Nick McDonell - Der dritte Bruder

  • Der Ich-erzähler Mike ist ein verwöhnter Sohn reicher Eltern, mit Haus auf Long Island, behütet aufgewachsen mit seinem Bruder Lyle. Beste Schulbildung, gute Beziehungen und eine nach Außen intakte Familie.
    Mit seinem Praktikum in Hong Kong bei einem Freund seines Vaters entzieht sich Mike nur scheinbar dem familiären Korsett und auch ein Ausflug nach Bangkok wirft ihn immer wieder in die alten Beziehungen seines Vaters zurück.
    Eine familiäre Katastrophe ruft ihn nach New York zurück. Die familiäre Idylle ist vollends zerstört. Mike kümmert sich um seinen Bruder Lyle. Und als am 11. September die Flugzeuge ins World Trade Center einschlagen macht er sich auf nach Downtown zu seinem Bruder der in der Nachbarschaft wohnt.


    Soweit die Handlung... Es war schon schwer eine Inhaltsangabe zu schreiben, so vollgestopft mit ausbaufähigen Stories, so überladen ist das Buch.
    Und das ist meiner Meinung nach das Problem. Ich frage mich immer noch, welche Geschichte der Autor erzählen wollte: die, des übersättigen Wohlstandsjünglings, der sich unter all den Gleichgesinnten im exotischen Bangkok tummelt, auf der Suche nach dem nächsten Rausch, dem nächsten Kick, dem nächsten Abgrund? Oder die der nach außen intakten, angesehenen, wohlständigen Familie mit Landsitz auf Long Island, die aber innerlich total verfault und morsch ist? Oder die Verzweiflung des 11. September, die für viele ein dramatischer Höhepunkt war?
    Und das sind noch lange nicht alle Geschichten, die der Autor anfängt, umspannt und auch wieder fallen lässt. Und das alles auf gerade mal knapp
    270 Seiten.
    Mir sind es zu viele Stricke und irgendwie bleibt der schale Nachgeschmack, daß die Beiläufigkeit, in der der 11. September abgehandelt wird, auch dem nicht gerecht werden kann.


    Gefallen hat mir die klare Sprache, gefallen hat mir die Familiengeschichte und die kurzen, knappen Kapitel mit vielen Zeitwechseln, die die Geschichte sehr dynamisch macht.
    Ansonsten ist, glaube ich, mein Fazit: weniger wäre mehr gewesen - und hätte dem Buch genutzt. Schade!

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • danke für die Rezi, ich bin auf das Buch vor kurzem in einem Büchermagazin aufmerksam geworden, und die Beschreibeung klang eigentlich sehr interessant, so dass es auf meiner Wunschliste landete. da rutscht es jetzt auf jeden Fall weiter nach hinten.

  • Kann mich jandas Meinung eigentlich nur anschließen. Mir erging es beim Lesen genauso, weil ich mich immer wieder fragen musste, welche Geschichte der Autor nun erzählen will.
    Das Buch ist sehr temporeich geschrieben, ich habe mich selten gelangweilt gefühlt, aber der rote Faden fehlte mir leider doch.
    Wenn man kein Buch von diesem Autor gelesen hat, lieber mit "Zwölf" anfangen.

  • Zitat

    Original von LuellaLu
    Kann mich jandas Meinung eigentlich nur anschließen.


    Ich auch....


    Meine Rezension:


    Wer kurze Kapitel und Szenenwechsel liebt, der kommt bei "Der dritte Bruder" voll auf seine Kosten, denn in den teilweise nur eine halbe Seite langen Kapiteln wechselt Autor Nick McDonnell munter zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Dem Leser fällt es durchaus leicht, in den jeweiligen Handlungsstrang einzusteigen und die Erlebnisse des Protagonisten Mick in Bangkok, den Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend und schließlich den Ereignissen am 11. September in New York zu verfolgen. Jeder Handlungsstrang für sich ist in seiner Kürze und Prägnanz in sich stimmig, doch leider fügt sich alles nicht zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Es gelingt nicht, die losen Fäden, die McDonnell in der Kürze der Seiten sehr zahlreich legt, miteinander zu verknüpfen, sondern sie wirken am Ende eher halbfertig, so als wäre dies nur ein Entwurf für einen umfangreicheren Roman. Für den Leser bleiben zwar eigentlich keine Fragen offen, doch es fehlt der umspannende Bogen, der die Geschichte selbst und auch die schrittweise enthüllten Offenbarungen zu etwas Besonderem macht. Schade.


    5 Punkte von mir.