Padura, Leonardo "Ein perfektes Leben"
Über den Autor:
Leonardo Padura,Jahrgang 1955, geboren in Havanna und absolvierte ein Lateinamerikanistik-Studium.
Er arbeitete für verschiedene Zeitschriften, erarbeitete sich seine Bekanntheit auf Kuba mit dem Havanna-Quartett.
Die Romane dieses Quartetts sind nach den Jahreszeiten benannt. "Ein perfektes Leben"(Winter) ist der erste Teil dieser Reihe.
Weitere Titel lauten:
Handel der Gefühle (Frühling)
Labyrinth der Masken (Sommer)
Das Meer der Illusionen (Herbst)
Über den Übersetzer:
Hans-Joachim Hartstein, geboren 1949, ist Romanist und arbeitet als Übersetzer für
französisch- und spanischsprachige Literatur. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Universität in Düsseldorf.
Übersetzt hat er u.a. Autoren wie George Simenon und Ernesto Che Guevara.
Inhalt:
Teniente Mario Conde erhält den Auftrag, ein verschwundenes ranghohes Mitglied des Innenministeriums aufzuspüren.
Zum Ärger Condes stellt sich heraus, dass es sich um den Mann handelt, der ihm zu Schulzeiten seine große Jugendliebe Tamara ausgespannt hat. Jener Mann, Rafael Morin, der schon immer vorbildlich war, immer bekam,
was er wollte und eine blütenreine Weste trug und jetzt ein angesehener Parteigenosse ist.
Conde wird Tamara wieder treffen und mit den alltäglichen Problemen des sozialistischen Kubas konfrontiert.
Meine Meinung:
Nicht von ungefähr lautet der zweite Titel des Buches Winter. Die Geschichte spielt um den Jahreswechsel und in Havanna frösteln die Bewohner. Nur einer, dem ist nie kalt, weil er immer eine Flasche Rum zur Hand:
Teniente Mario Conde. Nach und nach erfährt der Leser, was für ein Mann der Teninete ist. Anfang 30, zweimal geschieden,
verhinderter Schriftsteller mit einer Passion für Hemingway, Raucher, Genießer, Frauenliebhaber und Träumer.
Ein einsamer Held, der sich nach dem Tod seines Hundes keinen neuen anschafft, weil er sein Herz nicht wieder verlieren möchte und sich nun einen
Kampffisch zulegt, um nicht allein zu sein.
Seine Einsamkeit endet an dem Punkt, an dem Conde den verschwundenen Rafael Morin aufspüren muss und nach Jahren auf dessen Ehefrau Tamara trifft, seine einstige unerreichte Jugendliebe. Conde und Tamara kommen sich näher.
Wer denkt, dass Padura mit dem vorliegenden Roman einen romantisch-verklärten Kriminalroman vorgelegt hat, der wird enttäuscht sein. Auf den ersten Seiten recht metaphernlastig entwickelt der Autor ein Bild vom heutigen Kuba, das der Leser hautnah miterleben darf.
Man fährt durch die Straßen Havannas, atmet die Straßenluft ein, nimmt die Kälte der Bewohner in sich auf und sieht förmlich, wie Jose, die Mutter des Dünnen, für Conde auftischt, obwohl Lebensmittel rationiert sind.
Die Kriminalgeschichte spielt dabei eine untergeordnete Rolle, eigentlicher Hauptakteur ist die Stadt Havanna, die schonungslos realistisch und doch nicht hoffnungslos geschildert. Und darin liegt die Brillianz des Autors,
nämlich kleine Schwächen der Geschichte durch Atmosphäre wettzumachen.
Suchtfaktor bei Teniente Mario Conde ist jedenfalls nicht ausgeschlossen!