener Lederjacke schmeisst ein paar Bücher herunter bei dem Versuch, eine aus aus dem Regal zu nehmen und gleichzeitg 10 andere auf seinem Arm zu balancieren. Ich nutze die Chance und nehme seinen Platz ein vor dem Regal- entdecke jedoch nur eine klaffende Lücke zwischen den Büchern. Kein Mankell mehr. Mist.
„S“ Salinger. Los gehts. Nein! Nicht wieder die Frau mit den breiten Hüften, so komme ich niemals zum „S“! Sie versperrt mir erneut den Weg und Blick. Als ich um das Regal herumgehe um mich von der anderen Seite anzupirschen, fällt mein Blick auf die Taschenbuchständer: Auch hier Lücken über Lücken wie im Gebiss eines Rentners.
Langsam werde ich aber panisch- WEG VON DEN BÜCHERN! ALLE MANN!
Bis zu „S“ durchgekommen, reisse ich recht hektisch sofort die einzige Ausgabe von „Der Fänger im Roggen“ aus dem Regal an mich und die Frau sieht mich entsetzt an. „Muss mich beeilen“ murmel ich und verschwinde zum Schlachtfeld „Taschenbücher“.
Ach halt, da war ja noch was: noch mal ab zu „M“ Mann, vielleicht kann ich ja endlich auch mal eine Ausgabe der „Buddenbrooks“ bekommen. Der Lederjackenmann hat bereits die Bücher wieder einsortiert und mein Weg ist frei. Aber die Buddenbrooks bekomme ich auch heute wieder nicht- manno.
Allerdings würd ich nie in dieser Bücherei ein Buch vorbestellen, das kostet 50 cent pro Buch. Da bin ich dann doch zu geizig.
So und nun noch zu den Taschenbüchern. Aus dem Weg jetzt, weg von den Ständern!
Ein Teenagermädel steht an einem Ständer und nimmt ein Buch heraus. Kackfrech drehe ich den Ständer einfach weiter. Ich fahre schließlich in den Urlaub, die kann ja wohl auch Montag noch mal wiederkommen.
Nachdem ich mir Buch um Buch zuammengerafft hab, strebe ich nun durch Regale und herumstehende Leute zur Ausleihe.
Die Angestellte steht am Schalter, mit der ich mich einmal in einem Freiheitskämpferwahn für das Recht auf Taschen in der öffentlichen Bücherei angelegt habe. Ach egal die erkennt mich eh nicht mehr, glaube ich.
Ihre düstere Miene bei meinem Anblick ignoriere ich großzügig, während ich geschäftig meine Tasche aus meiner Hose fummel und die Bücher verstaue, Bonzettel nehme und mache, dass ich rauskomme hier.
Eins weiß ich ganz sicher- ich gehe freiwillg Samstag nicht wieder in die Bücherei, das ist ja wie Einkaufen vor Feiertagen!