"Wenn Sie dieses Buch in der Hand halten und in Ihren weichen Sessel zurücksinken, werden Sie sich sagen: Vielleicht wird es mich unterhalten. Und nachdem Sie diese Geschichte großer Mißgeschicke gelesen haben, werden Sie zweifelslos gut speisen, dem Autor die Schuld für Ihre Gefühllosigkeit geben, ihm wilde Übertreibung und blühende Phantasie vorwerfen. Aber seien Sie versichert: Diese Tragödie ist nichts Erfundenes. Alles ist wahr." (Honore de Balzac, Le Pere Goriot)
Mit diesem Zitat beginnt das Buch "Das Gleichgewicht der Welt", welches einen Bogen zwischen der indischen Staatsgründung 1947 bis heute spannt. Erzählt wird die Geschiche von vier Menschen, die sich im Jahre 1975 in Bombay treffen und deren Schicksale im Mittelpunkt des fast 900 Seiten umfassenden Wälzers stehen (Hardback-Ausgabe).
Die Protagonisten sind eine Frau, die mit Anfang 40 fast 20 Jahre verwitwet ist, ein junger Student aus dem Himalaya, ein Optimist und sein widerspenstiger junger Neffe, beide Schneider, die vom Land in die Stadt geflohen sind. Sie alle lernen sich kennen, lieben und werden wieder entzweiht.
Mistry erzählt die Lebensgeschichte, der Menschen und das was sie im Augenblick sind. Zudem erzählt er von den chaotischen Zuständen in Indien (für Europäer, die das Land noch nicht selbst gesehen haben, schwerlich vorzustellen - vor allem Bombay ist eine Stadt der Armut).
Sehr schön ist jedoch sein geographischer Ausflug, welcher vom Himalaya, quer durch den indischen Subkontinent bis nach Bombay im Süden reicht. Mistry beschreibt ein Bild Indiens, das uns die Augen öffnet, einer Kultur fernab von unserem Denken, einer Kultur wo Hinduismus und Buddhismus praktiziert und gelebt, aber auch Korruption und Egoismus stattfinden - die Geschichte ist ein Zwiespalt, aber öffnet die Augen und erweitert den Horizont.