Du, ich, Ruhe und Freiheit
Es war Freitag und sie musste weg! Einfach raus! Mirka hätte schon gestern Abend ihre sieben Sachen zusammen gepackt, Cherry in den Rucksack gestopft und hätte sich ihr Rad geschnappt. Aber nein! – sie war ja ein vernünftiges Mädchen! – Von wegen! Allerdings hatte sie in der letzten Zeit schon zu oft geschwänzt.
Noch 10 Minuten!, stöhnte sie, als sie einen kurzen Blick auf die Die Uhr warf, die hinter ihr im Klassenzimmer hing. Mit ihren Gedanken war sie schon lange nicht mehr beim Unterricht, weit fort, in ihrer kleinen Hütte, wo sie ihre Ruhe hatte.
Mirka schaute aus dem Fenster. Sie mochte dieses Wetter. Den andern war das alles viel zu kalt, aber sie fand es toll. Grad so, dass man mit einer Jacke draußen sitzen konnte ohne großartig zu frieren. Perfekt.
Also, ich verpiss mich dann, ok?
Hm…., machte es aus dem Wohnzimmer, ….kommst du dann am Sonntag auch zu Oma, bitte? Zum Kaffee, du weißt doch, wie sehr sie sich immer freut, ja?
Ja,…, also ein schönes Wochenende, Ma!
Cherry fing an in Mirkas Rucksack rumzufiepen. Sie ignorierte ihn, er hatte sich ja eigentlich schon daran gewöhnt ab und zu auf Reisen zu gehen, aber manchmal war er dann doch zickig.
Sie liebte ihre Ratte! Den ganzen Tag könnte sie ihn ansehen. Sein glänzendes schwarzes Fell, den kleinen weißen Fleck hinter seinem rechten Ohr, seine Langen geschmeidigen Barthaare…. er war wirklich eine besonders schöne Ratte. Und am liebsten hatte sie es, wenn er auf ihrer Schulter saß und an ihren Ohrringen knabberte.
Mirka zog ihr Rad aus dem Keller und fuhr los. Es war längst überfällig geworden. Immer wenn sie es mal wieder nicht mehr zu Hause aushielt, wenn ihr alles zu viel wurde, Schule, Freunde, hier hin, da hin, dann zog sie los in IHR eigenes privates Reich. Nicht mal ihre Mutter hatte sich gemerkt, wo Mirka sich mithilfe ihres Patenonkels die kleine Hütte gebaut hatte. Sogar etwas Strom war dort, ein Sofa und Freiheit! Ruhe und ein Plätzchen in der Sonne. Ein kleines Paradies für Mirka und Cherry.
Am Samstag wachte sie früh auf, obwohl sie bis spät in die Nacht gelesen hatte. Cherry hatte sie in die Nase gebissen. Das tat er immer, wenn er Hunger hatte und Mirka noch schlief. Sie setzte sich vor die Hütte ins weiche Gras und teilte sich mit ihm ein Brötchen und einen Apfel. Er rollte sich nach diesem Festmahl zufrieden in ihrem Schoß zusammen. Mirka blickte in die Ferne. Sie dachte nach und langsam verlor sich ihr Blick über den Nebel verhangenen Hügeln. Hier hatte sie Zeit zum Abschalten, um in Ruhe über alles nachzudenken. Wenn sie am Sonntag nach Hause zurück fahren würde, wäre alles wie vorher, nur ein klein wenig besser.