Titel der britischen Originalausgabe: “The meaning of night”
Zum Buch
Vom Freund verraten, von der Liebe betrogen und für immer um sein Erbe gebracht - Edward Glyver schwört kaltblütige Rache. In seinem rasenden Zorn verstrickt er sich in einem Geflecht aus Selbstüberschätzung, Verfolgungsangst und Gerechtigkeitswahn. Sein grausames Schicksal, so glaubt er, spricht ihn von allem frei - selbst von einem Mord …
London 1854. Ein gebildeter und weltoffener junger Mann begeht einen Mord - nur um zu sehen, ob er dazu fähig ist. Der Mord an einem völlig unschuldigen Mann ist für Edward Glyver nur der vorläufige Höhepunkt in einem Kampf um Geld, Macht und ein entgangenes Erbe. Nach dem Tod seiner Mutter entdeckt Glyver, dass er dem englischen Hochadel entstammt. Fortan setzt er alles daran, seinem Vater, Lord Tansor, zu beweisen, dass er der legitime Erbe ist. Doch schon bald ereilt ihn eine schockierende Nachricht: Lord Tansor plant, den Sohn einer Verwandten als Erben einzusetzen. Edward tobt - ist dieser künftige Erbe doch Phoebus Daunt, jener Mann, der einst sein bester Freund war und nun sein größter Feind ist. Alles scheint ihm dieser Mann zu nehmen, selbst die Frau, die er liebt. Es beginnt der mörderische Wettlauf zweier Männer, die sich in ihrer Brillanz und Gerissenheit, in ihrer Sensibilität und Hybris auf geradezu unheimliche Weise ähnlich sind. Und Edward will siegen, ganz gleich, was es ihn kostet.
Über den Autor
Michael Cox, 55, ist Spezialist für viktorianische Literatur. Er war lange Jahre Lektor bei der Oxford University Press und in dieser Eigenschaft u.a. Herausgeber des 'Oxford Book of Victorian Ghost Stories' und des 'Oxford Book of Victorian Detective Stories'. Unter den Pseudonymen Matthew Ellis und Obie Clayton produzierte er in den 70er Jahren Songs im Stil Elton Johns. Seit 1992 an Krebs erkrankt und darüber fast erblindet, ließ er sich 2002 frühzeitig pensionieren und begann zu schreiben. „In der Mitte der Nacht“ ist sein erster Roman. Heute lebt Michael Cox mit seiner Frau Dizzy in Northamptonshire/England.
Meine Meinung
Der erste Satz des Romans hat mich ja gleich magisch angezogen: "Nachdem ich den rothaarigen Mann getötet hatte, machte ich mich auf zum Austernabendessen ins Quinn's."
Die Handlung wird überwiegend von der Hauptfigur Edward Glyver in Form eines Berichts aus der Ich-Perspektive erzählt und ist mit einem Vorwort eines fiktiven Herausgebers versehen. Begriffe, Orte und historische Persönlichkeiten, die einem Leser aus dem 19. Jahrhundert bekannt sein sollten, dem heutigen aber nicht unbedingt, werden vom fiktiven Herausgeber in zahlreichen Fußnoten erklärt. Für die Form, in der das Buch geschrieben ist, fand das ganz gut gelöst, aber weniger wäre vielleicht mehr gewesen. Manche Fußnoten habe ich als hilfreich empfunden, ich muss nun allerdings auch nicht wissen, in welcher Strasse jedes Restaurant liegt, dass die Hauptfigur besucht hat und manches hätte ich auch selbst nachschauen oder damit leben können, dass ich es nicht weiß.
Die Stimmung im Buch ist eher düster, die Hauptfigur ein Antiheld. Glyver ist arrogant, paranoid und hält sich irgendwie für Größeres bestimmt. Der Bericht ist sehr detailreich und die Handlung hat kein besonders hohes Tempo. Im Klappentext steht etwas von einem mörderischen Wettlauf zweier Männer, aber das ist bestimmt der langsamste Wettlauf, von dem ich je gelesen habe – er zieht sich über 35 Jahre. Bei dem Buch handelt es sich nicht um einen actionreichen Thriller und Edwards Gegenspieler bleibt nahezu unsichtbar.
Im englischsprachigen Original hat der Autor den Stil viktorianischer Literatur imitiert und eigentlich hätte ich es im Original gelesen, wenn ich nicht sehr günstig an die deutsche Ausgabe gekommen wäre. Die Übersetzung scheint mir aber gelungen zu sein und vor allem ist es den beiden Übersetzern auch gut gelungen, den viktorianischen Stil angemessen ins Deutsche zu übertragen. Ich hatte oft das Gefühl, einen Klassiker aus dieser Zeit in Händen zu halten, das Buch hat mich vom Stil her ein wenig an Wilkie Collins erinnert.
In der deutschen Ausgabe habe ich einige Fehler gefunden, vor allem wurde das Wort „gerne“ konsequent „gernee“ geschrieben, da muss wohl jemand auf die „suchen und ersetzen“-Funktion gefallen sein.
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